- Shitstorm
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Shitstorm (pseudoenglisch) bezeichnet im deutschen Sprachraum ein Internet-Phänomen, bei dem sachliche Kritik von zahlreichen unsachlichen Beiträgen übertönt wird und das sich zumeist gegen Konzerne, mitunter aber auch einzelne Personen richtet. Während der Modebegriff im Deutschen ausschließlich als terminus technicus Verwendung findet, bezeichnet er im Englischen ganz allgemein eine unangenehme Situation.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung
Shitstorm setzt sich aus den englischen Begriffen Shit (Scheiße) und Storm (Sturm) zusammen. Shit steht in diesem Zusammenhang für einen in der Intonation unangebrachten Beitrag eines Users, Storm symbolisiert die Anzahl dieser unsachgemäßen Äußerungen. Jeder Shitstorm entwickelt eine eigene Dynamik und kann sich aus sich heraus entwickeln oder aber auch von organisierten Gruppen initiiert oder befördert werden. Zur Verbreitung eines Shitstorm tragen unter anderem auch etablierte Online-Medien und -Präsenzen bei, welche die Sachlage kommentieren statt sie zu beobachten.[1]
Entstehung und Eigenschaften
Ein Shitstorm stellt einen Angriff auf die Reputation eines Unternehmens oder einer einzelnen Person dar. Typisch für einen Shitstorm ist, dass ein Reputationsangriff mit Bedacht gestartet wird, z. B. durch eine negative Bewertung nach einer schlechten Nacht in einem Hotel oder einer negativen Produktbewertung in einem Online-Shop. Einer Beschwerde im Web 2.0 geht in der Regel eine direkte Beschwerde des Kunden beim Anbieter selbst voraus. Wird dort nicht zufriedenstellend geantwortet, verlagert sich die Kritik häufig ins Internet. In Blogs und sozialen Netzwerken wie Facebook, in denen sich Unternehmen mit eigenen Profilen präsentieren, können User Kommentare abgeben und so das Unternehmen öffentlichkeitswirksam kritisieren.[2]
Findet eine Kritik Bestätigung durch weitere Geschädigte, entwickelt sich durch die vielfältigen Kommunikationswege im Internet eine Eigendynamik, die sich auf mehrere populäre Webseiten und Netzwerke verlagert. Die Kritik wird zunehmend unsachlich und emotional geäußert und ist dadurch nur schwer wieder zu beruhigen. Die Moderation eines Shitstorms stellt für Social-Media-Manager eines Unternehmens die wohl schwierigste Aufgabe der Krisenkommunikation dar.[3]
Im Verlauf eines Shitstorms übertönen Beschimpfungen und Beleidigungen jegliche Form sachlicher Diskussion. Häufig verstärken die betroffenen Unternehmen oder deren Mitarbeiter ungewollt einen Shitstorm, indem sie unbedachte Aussagen treffen oder Mitarbeiter ohne vorherige Rücksprache im Namen des Unternehmens auftreten. Jegliche Äußerungen, ob von der Seite der Angegriffenen oder der Netzgemeinschaft, haben das Potenzial, einen Shitstorm weiter zu entfachen, selbst wenn diese über wenig bis gar keine Substanz verfügen. Auch ein überstandener Shitstorm hat durch die Archiv-Funktion des Internets das Potenzial, durch einen neuen Kommentar zu einem alten Beitrag wieder in Gang gesetzt zu werden.[4]
Beispiele
Der Shitstorm ist ein Phänomen, das gerade in der jüngeren Vergangenheit häufig in Erscheinung trat. Die betroffenen Unternehmen und Einzelpersonen sahen sich dabei häufig mit großen Reputationsschäden konfrontiert.
