Windham Classics

Windham Classics

Die Windham Classics Corporation war ein US-amerikanischer Softwareverlag (Spieleverlag), der von 1984 bis ca. 1985/86 existierte. Der Unternehmenssitz war Cambridge, Massachusetts, ein Vorort von Boston. Windham Classics publizierte Computerspiele die zum Genre der Adventures gehörten und auf der Vorlage von Kinder- und Jugendbüchern beruhten. Neben englischen Versionen wurden teilweise auch spanische Spielversionen veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Verlagsgeschichte (1984 bis ca. 1985/86)

Windham Classics, ein Tochterunternehmen von Spinnaker Software, hatte die Rechtsform einer US-amerikanischen Corporation, also einer Kapitalgesellschaft. Das Unternehmen konnte damit als juristische Person formal relativ selbstständig agieren.[1] Faktisch gab es eine enge Anbindung an das Mutterhaus Spinnaker Software, insbesondere beim Vertrieb. [2]

Windham Classics wurde 1984 im Rahmen der Marketingstrategie von Spinnaker Software zur Erschließung neuer Marktsegmente gegründet: Während die Telarium Corporation, ebenfalls ein Tochterunternehmen von Spinnaker, ihren Fokus auf die Zielgruppe der erwachsenen Adventure-Spieler legte, wandte sich Windham Classics an jüngere Adventure-Spieler. [3]

Inhaltlich basierten die Windham Classics-Adventures auf Kinder- und Jugendbüchern. Ihre Entwicklung erfolgte teilweise auf der Basis gemeinfreier Klassikertexte. Das Adventure Below the Root basierte auf einem zeitgenössischen Buch und wurde von der Autorin Zilpha Keatley Snyder mitentwickelt. Um der Zielgruppe der jüngeren Adventure-Spieler zu entsprechen waren die Spiellösungen relativ einfach und die Spieler wurden mit didaktischen Lösungshinweisen unterstützt. [4] Teilweise erfolgten Adaptionen für den spanischsprachigen Markt.

Technisch wurden die Adventures für typische Plattformen der 1980er Jahre wie C 64, TRS-80, DOS, Atari ST, MSX und Apple II umgesetzt. Die Steuerung erfolgte über Tastatur mittels eines Text-Parsers, teilweise aber auch über Joystick bzw. Maus. Die Adventures hatten zweidimensionale, das Spielgeschehen illustrierende Grafiken und Titelmelodien.

Soweit ersichtlich wurden Windham Classics-Adventures nur in den beiden Geschäftsjahren 1984 und 1985 publiziert. Danach stellte der Verlag den Geschäftsbetrieb wohl ein; ein weiteres Adventure war zwar in der Programmvorschau angekündigt, erschien aber nicht mehr. Der Markt für textbasierte Adventurespiele begann zu dieser Zeit auf Grund von Änderungen der Nutzerinteressen allmählich zu schrumpfen; so stellte z. B. Telarium den Geschäftsbetrieb 1987 ein und Infocom 1989.[5]

Verlagsprogramm (Adventure-Titel)

1984

1985

In der Programmvorschau angekündigt war auch Robin Hood, ein weiteres Windham Classics-Adventure. Der Titel wurde allerdings nicht mehr publiziert. [6]

Bedeutung

In den 1980er Jahren wurden die Windham Classics-Adventures in Spielerezensionen deutscher und amerikanischer Computerspielzeitschriften für die Qualität ihrer Grafiken und Texte sowie die zielgruppengerechte didaktische Aufbereitung gewürdigt.[7]


Windham Classics-Adventures wurden in mehreren Untersuchung zur Geschichte und Theorie des Computerspiels mitbehandelt:

Am Beispiel des Adventures Swiss Family Robinson hob Laurene Krasny Brown (1986) hervor, dass die Einbeziehung von Kindern in den Plot bei Textadventures stärker sei, als beim traditionellen Lesen von Erzählungen ("What differs is the children´s involvement in the plot. Interactive fiction demands that children participate.").[8]

