- Wilhelm Ohst
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Friedrich Wilhelm Ohst (* 9. September 1896 in Berlin; † 1948 zum 8. Mai 1945 für tot erklärt) war ein deutscher SA-Führer.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Erster Weltkrieg und Weimarer Republik
Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg gehörte Ohst, der den Beruf eines Kaufmannes erlernt hatte, dem Bund Oberland an. In der Reichswehr hatte er eine Kompanie geführt und den Rang eines Oberleutnants erreicht.
In den 1920er und frühen 1930er Jahren arbeitete Ohst als staatlicher Lotterieeinnehmer in Berlin, wo er in der Berliner Straße 33b und später im Weidenweg 79 wohnte.
Spätestens seit 1931 war er Mitglied der Sturmabteilung (SA). In die NSDAP trat Ohst laut Kartei am 30. Dezember 1931 ein (Mitgliedsnummer 1.067.972), er selbst behauptete allerdings, bereits 1925 Mitglied gewesen zu sein. Ende des Jahres 1931 wurde er zum SA-Führer zur besonderen Verwendung im Sturmbann 1/5 ernannt. 1931 beteiligte er sich an der Durchführung der antisemitischen Kurfürstendamm-Krawall. Im Juni 1932 ist er als Sturmbannführer und Stabsführer in Magdeburg-Anhalt nachweisbar. Anschließend wurde er Adjutant des SA-Gruppenführers von Berlin Wolf-Heinrich von Helldorf.
NS-Zeit
Im Februar 1933 wurde Ohst, damals im Rang eines SA-Sturmbannführers, von Hermann Göring als Verbindungsmann der SA ins Berliner Polizeipräsidium entsandt. Im März leitete Ohst die Besetzung des Verlagshauses Mosse, dessen Gleichschaltung er in der Folgezeit als „Delegierter des Aufsichtsrates“ und kommissarischer Verwalter durchführte. Der Historiker Georg Mosse, der Sohn des enteigneten Verlagsbesitzers Hans Lachmann-Mosse, erinnerte sich später an Ohst:
„Ohst war ein Schlagetot, wie so viele SA-Männer der ersten Stunde, und wurde denn auch 1934 unter dem Vorwurf, Wirthausschlägereien angezettelt, einen losen Lebenswandel geführt und einen Mord begangen zu haben aus der NSDAP ausgeschlossen.“ („Ohst was a thug, like so many early members oft he SA, and in 1934 he would be expelled from the party for starting barroom brawls, for loose living, and for murder.”)[1]
Als Beauftragter von Joseph Goebbels unternahm Ohst im Laufe des Jahres 1933 mehrere Reisen ins Ausland: So versuchte er während eines Besuches in Lugano, den geflohenen ehemaligen Chefredakteur des Berliner Tageblatts Theodor Wolff davon zu überzeugen, nach Deutschland zurückzukehren und die Chefredaktion der Zeitung wieder zu übernehmen. Er begleitete außerdem Lachmann-Mosse während eines Besuchs zu Verhandlungen mit Göring in Berlin und eskortierte ihn zurück zur französischen Grenze.[2]
Am 24. März 1933 verhaftete Ohst im Auftrag des neuernannten SA-Gruppenführers von Berlin-Brandenburg Karl Ernst zusammen mit den SA-Leuten Rudolf Steinle und Eggert den Hellseher Erik Jan Hanussen in seiner Wohnung in der Lietzenburger Straße. Ohst und die beiden SA-Männer gelten auch als die wahrscheinlichen Mörder Hanussens.[3] Ohst beschuldigte bereits 1934 seine Kumpanen des Mordes, erklärte aber sein Verständnis für die Tat: „Nach meiner Ansicht ist Hanussen einer der größten Verbrecher.“[4]
Am 27. Januar 1934 wurde Ohst selbst verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, die SA-Uniform und den Namen des SA-Gruppenführers Ernst zu geschäftlichen Zwecken missbraucht zu haben. Weiter wurde ihm vorgehalten, als Lotterieeinnehmer mit Geldern in unveranwortlicher Weise gewirtschaftet zu haben und sich bei der Übernahme von Mosse persönliche Vorteile verschafft zu haben. Ohst verteidigte sich mit dem Hinweis, „dass ich von den staatlichen Lotteriegeldern die fehlten keinen Pfennig für mich persönlich verwandt habe, dass ich sie in der schweren Zeit der Partei und SA für sie verwendet habe.“ Ferner brachte er vor, dass Göring ihn für seine Arbeit im Zusammenhang mit der Übernahme des Hauses Mosse, bei der er 138 Juden entlassen haben will, erklärt habe: „Lieber Ohst, für Sie bin ich nicht mehr Ministerpräsident, für Sie bin ich nur Kamerad.“[5] Er wurde schließlich als unschuldig und unbelastet entlassen.
