Weltfunkvertrag

Weltfunkvertrag

Als Weltfunkvertrag werden die internationalen Übereinkommen bezeichnet, mit denen ab 1903 der Funkverkehr und die Radioübertragung geregelt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Ab 1900 sicherte sich die Marconi International Marine Communication Company in London das alleinige Recht auf Ausübung der Funkbetriebes, nachdem sie dazu übergegangen war, ihre Geräte nicht mehr zu verkaufen, sondern einschließlich Personal an die Reedereien zu vermieten. Benutzer von Marconi-Anlagen durften außer in Notfällen nur mit anderen Marconi-Anlagen telegrafisch in Verbindung treten.[1]

Vom 4. bis 13. August 1903 fand in Berlin mit 90 Vertretern aus 32 Staaten die erste Radiokonferenz für den Funkverkehr statt. Es kam jedoch lediglich zwischen Deutschland, England, Frankreich, Österreich-Ungarn, Russland, Italien, Spanien und den USA zu gültigen Vereinbarungen.[2]

Erster Weltfunkvertrag

Um der Gefahr eines Weltfunkmonopols durch Marconi zu begegnen, erwarb Telefunken 1905 das Recht, auf deutschen Schiffen Empfangs- und Sendeeinrichtungen zu errichten und zu betreiben. Ferner lud die deutsche Reichsregierung zu einer Weltfunkkonferenz nach Berlin ein mit dem Ziel, jedes Funkmonopol zu beseitigen. Reinhold von Sydow leitete vom 3. Oktober bis 1. November 1906 die zweite Tagung der Radiokonferenz in Berlin, an der 27 Nationen teilnahmen. Das Ergebnis dieser Tagung, der von 30 Ländern am 3. November 1906[3] gebilligte erste Weltfunkvertrag (Vorläufer der heutigen Internationalen Fernmeldeverträge), der die Verkehrspflicht zwischen Küsten- und Bordstationen einführte, verschaffte dem Funkverkehr international freie Bahn. Führend in der Welt wurden schnell drei Funkgesellschaften, das waren in den USA die Radio Corporation of America, in England Marconi und in Deutschland Telefunken. Da die Eigenheiten des funktechnischen Betriebsdienstes ein besonderes Unternehmen erforderten, entstand 1908 die Firma Internationaler Telefunken Betrieb, aus der 1911 die Deutsche Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie (Debeg) hervorging.[4]

Auf Vorschlag Deutschlands wurde auf der Ersten Weltfunkkonferenz in Berlin 1906 als erstmals international einheitliches Seenotzeichen 3 Punkte, 3 Striche, 3 Punkte (ohne Pausen zwischen den Buchstaben) eingeführt. Dieses als „SOS“ bekannte Signal wurde auch von der Luftfahrt übernommen.[5]

Nachdem Marconi auch 1909 noch fortgesetzt die Nachrichtenübermittlung für jedermann verweigerte, erwarb die staatliche Telegrafenverwaltung Marconis Küstenstationen und gab sie für den öffentlichen Verkehr frei.

Zweiter Funkvertrag

Nach dem Untergang der RMS Titanic im April 1912 war klar geworden, wie wichtig die neuentdeckte Funktechnik auch für den Seeverkehr war. Als die Titanic auf den Eisberg lief, war ein ostwärts fahrendes Schiff, die Californian, nur 6-8 km von der Unfallstelle entfernt. Deren Funker hatte Verbindung mit dem Funker Jack Phillips der Titanic gesucht, aber auf Grund von Mißverständnissen nicht bekommen. Andere Schiffe, die noch in der Nähe waren, waren noch nicht mit Funkgerät ausgerüstet und konnten daher die Notrufe überhaupt nicht hören.[6]

Im gleichen Jahr wurde in London der zweite Internationale Funkentelegrafenvertrag abgeschlossen. Von Januar bis Oktober ratifizierten die vorherigen Staaten den Vertrag, der am 1. Juli 1913 in Kraft trat.

Der Erste Weltkrieg verhinderte jedoch die Umsetzung der Verträge.

Dritter Weltfunkvertrag

Oktober/November 1927 fand in Washington D.C. die Internationale Weltfunkkonferenz statt. An der Konferenz nehmen 400 Vertreter aus 76 Staaten teil. Am 25 November 1927 wurde der Dritte Weltfunkvertrag (Weltnachrichtenvertrag) abgeschlossen zwischen 76 Regierungen und 65 Gesellschaften. [7] Die Bestimmungen traten am 1. Januar 1929 in Kraft.

Der Vertrag verpflichtet in Artikel 10 die Vertragsländer, dafür zu sorgen, dass öffentliche und private Sendestationen nach dem erfahrungsmässig besten Verfahren eingerichtet und betrieben werden; und zwar so, dass sie den radioelektronischen Verkehr oder Dienst der übrigen Vertragsstaaten nicht stören.

Er beinhaltet Vereinbarungen über die Frequenzvergabe. Dem Rundfunk stehen ein Langwellenbereich von 160 bis 228 kHz und ein Mittelwellenbereich von 675 bis 1500 kHz zur Verfügung. Im Kurzwellenbereich, der zu Beginn der 20er Jahre von Amateuren erschlossen worden war, erhält der Rundfunk sechs Bänder bei 49, 31, 25, 19, 17, und 14 m Wellenlänge. Überdies wird der Internationale Beratende Ausschuss für den Funkdienst Comité Consultatif International des Radiocommunications (CCIR) gegründet. Die Washingtoner Beschlüsse machen für Europa eine Revision des Genfer Frequenzplans von 1925 erforderlich.[8] Den wenigen Tausend Funkamateuren des Jahres 1927 wurde dabei das schmale Frequenzband im Bereich unter 200m Wellenlänge zugewiesen.

Alle Schiffe mit mehr als 300 Fahrgästen müssen drei Funker an Bord haben, Schiffe mit 150–300 Fahrgästen zwei Funker und Schiffe ab 25 Fahrgäste und alle Frachtschiffe einen Funker. Das Betriebspersonal setzte sich in dieser Zeit zusammen aus ehemaligen Angehörigen der Debeg, der Deutsch Atlantischen Telegrafen-Gesellschaft, die vom Telegrafenamt Emden kamen, und aus 10 Postsupernumeraren.

Literatur

  • Hermann Thurn: Die Funkentelegraphie im Recht; 1913
  • H. Thurn: Die internationale Reglung der Funktelegraphie und -telephonie; 1929

Einzelnachweise

  1. http://www.friedewald-family.de/Publikationen/Nischenprodukt.pdf
  2. Blitz und Anker, Band 1: Informationstechnik - Geschichte und ..., Band 1 Von Joachim Beckh; S. 163
  3. http://www.dl0bn.de/archiv/1976/drs4176.htm
  4. http://www.seefunknetz.de/entwickl.htm
  5. http://www.deutsches-telefon-museum.eu/1900.htm
  6. http://www.fernsehmuseum.info/vom-rundfunk-zum-fernsehen.html
  7. Reichstagsprotokolle, S. 453ff
  8. http://www.rfcb.ch/hinnen/international003.html

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