Unternehmen Bruno

Unternehmen Bruno
Unternehmen Bruno
Teil von: Schlacht an der Scheldemündung
(Zweiter Weltkrieg)
Der Hafen von Antwerpen am 30. November 1944
Der Hafen von Antwerpen am 30. November 1944
Datum 16. September 194417. September 1944
Ort Antwerpen (Belgien)
Ausgang Deutscher Sieg
Folgen Zerstörung der Kreuzschanzschleuse
Konfliktparteien
Deutsches Reich NSDeutsches Reich (NS-Zeit) Deutsches Reich Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Befehlshaber
Hans Prinzhorn
Truppenstärke
10, davon 6 Kampfschwimmer
Verluste
Keine

Das Unternehmen Bruno war der Deckname einer Operation, der die Sprengung der Kreuzschanzschleuse (Kruisschans) von Antwerpen[1] durch deutsche Kampfschwimmer der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine zum Ziel hatte. Das Kommandounternehmen erfolgte in der Nacht vom 16. auf den 17. September 1944 und verlief erfolgreich.

Inhaltsverzeichnis

Ausgangssituation, Planung und Verlauf

Ende August 1944 war die deutsche Front in Frankreich großteils zusammengebrochen.[2] Die Alliierten waren aus ihren Brückenköpfen in der Normandie im Zuge der Operation Neptune ausgebrochen und stießen im Rahmen ihrer Offensive ohne nennenswerten Widerstand durch Nordfrankreich und Belgien vor. Dort besetzten sie Antwerpen am 4. September nach kurzem Kampf. Den Alliierten erschloss sich dadurch der wichtigste Umschlagshafen Europas. Obwohl der Dockhafen relativ weit am Oberlauf der Schelde lag, wurde er dennoch durch die Gezeiten beeinflusst. Daher sorgten Schleusen dafür, dass der Wasserspiegel im Hafenbecken konstant blieb und dieser so ständig von Schiffen genutzt werden konnte, die dieses Nadelöhr passieren mussten.[3]

Der deutsche Hafenkommandant von Antwerpen, Fregattenkapitän Joachim Syskowitz[A 1], kam bei der beabsichtigten Zerstörung der Hafenschleusen ums Leben und wurde posthum für diese Tat mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes sowie der Beförderung zum Kapitän zur See geehrt. Friedrich Böhme, Chef des Kommandostabes West, wandte sich daher an das Kommando der Kleinkampfverbände (KdK).[1] Das KdK entsandte daraufhin das Marineeinsatzkommando 60 (M.E.K. 60) unter seinem Kommandeur Hans Prinzhorn, das wenig später in Utrecht eintraf.[1] Dieses wurde geschickt, da man einen direkten Angriff mittels Kriegsschiffen und Flugzeugen aufgrund der massiven alliierten Sicherheitsvorkehrungen für unmöglich hielt. Daher sollten die Kampfschwimmer der Kriegsmarine zum Einsatz kommen.[3]

Der Plan Prinzhorns sah vor, mittels zweier Sprengboote vom Typ Linse, die von der K-Flottille 216 gestellt wurden, Kampfschwimmer bei Nacht, von der Scheldemündung kommend, in die Nähe der 35 Meter breiten Schleusentore zu bringen und sie dort abzusetzen. Diese sollten dann die restliche Strecke mit der mitgeführten Torpedomine, kurz To-Mine genannt, schwimmend zurücklegen. Bei der To-Mine handelte es sich um eine sogenannte GS-Mine, welche die Standardtorpedomine der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg war. Ihre Länge betrug, je nach Ausführung, etwa 1 bis 1,50 Meter. Ihre Sprengkapazität lag zwischen 500 und 1500 Kilogramm. Die modifizierte GS-Mine wurde von einem langgestreckten, aus Aluminium gefertigten Schwimmkörper getragen, der mit Ammonikgas gefüllt wurde. Dies bewirkte, dass die To-Mine mit zwischen 30 und 40 Gramm erzeugten Untertrieb dicht unter der Wasseroberfläche schwebte und so relativ mühelos von den Kampfschwimmern gehandhabt werden konnte. An ihrem Ziel angekommen, sollte die Kampfschwimmer die mit 1000 Kilogramm Sprengstoff gefüllte Mine auf den Sohlengrund ablegen und den Zeitzünder aktivieren. Prinzhorn orderte, um seine Chancen auf Erfolg zu erhöhen, zwei To-Minen an und bildete zwei Kommandoeinheiten. Die Kommandoeinheiten bestanden aus einem Gruppenführer, einen Bootssteurer sowie drei Kampfschwimmern, die auf einer schallgedämpften Linse aufsaßen. Die To-Mine wurde in Schlepp genommen.[3] Der geplante Einsatz am 12. September 1944 musste verschoben werden und auch ein am Folgetag wiederholter Einsatz scheiterte aufgrund zu starker Gegenströmung.

