Marlies Hesse

Marlies Hesse

Marlies Hesse (* 1935 in Peine) ist eine deutsche Bibliothekarin, Journalistin und Schriftstellerin. Sie hat sich insbesondere im Bereich der journalistischen Aus- und Fortbildung sowie für die Gleichberechtigung von Frauen engagiert und wurde dafür mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marlies Hesse wuchs überwiegend bei ihrer Mutter Alma auf. Ihr Vater begleitete sie noch zur Einschulung, danach brachten Mutter und Tochter den Vater gemeinsam zur Bahn – er war in der Wehrmacht und musste an die Front. Aus der Schlacht von Stalingrad kam er nicht wieder.[1]

Als Jugendliche verliebte sie sich in einen Lehrling, der in den Buchhandel wollte. Dadurch entschied auch sie sich 1954 für diese Ausbildung, schloss 1957 ihre Lehre mit Auszeichnung ab und ließ von 1958 bis 1961 ein Studium zur Diplom-Bibliothekarin folgen. Nach dessen erfolgreichem Abschluss wurde sie noch im selben Jahr Leiterin der Bibliothek des Hans-Bredow-Institutes an der Universität Hamburg.

Als sie Abwerbungsversuche aus Köln erreichten, lehnte sie ab, auch nach wiederholten Versuchen in gleicher Sache. Erst 1965 folgte sie dem Ruf von Dr. Kurt Wagenführ, Pressechef des damals erst drei Jahre bestehenden Deutschlandfunks (DLF), und wurde dessen Assistentin. Als er 1968 pensioniert wurde, wollte er sie zu seiner Nachfolgerin machen. Hesse lehnte ab und meinte, er solle sich dafür lieber einen Mann suchen. Dies, so offenbarte sie vor einigen Jahren, reue sie noch heute. Immerhin übernahm sie die Stelle kommissarisch für eineinhalb Jahre, bis der gesuchte Mann gefunden wurde. Danach rückte sie wieder in die zweite Reihe, war dadurch jedoch für eine leitende Position sensibilisiert worden.

1976 wurde sie persönliche Referentin des Intendanten Richard Becker. 1979 wurde sie von ihm zur Leiterin des Referates Aus- und Fortbildung ernannt. In dieser Funktion war sie schließlich führend an der Entwicklung eines Konzepts für die journalistische Ausbildung bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF beteiligt. Durch ihre Arbeit musste sie nun konstatieren, dass Frauen nicht angestellt werden. Diese volontierten häufig zwar sehr erfolgreich, hatten vielleicht gar promoviert, blieben dann aber einfach in ihrer beruflichen Entwicklung stecken.[2][3][4] Mit ihren eigenen persönlichen Erfahrungen war dies nicht vereinbar, sie sei von Männern „immer gefördert“ worden. Sie habe sehr viel Glück gehabt. Ihre ursprüngliche Meinung, dass man etwas werde, wenn man etwas könne, konnte sie nicht länger aufrechterhalten. Es habe sehr, sehr lange gedauert, bis sie das begriffen habe.[5][6]

Diese Erkenntnis führte zu einem bis heute andauernden Engagement für Frauen.

Trotz zunehmender weiterer Aufgaben im DLF fokussierte sie auf das von ihr an führender Stelle mitentwickelte Rahmenkonzept für die journalistische Ausbildung und den Aufbau der Zentralstelle Fortbildung Programm (ZFP) als Gemeinschaftseinrichtung von ARD und ZDF. Beim DLF blieb sie bis zur Pensionierung 1994. Seitdem ist sie als freie Journalistin und in vielen Ehrenämtern aktiv.

Im Jahr 2003 wurde sie vom Journalistinnenbund mit der Hedwig-Dohm-Urkunde ausgezeichnet. Im Juli desselben Jahres erhielt sie für ihr Engagement um die Gleichstellung von Mann und Frau den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus den Händen des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Fritz Schramma.

Während ihrer gesamten Laufbahn stand sie hinter den Männern und wirkte an deren Karriere mit – durch unzählige Reden bis zu ganzen Büchern, die sie für diese Herren als Ghostwriter verfasst hat.

Doch auch hinter dem Erfolg von Marlies Hesse stand eine Frau. Bis ins hohe Alter wurden Mahlzeiten und Wäsche von ihrer Mutter Alma besorgt. Marlies Hesse zufolge sei ihr Arbeitspensum ohne diese tatkräftige Unterstützung durch die Mutter kaum in diesem Umfang zu leisten gewesen.

Mit ihrer Lebensgefährtin Elisabeth zieht sich Marlies Hesse zeitweise in ihr geliebtes Urlaubsdomizil auf Ischia zurück, um zu entspannen. Selbst dort führen ihre Gedanken, so manche Lektüre und die geführten Diskussionen immer wieder zur Thematik der Gleichberechtigung.

Donation

Marlies Hesse ist Stifterin des Nachwuchspreises Andere Worte – neue Töne des Journalistinnenbundes.

Ehrenamtliche Engagements

  • 1977 bis 2002 – Vorsitzende der Auswahlkommission für die Vergabe von Stipendien von Journalisten in Europa (aus finanziellen Gründen aufgelöst). In dieser Tätigkeit ist es ihr gelungen, weit mehr Frauen als Männer für Stipendien vorzuschlagen.
  • 1988 bis 2000 – Mitherausgeberin bei der Initiative Frauen-Presse-Agentur (IFPA)
  • 1994 bis 2010 – Geschäftsführerin des Journalistinnenbundes
  • Im Rahmen des in fünfjährigem Turnus durchgeführten Global Media Monitoring Project (GMMP) war sie an der Durchführung der jährlichen Untersuchungen zum Bild der Frauen in den Medien beteiligt.

Ehrungen

Werke

  • Deutscher Volkshochschul-Verband, Referat Fernsehen (Hrsg.), Marlies Hesse: Literatur zum Fernsehen – eine Bibliographie. Wulff. Dortmund 1963
  • Deutscher Volkshochschul-Verband, Referat Fernsehen/Hans-Bredow-Institut (Hrsg.), Marlies Hesse: Bildung und Fernsehen – eine Bibliographie. Marl und Hamburg
  • Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Red. Carolin Callenius u. Marlies Hesse: Peking + 5 - Fortschritte, Rückschritte, Stillstand? Bonn und Stuttgart 2000.
  • Rezension des Buches Käthe, meine Mutter von Marianne Krüll
  • Journalistinnenbund (Hrsg.), verantw. Red. Marlies Hesse: Präsenz von Frauen in den Nachrichten – Medienbeobachtungen 2005. Bonn 2006. ISBN 3000169040

Video on Demand

Einzelnachweise

  1. Laudatio für Marlies Hesse auf: journalistinnen.de
  2. Verschwunden auf dem Weg nach oben auf: mediummagazin.de
  3. Journalistin, eine seltene Art auf: medienmonitor.de
  4. Frauen in den Medien auf: focus.de
  5. Können, Köpfchen oder Körper? auf: journalistik-journal.lookingintomedia.com
  6. Journalistinnen in Europa – mit Köpfchen durch die gläserne Decke? auf: misstilly.de
  7. Hedwig-Dohm-Urkunde 2003 auf: journalistinnen.de

Weblinks


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