Thalerhof (Konzentrationslager)

Thalerhof (Konzentrationslager)
Hinrichtung im KZ Thalerhof

Das Konzentrationslager Thalerhof war ein von den Behörden der k.u.k-Monarchie in der Nähe von Graz eingerichtetes Konzentrationslager, das während des Ersten Weltkriegs zwischen dem 4. September 1914 und dem 10. Mai 1917 bestand. Das k.k. Internierten-Lager war eines der frühen Konzentrationslager in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Hierhin wurden ruthenische (ukrainische) Bewohner aus Galizien und der Bukowina deportiert, die vermeintlich oder tatsächlich mit Russland sympathisierten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das KZ Thalerhof aus der Vogelperspektive

Die erste Gruppe der galizischen Russophilen wurden von einem Grazer Regiment verschleppt und am 4. September 1914 in Thalerhof eingeliefert. Bis zum Winter 1914/15 gab es in Thalerhof keine Baracken. Die Menschen lagen unter offenem Himmel, auch bei Regen und Schnee.[1] Die Internierten wurden gefoltert und geschlagen.[2] In einem offiziellen Bericht von 9. November 1914 wurde mitgeteilt, dass das Lager zu diesem Zeitpunkt ca. 5700 Insassen beinhaltete, darunter ca. 2000 Lemken.[3] Es war damit das größte derartige Lager, in Theresienstadt waren zu dem Zeitpunkt etwa 890 Ruthenen interniert.[4]

Insgesamt gingen durch das KZ Thalerhof in den knapp drei Jahren seines Bestehens nicht weniger als 20.000 prorussisch eingestellte Galizier und Bukowiner. Allein in den ersten eineinhalb Jahren starben ca. 3000 von ihnen.[1]

Das Lager wurde im Mai 1917 auf Befehl des letzten Kaisers Karl I. geschlossen. Die Baracken standen noch bis zum Jahr 1936, als sie schließlich abgerissen wurden. Dabei wurden 1767 Leichen exhumiert, die in einem Massengrab in dem nahgelegenen Dorf Feldkirchen begraben wurden.[3] Das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers gehört heute zum Flughafen Graz.

Zustände im Lager

Der Tod im KZ Thalerhof hatte selten natürliche Ursachen. Die katastrophalen hygienischen Bedingungen führten bald zum Ausbruch von Seuchen wie Cholera und Typhus. Irgendeine Art medizinischer Versorgung für die Internierten fehlte komplett. Das Essen war sehr schlecht und hatte kaum einen Nährwert. Durch das Fehlen von Geschirr mussten die Häftlinge ihre Kleidungsstücke wie Mützen zum Auffüllen mit suppenähnlicher Flüssigkeit benutzen, es gab großes Gedränge. Eine große Rolle spielte die Gewalt der Wächter gegen die Insassen. Zum Einschüchtern lagen oft blutüberströmte Leichen vor den Eingängen in die Baracken, oft hingen auf Pfählen gehängte und übel zugerichtete Menschen.[5]

Rezeption

In Österreich geriet das Lager in Vergessenheit, die Forschung beschäftigte sich nicht damit. Schon im polnischen Galizien 1919 bis 1939 hingegen veranstaltete ein „Thalerhof-Komitee“ Kongresse, errichtete Denkmäler und publizierte Erinnerungsliteratur über das „galizische Golgota“ Thalerhof. Mit Einmarsch der Sowjets 1939 wurde das Komitee verboten.[6] In der ukrainischen Innenpolitik wurde Thalerhof in den letzten Jahren hingegen zunehmend instrumentalisiert, es fand oft Eingang in politische Diskussionen. Im Oktober 2004 beschloss das ukrainische Parlament einstimmig eine Resolution, in der zur Erinnerung an Thalerhof aufgerufen wurde. Die prorussischen Kräfte in der Ukraine betonen, in Thalerhof seien Menschen für ihre Traditionen, ihr Russisch und ihren orthodoxen Glauben gestorben, verraten von ukrainischen Nationalisten und Angehörigen der griechisch-katholischen Kirche.[6]

Einzelnachweise

  1. a b I.R. Vavrik: Terezín and Talerhof. Publishing house of Archpriest R. N. Samelo, New York, 1966; und Talerhof
  2. Terrorism in Bohemia.; Medill McCormick Gets Details of Austrian Cruelty There. New York Times (December 16, 1917).
  3. a b Bogdan Horbal Talerhof
  4. Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge, 1 (1953), S. 546.
  5. Eine Beschreibung der KZs Theresienstadt und Thalerhof
  6. a b Das verdrängte Lager

Weblinks

 Commons: KZ Thalerhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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