Preußen-Konsortium

Preußen-Konsortium

Das Preußen-Konsortium war ein Kartell von Banken, das seit 1866 bis zum Ende des Kaiserreiches die preußischen Staatsanleihen und später die des Deutschen Kaiserreiches auf dem Kapitalmarkt unterbrachte. Es war das damals größte Bankenkonsortium in Deutschland.

Geschichte

Erste Ansätze gab es bereits 1859. Danach hatten seit 1860 die Rothschilds ein Monopol darauf, alle preußischen Staatsanleihen, die seit 1848 herausgekommen waren zu verteilen. Auch als Dank für die Vorfinanzierung des deutsch-österreichischen Krieges durch Gerson Bleichröder, Adolph von Hansemann und seiner Disconto-Gesellschaft sowie Georg von Siemens von der Deutschen Bank wurde der Vertrag mit den Rothschilds gekündigt. Stattdessen wurde das Preußen-Konsortium gegründet. Die nominelle Leitung lag bei der staatlichen preußischen Seehandlung. Die reale Führung lag bei Bleichröder und der Discontogesellschaft. Diesen gelang es rasch die wichtigsten Privatbanken (unter diesen auch wieder die Frankfurter Rothschilds), die Berliner Handelsgesellschaft und die großen Aktienbanken wie die Deutsche Bank in dem Kartell zusammenzuführen. Im Jahr 1867 überwogen die Berliner Banken. Hinzu eine Bank aus Köln und eine aus Frankfurt.

Das Kartell übernahm die preußische Anleihen und brachten sie auf dem Markt unter. Damit wurden unter anderem der deutsch-französische Krieg und die Verstaatlichung der Eisenbahnen in Preußen finanziert. Neben den preußischen Anleihen wurden später auch Reichsanleihen emittiert.

Eigentlich handelte es sich um verschiedene Konsortien, da sich die Zusammensetzung im Zeitverlauf änderte. Im Jahr 1876 kamen zwei Hamburger Banken - unter ihnen die Norddeutsche Bank hinzu. Der Kreis der Banken wuchs in den 1880er Jahren um Banken aus Leipzig, München (zum Beispiel Bayerische Hypotheken- und Wechselbank), Nürnberg, Mannheim, Straßburg und Stuttgart. Allerdings überwogen weiterhin die Berliner Institute. Auf Banken anderer Orte entfiel nur einer Anleihensumme vom 28,1%. Dennoch bedeutete dies eine enge Verknüpfung aller bedeutenden Bank- und Börsenplätze im Deutschen Kaiserreich. Im Jahr 1913 gab es 13 Berliner Banken und 15 Banken mit einem anderen Sitz. An der grundsätzlichen Übermacht der Berliner Institute hat sich aber nichts geändert. Neu hinzugekommen waren unter anderem Banken aus Breslau, Posen und Dresden.

Anfangs dominierten noch die Privatbanken. Bei einer Anleihe von 1867 lag Anteil der Privatbanken bei 55%, die der Aktienbanken bei 30,9% und die der Staatsbanken bei 24%. Dies Verhältnis änderte sich mit der Zeit. Bei der Anleihe von 1912 lag Anteil der Privatbanken bei 30%. Auch der Anteil der Staatsbanken sank ab, während die Aktienbanken nunmehr auf 64,2% kamen.

Die eigentliche Macht insbesondere im entscheidenden „erweiterten Ausschuss“ hatten indes die Berliner Banken. Die mächtigste Bank war über Jahrzehnte die Disconto-Gesellschaft.

So wichtig das Konsortium war, war es nicht in der Lage über den Kurs einer Anleihe hinaus, die Finanzpolitik Preußens oder des Reiches zu bestimmen.

Zusammen machten die zwischen 1906 und 1911 vom Konsortium emittierten preußischen und deutschen Staatsanleihen über 4 Milliarden Mark aus. Dies konnte der Markt nicht mehr aufnehmen, daher sanken die Kurse für Anleihen seit 1906 stark ab.

Literatur

  • Morten Reitmayer: Bankiers im Kaiserreich. Sozialprofil und Habitus der deutschen Hochfinanz. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-35799-0 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 136), (Zugleich: Hannover, Univ., Diss., 1996).
  • Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 3: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849–1914. Beck, München 1995, ISBN 3-406-32263-8, S.298

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