Memorandum der slowakischen Nation

Memorandum der slowakischen Nation
Eine Gedenktafel an das Memorandum in Martin

Das Memorandum der slowakischen Nation (slowakisch Memorandum národa slovenského) war ein am 6. und 7. Juni 1861 an der slowakischen Nationalversammlung im damals oberungarischen, heute slowakischen Martin angenommenes Dokument, das staatsrechtliche, politische und kulturelle Anforderungen der Slowaken umfasste. Der Hauptautor war Štefan Marko Daxner.

Das Memorandum verlangte im Wesentlichen eine Schul- und kulturelle Autonomie. Zu einigen der Anforderungen gehörten:

  • Errichtung einer Jura-Fakultät
  • Errichtung eines Instituts der slowakischen Sprache und Literatur an der Universität von Pest
  • Möglichkeit, das Schulunterricht auf slowakisch zu führen
  • Möglichkeit, slowakische (Land-)Wirtschaftliche Zeitschriften herauszugeben
  • Möglichkeit, slowakische Wirtschaftsvereine zu gründen

Dabei ging es nicht, das von den Slowaken mehrheitlich besiedelte Oberungarn vom Königreich Ungarn abzutrennen, wie es zum Beispiel während der Revolution von 1848/49 der Fall war, sondern eine Art Autonomie errichten. So sollte ein „oberungarische(s) slowakische(s) Gegend / Distrikt“ (slowakisch Hornouhorské slovenské okolie) gegründet werden. Dieses sollte vollständig folgende Komitate umfassen: Arwa, Liptau, Scharosch, Sohl, Trentschin, Turz und Zips. Slowakische Teile mehrsprachiger Komitate sollten als neue Komitate im Distrikt entstehen oder den angrenzenden slowakischen Komitaten eingegliedert werden. Es handelt sich um folgende Komitate: Abaúj, Barsch, Gemer und Kleinhont, Hont, Neutra, Neograd, Pressburg, Semplin und Torna.

Diese Anforderungen wurden dem ungarischen Landtag vorgebracht, stießen aber auf eine Ablehnung der ungarischen politischen Kreise: daher wurde das Memorandum nicht genehmigt. Von diesen Kreisen wurde auch eine Kampagne gegen das Memorandum angefangen, um Verfasser des Dokuments zu diskreditieren und zeigen, dass das slowakische Volk sich indifferent gegenüber dem Memorandum verhielt. So wurden von verschiedenen Städten im vorgeschlagenen „Distrikt“, darunter auch von Neusohl (slowakisch Banská Bystrica), die zum Sitz dieses Distrikts werden sollte, die „Treue zur ungarischen Heimat“ ausgedrückt. Nach dem Scheitern dieses Vorhabens wendeten sich die Verfasser an den Kaiserhof in Wien, wo sie weiter die Anforderungen spezifizierten. Dieses am 12. Dezember 1861 vorgeschlagenes Dokument wird als Wiener Memorandum (slowakisch Viedenské memorandum) bezeichnet.

Trotz des erfolglosen Ergebnisses blieb das Memorandum der slowakischen Nation bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und folgenden Eingliederung der Slowakei in die Tschechoslowakei die Programmbasis der slowakischen Politiker im Königreich Ungarn, wie zum Beispiel für die 1871 gegründete Slowakische Nationalpartei.

Zum 150. Jahrestag der Annahme des Memorandums wurden 2011 von der Nationalbank der Slowakei Sammlermünzen im Wert von 10 Euro herausgegeben.

Quelle

  • Dušan Kováč et al.: Kronika Slovenska 1. Fortuna Print, Bratislava 1998. ISBN 80-7153-174-X.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Geschichte der Slowakei — Wappen der Slowakei Die Geschichte der Slowakei beginnt mit der Besiedlung Germanischer und keltischer Völker. Zu Beginn unserer Zeitrechnung drangen Römische Garnisonen vorübergehend auch in Gebiete nördlich der Donau ein und errichteten… …   Deutsch Wikipedia

  • Roma-Politik der Europäischen Union — Die auf Roma bezogene Politik der Europäischen Union zielt auf eine verstärkte soziale Einbeziehung und Teilhabe bestimmter unter den Dachbegriff „Roma“ zu fassender Personengruppen wie der Kalderasch, der Lovara, der Sinti oder der Ashkali… …   Deutsch Wikipedia

  • Slowakische Geschichte — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Jozef Miloslav Hurban — J. M. Hurban, Lithographie von Eduard Kaiser, 1849 …   Deutsch Wikipedia

  • Štefan Marko Daxner — (* 26. Dezember 1822 in Tisovec, Kaisertum Österreich, heute Slowakei; † 11. April 1892 ebenda) war ein slowakischer Politiker, Schriftsteller und Publizist der sogenannten Štúr Generat …   Deutsch Wikipedia

  • Slowakische Nationalpartei (1871) — Die Slowakische Nationalpartei (slowakisch Slovenská národná strana, SNS) war eine konservative und nationalistische slowakische Partei im Königreich Ungarn und der ersten tschechoslowakischen Republik in den Jahren 1871–1938. Die heutige… …   Deutsch Wikipedia

  • Slowakische Euromünzen — Die Euromünzen Eurozone Belgien  Belgien Deutschland  Deutschland Estla …   Deutsch Wikipedia

  • Kriegsziele im Ersten Weltkrieg — Die Kriegsziele im Ersten Weltkrieg resultierten aus den Hegemonie Bestrebungen der damaligen Großmächte und dem Drang der Völker auf nationale Selbstbestimmung. Sie bestanden überwiegend aus konkreten territorialen, politischen und… …   Deutsch Wikipedia

  • Kriegsziele Deutschlands im Ersten Weltkrieg — Erster Weltkrieg – beteiligte Staaten ██ Entente, Alliierte und Assoziierte ██ Mittelmächte …   Deutsch Wikipedia

  • Kriegsziele des Deutschen Kaiserreiches im Ersten Weltkrieg — Erster Weltkrieg – beteiligte Staaten ██ Entente, Alliierte und Assoziierte ██ Mittelmächte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”