- Internet-Phänomen
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Als Internet-Phänomen (auch Internet-Hype oder Mem) wird ein Konzept in Form eines Links oder einer Bild-, Ton- und Videodatei bezeichnet, die sich schnell über das Internet verbreitet.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung von Internet-Phänomenen
Das Interesse der Nutzer im Rahmen eines Internet-Phänomens macht sich an verschiedenen Arten des sogenannten „Content“ fest (Beispiele s. u.), dazu gehören unter anderem Flash-Animationen, Kurzfilme, Bilder, Audiobeiträge, Blogs und ganze Websites. Die Inhalte können humoristischer, satirischer oder „schockierender“ Natur sein, ihre Intention umfasst neben künstlerischer Verwirklichung, dem Versuch einer solchen und Werbung auch Selbstdarstellung und Propaganda. Nicht immer übernimmt ein Ersteller die Verantwortung für das Einstellen der Inhalte in das Medium Internet, sodass eine solche Veröffentlichung auch ohne Wissen und Zustimmung der dargestellten Personen erfolgen kann.
Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets im privaten und gewerblichen Umfeld und dessen Etablierung als Massenmedium seit Mitte der 1990er Jahre nahmen die Möglichkeiten Einzelner, Informationen schnell und nahezu kostenlos zu verbreiten, sprunghaft zu. Über Websites, Formen des Chats, Massenversand von E-Mails, Blogs, Wikis, Internet-Fernsehen etc. bietet sich die Möglichkeit, mittels Hyperlinks auf Inhalte aufmerksam zu machen, das gelegentliche Aufgreifen etablierter Massenmedien forciert das Publikumsinteresse. Der Austausch von Dateien wurde darüber hinaus auch durch die verschiedenen Möglichkeiten des gemeinsamen Datenzugriffs und Websites, die das Einstellen von Kurzfilmen und Bildern durch Nutzer gestatten, ohne dass dieser über eigenen Speicherplatz auf einem Server verfügen muss, vereinfacht. Auch die zunehmende Verfügbarkeit von digitalen Aufnahmetechniken (Camcorder, Digitalkameras, Webcams) sowie die zur Verarbeitung notwendige Hard- und Software ermöglicht und vereinfacht die Erstellung von Bildern, Videos und Tonaufnahmen außerhalb eines professionellen Umfeldes.
Auftreten außerhalb des Internets
Ein Internet-Phänomen kann national oder international auch außerhalb des Internets Resonanz finden. Dadurch, dass ein Internet-Phänomen eine gewisse Popularität im Internet erlangt, kann es sich auch über die Grenzen des Internet hinausbewegen. Das Auftreten außerhalb des Internets kann in vielen verschiedenen Formen passieren. So können sie durch andere Medien aufgegriffen und verwertet werden. Das Musikvideo zu dem Lied „Pork and Beans“ der amerikanischen Rock-Band Weezer etwa beinhaltet eine Vielzahl an Gastauftritten und Anspielungen auf populäre Internet-Phänomene. [12] Ein Musterbeispiel für die Umsetzung eines Internet-Phänomens auf das echte Leben stellt „Rickrolling“ dar. Beim „Rickrolling“ wird ein ahnungsloser Internetnutzer durch einen Link auf das Musikvideo zu Rick Astleys Lied „Never Gonna Give You Up“ geleitet. Seinen Ursprung hat „Rickrolling“ auf dem Imageboard 4chan, welches auch Geburtsort vieler anderer Internet-Phänomene darstellt. Waren diese Späße vorerst nur auf das Internet beschränkt, fanden sie rasch auch ihren Weg ins echte Leben. Das reicht von Scientology-Protesten,[1] über Basketball-Spiele,[2] Baseball-Spiele,[3] Flashmobs bis hin zu den MTV Europe Music Awards 2008 [4] wo Rick Astley zum „Best Act Ever“ gekürt wurde und der „Macy’s Thanksgiving Day Parade“ auf der Rick Astley persönlich eine laufende Musiknummer „rickrolled“[5]. Aktuell wurden primär bei amerikanischen Protestveranstaltungen viele Schilder mit populären Internetphänomen gesichtet, u.a. Pedobär,[6] Sad Keanu Reeves[7] u.v.m.
Beispiele
Ereignisse
- Der Kopfstoß von Zinédine Zidane gegen Marco Materazzi im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 löste im Internet eine große Resonanz aus. Focus-Online berichtete, dass neben Computerspielen, bei denen man so vielen italienischen Fußballspielern wie möglich einen Kopfstoß geben muss, auch Szenen auf offener Straße nachgestellt, gefilmt und ins Netz gestellt wurden.[8]
- Die Zerstörung eines Blumenkübels in Neuenkirchen löste am 3. August 2010 die rasante Verbreitung des Hashtags #Blumenkübel über den Mikrobloggingdienst twitter aus.
