Ratskeller Leipzig

Ratskeller Leipzig
Eingang zum Ratskeller, 2010

Der Ratskeller Leipzig ist ein traditionsreiches Lokal in der Messestadt Leipzig. Er wurde 1904 im Neuen Rathaus eröffnet, das auf den Grundmauern der alten Pleißenburg errichtet wurde. Der frühere Ratsweinkeller in den Gewölben des Rathauses umfasst sieben Gesellschaftsräume mit insgesamt 700 Plätzen und ist heute ein Restaurant mit gutbürgerlich-sächsischer Küche.

Inhaltsverzeichnis

Aus den Anfängen des Ratskellers

Im Jahr 1895 kaufte die wohlhabende Stadt Leipzig dem sächsischen König die militärisch bedeutungslos gewordene Pleißenburg für über vier Millionen Goldmark ab. Mit Ausnahme des Turmes wurde die Festung 1897 geschleift, um auf den Fundamenten ein neues Rathaus zu errichten. Aus einem internationalen Wettbewerb ging der Baumeister Hugo Licht als Sieger hervor; nach seinen Entwürfen entstand zwischen 1899 und 1905 für insgesamt rund neun Millionen Mark ein imposantes architektonisches Ensemble. Auf dem Grundriss eines unregelmäßigen Fünfecks wurde – um drei Innenhöfe herum – ein riesiger Gebäudekomplex errichtet, der den gewachsenen Wohlstand und das ausgeprägte Selbstbewusstsein der Messestadt im wahrsten Sinne des Wortes untermauerte. Nach außen hin ohne geschlossene einheitliche Fassade, sondern mit Türmchen, Erkern und Giebeln mannigfach strukturiert, gilt die eklektizistische Mischung aus Barock und Spätrenaissance als Krönung des „Leipziger Jugendstils“.

Geschichte des Ratskellers

  • 1563: Der Rat der Stadt Leipzig eröffnet einen Weinkeller im ersten Rathaus.
  • 1626: Angesichts großer Schulden und magerer Gewinne verpachtet der Rat seinen Weinkeller für 450 Gulden pro Jahr an den bisherigen Ratsweinschenk.
  • 1826: Der Betrieb des Ratsweinkellers wird eingestellt.
  • 1895: Die Stadt Leipzig kauft die Pleißenburg und lässt sie abreißen.
  • 1896: Die Ausschreibung des Rathausbaus sieht ausdrücklich einen „Ratskeller mit allen zum Betriebe eines Wein- und Bierschanks nötigen Wirtschafts- und Nebenräumen“ vor.
  • 1. Oktober 1904: Noch vor Fertigstellung des Rathauses öffnet der neue Ratskeller zum ersten Mal seine Pforten. Erster Pächter ist Karl Blechschmidt. Die Räumlichkeiten umfassen den Hauptraum (auch Schoppenraum genannt), einen mit Jagdtrophäen ausgestatteten Jagdraum, eine Ratstrinkstube, einen Fasskeller, eine Küche sowie Bereiche für das Personal.
Der Ratskeller mit dem Rathausbrunnen (auch Rattenfängerbrunnen genannt) im Vordergrund, 1947
  • 1905: Das Neue Rathaus wird eingeweiht.
    In der Einweihungsschrift zum Rathaus sind folgende Zeilen eines namentlich nicht genannten Leipzigers enthalten: „Wenn sich also eine mächtig aufstrebende Großstadt in dem Vollgefühl ihrer Kraft ein stolzes neues Rathaus erbaut und darin nach alter Sitte wieder einen Ratskeller einrichtet, so ist das durchaus keine unzeitgemäße, altertümelnde Schrulle. Die Zeiten freilich sind vorüber, wo der Rat jeden namhaften Fremden [...] mit einem Ehrentrunk begrüßen konnte. Aber eins ist auch heute noch möglich: dass die Bürgerschaft [...] Gastfreundschaft übt, indem sie in dem Hauptgebäude der Stadt, im Rathause, eine gastliche Stätte schafft, wohin den Fremden das sichere Gefühl begleitet, dass er hier »gut aufgehoben« sei. Darum kehren alle deutschen Großstädte, wenn sie sich ein Rathaus bauen, mit Recht zu der guten alten Sitte des Ratskellers zurück und wetteifern darin, diese gastliche Stätte vornehm und würdig, gediegen und behaglich auszustatten.“[1]
  • 1922: Mit der ersten Renovierung wächst die Kapazität des Ratskellers auf über 700 Plätze. Aus ehemaligen Personalschlafräumen entstehen das Hochzeitszimmer und das Kaffeekabinett.
  • 1939: Wegen Einberufung der Männer zur Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg werden erstmals in der Geschichte des Ratskellers weibliche Bedienungen eingesetzt.
  • um 1958: Die DDR-HO übernimmt die Bewirtschaftung des Ratskellers.
  • um 1961: Der Ratskeller wird zum VEB Ratskeller Leipzig.
  • Am 1. Juli 1999: Der Ratskeller wird als GmbH vergesellschaftet, Geschäftsführer werden Ingo Winkler und Jan Woithon. Nach der Übernahme werden alle Räume des Ratskellers renoviert und neu gestaltet. Außer dem Kellerrestaurant wird seit dem Jahr 2000 auch die Kantine im Rathaus betrieben.
  • 4. Oktober 2004: Eine Geburtstagsfeier zum 100jährigen Bestehen des Ratskellers wird ausgerichtet.

