Ričardas Tamulis

Ričardas Tamulis

Ričardas Tamulis (russisch Ричардас Ионович Тамулис, Ritschardas Ionowitsch Tamulis, * 22. Juli 1938 in Kaunas; † 22. April 2008 in Jonava) war ein sowjetischer Boxer litauischer Abstammung. Er war Gewinner der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio und dreimaliger Europameister der Amateure jeweils im Weltergewicht.

Werdegang

Ričardas Tamulis wuchs in seiner Heimatstadt Kaunas, russisch Kowno, auf. Er begann mit 15 Jahren mit dem Boxen. Sein Trainer war Anatanas Zabaras. Zu Beginn seiner Karriere gehörte er der Sportorganisation "Spartak" an, 1962 wechselte er zu SSD "Jalgiris" Kaunas, wo er in Algirdas Šocikas, dem früheren zweifachen Europameister im Schwergewicht, auch einen neuen Trainer bekam. Ričardas Tamulis war ein boxender und hart schlagender Rechtsausleger, d.h. Schlaghand war seine linke Hand.

In der internationalen Boxerwelt wurde Ričardas Tamulis erstmals im Jahre 1957 durch seinen Sieg bei den Weltfestspielen der Jugend 1957 in Moskau bekannt. Er schlug dort im Finale den Polen Henryk Wojciechowski im Halbweltergewicht (damals bis 63,5 kg Körpergewicht) nach Punkten. 1958 belegte er bei der sowjetischen Meisterschaft in der gleichen Gewichtsklasse den 2. Platz. Im Endkampf lieferte er dabei dem Olympiasieger von 1956 Wladimir Jengibarjan einen beherzten Kampf, den er aber knapp nach Punkten verlor.

1959 wurde er im Weltergewicht erstmals sowjetischer Meister. Er wurde daraufhin bei der Europameisterschaft dieses Jahres in Luzern eingesetzt, hatte aber dort das Pech gleich in der 1. Runde auf den mehrfachen polnischen Europameister Leszek Drogosz zu treffen, gegen den er nach Punkten verlor und ausscheiden musste. 1959 startete Ričardas Tamulis anlässlich eines Länderkampfes Bundesrepublik Deutschland gegen die Sowjetunion in Dortmund gegen den deutschen Meister Karl-Heinz Johannpeter und besiegte diesen klar nach Punkten.

1960 konnte Ričardas Tamulis aus Verletzungsgründen nicht an der sowjetischen Meisterschaft teilnehmen und wurde deshalb auch nicht für die Olympischen Spiele in Rom nominiert. 1961 erkämpfte er sich aber durch einen Sieg über Leonid Sheynkman seinen zweiten sowjetischen Meistertitel im Weltergewicht und wurde bei der Europameisterschaft in Belgrad eingesetzt. Er besiegte dort im Achtelfinale den Polen Jozef Knut, im Viertelfinale den Ungarn Laszlo Sebök, im Halbfinale den Franzosen Jean Josselin und im Finale den Schweizer Max Meier jeweils nach Punkten und wurde damit erstmals Europameister.

1962 wurde Ričardas Tamulis wieder sowjetischer Meister. Er musste dort im Endkampf gegen den starken Wiktor Petrowitsch Agejew aber hart kämpfen, um diesen Titel zu gewinnen. Internationale Meisterschaften standen in diesem Jahr nicht an. Bei der sowjetischen Meisterschaft 1963 verlor Ričardas Tamulis gegen Wiktor Agejew und belegte nur den 3. Platz im Weltergewicht. Er wurde aber vom verantwortlichen Trainer Viktor Ogurenkow trotzdem bei der Europameisterschaft dieses Jahres in Moskau eingesetzt und gewann dort seinen zweiten Europameistertitel. Er besiegte dabei Ralph Charles aus England durch KO in der 2. Runde und Pentti Purhonen aus Finnland nach Punkten. Im Halbfinale traf er auf den tschechischen Olympiasieger von 1960 im Halbweltergewicht Bohumil Nemecek, den er sicher auspunkten konnte. Im Finale gelang ihm dann auch ein Punktsieg über den körperlich ungemein starken Italiener Silvano Bertini.

Im Olympiajahr 1964 hoffte Ričardas Tamulis sein großes Ziel, den Olympiasieg erreichen zu können. Er gewann bei der sowjetischen Meisterschaft im Endkampf gegen Waleri Tregubow nach Punkten und hatte sich damit mit seinem vierten Meistertitel für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio im Weltergewicht qualifiziert. Im Achtelfinale besiegte er dort Bruno Guse aus Schwerin, der für die gesamtdeutsche Mannschaft startete, nach Punkten, gewann im Viertelfinale über Ernest Mbawa aus Uganda nach Punkten und siegte im Halbfinale auch gegen Pertti Purhonen nach Punkten. Im Finale stand er dem Polen Marian Kasprzyk gegenüber, einem Supertechniker, der von seinem Trainer Feliks Stamm hervorragend eingestellt war, und einen 4:1 Punktsieg zugesprochen erhielt. Ričardas Tamulis gewann damit "nur" die Silbermedaille. Er wurde trotzdem in diesem Jahre zum populärsten Sportler Litauens gewählt.

