Synagogen in Dresden

Synagogen in Dresden

Die Anfänge der Synagogen in Dresden reichen bis in das Mittelalter zurück. Die erste Synagoge am Jüdenhof wird 1265 erwähnt, aber später zu einem Brauhaus umgebaut und für den Kurfürstlichen Stall abgebrochen. Ab 1772 wurden wieder Beträume in Dresden zugelassen, wovon es Ende des 18. Jahrhunderts sieben mit über dreihundert Gläubigen und um 1830 noch vier gab, darunter der Betsaal von Philipp Aaron in der Zahnsgasse. Nachdem das Gesetz, die Religionsausübung der Juden und den für diesen Endzweck ihnen zu gestattende Erwerb von Grundeigentum betreffend erlassen worden war, konnte die Gemeinde am 1. November 1837 ein Grundstück für den Bau der später so genannten Alten Synagoge erwerben.[1] Der Synagogenbau von Gottfried Semper wurde jedoch 1938 zerstört. Zwischen 1950 und 2001 fanden die jüdischen Gottesdienste in der ehemaligen Totenhalle am Jüdischen Friedhof Fiedlerstraße statt. Die Neue Synagoge wurde ab 1996 an nahezu der gleichen Position errichtet wie die Alte Synagoge und befindet sich am Rande der Altstadt, zwischen der Jungfernbastei und der Carolabrücke (Hasenberg 1).

Synagoge am Jüdenhof
Synagoge Fiedlerstraße 3

Inhaltsverzeichnis

Synagogen in Dresden

Synagoge Jüdenhof (von 1268 bis 1411)

Die erste jüdische Gemeinde siedelte am Jüdenhof in der Nähe des Johanneums. Die erste Dresdner Synagoge wird in der Judenverordnung des Meißner Markgrafen Heinrich des Erlauchten von 1265 erwähnt. In den Chroniken dieser Zeit wird neben der Judengasses auch ein Jüdenhof erwähnt, wo eine stattliche Synagoge (vermutlich heute das Johanneum) zu sehen war. 1411 werden auf Befehl Friedrich des Streitbaren die Grundstücke und das Vermögen der Dresdner Juden konfisziert. Die Synagoge wird Eigentum des Markgrafen, danach erwirbt die Stadt Dresden den Sakralbau.[2]Der Dresdner Jüdenhof wurde nach dem hier bis 1411 befindlichen jüdischen Gemeindehaus benannt.[3] Eine Chronik beschreibt den zu einem Brauhaus umgebauten und später für den Kurfürstlichen Stall abgebrochenen Sakralbau wie folgt:

Von alten Zeiten hat ein großes Haus gestanden, welches man den 'Judenhof' oder wie etliche wollen der 'Juden-Synagog' geheißen, welches aber nach Abschaffung der Juden jederzeit zu einem gemeinen Brauhaus gebraucht worden und so lange gestanden biss man den Chur-Fürstlichen Stall gebauet, da dann dieses Haus zur Erlangung eines freyen Prospects, abgebrochen werden müssen, also daß nicht mehr davon übrig blieben, als der obgedachte Brunnen und der Name des Jüden-Hofs.[4]

Privatsynagogen (von 1772 bis 1837)

Arnoldische Buchhandlung mit der Privatsynagoge des Mendel Schie

Ab 1772 wurden wieder Beträume in Dresden zugelassen, aber der Bau einer offiziellen Synagoge war bis 1837 verboten. Daher entstanden mehrere Privatsynagogen, die die staatlichen Einschränkungen mehr oder weniger umgehen konnten, aber keinerlei offiziellen Charakter hatten. Am Ende des 18. Jahrhunderts gab es sieben Betstuben für die über dreihundert Gläubigen.[1], wovon 1830 noch vier Privatsynagogen übrigblieben.

  • Die bekannteste war die des Mendel Schie. Sie befand sich im Arnoldischen Haus[5] an der Webergasse Nr. 2, Ecke Altmarkt. Dieses wurde kurz nach 1500 als Renaissancebau erbaut und 1790 vom Baumeister Christian Traugott Weinlig um zwei Geschosse erhöht.[6] Die Synagoge umfasste zwei Stockwerke und hatte für die „damalige Zeit ein feierliches und würdiges Aussehen“.[7]
  • Die Bondsche Synagoge der Familie S. W. Bondi [8] S. I. Bondi [9] und J. Bondi[10]
  • Die Privatsynagoge des P. Aaron[11] und J. P. Aaron.[12] Die Betstube des Hoffaktoren Philipp Aaron war wesentlich kleiner und einfacher gestaltet und befand sich auf der Zahnsgasse im Schwarzen Adler und konnte 51 Besucher aufnehmen.
  • Die sog. Olleksche oder Sekkelsche Betstube.[13] Hinter der Frauenkirche befand sich die Betstube des Löb Lekesch, die 48 Gläubige aufnehmen konnte.
  • Die Wolfsche Privatsynagoge.
  • Auch Michael Kaskel und Itzig Eibeschütz hatten Betstuben gegründet, die aber bald wieder geschlossen wurden.[7]

