Schloss Fréfossé

Schloss Fréfossé
Schloss Fréfossé, Südwestfassade

Das Schloss Fréfossé (französisch Château de Fréfossé), seltener auch Schloss Le Tilleul (Château du Tilleul) genannt, steht etwa 1,5 Kilometer südlich von Étretat in der französischen Ortschaft Le Tilleul im Département Seine-Maritime in der Normandie. Seine Wurzeln sind in einer mittelalterlichen Burg des 14. Jahrhunderts zu suchen. Das Anwesen befindet sich seit 1998[1] in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Schloss Fréfossé steht inmitten eines 50 Hektar[1] großen Schlossparks mit Wald-, Rasen und Wasserflächen. Das Hauptgebäude ist ein rechteckiger Backsteinbau mit drei Geschossen und hohem, schiefergedecktem Walmdach, das von zahlreichen Lukarnen und Ochsenaugen mit Werksteinrahmung durchbrochen ist. Obwohl erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert errichtet, zeigt seine Architektur deutliche Anlehnungen an die Formen der Renaissance, denn sein Aussehen ist auf einen Um- und Ausbau im Stil der Neorenaissance um 1900 zurückzuführen. Seine repräsentative Fassade an der Südwestseite besitzt einen über alle Geschosse gehenden halbkreisförmigen Mittelrisalit, der umlaufende, schmale Balkone mit Balusterbrüstungen und ein hohes, helmförmiges Dach besitzt. Die Gebäudepartien rechts und links des Vorbaus sind durch Fenster in jeweils vier Achsen unterteilt. Im Erdgeschoss besitzen diese, wie die Balkone des Vorbaus, eine Balusterbrüstung aus hellem Stein. Dem Gebäude schließen sich auf der rückwärtigen, nordöstlichen Seite drei Rundtürme aus dem 19. Jahrhundert an, von denen einer seinerzeit an der Spitze seines Kegeldachs eine Höhe von rund 50 Metern erreichte.[2] Heutzutage sind die Turmdächer jedoch um ein gutes Stück gekappt worden.

Geschichte

Galehaut de Saâne errichtete etwa in der Zeit von 1370 bis 1380[3] am Ort des heutigen Schlosses die erste befestigte Burganlage der Region. Gegen Ende des Hundertjährigen Krieges kam sie gemeinsam mit der Seigneurie Fréfossé an die Familie de Pelletot. Für 1452 ist Jehan de Pelletot als Besitzer verzeichnet.[4] 1494 war die Anlage unter dem Namen Clos de Saint-Louis bekannt.[4] Francoise de Pelletot heiratete um 1611[4] Antoine Doullé, Seigneur de Gerpouville, und brachte die Burg an die Familie ihres Mannes. Über die weibliche Linie kam sie anschließend an die Familie Puchot de Gerpouville. Die alte Burg wurde abgerissen und in den 1770er Jahren[5] durch einen Neubau im Stil des klassizistischen Barocks ersetzt, der schließlich wieder in die Hände der Doullés kam.

Das Schloss Fréfossé im Jahr 1893 vor seiner Umgestaltung im Stil der Neorenaissance

Als Anne Doullé Jacques Emar Compoinct, Seigneur de Boulhard, ehelichte, wechselte Fréfossé erneut den Besitzer.[6] Annes Tochter brachte das Schloss 1786[7] in ihre Ehe mit dem Vicomte Toussaint Hocquart.[6] Während der Französischen Revolution wurde das Schloss 1789 von dem berühmt, berüchtigten Bataillon Montargis besetzt. Der letzte männliche Spross der Familie, der Baron Édouard Armand Hocquart, war nicht nur ab 1814 Bürgermeister von Le Tilleul, sondern auch Kammerherr der französischen Könige Ludwig XVIII. und Karl X. Er veräußerte das Schloss Fréfossé 1825, um mit dem Erlös den Kauf des Schlosses Valmont zu finanzieren.[8] Neuer Eigentümer wurde ein Herr namens Fiquet, Notar aus Criquetot-l’Esneval, von dem es 1849[7] Félix Val(l)ois erwarb, ein reicher Händler aus Rouen. Nach dessen Tod kaufte es 1898 Ernest Dubosc, ein Industrieller aus Le Havre. Seine Familie blieb bis in das 20. Jahrhundert Eigentümerin des Anwesens, das um 1900 im Stil der Neorenaissance verändert und erweitert wurde.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude 1940/44[9] beschädigt. Zuerst nutzten es deutsche Soldaten als Kaserne, dann diente es alliierten Truppen als Unterkunft. Nachdem die Stadt Le Havre durch Schenkung der Familie Dusbosq während der 1960er Jahre Eigentümerin des Schlosses gewesen war,[2] befindet es sich seit 1998 wieder in Privatbesitz. Im Oktober 2009 wurde eines der Nebengebäude auf dem Anwesen durch ein Feuer vollständig zerstört.[10]

Literatur

  • Jean Benoît Désiré Cochet: Etretat. Son passé, son présent, son avenir. Delevoye, Dieppe 1850, S. 69–70 (online).
  • Claude Frégnac: Merveilles des châteaux de Normandie. Hachette, Paris 1966, S. 312.

Weblinks

 Commons: Schloss Fréfossé – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Le Tilleul - Curiosités, Zugriff am 11. Mai 2011.
  2. a b C. Frégnac: Merveilles des châteaux de Normandie, S. 312.
  3. Website der Gemeinde Le Tilleul, Zugriff am 11. Mai 2011. Eine andere Quelle gibt das Jahr 1374 an.
  4. a b c J. B. D. Cochet: Etretat, S. 69.
  5. Die Jahresangaben zum Neubau schwanken zwischen 1771 und 1776.
  6. a b Auguste Lechevalier : Recherches historiques sur les communes du canton de Criquetot-l’Esneval depuis l’époque féodale. Librairie Normande, Paris 1897, S. 163.
  7. a b J. B. D. Cochet: Etretat, S. 70.
  8. Jean Benoît Désiré Cochet: Les églises de l’arrondissement d’Yvetot. Band 2. Didron, Paris 1852, S. 171 (online).
  9. PTC Institut (Hrsg.): Le guide de la Seine-Maritime. 3. Auflage. PTC, Rouen 2004, ISBN 2906258962, S. 420 (online).
  10. Feu ravageur au château, Zugriff am 11. Mai 2011.
49.6931944444440.20677499999999

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