Wagnis (Wirtschaft)

Wagnis (Wirtschaft)

Wagnis ist ein betriebswirtschaftlicher Fachbegriff der Kosten- und Leistungsrechnung. Im Gegensatz zu den Humanwissenschaften findet sich keine ausdrückliche ethische Fundierung mit dem Wagnis verbunden.

Inhaltsverzeichnis

Wagnis in der Betriebswirtschaft

Einzelwagnisse

Einzelwagnisse (z. B. Garantieverpflichtungen) werden in der internen Betriebsbuchführung dazu verwendet, im Einzelnen ungewisse, im Ganzen aber planbare Risiken periodengerecht als „Kosten“ anzunehmen. Damit sind sie eng mit dem Begriff der Versicherung verknüpft. Grundidee ist, dass diese Ereignisse dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb entspringen und somit in der Periode zu Kosten führen werden. Die tatsächlichen Kosten weichen in der Regel ab. Einzelwagnisse sind also kalkulatorische Plangrößen, welche in den Wagniskosten abgebildet werden. Die Abweichungen sollten sich über einen längeren Zeitraum ausgleichen. Einzelwagnisse, die durch Versicherungen abgedeckt werden, werden durch die Versicherungsprämie in der Betriebsbuchführung abgebildet.

Unternehmerwagnis

Das Unternehmerwagnis ist das allgemeine, auf die Periode der Lebensdauer einer Unternehmung bezogene Risiko, Kapital in ein Unternehmen zu investieren; es betrifft also die möglichen Verluste, die das Unternehmen als Ganzes gefährden könnten. Dazu zählen Wagnisverluste, die sich insbesondere aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ergeben, z. B. Beschäftigungsrückgang, plötzliche Nachfrageverschiebung oder technischer Fortschritt. Das Unternehmerrisiko ist kein Kostenbestandteil. Es gilt mit der Verzinsung des Eigenkapitals (Gewinn, Dividende) als abgegolten.

‚Unternehmerisches Risiko’ und ‚unternehmerisches Wagnis’ sind im Bereich Betriebswirtschaft weitestgehend als Synonyme im Gebrauch. Bisweilen wird die Wortwahl ‚Unternehmerisches Risiko’ aber auch zur Kennzeichnung der Gefährdungssituation benutzt, während ‚Unternehmerisches Wagnis’ für die Entscheidung und Handlung des Unternehmers steht.[1]

Die fehlende Differenzierung von nutzenorientierter Risikohandlung und ethisch fundierter Wagniseinstellung tritt -etwa in der Finanzwirtschaft und im Bankenwesen- immer wieder in moralisch verfehltem Managerverhalten drastisch zutage. Verantwortungsnahme und Fairness zeigen sich bei diesem Verständnis von Wagnis oft abgekoppelt und müssen von außen eingefordert werden. Dieses Verhalten hat das Wagnis in bestimmten Bereichen in Verruf gebracht.[2]

Wagnis im Versicherungswesen

In den Publikationen und Verwaltungsvorschriften der Versicherungswirtschaft wird inhaltlich und rechtlich nicht oder kaum zwischen Risiko und Wagnis unterschieden. Beide befassen sich im Wesentlichen mit der statistischen Berechnung und Bezifferung von Gefährdungen und deren versicherungstechnischem Umgang.[3]

Allerdings vermeiden die Versicherungen zunehmend rechtlich fragwürdige Zuordnungen und Begriffe wie Risikopatienten oder Risikosport. Wagnissportarten wie Gleitschirmfliegen oder Felsklettern werden inzwischen mit ihrem statistisch relativ geringen Gefährdungspotenzial in Deutschland und Österreich als regulär versicherbar akzeptiert, womit zumindest indirekt eine Differenzierung stattfindet.

Siehe auch

Literatur

Bücher

  • E. Fink (Hrsg.): Handbuch des Versicherungswesens. Berlin (Luchterhand) 1957.
  • E. Gutenberg: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Berlin 1983.
  • Mathias Schüz (Hrsg.): Risiko und Wagnis. Die Herausforderung der industriellen Welt. Bd. 1 und 2, Pfullingen 1990.
  • Siegbert A. Warwitz: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Erklärungsmodelle für grenzüberschreitendes Verhalten. Baltmannsweiler, 2001.

Aufsätze

  • Otto-Peter Obermeier: Eine Synopse zu "Risiko und Wagnis". In: M. Schüz (Hrsg.): Risiko und Wagnis. Pfullingen 1990, Bd. 1: S. 296-333, Bd. 2: S. 306-349.
  • Siegbert A. Warwitz: Vom Sinn des Wagens. Warum Menschen sich gefährlichen Herausforderungen stellen. In: Berg 2006 (Hrsg. DAV), München/Innsbruck/Bozen 2005. S. 96-111.

zum Fachterminus der KLR

Einzelnachweise

  1. Erich Gutenberg: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Bd. 1. Berlin 1983
  2. Siegbert A. Warwitz: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Erklärungsmodelle für grenzüberschreitendes Verhalten. Baltmannsweiler, 2001
  3. Fink, E. (Hrsg.): Handbuch des Versicherungswesens. Bd. 2. Berlin (Luchterhand) 1957

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