St. Prokulus (Naturns)

St. Prokulus (Naturns)
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St. Prokulus Kirche

Die St. Prokulus Kirche im Vinschgau ist eine kleine Kirche am östlichen Ortsrand von Naturns, einer Marktgemeinde in Südtirol, etwa 12 km von Meran entfernt. Die Kirche steht in unmittelbarer Nähe zum Ortsfriedhof und etwas abseits des Zentrums der Marktgemeinde.

Inhaltsverzeichnis

Kirchenpatron Sankt Prokulus

St. Prokulus, "der Schaukler"

Eines der bekanntesten Bilder in der Kirche zeigt einen Mann, der wie in einer Schaukel in einem Seil sitzt. Möglicherweise handelt es sich hier um den heiligen Prokulus, der im 4. Jahrhundert Bischof von Verona war und so vor Verfolgung aus der Stadt floh. Bemerkenswert sind die am Seil vorbeigreifenden Hände. [1]

Der Platz der Kirche

Der Platz, auf dem die St. Prokulus Kirche steht, ist alter Siedlungsraum. In der Spätantike stand an der Stelle der Kirche ein Wohnhaus. Die durch Trockenmauern und Holzaufbau charakterisierte Bauweise dieses Wohnhauses war vom 4. bis 7. Jahrhundert nach Christus im gesamten Alpenraum verbreitet.

Um ca. 600 nach Christus wurde das spätantike Haus durch einen Brand zerstört. Möglicherweise kam dabei auch eine ca. 45 Jahre alte Frau ums Leben, dies legen zumindest archäologische Funde nahe. Nach dem Brand wurde das Haus nicht mehr aufgebaut, die Ruine wurde als Bestattungsplatz genützt.

Die St. Prokulus Kirche selber entstand in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts nach Christus. Über die Bauherrschaft gibt es keine gesicherten Quellen. Nur die Archäologie gibt Aufschluss über das Alter der Kirche. Die Position der frühmittelalterlichen südlich und östlich liegenden Gräber lässt auf eine bereits bestehende Kirche schließen. In einem Grab an der Südseite der Kirche wurde ein germanisches Sax (Kurzschwert) als Grabbeigabe gefunden. Dieses Sax wird ebenso wie die verschiedenen anderen Funde in die Zeit um 650 nach Christus datiert. Da die Kirche zu dieser Zeit bereits bestanden hat, ist ein Alter von mindestens 1.350 Jahren für den ursprünglichen Bestand anzunehmen.

Die Fresken

In zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen wurden die Fresken der St. Prokulus Kirche beschrieben. Es gab verschiedene Versuche, eine kunsthistorische Einordnung und Datierung der Wandmalereien vorzunehmen. Viele Wissenschaftler, unter ihnen auch der ehemalige Landeskonservator Helmut Stampfer, datieren die Wandbilder bereits in das 7. Jahrhundert nach Christus. Von einigen Wissenschaftlern wird jedoch die Ansicht vertreten, dass die Fresken erst im 8. Jahrhundert, aber noch vor der Kaiserkrönung Karls des Großen am Weihnachtstag 800 in Rom, entstanden sind. Deshalb spricht man im Zusammenhang mit den Wandmalereien in der St. Prokulus Kirche von vorkarolingischen Fresken. Hervorzuheben ist, dass es sich bei diese Wandbildern um den vollständigsten Zyklus früher Wandmalerei in Tirol handelt. Es sind die ältesten Fresken im deutschen Sprachraum.

Die Wandmalereien im unteren Teil des Kircheninneren zeigen Engel, Heilige und Szenen aus dem Leben des Heiligen Prokulus, dem Kirchenpatron darunter eine Rinderherde an der Westmauer der kleinen Kirche. Diese Malereien sind der ältesten Malschicht aus der Zeit vor 800 zuzuordnen. Die Fresken im oberen Teil des Kircheninneren stammen aus der Zeit um 1400. In dieser Zeit wurde der Kirchenraum höher gelegt. Die damaligen Bauherren, die Herren von Annenberg, sorgten für eine malerische Gestaltung. Die dargestellten Motive über dem Triumphbogen im Osten beziehen sich auf die Gottesmutter Maria, Gott Sohn und Gott Vater. An der Südmauer befindet sich das Letzte Abendmahl. An der Nordmauer wird die Legende der Heiligen Drei Könige dargestellt.

An der südlichen Außenmauer finden sich ebenso Wandmalereien aus gotischer Zeit um 1400. Die Hauptmotive stellen dabei die Erschaffung der Welt sowie den Sündenfall dar.

Museum

Im Jahre 2006 wurde in unmittelbarer Nähe zur Kirche das Museum eröffnet. Es beherbergt vor allem die Fundstücke, welche bei den Ausgrabungen in den Jahren 1985 und 1986 unter der Leitung von Hans Nothdurfter entdeckt wurden. Das Museum ist in die Themenbereiche Spätantike, Mittelalter sowie Pestzeit im 17. Jahrhundert gegliedert. Es werden auch die abgelösten gotischen Fresken aus der St. Prokulus Kirche gezeigt. Die Fundstücke werden didaktisch geschickt präsentiert, z.B durch Filme und kurze informative Erklärungen auf Schautafeln.

St. Prokulus Kulturverein

Der seit dem Jahr 2006 bestehende St. Prokulus Kulturverein hat sich die Aufgabe gestellt, mittels verschiedener Maßnahmen (z.B. Führungen und Vorträgen in der St. Prokulus Kirche und im Museum sowie Öffentlichkeitsarbeit) die Bedeutung dieser Kirche bekannt zu machen.

Literatur

  • Alexandra Meier: St. Prokulus in Naturns und St. Benedikt in Mals. Grin 1996. E-Book

Weblinks

 Commons: St. Prokulus, Naturns – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter Pippke, Ida Pallhuber: Du Mont Kunst-Reiseführer Südtirol, Köln 1992, ISBN 3-7701-1188-5

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