Mavis Lever

Mavis Lever
In diesem Gebäude (engl.: The Cottage) in Bletchley Park arbeitete Mavis Lever zusammen mit Dilly Knox an der Entzifferung der ENIGMA

Mavis Lillian Lever[1] (* 5. Mai 1921)[2] ist eine britische Kryptoanalytikerin. Während des Zweiten Weltkrieges trug sie in der Government Code and Cypher School (GC&CS) (deutsch etwa: „Staatliche Code- und Chiffrenschule“) im englischen Bletchley Park, also der militärischen Dienststelle, die sich erfolgreich mit der Entzifferung des deutschen Nachrichtenverkehrs befasste, wesentlich zum Bruch der deutschen Rotor-Schlüsselmaschine ENIGMA bei.

Inhaltsverzeichnis

Bletchley Park

Bei Ausbruch des Krieges studierte Mavis Lever Germanistik am University College London.[3] Von dort wurde die 18 Jahre junge Studentin im April 1940 durch Dillwyn Knox in die Dienste der GC&CS ins 70 km nordwestlich von London gelegene Bletchley Park (BP) abgeworben.[4]

Ein besonderes Glücksgefühl als „Codeknackerin“ war ihr beschieden, als sie im Jahr 1941 einen italienischen Funkspruch analysierte. Er stammte von der italienischen Marine, die zur Verschlüsselung die deutsche ENIGMA-Maschine benutzte. Mavis Lever erkannte, dass der Geheimtext nicht ein einziges Mal den Buchstaben „L“ enthielt und schloss intuitiv und völlig korrekt, dass es sich um einen „Füllspruch“ handelte, der keinen sinnvollen Text enthielt, sondern nur „Blender“, und dazu diente, dem Gegner Funkaktivität vorzutäuschen und ihn mit sinnloser Kryptanalyse zu beschäftigen.[5] Mavis vermutete ferner aufgrund des im Spruch völlig fehlenden „L“ und der bekannten Eigenschaft der ENIGMA, dass niemals ein Buchstabe in sich selbst verschlüsselt werden kann („Nichts ist jemals es selbst“),[6] dass der Verfasser des Funkspruchs sich bequemerweise den auf der Tastatur der ENIGMA ganz rechts unten liegenden Buchstaben ausgesucht hatte, um so möglichst einfach den Füllspruch zu erzeugen.[7]

Die ENIGMA G der Abwehr verfügte über einen speziellen Walzensatz

Mavis Lever präsentierte er damit einen extrem langen Crib (deutsch: wahrscheinliches Wort) und erlaubte ihr so eine äußerst präzise Analyse der Arbeitsweise der Maschine und der Verdrahtung der Walzen. Diese Erkenntnis führte sie in der Folge am 25. März 1941 zur Entzifferung eines weiteren italienischen Funkspruchs, in dem sie den Crib SUPERMARINA (italienischer Begriff für das damalige Oberkommando der Regia Marina, also der italienischen Kriegsmarine) korrekt vermutete und dem sie die Nachricht „Oggi 25 marzo est giorno X-3“ (deutsch: „Heute, der 25. März, ist der Tag X minus drei“) entringen konnte.[8] Tatsächlich nur drei Tage später, am 28. März 1941, trugen ihre Entzifferungen wesentlich zum Sieg der Royal Navy über die italienische Flotte in der Seeschlacht bei Kap Matapan bei.[9] Damit verhalf ihre Leistung dem Oberbefehlshaber der britischen Flottenverbände im Mittelmeer, Admiral Andrew Cunningham, zum Erfolg in einer der wichtigsten Seeschlachten des Zweiten Weltkriegs.[10]

Am 8. Dezember 1941 gelang Mavis Lever ein weiterer wichtiger kryptanalytischer Durchbruch. Unter der Leitung von „Dilly“ Knox und zusammen mit ihrer Kollegin Margaret Rock „knackte“ sie zum ersten Mal eine von der deutschen Abwehr (Geheimdienst) mithilfe eines speziellen ENIGMA-Modells (G) verschlüsselte Meldung.[11] Sie sagte: „Nichts kommt dem Anblick einer geknackten Verschlüsselung gleich, es ist wirklich das Beste vom Besten.“[12]

Im November 1942 heiratete Mavis Lever ihren Verlobten Keith Batey, der in der Hut 6 arbeitete, also der Nachbar-Organisationseinheit von BP, die sich unter Leitung von Gordon Welchman und seinem Stellvertreter Conel Hugh O’Donel Alexander mit der Entzifferung der vom deutschen Heer und der Luftwaffe mit der ENIGMA I verschlüsselten Funksprüche befasste.[13] Sie trägt seitdem den Namen Mavis Batey.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BP Roll of Honour Abgerufen: 9. Juni 2011.
  2. Interview mit Mavis vom 24. Januar 2008 Abgerufen: 26. März 2010.
  3. Michael Smith: ENIGMA entschlüsselt – Die „Codebreakers“ von Bletchley Park. Heyne, 2000, S. 67. ISBN 3-453-17285-X
  4. Hugh Sebag-Montefiore: ENIGMA – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 118. ISBN 0-304-36662-5
  5. Michael Smith: ENIGMA entschlüsselt – Die „Codebreakers“ von Bletchley Park. Heyne, 2000, S. 88. ISBN 3-453-17285-X
  6. Robert Harris: Enigma. Roman. Weltbild, Augsburg 2005, S. 71. ISBN 3-89897-119-8
  7. Hugh Sebag-Montefiore: ENIGMA – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 121. ISBN 0-304-36662-5
  8. Hugh Sebag-Montefiore: ENIGMA – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 118ff. ISBN 0-304-36662-5
  9. Friedrich L. Bauer: Entzifferte Geheimnisse, Methoden und Maximen der Kryptographie. Springer, Berlin 2000 (3. Aufl.), S. 457. ISBN 3-540-67931-6
  10. Hugh Sebag-Montefiore: ENIGMA – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 130. ISBN 0-304-36662-5
  11. Hugh Sebag-Montefiore: ENIGMA – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 129. ISBN 0-304-36662-5
  12. Michael Smith: ENIGMA entschlüsselt – Die „Codebreakers“ von Bletchley Park. Heyne, 2000, S. 58. ISBN 3-453-17285-X
  13. Hugh Sebag-Montefiore: ENIGMA – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 119. ISBN 0-304-36662-5

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