Packraft

Packraft
Aufgebautes Packraft

Packraft aus dem Amerikanischen für sehr leichte aber stabile Schlauchboote, die durch geringes Gewicht und Volumen auch beim Wandern, Fahrradfahren oder im öffentlichen Verkehr mitgeführt werden können. Synonyme sind die Bezeichnungen Trailboat, Rucksackboot, Taschenboot und Ultraleichtschlauchboot. Packrafts werden typischerweise als Einsitzer mit Doppelpaddel gepaddelt.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Verstautes Packraft mit Paddel

Die Kategorisierung als Raft ist streng genommen technisch inkorrekt. Ein Raft, also Floß, unterscheidet sich vom Boot durch den fehlenden Rumpf und erhält seinen Auftrieb nach dem archimedischen Prinzip nicht durch die Verdrängung der nach oben offenen Hohlform, sondern durch das schwimmfähige Material selbst. Es hat typischerweise einen flachen Boden. Obwohl grundsätzlich unsinkbar, sind Packrafts nicht als Selbstlenzer gebaut[1], die Verdrängung und der Auftrieb finden also auch durch die geschlossene Form statt.

Die Kategorisierung als Raft ist auch anwendungsseitig irreführend, da insbesondere im deutschen Sprachraum Raft mit Rafting und somit eher mit schwerem Wildwasser im Mehrpersoneneinsatz assoziiert wird. Packrafts sind jedoch keine reinen Wildwasserkanus, sondern Reiseboote.[2]., welche auf Flüssen, Fjorden, Buchten und Bergseen eingesetzt werden. Sie lassen sich mit Spitzschutz bedingt auch auf schwererem Wildwasser (IV+) fahren. Dies jedoch nicht als im Mehrpersoneneinsatz!

Packrafts grenzen sich von Badebooten oder PVC-Booten durch höhere Haltbarkeit durch widerstandsfähigeres Material und von erheblich schwereren Schlauchkanadiern aufgrund des geringen Gewichts mit rund 3 kg ab.[3]

Konstruktion

Paddel und Pedale

Moderne Packrafts bestehen aus urethan-beschichtetem Nylon mit einer spezieller Oberflächenbehandlung. Die enorme Abriebfestigkeit ist weithin dokumentiert [4]. Ein heute gebräuchliches Packraft besteht aus einem äußeren rundum führenden Schlauch in Einkammerbauweise und einer losen (nicht aufblasbaren) Bodenwanne. Weitere Konstruktionsmerkmale sind eine optionale Spritzdecke, ein hochgezogener Bug und der aufblasbare Sitz. Die Größe variiert um 20 cm in der Länge abgestimmt auf die Beinlänge des Fahrers. Das Boot erhält das Grundvolumen durch den Einsatz eines Blasesacks aus leichtem Nylon. Der Restdruck wird per Lunge erreicht. Der beschränkte Druck ist dabei beabsichtigt. Mechanische Beanspruchungen werden so gemildert. Die Grundstabilität wird über den eigenen Körper erreicht. Insofern ist auch die kurze Baulänge (neben der Gewichtsreduktion) gewollt. Körperspannung zwischen Bug und Heck bilden den (flexiblen) Rahmen des Bootes. Das „Federsystem“ wird jedoch erst bei wuchtigem Wildwasser von Bedeutung.[5]

Geschichte

Die Entwicklung von Packrafts geht auf die Geschichte des Schlauchbootes zurück. Den Grundstein legte dabei im Jahr 1913 der Berliner Hermann Meyer, welcher "ein beidseitig benutzbares, aufblasbares Wasserfahrzeug" patentrechtlich schützen ließ. Auch wenn dies noch nicht den Portabilitätskriterien von heute entsprach, war es doch ein transportables Wasserfahrzeug. Die Weiterentwicklung zu kompakten Formen führte schließlich zum Einsatz in der zivilen Luftfahrt (Rettungsboot) und zur militärischen Nutzung (Überlebensboot). Der erstmalige zweckentfremdete Einsatz in Hobby und Freizeit solcher Geräte ist schwer zu bestimmen. Gesichert gilt die Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg in Nordamerika und Australien. Als erste dokumentierte Nutzung gilt Dick Griffiths Trip im Copper Canyon in Mexico 1952[4],

Ungarn 1989, Packraft des Ostens

aus dem sich der Packrafting-Gedanke entwickelte, sich aber erst in den 80er Jahren mit ersten Produkten aus dem Freizeitbereich von Sherpa und Curtis Design verbreitete. Diese stellten erstmals Boote aus urethan-beschichtetem Nylon her, bewarben sie aber für Jäger und Angler[6]. Dennoch wurden sie seit 1982 regulär beim Wilderness Classic Rennen in Alaska eingesetzt. Die 90er Jahre brachten im amerikanischen Norden ausgedehnte Touren, auch in Kombination mit Mountain Bikes (Dial, Roman: National Geografic Magazine 5/97).[4]

