Multitrait-Multimethod-Matrix

Multitrait-Multimethod-Matrix

Der Begriff Multitrait-Multimethod-Matrix MTMM (engl. viele Eigenschaften und viele Methoden) ist ein Konzept der Psychologischen Diagnostik und der Theorie psychologischer Tests, das statistisch ausdrückt, in wie weit unterschiedliche Methoden zur Beschreibung einer bestimmten Eigenschaft übereinstimmen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Ein allgemeiner wissenschaftlicher Grundsatz lautet, dass wichtige Sachverhalte, z.B. eine physikalische Konstante, die Funktionssicherheit technischer Systeme, medizinische Befunde, möglichst auf unterschiedliche Weise gemessen werden, um die Ergebnisse abzusichern. Dieses Verfahren wird als multiple Operationalisierung bezeichnet.

Die MTMM-Strategie kann zur empirischen Überprüfung (Plausibilitätskontrolle) von psychologischen Eigenschaftsbegriffen (theoretischen Konstrukten) eingesetzt werden und wird dann als Konstruktvalidierung bezeichnet. Mit welchem Grad der Übereinstimmung erfassen verschiedene Messmethoden ein bestimmtes Konstrukt im Unterschied zu anderen, nicht gemeinten Konstrukten?

Die MTMM (auch Mehrkonstrukt-Mehrmethoden-Matrix) ist eine von den Psychologen Donald T. Campbell und Donald W. Fiske im Jahr 1959[1] eingeführte Methode. Um sicherzustellen, dass ein Erhebungsinstrument (z. B. ein Fragebogen bei einer Umfrage) wirklich das erfasst, was er erfassen soll, werden mehrere der Zielkonstrukte (z. B. die sozialen Einstellungen Anomie, Dogmatismus und Konservatismus) mit mehreren Fragen und mehreren Methoden (z. B. telefonische, persönliche und schriftliche Befragung) erhoben.[2] Die Ergebnisse sollten in diesem einfachen Beispiel weitgehend oder sogar sehr hoch übereinstimmen. Schwieriger sind die Versuche zur Konstruktvalidierung, wenn sie verschiedenartige Untersuchungsmethoden des Zielkonstrukts einbeziehen: Selbstbeurteilungen, Verhaltensbeobachtungen, psychologische Tests und Fragebogen. In diesem Fall ist eine geringere Übereinstimmung zu erwarten.

Die Übereinstimmung der Methoden bzw. der jeweiligen Indikatoren der Eigenschaft lassen sich empirisch bestimmen und in Koeffizienten der Korrelation ausdrücken. In einem als MTMM-Matrix bezeichneten Schema werden diese Koeffizienten so angeordnet, dass die Übereinstimmung (konvergente Validität) verschiedener Methoden für eine Eigenschaft und zugleich ihre Unterscheidungsleistung (Diskriminanzvalidität) hinsichtlich anderer Eigenschaften zu erkennen sind. So kann z.B. das Verhalten eines Schulkindes hinsichtlich Sozialverhalten, Ordnung und Konzentrationsfähigkeit von den Eltern, von den Lehrern oder vom Kind selbst beurteilt werden (Fremd- und Selbstbeurteilungen).

Die Korrelationen zwischen den mit allen Methoden erhobenen Konstrukten werden in eine Tabelle (Matrix) eingetragen. Aus der Höhe der Korrelationen zwischen den Messungen mit verschiedenen Methoden, sowie zwischen den verschiedenen Konstrukten, kann auf die Validität der Erhebung geschlossen werden: Mit der MTMM wird überprüft, mit welcher Übereinstimmung verschiedene Meßmethoden ein bestimmtes Konstrukt erfassen können (konvergente Validität) und wie gut verschiedene Konstrukte durch die verwendeten Methoden unterschieden werden können (Diskriminanzvalidität).[3]

Korrelationsarten

Im einzelnen sind zu unterscheiden [4] :

  • Die Monotrait-Monomethod-Korrelation zwischen der Messung einer Eigenschaft (engl. trait) mit derselben Methode, d.h. die Reliabilität dieser Messung (interne Konsistenz); sie sollte möglichst hoch sein.
  • Die Monotrait-Heteromethod-Korrelation zwischen der Messung einer Eigenschaften mit einer Methode und der Messung derselben Eigenschaft mit der anderen Methode; sie entspricht der konvergenten Validität und sollte möglichst hoch sein.
  • Die Heterotrait-Monomethod-Korrelation zwischen der Messung einer Eigenschaft mit einer Methode und der Messung der anderen Eigenschaft mit derselben Methode; sie entspricht der divergenten (bzw. Diskriminanzvalidität) Validität und sollte eher niedrig ausfallen.
  • Die Heterotrait-Heteromethod-Korrelation zwischen der Messung der einen Eigenschaft mit der ersten Methode und der Messung der anderen Eigenschaft mit der anderen Methode; sie sollte möglichst niedrig sein.

