Chioniten

Chioniten

Die Chioniten waren eine spätantike Nomandengruppe in Zentralasien. Ihr Name ist möglicherweise vom mittelpersischen Wort Xiyon („Hunne“) abgeleitet.

Das Erscheinen dieser ersten Gruppe der „iranischen Hunnen“ ist zeitlich etwa eine Generation vor dem Auftauchen der europäischen Hunnen anzusetzen, welche 375 die Wolga überschritten. Die Chioniten waren mit diesen aber wahrscheinlich nicht verwandt; allerdings ist auch die ethnische Zusammensetzung der drei „hunnischen“ Gruppen, die zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert nacheinander an der Nordostgrenze des Sassanidenreichs auftauchten (Chioniten, Kidariten, Hephthaliten), nicht restlos geklärt.

In der neueren Forschung wird meist angenommen, dass die Dynastie der Kidariten aus den „hunnischen“ Invasoren (also den Chioniten) hervorging, wobei die Bezeichnung „Hunnen“ nicht unbedingt als ethnischer Begriff verstanden werden muss,[1] zumal die Namensähnlichkeit zwischen Xiyon und Chioniten recht groß ist. Wolfgang Felix bezeichnet sie in der Encyclopaedia Iranica als von möglicherweise iranischer Herkunft („probable Iranian origin“), doch sind genaue Aussagen kaum möglich. Einige Forscher, etwa James Howard-Johnston, nehmen an, dass sich hinter den Xiyon bzw. den Chioniten Teile der Xiongnu verbergen, die aus Ostasien nach Westen gezogen seien, doch ist diese Hypothese sehr umstritten.

Fest steht nur: Die Chioniten werden zur Zeit des persischen Sassanidenkönigs Schapur II. (reg. 309–379) von dem römischen Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus, der wichtigsten Quelle für diese Zeit, als Chionitae in der Region erwähnt, in der damals die Perser eine Oberherrschaft über die einstigen Kuschan-Provinzen ausübten. Im Jahr 350 griffen diese Nomaden, speziell die Chioniten, Schapur II. an; in mehreren Feldzügen konnten der Perserkönig zwar die Nordostgrenze seines Reiches sichern, nach dem Krieg waren die Chioniten aber mit einiger Sicherheit die neuen Herren Baktriens mit Balch, da dort die Münzprägung der Kuschan-Schahs aufzuhören scheint. Ihr damaliger König hieß Grumbates, der sich Schapur II. unterordnete und bei der Belagerung der römischen Festung Amida 359 anwesend war, wie aus dem Geschichtswerk des Ammianus hervorgeht.[2] Laut Ammianus Marcellinus haben die Chioniten bei der Belagerung von Amida 359 zum Erstaunen der Perser ihre Toten verbrannt (Ammian 19,1,7ff.).

Die weitere Geschichte der Chioniten ist unklar. Sie wurden offenbar Ende des 4. Jahrhunderts von den Kidariten abgelöst, denen dann ihrerseits die Hephthaliten folgten, doch bleiben die Details im Dunkeln.[3]

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Vgl. Timo Stickler: Die Hunnen. München 2007, S. 29ff.
  2. Vgl. dazu auch John F. Matthews: The Roman Empire of Ammianus. Baltimore/London 1989, S. 61ff.
  3. Vgl. allgemein Felix, Chionites.

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