Theoretische Schwere

Theoretische Schwere

Geodäsie und Geophysik verwenden die theoretische Schwere, um die wahre, auf der Erdoberfläche gemessene, stark variierende Schwerkraft mit einem geglätteten Schweremodell zu vergleichen. Diese theoretische Schwere (im Englischen normal gravity genannt) bezieht sich auf das mittlere Erdellipsoid, das sich dem Meeresniveau (Geoid) auf durchschnittlich ±30 Meter anschmiegt.

Obwohl die Schichtung und Gesteinsdichte im Erdinnern nicht mit letzter Genauigkeit bekannt ist (und nie sein wird), lässt sich die theoretische Schwere \ g_{\phi} auf einem Niveauellipsoid durch eine relativ einfache Formel beschreiben. Sie wird seit den grundlegenden Arbeiten des deutschen Geodäten Friedrich Robert Helmert (1843–1917) als Internationale Schwereformel bezeichnet, hängt allerdings von den Parametern des verwendeten Erdellipsoids ab, die durch internationale Konventionen alle 2-3 Jahrzehnte auf aktuellen Stand gebracht werden. Die Schwereformel beschreibt den Verlauf der Schwerebeschleunigung auf einer dem Meeresspiegel angenäherten Niveaufläche als Funktion der geografischen Breite φ:

 \ g_{\phi}= \left( 9,780327 + 0,0516323\sin^2(\phi) + 0,0002269\sin^4(\phi) \right)\,\frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}^2}

Der Wert 0,0516323 wird Schwereabplattung genannt und im deutschen Sprachraum meist mit β bezeichnet. Als physikalisch definierter, aber dimensionsloser Parameter entspricht er der (geometrischen) Erdabplattung f (nach engl. flattening) des Erdellipsoids.

Bis etwa 1960 wurde in Amerika meist die Formel für das Hayford-Ellipsoid (1924) benützt, in Europa auch die genauere Formel von Helmert. Die Äquatorachse des von ihm 1906 berechneten globalen Ellipsoids weicht zwar vom modernen Wert um etwa 70 Meter ab (Hayford um 250 m), die Abplattung ist aber fast dieselbe. Im Gegensatz zu oben verwendet sie eine andere Winkelfunktion der Breite:

 \ g_{\phi}= \left(9,8061999 - 0,0259296\cos(2\phi) + 0,0000567\cos^2(2\phi)\right)\,\frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}^2}

Eine von der ersten Formel nur wenig abweichende ellipsoidische Schwereformel ist jene des WGS 84-Erdmodells (World Geodetic System von 1984):

 \ g_{\phi}= \left(9,7803267714 ~ \frac {1 + 0,00193185138639\sin^2\phi}{\sqrt{1 - 0,00669437999013\sin^2\phi}} \right)\,\frac{\mathrm{m}}{\mathrm{s}^2}

Der Unterschied der WGS-84-Formel zu Helmerts Gleichung liegt unter 69 ppb oder <6,8·10−7 m·s−2.

Siehe auch

Literatur


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