- Das Geständnis des Bergsteigers Christian Stangl, er habe seine Besteigung des K2 nur visualisiert[9] und das Gipfelfoto sei gar nicht am Gipfel des K2 entstanden[10], führte zuerst auf Twitter zu einer rasanten Verbreitung und schließlich zu einer gemeinsamen virtuellen Erstbesteigung des K2[11] via Foursquare mit über 700 Teilnehmern[12].
- Während einer Rede des damaligen US-Senators und Ex-Präsidentschaftskandidaten John Kerry am 17. September 2007 in einem Hörsaal an der Universität von Florida wurde der 21-jährige Student Andrew Meyer mit Gewalt aus dem Hörsaal befördert. Da sich Meyer zur Wehr setzte, wurde er von den Sicherheitskräften mit einer Elektroschockpistole ruhiggestellt. Mehrere Videos des Vorfalls wurden ins Internet hochgeladen und erreichten Zugriffe in Millionenhöhe. In Folge kam die Phrase „Don’t Tase me, Bro“ zu einer hohen Beliebtheit im Netz. [13] Diese führte soweit, dass das Wort „tase/taze“ vom New Oxford American Dictionary als eines der Wörter des Jahres 2007 gelistet wurde. [14]
Selbstdarsteller
- Andy Milonakis erlangte durch kurze Videos, die er selber vor der Webcam gedreht hat, schnell weltweite Bekanntheit. Der Kult um ihn entwickelte sich in so großem Maße, dass er bei MTV eine eigene Comedyshow (The Andy Milonakis Show) bekam, welche auch in Deutschland ausgestrahlt wurde. Die Sendung wurde in Deutschland nach wenigen Folgen wieder abgesetzt. In den USA wurden bereits drei Staffeln ausgestrahlt.
- Das Video des „Star Wars Kid“, der mit seiner Videokamera Privataufnahmen seiner Kampfbewegungen macht, die die des Darth Maul aus Star Wars nachahmen. Die Aufnahmen gelangten durch einen Schulkameraden ins Internet.[15]
- Der „Tourist Guy" (en:), ein Mann mit einer Wollmütze, wurde aufgrund des angeblich letzten Fotos vor den Anschlägen des 11. September 2001 weltweit bekannt. Infolge dessen wurde er so populär, dass er unter anderem in historische Momente wie den Absturz der Hindenburg eingebaut wurde. Später stellte sich das Bild als Fälschung heraus.
- „lonelygirl15“ ist der Name einer Web-Serie, welche sich um das Leben des fiktionalen 16-jährigen Mädchens Bree dreht. Die Serie lief von Juni 2006 bis August 2008. Dass die Serie fiktiv war wurde erst im September 2006 bekannt. [16][17] Mit ihren scheinbar realen Video-Blog-Einträgen wurde Lonelygirl15 eine große Persönlichkeit des Internet. Nachdem allerdings die Authentizität ihrer Videos hinterfragt wurde, musste sich Bree und ihre Produktionsfirma gegenüber ihren Zuschauern outen. Dies führte zu einem weltweiten Medienecho, welches die Popularität von lonelygirl15 weiter steigerte. Bree war eigentlich die amerikanisch-neuseeländische Schauspielerin Jessica Lee Rose.
Musik
- Das Video zum Lied Wo bist du mein Sonnenlicht? von Grup Tekkan, einer Gruppe in ihrer Freizeit musizierender türkischer Jugendlicher, hatte durchschlagenden Erfolg, der weniger in den musikalischen Qualitäten der Jugendlichen als in der humoristischen Note begründet war. Das Video kursierte zunächst im Internet, war dann aber auch im Fernsehen in der Sendung TV total (ProSieben) zu sehen.[18]
- Die Liedperformance „Kleiner Hai“ von Alemuel wurde nach der Veröffentlichung des Videos von einer Vielzahl von Benutzern in eigener Version nachgeahmt und als Antwort ins Netz gestellt. Schließlich erhielt Alemuel für das Lied sogar einen Plattenvertrag.
