- Rote Hunnen
-
Die Chioniten oder Khioniten (in manchen Quellen als Rote Hunnen bezeichnet) waren eine spätantike Nomandengruppe in Zentralasien. Ihr Name ist möglicherweise vom mittelpersischen Wort xiyon („Hunne“) abgeleitet.
Ihr Erscheinen verläuft zeitlich und räumlich kurz vor dem Auftauchen der europäischen Hunnen, welche 375 die Wolga überschritten. Die Chioniten waren aber womöglich wie die Hephthaliten nicht unbedingt hunnischer, sondern eher indogermanischer Herkunft, da die ethnische Zusammensetzung der drei Gruppen zu dieser Zeit (Chioniten, Kidariten, Hephthaliten) und die Beziehungen zwischen ihnen nicht restlos geklärt sind. Der römische Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus, unsere wichtigste Quelle für diese Zeit, verbindet die Chioniten nicht mit den Hunnen. Die Encyclopaedia Iranica beschreibt sie als möglicherweise iranischer Herkunft.
Die Chioniten werden zur Zeit des Sassanidenkönigs Schapur II. (reg. 309–79) von den Persern erwähnt, die damals die Oberherrschaft über die einstigen Kuschan-Provinzen hatten (sogenannte Kuschan-Schahs). Im Jahr 350 griffen die Nomaden, speziell die Chioniten, Schapur II. an und nach dem folgenden Krieg waren sie mit einiger Sicherheit die neuen Herren Baktriens mit Balch, da dort die Münzprägung der Kuschan-Schahs aufzuhören scheint. Ihr damaliger König hieß Grumbates, der sich schließlich Schapur II. unterordnete und bei der Belagerung der römischen Festung Amida 359 anwesend war.
Der Grieche Priskos, aber auch iranische und chinesische Quellen verzeichnen für diesen Zeitraum jedoch die Kidariten, welche die gleiche Region wie die Chioniten besiedelt hätten. Ungeklärt bleibt nun die Beziehung zwischen diesen beiden Gruppen; möglicherweise war es ein Bündnis oder ein Abhängigkeitsverhältnis benachbarter und ethnisch verschiedener Gruppen, vielleicht waren beide Gruppen aber auch identisch und der Name Kidariten bezeichnet bloß eine kurzlebige Dynastie.
Die Chioniten lebten als Nomaden, ihr Zentrum war in Sogdien, um Er-kurgan und Schar-i Sabz. Laut einer römischen Quelle (Ammianus Marcellinus) haben sie bei der Belagerung von Amida 359 zum Erstaunen der Perser ihre Toten verbrannt (19,1,7ff.), was nach archäologischen Angaben auch die europäischen Hunnen getan haben.
Die Chioniten wurden zwischen 425 und 450 von den Hephthaliten abgelöst, wobei die Datierung hier umstritten ist. Es ist unklar, ob Feldzüge gegen die Sassanidenkönige Bahram V. und Yazdegerd II. noch den Chioniten oder schon den Hephthaliten zuzuschreiben sind. Auch die Gupta in Indien mussten sich seit Kumaragupta I. (reg. 415–455) mehrmals mit „Hunas“ genannten Eindringlingen auseinandersetzen.
Literatur
- Wolfgang Felix: Chionites. In: Encyclopædia Iranica. Bd. 5 (1992), S. 485–487, hier online.
Weblinks
Wikimedia Foundation.