Kidariten

Kidariten

Die Kidariten waren eine Nachfolgedynastie des zentralasiatischen Kuschana-Reiches zwischen 390 und ca. 467/77 n. Chr.[1] Sie galten ihren Zeitgenossen als eine Gruppe der iranischen Hunnen.

Ihre ethnische Identität ist nur schwer zu klären. Aufgrund der Schilderung des spätantiken Geschichtsschreibers Priskos (die auch nicht von anderen Quellen widerlegt wird) stellt die Forschung eine Verbindung zwischen den Chioniten und Kidariten her, wobei Kidariten nur als dynastische Bezeichnung zu verstehen ist.[2] Die Chioniten wiederum waren um die Mitte des 4. Jahrhunderts kurzzeitig Verbündete des persischen Sassanidenreichs, wenngleich das Bündnis nicht längere Zeit Bestand hatte. Möglicherweise sind die Invasoren, gegen die der Sassanidenkönig Bahram V. im frühen 5. Jahrhundert kämpfte, mit den Kidariten zu identifizieren, wenngleich ihr Name in diesem Zusammenhang in den (wenigen) schriftlichen Quellen nicht auftaucht. Die Goldmünzen der Kidariten sind an den Kuschan-Stil angelehnt und deuten darauf hin, dass sich die Kidariten selbst als direkte Nachfolger der Kuschan-Herrscher betrachteten, deren Reich von den hunnischen Invasoren (zu denen denen wohl eben auch die Kidariten gehört zu haben scheinen) überrannt worden war.[3]

Die Herrschaftszeit Kidaras, des Gründers der Dynastie, ist sehr umstritten. Aufgrund der Datierung verschiedener Münzfunde wird der Beginn seiner Regierungszeit in die Zeit um 390 angesetzt.[4] In chinesischen Quellen aus dem frühen 5. Jahrhundert wird Kidara als Jiduoluo erwähnt. Priskos spricht von „kidaritischen Hunnen“, die als Gegner des Sassanidenkönigs Yazdegerd II. auftraten. Ebenso existieren Münzfunde aus Gandhara in Nordindien, das im frühen 5. Jahrhundert von den Kidariten erobert worden war. Auf diesen taucht ebenfalls der Name „Kidara“ auf, der als eine zusätzliche Krone die von Yazdegerd II. trägt, was als Indiz dafür gewertet werden kann, dass er um 420/30 in Erscheinung trat; doch datieren wie gesagt die meisten Numismatiker Kidara in die Zeit um 390.[5]

Ab 457 hatten die Kidariten mit den Hephthaliten zu kämpfen, die sich mit dem Sassanidenkönig Peroz I. verbündet hatten. Auch mit Peroz kam es zu Kampfhandlungen, in denen der Kidaritenkönig Kunkhas unterlag. Um 467 verloren die Kidariten ihre Hauptstadt Balaam (möglicherweise identisch mit Balch). Ein kidaritisches Restreich konnte sich jedoch in Gandhara bis mindestens 477 halten; auch in Sogdien scheinen Kidariten noch einige Zeit geherrscht zu haben. Zwischen Hephthaliten und Persern kam es bald darauf wieder zu Kampfhandlungen.

Literatur

  • E. V. Zeimal: The Kidarite Kingdom in Central Asia. In: B. A. Litvinsky (Hrsg.): The crossroads of civilizations. A.D. 250 to 750. Unesco, Paris 1996, ISBN 9-231-03211-9, (History of Civilizations of Central Asia 3), S. 119–133.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Vgl. Kidarites, in: EncIr.
  2. Zeimal, The Kidarite Kingdom in Central Asia, S. 119f.
  3. Siehe den Überblick im Artikel Kidarites, in: EncIr.
  4. Zeimal, S. 121.
  5. Kidarites, in: EncIr.

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