Lorenz Engell

Lorenz Engell

Lorenz Engell (* 28. Januar 1959 in Düsseldorf) ist ein deutscher Medienwissenschaftler und Professor für Medienphilosophie an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar. Er ist zudem seit 2008 Direktor des Internationalen Kollegs für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie in Weimar.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Engell studierte von 1977–1982 Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Romanistik und Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. 1988 wurde er mit einer Arbeit zu zeitlichen Konzepten des Fernsehens bei Renate Möhrmann promoviert. 1993 folgte seine Habilitationsschrift, die eine theoretische und von der Systemtheorie inspirierte Auseinandersetzung mit Filmgeschichte und -Geschichtsschreibung ist.[1] Im selben Jahr wurde er Professor für Wahrnehmungslehre, Geschichte und Theorie der Kommunikation und der Medien, Fakultät Gestaltung, der Hochschule für Architektur und Bauwesen, Weimar. Maßgeblich unter seiner Leitung und mit ihm als Dekan wurde 1996 die Fakultät Medien an der mittlerweile in Bauhaus-Universität Weimar umbenannten Hochschule gegründet. Im Jahr 2001 wurde er dort auf die neu eingerichtete Professur für Medienphilosophie berufen. Seit 2008 ist er gemeinsam mit Bernhard Siegert Direktor des IKKM.

Werk

Lorenz Engell gehört zur ersten Generation von Wissenschaftlern in Deutschland, die eine geisteswissenschaftliche Medienwissenschaft nicht im Rahmen anderer Fächer, sondern sie als Fach eigenen Rechts betrieben. Dabei galt und gilt seine Aufmerksamkeit vor allem Film und Fernsehen. Im Bezug auf das Kino hat er einerseits in enger Anlehnung an die Systemtheorie Niklas Luhmanns und die Filmphilosophie Gilles Deleuzes zu einer Theorie des Films als intelligibler Apparatur maßgebliche Beiträge geliefert (neben zahlreichen Aufsätzen vor allem Bilder des Wandels. Weimar 2003 und Bilder der Endlichkeit. Weimar 2005.) Film wird von ihm dabei nicht in erster Linie als ein Medium der Repräsentation begriffen. Stattdessen hat geht Engell von einer Kraft des Filmes zur Reflexion seiner Selbst und zur Schaffung und Präsentation spezifischer Zeitverhältnisse aus.

Im Bezug auf das Fernsehen gehört Lorenz Engell zu den wenigen Wissenschaftlern, die hier Konzepte vorgelegt haben, die jenseits von Rezipientenforschung und Kulturkritik das Fernsehen als ein Medium eigenen Rechts begreifen wollten.

In den letzten Jahren hat sich Engell verstärkt mit Konzepten verteilter Handlungsmacht beschäftigt, wie sie im Kontext der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) entwickelt wurden. Auf ihn geht dabei eine Konturierung des Begriffs der kinematographischen Agentur zurück. Damit wird der Film als ein Feld beschrieben, in dem sich einerseits Handlung im Zusammenspiel von menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren produziert. (Engell zitiert dafür gern den klassischen Slapstick-Film.) Andererseits, und das unterscheidet den Film von anderen ähnlichen Feldern, macht der Film genau diese Vorgänge beobachtbar und beobachtet sie selbst.

Publikationen (Auswahl)