Als neuer Angriffstermin wurde die nebelige Nacht vom 16. auf den 17. September bestimmt.[3] Andere Quellen benennen hierfür die Nacht des 15. auf den 16. September.[2] Während sich die Kommandolinse 2 unter Prinzhorn auf ihrem Anmarschweg im Nebel verirrte und die Schleuse nicht fand, konnte die Kommandolinse 1 sich erfolgreich in die Nähe der Schleuse bringen.[4] Gruppenführer war Erich Dörpinghaus, der später auch Einsatzleiter bei der Zerstörung der Brücke von Remagen war. Sein restliches Kommando bestand aus den Kampfschwimmern Karl Schmidt, Hans Greeten und Rudi Ohrdorf. Der Anmarsch der Linse geschah unbemerkt und etwa 1000 Meter vor dem Ziel, die Entfernung konnte aufgrund des Nebels nur geschätzt werden, wurden die Schwimmer ins Wasser gelassen. Nach Überwindung mehrerer Netzsperren und einer zwischenzeitlichen Orientierungslosigkeit, konnte das Schleusentor schließlich gefunden werden. Schmidt und Ohrdorf versenkten die To-Mine am Sohlengrund und aktivierten den 150 Minuten laufenden Zeitzünder.[1] Etwa 90 Minuten [5] beziehungsweise 75 Minuten [2][6] nach Einsatzbeginn, die Angaben schwanken zwischen diesen beiden Werten, kehrten die Kampfschwimmer zu ihrer Kommandolinse zurück und konnten unentdeckt entkommen.

Folgen

Am 17. September 1944 um 05:00 Uhr detonierte die platzierte Mine und beschädigte die Schleusentore so schwer, dass sie den alliierten Nachschubverkehr für mehrere Wochen stark behinderte. Die umgeschlagene Kapazität fiel hierdurch um bis zu 90 Prozent im Vergleich zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Sprengung der Schleuse.[1] Dies verschaffte den deutschen Verbänden eine Atempause, die sie zur Neugliederung und Aufstellung nutzten.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Lawrence Paterson: Waffen der Verzweiflung - Deutsche Kampfschwimmer und Kleinst-U-Boote im Zweiten Weltkrieg. 2009, S. 132–137.
  2. a b c Helmut Blocksdorf: Das Kommando der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine. 2003, S. 181–182.
  3. a b c d Cajus Bekker: Einzelkämpfer auf See: Die deutschen Torpedoreiter, Froschmänner und Sprengbootpiloten im Zweiten Weltkrieg. 1968, S. 125–127.
  4. Cajus Bekker: Einzelkämpfer auf See: Die deutschen Torpedoreiter, Froschmänner und Sprengbootpiloten im Zweiten Weltkrieg. 1968, S. 134–135.
  5. V. E. Tarrant: Das letzte Jahr der deutschen Kriegsmarine Mai 1944 bis Mai 1945. 1994, S. 133.
  6. Cajus Bekker: Einzelkämpfer auf See: Die deutschen Torpedoreiter, Froschmänner und Sprengbootpiloten im Zweiten Weltkrieg. 1968, S. 132

Anmerkungen

  1. (* 13. November 1896 in Frankfurt am Main; † 11. September 1944 in Antwerpen) trat am 4. Januar 1915 der kaiserlichen Marine bei. Im Zuge der Demobilisierung nach dem Erste Weltkrieg wurde er am 14. September 1919 aus der Armee entlassen. Vom 1. Juni 1943 bis 4. September 1944 agierte er als Hafenkommandant von Antwerpen. Bei dem Versuch die Kreuzschanzschleuse zu sprengen, wurde Syskowitz schwer verwundet. Er starb an diesen Verletzungen am 11. September 1944 im Marinelazarett von Antwerpen.