- Die im Abspann der Anime-Fernsehserie Die Melancholie der Haruhi Suzumiya gezeigte Animation zu dem Titel „Hare Hare Yukai“ wurde ebenfalls ein Internet-Phänomen. Es existieren zahlreiche Parodien und von Fans erstellte Videos, die sich auf die Musik und/oder die Choreografie beziehen.[19] Der Lizenzbesitzer Kadokawa Shoten nutzt diese Entwicklung für ein millionenschweres Experiment zwecks Überprüfung der Medienwirksamkeit und versucht die Fans bei der Legalisierung der Videos zu unterstützen, die teilweise millionenfach angesehen wurden.[20]
- Bei Vocaloid handelt es sich um einen von der Yamaha Corporation entwickelten Synthesizer, mit dessen Hilfe es möglich ist, Gesang wie mit einem Instrument zu erzeugen. Aufbauend auf der Software entstanden verschiedene kommerzielle Stimmen und zugehörige Figuren, die als Vocaloids bezeichnet werden. Ausgehend von der japanischen Internetseite Nico Nico Douga entwickelten sich tausende von Musikstücken, und es erwuchs ein gewisser Kult um die Figuren. Besonders bekannt davon ist die Figur und Stimme Miku Hatsune, deren Alben und Singles sich ebenfalls in den japanischen Charts platzieren konnten.
- Der Titel Never Gonna Give You Up von Rick Astley wurde und wird oft als „Scherz“-Video über das Internet verbreitet. Es wird oftmals als Vorschau für ein Spiel oder ähnliches getarnt und soll den Empfänger ärgern. Für dieses bewusste Hereinlegen der Zuschauer prägte sich der Begriff Rickrolling oder auch Rick Rolling heraus.
- "Autotune the News" ist eine Internet Serie, in der hauptsächlich Nachrichtenberichte aus dem amerikanischen Fernsehen mittels Autotuner so verändert werden, dass es den Anschein hat, als ob die Moderatoren singen würden. Produziert werden diese Videos von der Musikgruppe „The Gregory Brothers“. Innerhalb kürzester Zeit erreichten ihre Videos eine immense Popularität im Internet, sowie auch außerhalb des Netzes. Der Song „Bed Intruder“, welcher seine Basis in einem Nachrichtenbericht über eine versuchte Vergewaltigung und insbesondere des skurrilen Interviews mit Antoine Dodson hat, stieg sogar auf Platz 89 der amerikanischen Billboard Hot 100 ein [13] und hatte bei Youtube schnell über 75 Millionen Zugriffe. [14]
Filme
- „Prank-Flash“, „Screamer“ oder „Shock-Flash“ sind die Bezeichnung einer etwas länger anhaltenden Trendwelle von Flash-Animationen, in denen der Betrachter zuerst durch eine normale Geschichte mit leiser Musik abgelenkt bzw. angehalten wird, sich auf subtile Details zu konzentrieren, bis plötzlich aus dem Nichts eine „Horrorfratze“ mit tösendem Geschrei auftaucht und den Betrachter erschreckt. Die Fernsehwerbung für das Kaffee-Misch-Getränk „K-Fee“ griff dieses Konzept auf.[21]
- „Animutation“, ein Animationstrend innerhalb der Flash-Szene, in der mit möglichst wenig Aufwand möglichst viele bunte Bilder des Zeitgeschehens wahllos aneinander gereiht werden, meistens untermalt mit japanischer Dance-Musik.
- Neusynchronisierungen: Filmklassiker werden auf alberne Weise neu synchronisiert, z. B. Sinnlos im Weltraum (eine Parodie auf Star Trek), Lord of the Weed (eine Parodie auf Herr der Ringe), Harry Potter und ein Stein (eine Parodie auf Harry Potter und der Stein der Weisen (Film)).
Politik
- Der Vorsitzende der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestags, Axel E. Fischer, hatte Mitte November 2010 in einem Zeitungsinterview[22] und dann auf seiner persönlichen Facebook-Seite[23] ausgeführt, es müsse ein „Vermummungsverbot“, also eine „Pflicht zur Klarnamen-Nennung im Internet“ in ausnahmslos allen Internet-Foren geben, im Gegenzug würde ein „Radiergummi“ entwickelt werden, mit dem man Inhalte aus dem Internet löschen könne. Die Netzgemeinde fühlte sich vom obersten Sachverständigen des Bundestags in mehrfacher Hinsicht provoziert: Die Vokabel „Vermummungsverbot“ stellt sie auf eine Stufe mit gewalttätigen Beteiligten an Straßenschlachten, Zulassung von Anonymität in Internet-Foren ist Angelegenheit der Betreiber von Foren und in vielen Fällen aus guten Gründen unumgänglich, und die Löschung einmal in das Web eingestellter Informationen ist schier unmöglich – „das Netz vergisst nie!“ Wegen der technischen Absurdität der erhobenen Forderung wurden anschließend eine Vielzahl vermeintlich genauso sinnfreier fiktiver Forderungen („Axel E. Fischer, CDU, fordert“) auf Twitter und in Blogs tausendfach weiterverbreitet. Sie verbinden jeweils kreativ einen Fachbegriff aus dem Bereich IT/Web-Community/Computerspiele mit einer sinnlosen Forderung und verulken so die fehlende Sachkunde des Politikers.[24][25][26] Nach einer Woche war Fischer mit mehr als einer Million Treffern bei Google (nach zuvor wenigen hundert) einer der im Netz bekanntesten Politiker Deutschlands.
