Rosemarie Albrecht

Rosemarie Albrecht

Rosemarie Albrecht (* 19. März 1915 in Kobe, Japan; † 7. Januar 2008 in Jena) war eine deutsche Hals-Nasen-Ohren-Ärztin. Die Professorin leitete die HNO-Kliniken in Erfurt, danach in Jena.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Rosemarie Albrecht wurde 1915 als Tochter eines deutschen Kaufmanns und einer Japanerin geboren. Sie wuchs nach dem Ersten Weltkrieg in Rostock auf. Sie studierte Medizin in Hamburg, Jena und Rostock. 1940 legte sie ihr Staatsexamen in Rostock ab und wurde promoviert. Sie meldete sich danach freiwillig für die Thüringischen Landesheilanstalten Stadtroda, wo sie zunächst als Pflichtassistentin und dann als Stationsärztin einer Frauenstation tätig war. Sie wurde 1942 zur HNO-Klinik der Universität Jena dienstverpflichtet, wo sie bis 1946 ihre Weiterbildung zur HNO-Fachärztin absolvierte. 1948 habilitierte sie sich und wurde Dozentin. 1952 wurde Albrecht Chefärztin der HNO-Klinik der Städtischen Krankenanstalten Erfurt. Sie erweiterte den Bettenbereich der Klinik und richtete eine HNO-Ambulanz ein. Mit der Gründung der Medizinischen Akademie Erfurt wurde Albrecht auf den Lehrstuhl für Oto-Rhino-Laryngologie berufen. Sie hatte „überaus wesentlichen Anteil an der Gestaltung und Entwicklung“ des modernen Neubaus der HNO-Klinik an der MAE, der 1955 begonnen wurde und dessen Richtfest 1956 stattfand. 1957 folgte sie einem Ruf auf den Lehrstuhl ihres Lehrers Professor Johannes Zange an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Albrecht wurde auch in den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde gewählt und war von 1965 bis 1967 Dekanin der Medizinischen Fakultät der FSU. Sie war gleichzeitig Lehrstuhlinhaberin für HNO-Heilkunde an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR und damit an der Erarbeitung der HNO-Facharztstandards beteiligt. 1975 wurde Albrecht mit 60 Jahren emeritiert.

Albrecht war eine begnadete Operateurin. Sie führte bereits Anfang der 1950er Jahre in Erfurt zahlreiche mikrochirurgische Fensterungsoperationen und Tympanoplastiken durch. Zusammen mit dem VEB Carl Zeiss in Jena entwickelte sie dafür ein Operationsmikroskop. Sie führte Mitte der 1950er Jahre die mikroskopische Betrachtung von präkanzerösen und kanzerösen Veränderungen der Schleimhaut von Mundhöhle und Kehlkopf ein. Ein Schwerpunkt der operativen Tätigkeit von Albrecht war die Beseitigung von Malignomen des Nasenrachenraums. Sie führte auch transethmyoidale Entfernungen von Hypophysenadenomen durch. Albrecht rekonstruierte die HNO-Wachstation und richtete verschiedene Funktionsabteilungen in der Klinik ein.

Albrecht galt als strenge Chefin, aber als charmante Grande Dame.

Im Jahre 2000 wurden Unterlagen aus den Beständen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR gefunden, die Hinweise auf eine Beteiligung von Albrecht an Euthanasie-Maßnahmen (Überdosierung von Beruhigungsmitteln) in ihrer Volontärszeit in Stadtroda 1940–42 erbrachten. „Nach jahrelangen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sah das Landgericht Gera im Februar 2005 keine Veranlassung zur Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen Frau Professor Albrecht“.[1] Drei Jahre später verstarb sie im Alter von 93 Jahren.

Ehrungen

  • "Verdienter Arzt des Volkes" 1953
  • Nationalpreis III. Klasse der DDR
  • Mitglied der Leopoldina (seit 1965)
  • Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR
  • Mitglied im Internationalen Kollegium ORLAS
  • Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie (1996)

Literatur

  • Kurt Schröder: Zur Geschichte der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Erfurt. In: Beiträge zur Geschichte der Universität Erfurt (1392-1816), Hrsg. Rektor der MAE, Heft 11/1964, S.271-285
  • Norbert Jachertz: Jena und der Fall Albrecht: Eine finstere Geschichte. Deutsches Ärzteblatt 2003, S.460
  • Orlando Guntinas-Lichius und Hilmar Gudziol: Nachruf für Frau Professor Dr. habil. Rosemarie Albrecht. Ärzteblatt Thüringen 19 (2008) 107-108
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 

Film

  • Rainer Erices 2004: Der Fall Rosemarie Albrecht, MDR

Einzelnachweise

  1. O.Guntinas-Lichius und H.Gudziol: Nachruf für Frau Professor Dr. habil. Rosemarie Albrecht. Ärzteblatt Thüringen 19 (2008), S.108

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