Im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch kam es zu einer erneuten Verhaftung Ohst. Nach sechswöchiger „Ehrenhaft“ im KZ Columbia-Haus erfolgte seine Freilassung am 18. August 1934. Kurz darauf wurden er unter neuen Vorwürfen beschuldigt, Kontakte zu Herren der französischen Botschaft unterhalten zu haben. In einem SA-Ehrengerichtsverfahren wurde er am 27. September 1934 aus der SA ausgeschlossen, mit der Begründung, dass es „für jeden SA-Mann und SA-Führer einen Schlag ins Gesicht bedeuten [würde], da seine Persönlichkeit und seine Taten nicht mit dem Geist der SA in Einklang zu bringen sind.“
Seit 1935 amtierte Ohst als Geschäftsführer des Verbandes Deutschen Händler und Herausgeber der deutschen Kohlenzeitung. Der Verlag Deutsche Kohlenzeitung ging im Herbst 1938 - nun als Deutsche Kohlenzeitung Verlag Wilhelm Ohst ins Handelsregister eingetragen - in seinen Besitz über.
Verbleib nach dem Zweiten Weltkrieg
Ohsts letztes gesichertes Lebenszeichen ist ein Brief vom März 1944, in dem er dem Amtsgericht Charlottenburg mitteilt, dass die Verlagsräume der Kohlenzeitung bei einem Luftangriff schwer beschädigt worden seien. Sein Verbleib nach Kriegsende ist unklar: Der Deutschen Kriegsgräberfürsorge zufolge gilt Ohst seit dem Zweiten Weltkrieg als vermisst bzw. verschollen.[6] Als die Staatsanwaltschaft Berlin ihn in den 1960er Jahren in Zusammenhang mit dem Mord an Hanussen ausfindig zu machen versuchte, erwies er sich als unauffindbar. Die Ermittler äußerten in einem internen Vermerk allerdings die Vermutung, dass der Mann mit dem Ohsts Frau zu dieser Zeit zusammenlebte niemand anderes als Ohst selbst sei, der sich nach dem Krieg eine neue Identität zugelegt habe. Ohst habe, so die Annahme, sich selbst in den Nachkriegsjahren offizielle als im Krieg verschollen melden lassen, um unter neuem Namen untertauchen und so politischen wie juristischen Verfolgungen entgehen zu können und gegebenenfalls sich und seiner Frau Hinterbliebenenversorgung zu beschaffen.
Literatur
- Kurt Schilde: SA-Gefängnis Papestraße, 1996.
Einzelnachweise
- ↑ Georg Lachmann Mosse: Confronting History. A Memoir, 2000, S. 46.
- ↑ Bernd Sösemann: Thedor Wolff. Ein Leben mit der Zeitung, 2000, S. 294.
- ↑ Alexander Bahar: Reichstagsbrand, S. 650. Bahr zufolge erschossen sie ihn in der Kaserne der SA-Feldpolizei in der Pape-Straße.
- ↑ Schilde: SA-Gefängnis, S. 33.
- ↑ Kurt Schilde: SA-Gefängnis Papestraße, 1996, S. 32.
- ↑ Deutsche Kriegsgräberfürsorge
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