1965 fehlte Ričardas Tamulis bei der sowjetischen Meisterschaft. Er wurde aber bei der Europameisterschaft dieses Jahres in Berlin (Ost) eingesetzt und siegte dort im Achtelfinale über Milan Todorowics aus Jugoslawien, im Viertelfinale über Leszek Ciuka aus Polen, im Halbfinale über Vladimir Kucera aus der CSSR und im Finale über Luigi Patruno aus Italien jeweils nach Punkten und wurde zum dritten Mal Europameister im Weltergewicht.

Im Jahre 1966 gewann Ričardas Tamulis seinen fünften sowjetischen Meistertitel. Ein Erfolg, der angesichts der schweren Konkurrenz in diesem Lande gar nicht hoch genug zu würdigen ist. Wahrscheinlich war es in jenen Jahren leichter Europameister als sowjetischer Meister zu werden.

Im Jahre 1967 unternahm Ričardas Tamulis dann seinen fünften Start bei einer Europameisterschaft. Er hatte dabei in Rom ausgesprochenes Pech, als gleich in seinem ersten Kampf gegen Ion Hodosan aus Rumänien eine seiner Augenbrauen aufplatzte und er wegen dieser Verletzung aus dem Kampf genommen werden musste.

Nach der Saison 1967 beendete Ričardas Tamulis, der auch den Ehrentitel "Verdienter Meister des Sports der UdSSR trug, seine Boxerlaufbahn. Ihm war signalisiert worden, dass er wohl keine Chance mehr haben würde, ein zweites Mal für Olympische Spiele nominiert zu werden. Er hatte 257 Kämpfe bestritten, von denen er 243 gewann. Er absolvierte eine Trainerausbildung und war lange Jahre bei "Jalgiris" Kaunas Boxertrainer. Nach der Wiedererlangung der politischen Selbständigkeit Litauens 1990 war er auch in der Politik tätig.

Länderkämpfe von Ričardas Tamulis

Ergebnisse der sowjetrussischen Meisterschaften an denen Ričardas Tamulis teilnahm

  • 1958: 1. Wladimir Jengibarjan, 2. Ričardas Tamulis, 3. Juri Krylow, Halbweltergewicht,
  • 1959: 1. Ričardas Tamulis, 2. M. Waynstein, 3. V. Sharogorodsky, Weltergewicht (We),
  • 1961: 1. Ričardas Tamulis, 2. Leonid Sheynkman, 3. Wiktor Agejew u. Iwan Bobkow, We,
  • 1962: 1. Ričardas Tamulis, 2. Wiktor Agejew, 3. L. Trishkin u. Leonid Sheynkman, We,
  • 1963: 1. Wiktor Agejew, 2. Wladimir Trepska, 3. Ričardas Tamulis u. Leonid Sheynkman, We,
  • 1964: 1. Ričardas Tamulis, 2. Waleri Tregubow, 3. Wladimir Trepska u. S, Kirsanow,
  • 1966: 1. Ričardas Tamulis, 2. I. Pestun, 3. Wladimir Trepska u. B. Klimow,
  • 1967: 1. Wladimir Musalimow, 2. Boris Kurotschkin, 3. Ričardas Tamulis u. V. Priwalow

Weblinks

Quellen

  • Fachzeitschrift Box Sport aus den Jahren 1957 bis 1968,
  • BOX ALMANACH 1920 - 1980, Herausgeber Deutscher Amateur-Box-Verband e.V., 1980,
  • Website "www.sport-komplett.de",
  • Website "www.amateur-boxing.strefa.pl"
  • Website "www.peoples.ru(sport/boxer"

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Tamulis — Richardas Tamulis (litauisch Ričardas Tamulis, * 22. Juli 1938 in Kowno, litauisch Kaunas) ist ein ehemaliger sowjetischer Boxer litauischer Abstammung. Er war Gewinner der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio und dreimaliger… …   Deutsch Wikipedia

  • Richardas Tamulis — (litauisch Ričardas Tamulis, * 22. Juli 1938 in Kowno, litauisch Kaunas) ist ein ehemaliger sowjetischer Boxer litauischer Abstammung. Er war Gewinner der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio und dreimaliger Europameister der… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedhof Petrašiūnai — Grab des Sprachwissenschaftlers Jonas Jablonskis (1860 1930) …   Deutsch Wikipedia

  • List of Olympic medalists in boxing — This is the complete list of Olympic medalists in boxing from 1904 to 2008. See also: Boxing at the Summer Olympics and Lists of Olympic medalists Contents 1 Current Program 1.1 Men s 1.1.1 Light flyweight …   Wikipedia

  • Marian Kasprzyk — Medal record Marian Kasprzyk in 2007 Competitor for  Poland …   Wikipedia

  • Liste der olympischen Medaillengewinner aus Litauen — LTU Das Litauische Nationale Olympische Komitee (lit. Lietuvos tautinis olimpinis komitetas, verk. LTOK) wurde 1924 gegründet und 1991 nach der Unabhängigkeit wieder vom …   Deutsch Wikipedia

  • Marian Kasprzyk — Fiche d’identité Nom complet Marian Kasprzyk Nationalité  Pol …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”