  • Vom Widerspruch zur Langeweile. Logische und temporale Begründungen des Fernsehens. Peter Lang, Frankfurt/M. u.a. 1989, ISBN 3-631-41789-6
  • Der gedachte Krieg. Wissen und Welt der Globalstrategie. Raben, München 1989, ISBN 3-922696-63-5
  • Sinn und Industrie. Einführung in die Filmgeschichte. Campus, Frankfurt/M. 1992, ISBN 3-593-34725-3
  • Das Gespenst der Simulation. Ein Beitrag zur Überwindung der "Medientheorie" durch Analyse ihrer Logik und Ästhetik. VDG, Weimar 1994, ISBN 3-929742-35-7
  • Bewegen Beschreiben. Theorie zur Filmgeschichte. VDG, Weimar 1995, ISBN 3-929742-63-2
  • Kursbuch Medienkultur. DVA, Düsseldorf 1999, ISBN 3-421-05310-3, (Hrsg. zusammen mit Joseph Vogl et al.)
  • Ausfahrt nach Babylon. Essais und Vorträge zur Kritik der Medienkultur. VDG, Weimar 2000, ISBN 3-89739-121-X
  • Bilder des Wandels. VDG, Weimar 2003, ISBN 3-89739-369-7, (=serie moderner film, Bd. 1)
  • Bilder der Endlichkeit. VDG, Weimar 2005, ISBN 3-89739-489-8, (=serie moderner film, Bd. 5)
  • Philosophie des Fernsehens. Fink, München 2005, ISBN 3-7705-4154-5, (Hrsg. zusammen mit Oliver Fahle)
  • Philosophie des Films. Verl. d. Bauhaus-Univ., Weimar 2007, ISBN 3-86068-309-8 (Hrsg. mit Birgit Leitner)
  • Playtime. Münchener Film-Vorlesungen. UVK, Konstanz 2010, ISBN 3-89669-677-7
  • Archiv für Mediengeschichte. Verl. d. Bauhaus-Univ., Weimar 2001ff., hrsg. mit Bernhard Siegert und Joseph Vogl.
  • Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung. hrsg. mit Bernhard Siegert, Meiner Verlag Hamburg, ISSN 1869-1366

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lorenz Engell: Bewegen Beschreiben. Theorie zur Filmgeschichte, Weimar: VDG 1995.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Engell — ist der Familienname folgender Personen: Birgit Engell (1882−1973), dänische Sopranistin Hans Engell (* 1948), dänischer Politiker Hans Egon Engell (1897−1974), deutscher Politiker (NSDAP, GB/BHE) Hans Jürgen Engell (1925−2007), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Medienphilosophie — Der Begriff Medienphilosophie steht für eine philosophische Auseinandersetzung mit medienpraktischen und medientheoretischen Fragestellungen. Ihr genuin philosophisches Vorgehen unterscheidet die Medienphilosophie von der Medientheorie, mit der… …   Deutsch Wikipedia

  • Italienischer Neorealismus — Der Italienische Neorealismus bezeichnet eine bedeutende Epoche der Filmgeschichte und der Literatur von 1943 bis etwa 1954. Der Neorealismus, auch Neorealismo oder Neoverismo genannt, entstand noch während der Zeit des italienischen Faschismus… …   Deutsch Wikipedia

  • Internationales Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie — Kollegstyp Internationales geisteswissenschaftliches Forschungskolleg Gründung 2008 Ort Weimar Bundesland …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Siegert — (* 1959 in Bremen) ist ein deutscher Medienhistoriker und Medientheoretiker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Herausgaben 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Mediologie — Der Ausdruck Mediologie ist eine vor allem in Frankreich entwickelte Wissenschaftstheorie, die interdisziplinär die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den historischen Bedingungen, den sozialen und kulturellen Wirkungen der Massenmedien… …   Deutsch Wikipedia

  • Лоренц Энгель — нем. Lorenz Engell Дата рождения: 28 января 1959(1959 01 28) (53 года) Место рождения: Дюссельдорф На …   Википедия

  • Bense — Max Bense, San Francisco 1969 Max Bense (* 7. Februar 1910 in Straßburg; † 29. April 1990 in Stuttgart) war ein deutscher Philosoph, Schriftsteller und Publizist und ist durch Arbeiten zu Wissenschaftstheorie …   Deutsch Wikipedia

  • Das Gespenst der Freiheit — Filmdaten Deutscher Titel Das Gespenst der Freiheit Originaltitel Le Fantôme de la liberté …   Deutsch Wikipedia

  • Die Geschichte der Qiu Ju — Filmdaten Deutscher Titel Die Geschichte der Qui Ju Originaltitel Qiu Ju da guansi …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”