Auszeichnungen

Der Ratskeller erhält 2005 die Auszeichnung „Servicequalität Sachsen“. 2007 gewinnt das Team den „Berufsausbildungspreis der Stadt Leipzig 2007“ in der Kategorie Unternehmen bis 50 Beschäftigte. Die Leipziger Volkszeitung veranstaltet seit einigen Jahren einen Wettbewerb um den besten Service in der Gastronomie. Im März 2008 erreicht der Ratskeller den 3. Platz, und kann die Auszeichnung am 7. März 2008 bei der Service-Weltmeisterschaft im Congress Center Leipzig auf dem Gelände der Neuen Messe entgegennehmen.

Franz Georg Friemel als Festredner bei einer Veranstaltung zum 20. Jahrestag des Mauerfalls 2009 im Ratskeller

Soziales Engagement

Die Geschäftsleitung des Ratskellers hat eine Patenschaft für sieben Fröbel-Kindergärten übernommen.[2] Zur Umsetzung der Vereinbarungen wird aus jeder der Kitas einmal jährlich die älteste Gruppe in den Ratskeller eingeladen. Nachdem die Kinder weiße Papierkochmützen erhalten haben, auf die sie ihren Namen schreiben konnten, wird ein Gruppenfoto auf dem Riesenstuhl im Foyer des Restaurants angefertigt. Ein Restaurantfachmann übt danach mit einem Drittel der Gruppe zunächst das Eindecken einer schönen Tafel, ein zweites Drittel mixt unter Anleitung einen alkoholfreien Cocktail und die restlichen Teilnehmer lernen in der Küche das Zubereiten eines Obst-Quark-Salates aus frischen Zutaten. Nach jeweils zweimaligem Stationswechsel wird die fertige Mahlzeit gemeinsam verputzt. Zum Abschluss bekommt jeder Knirps eine Urkunde mit dem Foto und einen Gutschein für einen Restaurantbesuch mit den Eltern. – Diese Kurse sind bei den Kindern und den Eltern sehr beliebt, weil sie den Jüngsten die Freude an der Küchenarbeit, den Geschmack an frischem Obst und ggf. auch eine Anregung für den späteren Beruf vermitteln. – Die Patenschaft beinhaltet aber auch die Unterstützung der Kindergärten bei der Ausrichtung von kleinen Feiern zum Tag des Kindes.

Mit der Lene-Voigt-Schule[3] besteht ein weiterer Kooperationsvertrag mit einer Leipziger Bildungseinrichtung. Die Leitung der Schule vermittelt für die Berufsorientierung ihrer Schüler Praktika und Schnuppertage im Ratskeller, wofür alle Bereiche (Küche, Service, Büro, Veranstaltungsabteilung) in Frage kommen. Die Geschäftsführung kann auf diese Weise frühzeitig die Ausbildungsplätze umfassend präsentieren und sichert sich dadurch einen interessierten Kreis von späteren Bewerbern.

Einzelnachweise

  1. Zitat aus der Homepage des Ratskellers; abgerufen am 10. Januar 2010
  2. Adresse der Hauptverwaltung der Fröbelkindergärten in Leipzig
  3. Homepage der Lene-Voigt-Schule

Quellen

Weblinks

 Commons: Ratskeller Leipzig – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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