Walter Hofmann (Bibliothekar)

Walter Hofmann (Bibliothekar)

Walter Hofmann (* 24. März 1879 in Dresden; † 24. April 1952 in Leipzig) war ein deutscher Bibliothekar.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hofmann erlernte in der Werkstatt seines Vaters den Beruf Graveur. Später schrieb er Kunstkritiken. Von 1904 bis 1906 baute er die Freie Öffentliche Bibliothek Dresden-Plauen auf. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse eignete er sich autodidaktisch an, denn er hatte keine bibliothekarische Ausbildung absolviert. Hofmann leitete diese Bibliothek bis 1913 gemeinsam mit Elise Bosse, einer ausgebildeten Kindergärtnerin, die er 1914 heiratete. In seiner 1951 erschienenen Autobiographie bezeichnet er seine Frau als „Urbild der deutschen Volksbibliothekarin“. 1913 ging er nach Leipzig und eröffnete dort die erste städtische Bücherhalle. In den folgenden Jahren bis 1929 baute das Ehepaar Hofmann drei weitere Bibliotheken und eine bibliothekarische Forschungsstätte auf. Während des Ersten Weltkriegs organisierte Hofmann von 1916 bis 1918 fahrende Kriegsbüchereien.

Richtungsstreit im Bibliothekswesen

1912 publizierte Paul Ladewig, der Leiter der Kruppschen Bücherhallen das Buch „Politik der Bücherei“, in dem er die Aufgabe Öffentlicher Bibliotheken in der Unterhaltung sieht. Eine erzieherische Aufgabe bestreitet er. In dem daraufhin ausbrechenden bibliothekarischen Richtungsstreit, der 20 Jahre andauern und das deutsche Bibliothekswesen spalten sollte, vertrat Hofmann die Ansicht, die Arbeit in öffentlichen Bibliotheken müsse speziell an sozialen Aspekten ausgerichtet werden, Bibliotheken hätten eine erzieherische Aufgabe, dienten der Volksbildung und sollten zur Bildung eines ästhetischen Bewusstseins beim Leser führen. Darum dürften dem Benutzer nur die „edelsten und besten Erzeugnisse der Literatur“ nahe gebracht werden. Die Bibliothek sei kein bloßer Verwaltungs oder Amüsierbetrieb, er müsse die Bücher zum „inneren Besitz“ des Lesers machen. Im Gegensatz zu Ladewig lehnte Hofmann einen bibliothekarischen Massenbetrieb ab. Vielmehr wollte er einen kleinen Teil der Bevölkerung zu einer Bildungselite erziehen, die „in die Masse des Volkes gestellt auf ihre Umwelt wirken“ solle. Öffentliche Gelder sollten nur der "intensiven und gestaltenden" bibliothekarischen Arbeit zur Verfügung stehen. Hofmann entwickelte ein System der "dynamischen Volksbildung und volksaristokratischen Bücherei, das auf der Volksbildungstagung in Rothenburg o.T. vom 27. September-1. Oktober 1918 allgemein anerkannt und Teil der "Neuen Richtung" der Weimarer Erwachsenenbildung wurde.

Nach 1920

Im Jahre 1922 war Hofmann zusammen mit seiner Frau an der Schaffung eines "Einkaufshauses für Volksbüchereien", der heutigen ekz.bibliotheksservice GmbH, beteiligt. 1927 wurde mit dem "Institut für Leser- und Schrifttumskunde" eine wissenschaftliche Forschung etabliert. Die Volkbüchereiarbeit Leipzig wurde beispielgebend für öffentliche Bibliotheken in aller Welt. Walter Hofmann wurde zum Präsidenten der World Association for Adult Education gewählt. 1931 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig verliehen.

1937 wurde Hofmann in den Ruhestand versetzt und aufgefordert, seine büchereikundlichen Arbeiten fortzusetzten.[1] 1946 übernahm er einen Lehrauftrag an der Universität Leipzig. 1951 erschien eine Sammlung seiner bedeutendsten Schriften unter dem Titel Buch und Volk.