Kritik und Weiterentwicklung

Innerhalb der Psychologie sind einige weitere Verbesserungen und Alternativen für Spezialfälle entwickelt worden. Dennoch wird in den meisten Fällen nach wie vor die MTMM standardmäßig angewendet. Aus der psychologischen und pädagogischen Diagnostik zum Beispiel, ist sie nicht wegzudenken.

Da nicht feststeht, was denn genau hohe oder niedrige Koeffitzienten der Korrelation sind, müssen hier Faustregeln angewandt werden. Auch andere Methoden zur getrennten Ermittlung der trait- und methodenbedingten Varianz wie die latenten Strukturgleichungsmodelle auf der Basis der Latent-State-Trait-Theorie stehen vor dieser Schwierigkeit.

Die empirischen Befunde der MTMM-Analysen waren in vielen Untersuchungen unbefriedigend, sogar enttäuschend, denn die Koeffizienten der konvergenten Validität wurden zwar statistisch signifikant, blieben aber häufig so niedrig, dass keine der Methoden die andere ersetzen könnte. MTMM-Untersuchungen führten häufig zu der Schlussfolgerung, dass anstelle einer als einheitlich behaupteten Eigenschaft eher mehrere, relativ unabhängige Komponenten anzunehmen sind (Fiske 1978). Die Ergebnisse könnten noch stärker voneinander abweichen, wenn z.B. für das im Beispiel genannte Schulkind noch zusätzliche Daten wie Beobachtungen des Sozialverhaltens oder der Ordentlichkeit im außerschulischen Alltag und unabhängige Verhaltensmessungen einbezogen würden (siehe multimodale Diagnostik).

Einzelnachweise

  1. D. T. Campbell and D. W. Fiske. Convergent and Discriminant Validation by the Multitrait Multimethod Matrix. In: Psychological Bulletin, Volume 56(2): S. 81-105.
  2. Rainer Schnell,Paul B. Hill, Elke Esser: Methoden der empirischen Sozialforschung. Oldenbourg, München, Wien 2008, S. 158 f. ISBN 978-3-486-58708-1
  3. Jürgen Bortz, Nicola Döring: Forschungsmethoden und Evaluation. Springer, Berlin 1995, S. 188. ISBN 3-540-59375-6
  4. Michael Eid, Fridtjof W. Nussbeck, Tanja Lischetzke: Multitrait-Multimethod-Analyse. In Franz Petermann, Michael Eid (Hrsg.). Handbuch der psychologischen Diagnostik. Hogrefe, Göttingen 2006, ISBN 978-3-8017-1911-1, S. 332-345.

Literatur

  • Manfred Amelang, Lothar Schmidt-Atzert: Psychologische Diagnostik und Intervention. 4. Aufl. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-28507-6.
  • Donald T. Campbell, Donald W. Fiske: Convergent and discriminant validation by the multitrait-multimethod matrix. In: Psychological Bulletin, 1959, Volume 56, 81-105.
  • Michael Eid, Fridtjof W. Nussbeck, Tanja Lischetzke: Multitrait-Multimethod-Analyse. In Franz Petermann, Michael Eid (Hrsg.). Handbuch der psychologischen Diagnostik. Hogrefe, Göttingen 2006, ISBN 978-3-8017-1911-1, S. 332-345.
  • Donald W. Fiske: Strategies for personality research. Jossey-Bass, San Francisco 1978.
  • Hermann-Josef Fisseni: Lehrbuch der psychologischen Diagnostik. Hogrefe, Göttingen 2004, ISBN 3-8017-0981-7.
  • Karin Schermelleh-Engel, Karl Schweizer: Multitrait-Multimethod-Analyse. In Helfried Moosbrugger, Augustin Kelava (Hrsg.). Testtheorie: Test- und Fragebogenkonstruktion. 3. Aufl. Springer, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-71634-3, S. 325-341.
  • Werner W. Wittmann: Grundlagen erfolgreicher Forschung in der Psychologie: Multimodale Diagnostik, Multiplismus, multivariate Reliabilitäts- und Validitätstheorie. In: Diagnostica, 1987, Band 33, 209-226.

Siehe auch

Assessment

Empirische Sozialforschung

Korrelation

Multimodale Diagnostik


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