Steingutfabrik zu Damm

Steingutfabrik zu Damm
Teller „Hänsel, Gretel und Kusperhexe“ (Märchenserie)
Geschirrmarke

Die Steingutfabrik zu Damm produzierte Steingut, das im Volksmund „Dammer Porzellan“ genannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

1804 hat der 1797 in Aschaffenburg zugezogene „Fürstlich Löwenstein-Wertheim'sche Hofrat, der Arznei- und Wundarznei-Kunde Doktor“ Franz Seraph Czihak das Privilegium zur Führung einer englischen Steingutfabrik erhalten. Es fanden sich keine Geldgeber, sodass eine Produktion nicht aufgenommen wurde. 1827 waren es dann zwei Konzessionäre, die sich um die Steinzeugherstellung bewarben.

Anselm Strauß (* 20. April 1780 in Aschaffenburg als Sohn des Kaiserlichen Postverwalters Heinrich Strauß) war Professor an der Aschaffenburger Karlsuniversität (1808) und ab 1809 am Aschaffenburger Forstinstitut. Die „Steingut-Fabrique A. F. Strauß und Comp.“ nahm die Produktion in der Haselnußmühle auf. Aber nur kurze Zeit, sein Geldgeber, der Frankfurter Handelsmann Heinrich Franz Metz übernahm 1829 alle Anteile, die öffentliche Versteigerung fand am 4. Juni 1833 statt. Von den Erzeugnissen ist wenig bekannt. Strauß starb am 8. April 1830 in Aschaffenburg.

Anna Maria Müller, die Witwe des ehemaligen kurmainzischen Hofkontrolleurs Arnold Müller, die 1803 nach Aschaffenburg zugezogen sind, begann eine Woche nach Strauß mit der Müller'sche Fabrik in der Herrenmühle die Herstellung von Dammer Steingut. Ihr zweitältester Sohn Dr. phil. Daniel Ernst Müller (* 3. April 1797 Mainz, † 28. Juli 1868 Aschaffenburg) stand ab 1818 im bayerischen Forstdienst in Aschaffenburg. Er war auch Inhaber der Müller'schen Steingutfabrik in Damm, zusammen mit seinem Schwager Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck führten sie die Dammer Erzeugnisse zum Erfolg. Während Hefner als künstlerischer Beirat die Fertigung beeinflusste sorgte Müller mit dem Besuch von nationalen und internationalen Ausstellungen für Anerkennung. Man fertigte Gebrauchsgeschirr wie Eß-, Kaffee- und Waschservice. „Dieses leichtgeformten und gut gebrannten Geschirre von weißem und bedrucktem Gute empfehlen sich ebenso durch ihr äußeres gefälliges Aussehen als durch die Billigkeit der Preise. Der farbige Überdruck ist vollendet zu nennen und wird von keiner Fabrik des Auslandes übertroffen“, so lautet das Urteil über die Dammer Steingutwaren bei der Industrie-Ausstellung in München 1835.[1]

Blütezeit

Die Glanzzeit der Müllerschen Steingutfabrik begann 1840 als die Herstellung von Figuren nach Formen der ehemaligen Kurmainzer Porzellanmanufaktur in Höchst hinzukam. „Diese fast ausschließlich aus Modellen des berühmten Modelleurs J. P. Melchior Formen wurden in Steingut nachgearbeitet, fanden über einige Jahrzehnte glänzenden Absatz und sicherten Damm seinen Ruf als Produktionsstätte figürlicher Steinguterzeugnisse.“ Als Sammlerobjekte, (Marke: „sechsspeichiges Mainzer Rad mit D“ oder Schriftzug „DAMM“) sind sie heute begehrt.[2] Zu den übernommenen Modellen zählen schelmische Knaben- und Mädchendarstellungen (Bauernmusikant, das zerbrochene Ei,[3] Knabe, Seifenblasen machend,[4] Mädchen mit der Birne [5] Mädchen mit Taube,[6]) und Kindergruppen (Der gestörte Schlummer, Ringende Knaben, Tanzende Kinder[7]), der Kaiser von China, der Türkenpascha und Venus mit Amor.

Es wurden aber auch Eigenmodelle produziert, überwiegend im sakralen Bereich, wie Moses, segnender Christus, Kalvarienberg, die Zwölf Apostel, und im profanen Bereich, wie der Eisenhannes, der Schnupfer, der Pfeifenstopfer.[8]

Dammer Steingut wurde auf der Allgemeinen Industrie-Ausstellung 1854 in München, auf der Allgemeinen Pariser Ausstellung von Erzeugnissen der Landwirtschaft, des Gewerbefleißes und der schönen Künste 1855, auf der Kreis-Industrie-Ausstellung von Unterfranken und Aschaffenburg 1858 in Würzburg und auf der Wiener Weltausstellung 1873 ausgestellt.

Niedergang

Der Aufwärtstrend der Dammer Steingutfabrik nahm sein Ende, als 1860 der in Frankfurter Warengroßhändler Caspar Marzell die Fabrik kaufte. Die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Herstellung und beim Absatz der Erzeugnisse führten im Frühjahr 1880 zur Zwangsversteigerung der Fabrik, der Höchster Figuren- und Gruppenformen.[9] Unter den neuen Besitzern, zunächst dem Frankfurter Fruchthändler Levi Lindenbaum und anschließend dem Privatier Heinrich Dahlem und dem „Mühlenarzt“ Ignaz Fertig, kam es zu keiner geregelten Fabrikation mehr.

1885 errichtete Dahlem auf dem Fabrikgelände eine Buntpapierfabrik.

Die Höchster und Dammer Figurenformen gingen 1886/87 durch Kauf an die Steingutfabrik F. A. Mehlem in Bonn, 1903 wurden sie an die Firma Dressel, Kister & Co. Passau, weiterverkauft, die dann unter blauem Rad und Bischofsstab Porzellan-Ausformungen herstellte.

Literatur

  • Erich Stenger: Die Steingutfabrik Damm bei Aschaffenburg 1827–1884. Pattloch, Aschaffenburg 1949. ISBN 3-87965-050-0 (Nachdruck).
  • Brigitte Schad: Die figürlichen Erzeugnisse der Steingutfabrik Damm 1840–1884. Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e.V., Aschaffenburg 1991. ISBN 3-87965-055-1.

Weblinks

 Commons: Dammer Steingut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erich Stenger: Die Steingutfabrik Damm bei Aschaffenburg 1827–1884.
  2. Brigitte Schad: Die figürlichen Erzeugnisse der Steingutfabrik Damm 1840–1884.
  3. Schlossmuseum der Stadt Aschaffenburg
  4. Hessisches Landesmuseum, Wiesbaden
  5. Mittelrheinisches Landesmuseum Mainz,
  6. Schlossmuseum der Stadt Aschaffenburg
  7. Schlossmuseum der Stadt Aschaffenburg
  8. alle im Besitz des Schlossmuseums der Stadt Aschaffenburg
  9. Aschaffenburger Zeitung Nr. 81 vom 3. April 1880

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