- Pril steht seit Jahrzehnten für Spülmittel und seit Frühling 2011 für eines der größten deutschen Online-PR-Debakel. Henkel hatte die Community aufgerufen, kreative Design-Vorschläge einzusenden, die von der Netzgemeinschaft bewertet werden konnten und zukünftig die Pril-Flasche zieren sollten. Nach kurzer Zeit befanden sich fast ausschließlich absurde Vorschläge auf den ersten Plätzen. Nach einer Bereinigung der Ergebnisliste, die Henkel mit einer angeblichen Manipulation der Abstimmung erklärte, tauchten die vormaligen Design-Spitzenreiter nur noch abgeschlagen wieder auf. Die Community war erzürnt, und Henkel entstand ein großer Imageschaden.[5]
- Die Umweltorganisation Greenpeace fand Anfang 2010 heraus, dass bei der Palmöl-Produktion für Nestlés Produkt KitKat Lebensräume von Orang-Utans zerstört und die Population der Primaten dadurch gefährdet wurde. Greenpeace startete daraufhin eine Social Media-Kampagne gegen Nestlé und KitKat und produzierte zusätzlich ein abschreckendes Video. Dass diese Kampagne zu einem Shitstorm wurde, lag unter anderem an Nestlé selbst. Durch das Abschalten von Fansites und vor allem durch das Verbot des Videos, setzte der sogenannte Streisand-Effekt ein. Das Video wurde mehrfach neu hochgeladen, die Kampagne gewann an Bekanntheit und Nestlé erfuhr einen großen Reputationsschaden. Mittlerweile hat sich das Unternehmen aufgrund öffentlichkeitswirksamer Gegenmaßnahmen davon erholt.[6]
- Im Herbst 2010 wollte die Deutsche Bahn über ihre Facebook-Fansite das sogenannte „Chef-Ticket“ anbieten. Die Teilnehmer konnten sich für 25 € ein Ticket kaufen, mit dem man durch ganz Deutschland fahren konnte. Die Plattform wurde allerdings vornehmlich für einen Shitstorm genutzt, da sich die User weniger über das Chef-Ticket freuten, sondern vielmehr ihrem Ärger über die Deutsche Bahn Luft machten. Der Verzicht auf jegliche Kommunikation oder Mediation mit der Online-Community verwandelte die Kritik in einen Shitstorm und bescherte der Deutschen Bahn ein Public-Relations-Debakel.[7]
- Dass ein Shitstorm auch einzelne Personen treffen kann, zeigt das Beispiel der 13-jährigen Rebecca Black. Die Eltern der US-Amerikanerin ließen für wenige Tausend US-Dollar ein Musikvideo produzieren und stellten dieses auf Youtube ein. Die Resonanz war überwältigend: 44-Millionen-mal wurde das Video zum Song Friday innerhalb kürzester Zeit angeklickt und mit zumeist diffamierenden Kommentaren versehen. Die große Kritik an Black brachte der Künstlerin allerdings einen neuen Plattenvertrag ein und nutzte so die unangemessene, aber popularitätsbildende Kritik der Netzgemeinschaft.[8]
Literatur
- Christian Scherg: Rufmord im Internet - So können sich Firmen, Institutionen und Privatpersonen wehren, S. 16, Berlin 2011, ambition Verlag, ISBN 978-3-942821-01-8
Einzelnachweise
- ↑ http://about.virtual-identity.com/2011/03/03/shitstorms-in-deutschland-sind-auch-beratergenerierte-krisen/, about.virtual-identity.com, 3. März 2010
- ↑ Shitstorm: Digitale Kritik jenseits der Sachargumente. revolvermaenner.com, 7. Juni 2011
- ↑ Christian Scherg: Rufmord im Internet - So können sich Firmen, Institutionen und Privatpersonen wehren, S. 16, Berlin 2011, ambition Verlag, ISBN 978-3-942821-01-8
- ↑ http://www.revolvermaenner.com/blog/item/shitstorm-digitale-kritik-jenseits-der-sachargumente.html, revolvermaenner.com, Shitstorm: Digitale Kritik jenseits der Sachargumente, 7. Juni 2011
- ↑ http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,763808,00.html, spiegel.de, Pril-Wettbewerb endet im PR-Debakel, 20. Mai 2011
- ↑ http://off-the-record.de/2010/03/17/virale-schock-attacke-von-greenpeace-gegen-nestle-kitkat/, off-the-record.de, Virale Schock-Attacke von Greenpeace gegen Nestle-KitKat, 17. März 2010
- ↑ http://meedia.de/internet/die-bahn-rast-in-die-facebook-falle/2010/10/26.html, meedia.de, Die Bahn rast in die Facebook-Falle, 26. Oktober 2010
- ↑ http://www.rp-online.de/digitale/internet/Youtube-Star-Rebecca-Black-erobert-die-Charts_aid_979980.html, rp-online.de, Spott für Teenie-Song „Friday“, 28. März 2010
Weblinks
- DIGIsellschaft: Hilfe! Ein Shitstorm! Erklär-Video aus dem Elektrischen Reporter
- How to survive a shit storm Vortrag von Sascha Lobo auf der re:publica 2010
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