Nachdem das Gesetz, die Religionsausübung der Juden und den für diesen Endzweck ihnen zu gestattende Erwerb von Grundeigentum betreffend erlassen worden war, konnte die Gemeinde am 1. November 1837 ein Grundstück für den Bau der Alten Synagoge erwerben.[1]

Alte Synagoge (von 1840 bis 1938)

Hauptartikel: Alte Synagoge (Dresden)
Semper-Synagoge – Vorderansicht

Die von Gottfried Semper 1839–1840 erbaute Synagoge in Dresden wurde während der Reichspogromnacht im Jahr 1938 zerstört. Unweit des alten Standorts der Synagoge erinnert seit dem 8. November 1973 eine Gedenkstele von Friedemann Döhner an die Zerstörung.[14]

Synagoge Fiedlerstraße 3 (von 1950 bis 2001)

Hauptartikel: Synagoge Fiedlerstraße 3

Zwischen 1950 und 2001 fanden die jüdischen Gottesdienste in der ehemaligen Totenhalle am Jüdischen Friedhof Fiedlerstraße statt.

Neue Synagoge (ab 2001)

Hauptartikel: Neue Synagoge (Dresden)
Neue Synagoge Dresden

Die Neue Synagoge wurde nach Plänen der Architekten Wandel, Hoefer und Lorch + Hirsch im Jahre 2001 fertiggestellt und befindet sich am Hasenberg 1 in Dresden. Der Neubau wurde 2002 als Europäisches Gebäude des Jahres gewürdigt.

Literatur

  • Doppelte Zerstörung – Neubau für die Synagoge in Dresden. In: das bauzentrum. Städteheft Dresden, 5, 2000, S. 44–46.
  • Hubertus Adam: Markstein im Elbpanorama. In: archithese: Gestaltung als Obsession. Nr. 6, 2001, S. 66–71.
  • Dankwart Guratzsch: Im Inneren des Tempels ein goldenes Zelt. In: Die Welt, 9. November 2001.
  • Gottfried Knapp: Ein Haus der Andacht allen Völkern. In: Süddeutsche Zeitung, 13. November 2001.
  • DAM Architektur Jahrbuch 2002. Prestel, München 2002.
  • Synagoge in Dresden. In: Detail: Konzept Sakrale Bauten. Nr. 9, 2004, S. 960f.
  • Roman Holleinstein: Selbstbewusste Monumente – Anzeichen einer neuen Blüte der Synagogenarchitektur in Deutschland. In: Neue Zürcher Zeitung, 21. Mai 2005.
  • Manuel Herz: Das institutionalisierte Experiment – Architektur mit jüdischem Bezug in Deutschland. In: Neue Zürcher Zeitung, 21. Mai 2005.
  • Klaus Arlt, Ingrid Ehlers, Alfred Etzold, Kerstin Antje Fahning, Angelika Hergt, Berndt-Lutz Lange, Wolfgang Madai, Reinhard Schmook, Frank Schröder, Heinrich Simon, Cornelia Zimmermann: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. (Schriftenreihe der Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“). Tourist Verlag GmbH, Berlin 1992, ISBN 3-350-00780-5.
  • Hannelore Künzl: Islamische Stilelemente im Synagogenbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main u.a. 1984, ISBN 3-8204-8034-X (Judentum und Umwelt, 9).
    Zur Dresdner Synagoge S. 161 bis 185.
  • Fritz Löffler: Das alte Dresden – Geschichte seiner Bauten. E. A. Seemann, Leipzig 1981, ISBN 3-363-00007-3, S. 490: [Jüdenhof, Name nach dem bis 1411 hier befindlichen jüdischen Gemeindehaus, 1945 Wohnbauten zerstört. S. 42, SS. 44 bis 46, S. 63, S. 210, S. 244, SS. 276/277, SS. 284/285, Bildnr. 76, Bildnr. 256.
  • Nora Goldenbogen, Die Dresdner Synagoge - Geschichte und Geschichten, Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin/Teetz 2004, ISBN 978-3-933471-74-1.

Einzelnachweise

  1. a b c Arlt et al., S. 223f
  2. Hagemeyer, S. 20 und S. 227
  3. Löffler, S. 490
  4. Arlt et al., S. 223
  5. Hagemeyer, S. 48 und S. 68
  6. Löffler, S. 95 Bildnr. 115 (Der Altmarkt zwischen Weber- und Scheffelgasse nach 1600) und S. 325 Bildnr. 403 (Die Arnoldische Buchhandlung Webergasse 2 mit Westteil des Altmarktes)
  7. a b Hagemeyer, S. 48
  8. 127,128
  9. Hagemeyer S. 12,22,48,108,127
  10. 105, 118, 138, 139
  11. Hagemeyer S. 8,29,30,31,44,48,49,66,67,108
  12. Hagemeyer S. 3,44,48,49,66,67
  13. Künzl, S. 165
  14. Kunst im öffentlichen Raum. Informationsbroschüre der Landeshauptstadt Dresden, Dezember 1996.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Synagogen in Dresden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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