Rudolf Steinle

Rudolf Steinle

Rudolf Steinle (* 31. August 1911 in Ottweiler; † 1941) war ein deutscher SA-Führer. Steinle gilt als der Mörder des Hellsehers Erik Jan Hanussen.

Leben und Wirken

Steinle wurde 1911 als zweiter Sohn des Konditormeisters Hans Steinle und der Lina Müller geboren. Von 1917 bis 1925 besuchter er die Mittelschule in Wiesbaden. Anschließend absolvierte er eine dreijährige kaufmännische Lehre im Eisengroßhandel bei der Firma Josef Hupfeld GmbH in Wiesbaden. Ergänzend dazu wurde er an der städtischen Handelsschule unterrichtet.

Nachdem Steinle, eigenen Angaben zufolge, bereits seit 1927 der Hitlerjugend (HJ) angehört hatte, nahm er im August 1929 am Reichsparteitag der NSDAP teil. Zur selben Zeit verließ er sein Elternhaus gegen den Willen der Eltern, da diese seine Annäherung an den Nationalsozialismus ablehnten. Im Oktober 1929 trat Steinle in die NSDAP (Mitgliedsnummer 153.876) und in ihren Kampfverband, die Sturmabteilung (SA) ein.

In den folgenden Jahren war Steinle im Gau Groß-Berlin aktiv. Im Februar 1931 wurde er einem selbstverfassten Lebenslauf zufolge auf Befehl des damaligen SA-Chefs in Berlin, dem Hitler abtrünnigen Walther Stennes, aus der SA ausgeschlossen und erst im April 1931, nachdem die Hitler-treuen Kräfte in der Berliner SA sich gegen Stennes durchgesetzt hatten, wieder aufgenommen.

Von April bis Juli 1931 musste Steinle eine dreieinhalbmonatige Haftstrafe verbüßen. Kurz nach seiner Freilassung wurde er im August 1931 zum Stab der von Karl Ernst geführten SA-Untergruppe Berlin-Ost kommandiert. Später wurde er von der neugegründeten Gruppe Berlin-Brandenburg übernommen. Von dieser wurde er im April 1933 als SA-Obersturmführer zur aktiven Formation versetzt.

Im März 1933 wurde Steinle nach eigenem Eingeständnis von Karl Ernst damit beauftragt, den berühmten Berliner Hellseher Erik Jan Hanussen zu erschießen, bei dem Ernst und andere SA-Führer Schulden hatten und der zudem wegen seiner Kenntnisse von NS-Interna, die ihm durch seine frühere Freundschaft mit Ernst und anderen SA-Chargen bekannt geworden waren, einerseits, und seiner kurzfristig bekannt gewordenen, für seine nationalsozialistischen Freunde kompromittierenden, jüdischen Abstammung, andererseits, unliebsam geworden war. Die Details der Ermordung Hanussens sind nicht geklärt. Fest steht jedoch, dass ein Kommando bestehend aus Steinle, dem ihm vorgesetzte Wilhelm Ohst und Kurt Eggert Hanussen am 17. März in dessen Berliner Wohnung verhafteten. Anschließend brachten sie ihn wahrscheinlich in das SA-Gefängnis in der Papestraße. Kurz darauf wurde Hanussen erschossen. Steinle gab in einem Brief vom 25. Juli 1933 explizit zu, dass er derjenige war, der die Erschießung des Hellsehers durchführte. Er habe, so schrieb er, von Karl Ernst, eventuell mit Wilhelm Ohst als Befehlsvermittler, den „Befehl [erhalten], den Hellseher Hanussen zu erschießen. Ich bin diesem Befehl […] nachgekommen und habe den Juden Steinschneider [= Hanussen] auf der Chaussee zwischen Zossen und Baruth erschossen.“[1] Die Leiche des Hellsehers wurde anschließend in einem Berliner Waldgebiet deponiert.

Später im selben Jahr wurde Steinle hauptamtlicher Kriminalassistentenanwärter im Geheimen Staatspolizeiamt. Im August 1934 schied er jedoch im Anschluss an die Röhm-Affäre auf eigenen Wunsch aus der SA und der Polizei aus.

Im Oktober 1934 trat Steinle stattdessen in die Leibstandarte SS Adolf Hitler ein, der er knapp ein Jahr bis zum September 1935 angehörte. Im Oktober oder November 1935 trat Steinle in das Gauamt NSV Kurmark ein, in dem er eine Anstellung als Gaustellenleiter im hauptamtlichen Parteidienst erhielt. Vom 21. September bis zum 13. Oktober 1936 nahm er am 11. Lehrgang in der Reichsschule der NSDAP Hauptamt für Volkswohlfahrt in Blumberg bei Berlin teil. In seiner Beurteilung durch den Leiter der Schule heißt es: „seine hervorragende rednerische und schulische Begabung lassen, wenn er sich dauern in straffe Selbstzucht nimmt, noch viel von ihm erwarten.“[2]

1936 war Steinle wohnhaft in der Pestalozzistraße 100 in Berlin-Charlottenburg. Details über sein späteres Leben fehlen. Ein Telepolis-Artikel behauptet, er wäre im Zweiten Weltkrieg als Kriegsteilnehmer umgekommen.[3]

Literatur

  • Wilfried Kugel: Hanussen. Die wahre Geschichte des Hermann Steinschneider, 1998.
  • Kurt Schilde: SA-Gefängnis Papestraße. Spuren und Zeugnisse, 1996.

Einzelnachweise

  1. Schilde: Papestraße, S. 33.
  2. BA: NSV-Akte zu Rudolf Steinle (gegenwärtig ausgewiesen als NS 37/3176), Bl. 2 Beurteilungsbogen (Revers).
  3. Markus Kompa (unter Mitwirkung von Wilfried Kugel): „Erik Jan Hanussen - Hokus-Pokus-Tausendsassa“, Telepolis, 24. März 2008.

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