Chlauschlöpfen

Chlauschlöpfen
Zeichnerische Darstellung eines Chlauschlöpfers

Das Chlauschlöpfen (ausgesprochen Chlaus-Chlöpfen) ist ein vorweihnachtlicher Brauch aus dem Bezirk Lenzburg (Schweiz), der den Zweck hat, den Samichlaus zu wecken. Dabei werden mit den Chlausgeisseln laute Knalle erzeugt, die durch das ganze Dorf hörbar sind.

Aktiv praktiziert wird dieser Brauch in den Gemeinden Ammerswil, Auenstein, Brunegg, Dintikon, Egliswil, Hallwil, Hausen bei Brugg, Hendschiken, Hunzenschwil, Lenzburg, Mägenwil, Möriken-Wildegg, Niederlenz, Othmarsingen, Rupperswil, Schafisheim, Seengen, Seon und Staufen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der Zeit von November bis Dezember werden in der Region Lenzburg bei einbrechender Dunkelheit die Chlausgeisseln geschwungen. Durch das Chlauschlöpfen soll der Samichlaus in seiner Höhle geweckt werden. Weil dies etwas länger dauert, besucht er die Kinder im Bezirk Lenzburg nicht am 6. Dezember, sondern am zweiten Donnerstag im Dezember (Lenzburger Chlausmärt/Klausmarkt).

Das Geisselklöpfen ist in weiteren Teilen der Schweiz, Deutschland und Österreich verbreitet. Zu verschiedenen Anlässen hört man das Knallen zum Beispiel in Küssnacht am Rigi, Balsthal und Kriegstetten (alles Schweiz).

Geschichtlicher Hintergrund

Unsere Vorfahren glaubten, dass sich zur Zeit der Wintersonnenwende das Totenreich öffne. Die Seelen der Verstorbenen traten an den Tag und verfolgten die noch lebenden Menschen auf Schritt und Tritt. Durch das ohrenbetäubende Knallen mit den Chlausgeisseln sollen nach vorchristlichem Glauben die bösen Wintergeister und Dämonen vertrieben werden.

Lenzburger Chlaus-Sage

„Es war einmal vor ewigen Zeiten, als der Samichlaus, wie jedes Jahr an seinem Namenstag, von seiner Wohnung im Goffersberg zu Lenzburg die vielen Treppen zur Stadt hinunterstieg. Zweck seines jährlichen Ausfluges war es, die Leute froh und zufrieden zu machen, indem er ihnen gute Dinge und Ratschläge bescherte. Doch eines Jahres war es mit der Herrlichkeit vorbei, denn böse Buben streuten Erbsen auf die Treppe, die zur Wohnung des Samichlauses führte. Als dieser müde und langsam zu später Stunde heimkehrte, rutschte er aus, kollerte die Treppe hinunter und tat sich an allen Gliedern weh. Verärgert und voller Groll schlug er donnernd die Türe hinter sich zu und gelobte, bis zum jüngsten Tage nie mehr Wohltätigkeitsbesuche machen zu wollen. Den Buben tat ihr Streich leid und sie wollten den St. Nikolaus um Verzeihung bitten. Sie fanden jedoch den Eingang zu seiner Wohnung nicht mehr. Um ihn hervorzulocken, machten Sie grossen Lärm mit Geisseln und sie tun dies heute noch jedes Jahr.“

Zeitraum

Mit dem Chlöpfen wurde ursprünglich am 11. November, dem Namenstag von Martini, begonnen. Heute wird bereits Ende Oktober g'chlöpft. In Egliswil, Seengen und Hallwil beginnt die Saison am Tag des Seenger Herbstmarktes (1. Dienstag im November). Bis zum regionalen Wettchlöpfen ist das Ausüben des Brauches gestattet. Anschliessend bleiben die Geisseln bis zur nächsten Saison stumm.

Chlausgeissel

Innerschweizer Geissel

Es gibt zwei verschiedene Ausführungen der Geisseln. Die Lenzburger oder Lüthi Geisseln und das Innerschweizer Modell. Die Länge der Geisseln variiert im Normalfall von 1.5 bis 4.5 Meter, je nach Körpergröße und Können. Die Herstellung solcher Geisseln ist reine Handarbeit und benötigt viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl.

Lenzburger oder Lüthi-Geisseln

Zu Beginn werden über je nach Länge der Geissel bis zu maximal 6.2 Meter lange Litzen gesponnen, in dem man Jutegarn mit Flachs umspinnt. Anschliessend werden vier Litzen mit Hilfe eines Leitholzes zu einem Schenkel gedreht. Wiederum drei Schenkel werden zu einer fertigen Lenzburger Geissel verarbeitet und die Enden entsprechend abgebunden. Das dickere Ende , das sogenannte Wybli mit Hanfschnur und das Männdli, mit gewachster Kunststoffgarn. Eine solche Geissel wird in gleichmässigem, konischen Verlauf zusammengedreht. Dadurch wird sehr biegsam, was das Chlöpfen vereinfacht.

Innerschweizer Geisseln

Die Fabrikation der Schenkel ist derselbe Vorgang wie bei der Lenzburger Geissel, nur sind sie länger. Nun wird die Geissel durch die Technik des „Zusammenlegens“ fertiggestellt. Dabei werden einzelne Abschnitte zusammengedreht. Durch das Zusammenlegen sieht dieses Modell verknotet aus.

Als Stiele (Stock) werden heute Rundhölzer aus dem Holzhandel verwendet. Vor langer Zeit wurden vorjährige Weihnachtsbäume oder Weisstannen aus dem nahen Wald gebraucht. Am dickeren Ende der Geissel befindet sich das Wybli. Es wird so mit Schnur am Stock befestigt, dass sich die Geissel ungestört drehen kann. Am anderen Ende des Seils befindet sich das Männdli. An ihm wird der Zwick, der eigentliche Knallkörper aus Nylonfasern, befestigt.

Geisselknall

Für den Knall der Geissel ist der Zwick verantwortlich. Er muss für einen kurzen Moment eine Geschwindigkeit erreichen, die größer als die Schallgeschwindigkeit in Luft ist. Nur dann ist es möglich, mit der aufgefächert sausenden Kordel die Luft so rasch zu verdrängen, dass ein Loch entsteht. Es bildet sich ein Vakuum und darum herum einen Bereich mit Überdruck. Diese Störung des Luftdruckes wird bei längeren Geisseln immer grösser, weshalb diese auch immer tiefer und dumpfer klingen. Mit einer Chlausgeissel kann eine Lautstärke von über 100 Dezibel erreicht werden.

Wettbewerb

Wettkämpfe werden in verschiedenen Gemeinden ausgetragen. Jeder Vortrag dauert 30 Sekunden und wird anhand eines regionalen Reglementes bewertet. Die besten drei Knaben und das beste Mädchen, pro Kategorie und Ort, dürfen am regionalen Chlöpf-Wettbewerb teilnehmen.

Siehe auch

Weblinks


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