Werke

  • Das bedingte Lesegeld. Aus: Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen Jg. 10, S. 169-172, 1910.
  • Merkpunkte zum volkstümlichen Bibliothekswesen : (Volksbibliotheken, Bücher- u. Lesehallen. München, 1912
  • Der Krieg und die Volksbibliotheken. Leipzig, 1915
  • Buch und Volk und die volkstümliche Bücherei. Leipzig, 1916
  • Von alten und neuen Richtungen : eine Erwiderung und Ergänzung. Leipzig, 1917
  • Grenzen der Volksbildungsarbeit. Aus: Volksbildungsarchiv 7, S. 81-99, 1919
  • Die Praxis der Volksbücherei : ein Ratgeber für die Einrichtung und Verwaltung kleiner volkstümlicher Büchereien. Leipzig, 1922
  • Der Weg zum Schrifttum : Gedanke, Gestalt, Verwirklichung der deutschen volkstümlichen Bücherei. Berlin, 1922
  • Gestaltende Volksbildung. Leipzig, 1925
  • Der Raum der Bücherei : Aufnahmen und Grundrisse aus den Städtischen Bücherhallen zu Leipzig. Leipzig, 1925
  • Menschenbildung, Volksbildung, Arbeiterbildung in der volkstümlichen Bücherei. Berlin, 1925
  • Antwort auf die Denkschrift "Die Auslieferung des volkstümlichen Büchereiwesens in Sachsen an die Deutsche Zentralstelle in Leipzig". Leipzig, 1926
  • Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der deutschen volkstümlichen Bücherei. Leipzig, 1928
  • Zur Buchkritik der öffentlichen Bücherei. Leipzig, 1930
  • Die Lektüre der Frau : ein Beitrag zur Leserkunde und zur Leserführung; mit zahlreichen graphischen und tabellarischen Übersichten. Leipzig, 1931
  • Das Gedächtnis der Nation : ein Wort zur Schrifttumspflege in Deutschland. Jena, 1932
  • Tatsächliches und Grundsätzliches : Bericht über das Geschäftsjahr 1932/33; mit einer Beigabe: zur volksbibliothekarischen Bücherkunde. Leipzig, 1933
  • Deutsche Erzähler : ein Beitrag zur geistigen Grundlegung und zur Methodik der Praktischen Schrifttumspflege. Leipzig, 1933
  • Die deutsche Volksbücherei : die Idee und die Aufgabe; das Werk und die Werkleute. Bayreuth, 1934
  • Mit Grabstichel und Feder : Geschichte einer Jugend. Berlin, 1947
  • Buch und Volk : Gesammelte Aufsätze und Reden zur Buchpolitik und Volksbüchereifrage. Köln, 1951
  • Auf dem Weg zum Arbeiter : Erinnerungen an Wenzel Holek und Albert Goldammer. Reutlingen, 1952
  • Der Wille zum Werk : Erinnerungen eines Volksbibliothekars. Villingen, 1967

Literatur

  • Hans E. Hofmann: Walter Hofmann. 1879–1952. Berlin 1976, ISBN 3-87068-381-3.
  • Johannes Langfeldt: Hofmann, Walter. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, S. 460 f. (Onlinefassung).
  • Felicitas Marwinski: Die Freie Öffentliche Bibliothek Dresden-Plauen und Walter Hofmann. Ein Beitrag zur Geschichte des Volksbüchereiwesens zu Beginn des 20. Jh. Leipzig. 1983.
  • Roman Rabe: Das Umstrittene Volksbibliothekmodell. Walter Hofmann und die Freie Öffentliche Bibliothek Dresden-Plauen. In: BuB. Forum Bibliothek und Information. Jahrgang 58, 2006, Nr. 5, S. 394–400 (PDF).
  • Seitter, Wolfgang (Hg.): Walter Hofmann und Robert von Erdberg. Die Neue Richtung im Spiegel autobiographischer Zeugnisse ihrer beiden Hauptrepräsentanten. Klinkhardt, Bad Heilbrunn 1996, ISBN 3-7815-1114-6.

Weblinks

Anmerkungen

  1. "Auf die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten setzte H. anfangs Hoffnung. Durch die Folie seiner eigenen nationalkonservativen Positionen sah er in der nationalsozialistischen Massenbewegung den Weg des deutschen Volks zu sich selbst." Roman Rabe 2011 http://saebi.isgv.de/biografie/Walter_Hofmann_(1879-1952)

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