Werbung
- Die Werbewirtschaft versucht, das Auftreten dieses starken Nutzerinteresses im Rahmen des viralen Marketings zu nutzen. Werbebotschaften werden so kostenneutral, beispielsweise als „Spaßvideo“ oder Blog getarnt, durch Internetnutzer verbreitet. Auch Computerspiele wie Moorhuhn (Werbung für eine Whisky-Marke), die zum kostenlosen Herunterladen stehen und zur Weiterempfehlung anregen, fallen in diese Kategorie.[27]
- "Will it blend?" ist eine Internetserie der Küchengerätefirma „Blendtec“. In den Videos werden diverse Objekte, wie etwa Mobiltelefone, Leuchtstäbe, Golfbälle o.ä., in einem Mixer vernichtet, um dessen Qualität zu bewerben.
Sonstiges
- Sex mit Cousine: Ein Webradio-Moderator liest einen Forumsbeitrag vor, welcher aufgenommen und durchs Internet rasend schnell verbreitet wurde.[28]
- Schockerseite, eine Website, auf deren Startseite direkt ein „obszönes“ oder schockierendes Bild gezeigt wird. Der Link wird als harmlose Empfehlung über E-Mail etc. verbreitet. Beispiel hierfür ist Goatse.cx.
- Lolcat, Fotos von Katzen, denen passende, orthographisch, interpunktorisch und grammatikalisch inkorrekte Worte in den Mund gelegt werden
- All your base are belong to us, ein Zitat aus der Eröffnungssequenz des Computerspiels Zero Wing
Weblinks
- Frank Patalong: Die Halbwertszeit der Eintagsfliegen. Spiegel Online, 27. November 2006
- Internetstars: Für fünf Minuten im Rampenlicht. web.de, 25. Juni 2008
- Internet-Meme – Podcast des Chaos Computer Clubs zum Thema
Einzelnachweise
- ↑ [1]
- ↑ [2]
- ↑ [3]
- ↑ [4]
- ↑ [5]
- ↑ [6]
- ↑ [7]
- ↑ Focus Online 14. Juli 2006 Hype um Zidanes Kopfstoß im Netz
- ↑ Der Standard Online 7. September 2010 Skyrunner Stangl: K2-Besteigung nur "visualisiert"
- ↑ ORF Online 7. September 2010 Gipfelfoto gefälscht: „Skyrunner“ Stangl nicht auf K2
- ↑ Digital Affairs 8. September 2010 Veranstaltungstipp der Woche: K2 Besteigung samt Swarm Badge
- ↑ smec Blog 9. September 2010 K2 Mountain und Foursquare - wie Christian Stangl zum Meme wurde
- ↑ [8]
- ↑ [9]
- ↑ Text: Netzwelt Internetstars: Von Star Wars Kids und Lonelygirls
- ↑ [10]
- ↑ [11]
- ↑ Youtube-Videos, die man sehen muß. In: Die Welt, 15. August 2006
- ↑ Akiko Kashiwagi: Japan Too, YouTube? In: Newsweek International. 4. September 2006, archiviert vom Original am 15. Oktober 2006, abgerufen am 11. Dezember 2008.
- ↑ Kenji Hall: Japanese Anime Studio Embraces YouTube Pirates. In: BusinessWeek. 5. August 2008, abgerufen am 27. Dezember 2008 (englisch).
- ↑ Beispiel einer Animation
- ↑ Badische Neueste Nachrichten
- ↑ Axel Fischer: Vermummungsverbot im Internet – Pflicht zur Klarnamen-Nennung im Internet – Radiergummi entwickeln. In: Facebook. 15. November 2010, abgerufen am 27. Februar 2011.
- ↑ Christian Persson: CDU-Politiker für „Vermummungsverbot im Internet“ [2. Update]. In: heise online. 14. November 2010, abgerufen am 27. Februar 2011.
- ↑ Konrad Lischka: CDU-Idee Klarnamenzwang: Ein Lob der Pseudonyme. In: Spiegel Online. 15. November 2010, abgerufen am 27. Februar 2011.
- ↑ CDU-Politiker blamiert sich: Axel E. Fischer nicht länger anonym. In: taz.de. 16. November 2010, abgerufen am 27. Februar 2011.
- ↑ Hier schreibt sogar der Vorstandschef. In: FAZ Online, 5. März 2006
- ↑ Sex mit Cousine
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