Männer-radikale-Therapie

Männer-radikale-Therapie

Männer-radikale-Therapie (auch Männer-Radikale Therapie, Männer üben Radikale Therapie, abgekürzt MRT) ist ein stark strukturiertes Programm für Selbsthilfe- und Selbsterfahrungsgruppen von Männern. Es wurde 1975 von Frauen organisieren radikale Therapie abgeleitet und war der gesellschaftliche Beginn der Kritischen Männerforschung. In der Folge der kritischen Sicht, die sich in den Männergruppen entwickelte, gründeten sich Männerberatungsstellen, Männerbüros und Männerzentren. Die MRT hat das Ziel, die gesellschaftliche Veränderung durch eine kritische Selbstbetrachtung des Mannes zu fördern. Eine Anwendung der MRT gab und gibt es vor allem im Bereich der Sozialen Arbeit, in denen sie zum Beispiel in Väter- und Gewalttätergruppen und in der Jugendsozialisation eingesetzt wird. [1]

Inhaltsverzeichnis

Konzept

Die MRT legt den Fokus auf männerspezifische Denk- und Verhaltensformen, die der Entfaltung im Weg stehen. In Selbsthilfe durch kleine Gruppen ohne hierarchische Ordnung, anders als bei der üblichen Psychotherapie und mit eigener Verantwortlichkeit sollen die männerspezifischen Denk- und Verhaltensformen erkannt und verändert werden. Angesprochene männerspezifische Formen sind beispielsweise der Drang zu besonderer Intelligenz oder Stärke. Im geschlossenen und durch Regeln geschützten Raum sollen neue Verhaltensmöglichkeiten ohne Dominanz Einzelner zusammen mit anderen Männern probiert und trainiert werden. Die Regeln beziehen sich auf verbindliche Zeitabsprachen, klare Gesprächsvereinbarungen und weitere Verbindlichkeiten. Jede Sitzung wird in abwechselnde kurze und intensive Phasen unterteilt und soll dadurch abwechslungsreich und aufmerksamkeitsfördernd gehalten werden. MRT wurde durch Learning by Doing praktizierender Gruppen entwickelt, durch erfahrene Teilnehmer („Starter“) weitergegeben und wird nur in wenigen theoretischen Abhandlungen und schriftlichen Grundlagen reflektiert.

Ursprung

Der Begriffsbestandteil „Radikal“ in der RT bezieht sich auf den historischen Ursprung aus der radikalen Ablehnung der hegemonialen Psychiatrie. Das Kommunebuch führt aus: „Die Ursprünge des Selbsthilfetherapiekonzeptes liegen in der Radikalen Psychiatrie Bewegung, die 1968 in Berkeley (USA), getragen durch die StudentInnenbewegung entstand. Der Machtmissbrauch der Psychiatrie wurde angegriffen(…). Aus dieser Bewegung entstanden Therapiegruppen, die z.B. mit Techniken der Transaktionsanalyse arbeiteten. Diese Gruppen arbeiteten jedoch noch mit PsychiaterInnen. Das Selbsthilfemodell der RT ist eine niederländische Erfindung. Dort kombinierten Mitte der 70er Jahre Feministinnen ihre Erfahrungen aus Selbsthilfegruppen mit den Ideen und Theorien der Radikalen Psychiatrie und des Re-evaluation Counseling und nannten das Konzept FORT (übersetzt: Frauen üben Radikale Therapie). MRT (Männer üben Radikale Therapie) ist eine Neuentwicklung des FORT-Konzeptes für Männergruppen(…)“ [2]

Methode

RT wird in Gruppen eingeübt, die sich in regelmäßigen Abständen abends treffen. Festgelegte Runden strukturieren die Sitzung.[3] Die Leitung der Sitzungen wird von jeweils zwei Personen im Wechsel durchgeführt.

Ein traditioneller Ablauf beginnt mit dem Blitzlicht, einem Austausch der derzeitigen psychischen und physischen Befindlichkeit. Zumeist folgt dann die Runde Gutes und Neues mit persönlichen Berichten der vorangegangenen Woche. In der Arbeitszeit wird einzelnen Personen, denen ein Unterstützer zur Hand geht, die volle Aufmerksamkeit zuteil. In dieser Runde werden wichtige und aktuelle Themen behandelt. Die Session endet oft mit der Schmuserunde, in der sich die Anwesenden selbst, vor allem aber gegenseitig Anerkennung geben und erhalten.

Erfahrenere Gruppen bauen in ihre wöchentliche Sitzung oft die Grollrunde ein, wo Wut, Ärger und Frustration über andere Gruppenmitglieder bewusst gemacht, ausgesprochen und entladen werden. Die Gespinsterunde, in der auch abstruse Gedanken über andere aus der Gruppe geäußert werden können, dient der Klärung von Beziehungen und Aufdeckung gegenseitiger Übertragungen und der Schulung von Intuition und emotionaler Kompetenz.

Das Kommunebuch ergänzt: „Ob und wie diese Elemente eingesetzt werden, entscheidet jede Gruppe für sich … Zwischen diesen festen Runden gibt es auch Zeit für Körperarbeit, Massagen, Spiele, Phantasiereisen, Tanzen, Yoga, u.ä.. Teilweise wird auch themenbezogen gearbeitet, z.B. einen Abend über Sexualität, Trennung, Vater-Mutterschaft, Eltern, etc. …“ [4]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Heike Weinbach (2009): Lehrbuch: Gender und Queer. Grundlagen, Methoden und Praxisfelder. Weinheim und München, Juventa
  2. Hg. Kollektiv Kommunebuch: Das Kommunebuch: Alltag zwischen Widerstand, Anpassung und gelebter Utopie Verlag Die Werkstatt, Göttingen 1996, S. S. 277f Online verfügbar (pdf)
  3. Hg. Kollektiv Kommunebuch: Das Kommunebuch: Alltag zwischen Widerstand, Anpassung und gelebter Utopie Verlag Die Werkstatt, Göttingen 1996, S. 276-289 Online verfügbar (pdf)
  4. Hg. Kollektiv Kommunebuch: Das Kommunebuch: Alltag zwischen Widerstand, Anpassung und gelebter Utopie Verlag Die Werkstatt, Göttingen 1996, S. 280 Online verfügbar (pdf)

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