Quellen

  • Cajus Bekker: Einzelkämpfer auf See: Die deutschen Torpedoreiter, Froschmänner und Sprengbootpiloten im Zweiten Weltkrieg. Gerhard Staling Verlag, Oldenburg 1968.
  • Helmut Blocksdorf: Das Kommando der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine- 1. Auflage, Motorbuch Verlag, 2003, ISBN 361302330X.
  • Lawrence Paterson: Waffen der Verzweiflung - Deutsche Kampfschwimmer und Kleinst-U-Boote im Zweiten Weltkrieg. 1. Auflage, Ullstein Verlag, 2009, ISBN 9783548268873.
  • V. E. Tarrant: Das letzte Jahr der deutschen Kriegsmarine Mai 1944 bis Mai 1945. Podzun-Pallas Verlag, 1994, ISBN 3790905615.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Bruno Meyer (Kunstwissenschaftler) — Bruno Ludwig Julius Boguslaus Meyer (* 28. Juni 1840 in Kempen, Provinz Posen; † 12. November 1917 in Berlin) war ein deutscher Kunstwissenschaftler, der sich durch sein Interesse an der Photographie sowohl als wissenschaftlichem Hilfsmittel in… …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Kreisky — (1980) Bruno Kreisky (* 22. Jänner 1911 in Wien; † 29. Juli 1990 ebenda) war ein österreichischer Politiker (SPÖ) und von 1970 bis 1983 Bundeskanzler der Republik Österreich. Teilweise gleichzeitig mit ihm waren die Sozialdemokraten Willy Brandt… …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Banani — Underwear GmbH Rechtsform GmbH Gründung 1993 Sitz …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Schröder (Bankier) — Bruno Schröder, Porträt von Philip de Laszlo Rudolph Bruno Schröder (ab 1907: Freiherr von Schröder, in Großbritannien allgemein Baron Bruno Schröder, * 14. März 1867 in Hamburg; † 10. Dezember 1940 in Dell Park, Englefield Green, Surrey) war ein …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Jenny — (* 14. Juli 1959 in Wolhusen, Schweiz) ist ein Schweizer Projektmanager, Managementtrainer und Fachautor und ist zudem als Dozent, Coach und Prüfungsexperte tätig. Darüber hinaus ist er Geschäftsführer und Inhaber der SPOL AG für Projekt und… …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Cassirer — Bruno Cassirer, gemalt von Max Liebermann Bruno Cassirer (* 12. Dezember 1872 in Breslau; † 29. Oktober 1941 in Oxford [1]) war ein Ver …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Möhring — (* 11. Dezember 1863 in Königsberg (Ostpreußen); † 25. März 1929 in Berlin) war ein deutscher Architekt, Stadtplaner und Designer. Er zählte zu den bedeutendsten Architekten des Jugendstils in Deutschland. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Mitarbeiter …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno von Boehmer — Bruno von Boehmer, 1941 Bruno von Boehmer (* 30. Mai 1866 in Potsdam; † 26. Juni 1943 in Wiesbaden; vollständiger Name: Carl Bruno von Boehmer oder Karl Bruno von Boehmer) war ein deutscher Wasserbau Ingenieur und Baubeamter, er gilt a …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno H. Schubert — Bruno Heinrich Schubert (* 25. Oktober 1919 in Frankfurt am Main; † 17. Oktober 2010 ebenda[1]) war ein deutscher Unternehmer, Konsul und Mäzen. Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Unternehmer und Mäzen …   Deutsch Wikipedia

  • Bruno Tietz — (* 2. Februar 1933 in Bischofsburg; † 22. Juli 1995 bei Brilon) war ein deutscher Ökonom und Handelsexperte. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 Schriften …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”