BJ 1988, Gewicht: 3,9 kg

Parallel dazu finden sich in den 80er Jahren in der Produktion der DDR verblüffend ähnliche Konstruktionen moderner Packrafts (Typenbezeichnung B73). Packmaß und Gewicht sowie die heutige Einsatzfähigkeit sprechen für äquivalente Portabilität und Robustheit. [7]

Die Verwendung als Wassersportgerät erfolgte nach dem Jahr 2000 durch das Aufkommen neuer Materialien, Verarbeitungen und Konstruktionen (Spritzdecke und Passform). Insbesondere die letzten Jahre brachten eine Wende im Verständnis für diese Boote. Dazu beigetragen hat der renommierte “Backpackers Best Award“ sowie der “Boaters Best Pick“ im amerikanischen Paddlers Magazine in Jahr 2005.

Auffällig ist jedoch die mangelnde Resonanz in Europa[8]. Dies könnte dem Fehlen ausgeprägter Wildnisgebiete geschuldet sein. Der originäre Packrafting-Gedanke hat sich dort entwickelt, wo der Bootstransport einerseits aufwändig ist und man andererseits ohne Boot nicht weit kommt, vornehmlich in Alaska.[2]

Einsatzmöglichkeiten

Packraft im Wildwasser

Packrafts sind primär Wildnisboote zum Trekking in gemischtem Terrain. Die Abstufung des Anteils der Nutzung auf dem Wasser ist fließend. Es kann als reines Backup oder nur zur Überwindung von Gewässern dienen, es kann einen ausgewogenen Anteil besitzen (klassisches Packrafting) oder den überwiegenden Teil ausmachen (Aufstieg zum Einstieg) bzw. als reines Wildwasserkanu genutzt werden. [2]

Mit dem Fehlen eines „Backcountry“ dürfte es nach dieser Sichtweise keine Anwendung in (Mittel-) Europa geben. Mit einer langen Tradition an öffentlichem Nah- und Fernverkehrs, eröffnen Packrafts jedoch hier die Möglichkeit an einem wahren Mix unterschiedlicher Transporte. Charakteristisch für den Einsatz ist die Portabilität, Vielseitigkeit und Verlässlichkeit.

Kombination von Fahrrädern mit Packrafts

Variationen [9]

  • Bikerafting (Packrafts und Fahrrader)
  • Skipaddeln (Packrafts und Langlauf)
  • Bootsrodeln (als Schlitten oder Pulka)
  • Rollerboating (Rollschuh und Boot)
  • Transport beim Angeln und der Jagd
  • als Zugang zu unzugänglichen Kletterfelsen
  • für Backpacker mit Bus, Bahn und Flugzeug

Zubehör

Packraft mit Rucksack und Zubehör

Zur Bootsausrüstung gehört ein teilbares und in Länge und Schränkung verstellbares Paddel. Je nach Anwendung kommen Helm, Schwimmweste und Kälteschutzkleidung hinzu.[10]

Funktion ist der Transport eines Wasserfahrzeug auch über ausgedehnte Entfernungen in schwierigem Gelände im Rucksack zusammen mit der weiteren Trekkingausrüstung aus Zelt und Verpflegung.[11]

Siehe auch

Weblinks

http://kanumagazin.de/packraft - Neuer-Trendsport-Packrafting?

http://www.packrafting.de - Packrafting in Germany, Europe and beyond (Blog & Info)

Einzelnachweise

  1. Alpacka Raft, "FAQ", Stand 10. Mai 2010
  2. a b c Schellin, Sven: Dick, aber untergewichtig. Neuer Trendsport Packrafting?, KANUmagazin, 03/2010
  3. http://www.nrsweb.com/shop/product.asp?pfid=1630&pdeptid=2320
  4. a b c Dial, Roman: Packrafting! An Introduction and How-to Guide. Beartooth Mountain Press, Bozeman, MT. 2008
  5. Alpacka Raft, "About". Stand 10. Mai 2010
  6. http://feathercraft.com/inflatables/baylee.php
  7. Kreinacker, M.: "Packraft des Ostens", Stand 29. Mai 2010
  8. Trekking Ultraleicht Forum, "Erfahrungsberichte Alpacka Raft", Stand 10. Mai 2010
  9. Packrafting Forum , Stand 10. Mai 2010
  10. Backpacking Light, "Packrafting Gear List", Stand 10. Mai 2010
  11. Regenold, Stephen: "River Craft Lite: Floats Great, Less Filling", The New York Times, 16. September 2009

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