David F. Lancy/Bernard L. Hayes (1988) nutzten unter anderem die Windham Classics-Spiele Swiss Family Robinson, Alice in Wonderland und The Wizard of Oz für eine empirische Studie. Sie stellten fest, dass mit diesen Textadventures gerade solche Schüler gut erreicht werden konnten, die ansonsten wenig lasen.[9]

William V. Costanzo (1989) nannte die "electronic novels" Treasure Island und Alice in Wonderland als Beispiele für die Computerspieladaption klassischer Kinder- und Jugendbücher ("interactive versions oft the classics").[10]

Sharon Franklin (1992) betonte am Beispiel des Adventures Swiss Family Robinson, dass durch die Verbindung von Text, Grafiken und Interaktionsmöglichkeiten das Vorstellungsvermögen von Kindern und Jugendlichen unterstützt werde. [11]

Jimmy Maher (2006) verglich in seiner Studie zur Interactive Fiction (IF) das Spielprinzip der Windham Classics-Adventures Treasure Island und Swiss Family Robinson mit den ambitionierten Literaturadaptionen der Schwesterfirma Telarium ("IF games in the Telarium mode"). [12]

Olli Leino/Hanna Wirman/Amyris Fernandez (2008) stellten zur Entwicklung des Adventurespielprinzips fest, dass beim Übergang von Textadventures zu Grafikadventures visuelle Darstellungen der Spielerfiguren üblich wurden. Als Beispiele wurden unter anderem die Charaktere Jim Hawkins in Treasure Island und Dorothy Gale in The Wizard of Oz herangezogen. Die Grafikdarstellungen verfolgten das Ziel, eine leichtere Identifikation des Spielers mit der Spielhandlung zu ermöglichen.[13]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. zu Rechtsfähigkeit, Struktur und Organen einer Corporation im Gesellschaftsrecht der USA z. B. Andreas Spahlinger, Gerhard Wegen: Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis. München 2005, ISBN 3-406-52621-7 (Kapitel Corporation, Rn. 1302 – 1318).
  2. Vgl. Marguerite Zientara: Inside Spinnaker Software. In: InfoWorld, Jahrgang 6, Nummer 33, 13. August 1984. ISSN 0199-6649. S. 45 ("There's one sales call and one invoice").
  3. Vgl. zur Marketingstrategie von Spinnaker Software Marguerite Zientara: Inside Spinnaker Software. In: InfoWorld, Jahrgang 6, Nummer 33, 13. August 1984. ISSN 0199-6649. S. 43-48.
  4. Vgl. z. B. Sol Guber: Treasure Island. In: Antic Vol. 5 Nr.1, 5/1986, S. 81.
  5. Vgl. Jimmy Maher: Let's Tell a Story Together. A History of Interactive Fiction. Senior Honor's Thesis, University of Texas, Dallas 2006 (Kapitel 7 The End of an Era).
  6. Vgl. Hans Persson/Stefan Meier: Adventureland (Companies – Telarium Corporation).
  7. Vgl. z. B. M. Kohlen/ Heinrich Lenhardt: Below the Root. In: Happy Computer Sonderheft 3/1985; Nick Piazza: Below the Root. In: Compute!, Issue.64, 09/1985, S. 62; Sol Guber: Treasure Island. In: Antic Vol. 5 Nr.1, 5/1986, S. 81.
  8. Vgl. Laurene Krasny Brown: Taking advantage of media: A manual for parents and teachers. Routledge & K. Paul 1986, S. 124.
  9. Vgl. David F. Lancy, Bernard L. Hayes: Interactive Fiction and the Reluctant Reader. In: English Journal, Nov. 1988, S. 42-45
  10. Vgl. William V. Costanzo: The electronic Text: Learning to write, read and reason with computers. Educational Technology Publications 1989 (Kapitel A brief History of Interactive Fiction, S. 67).
  11. Sharon Franklin: Wrinting & Technology: Ideas that work. The Writing Notebook 1992, S. 184, 220.
  12. Vgl. Jimmy Maher: Let's Tell a Story Together. A History of Interactive Fiction. Senior Honor's Thesis, University of Texas, Dallas 2006 (Kapitel 6 The Rest of commercial IF - Trillium/Telarium) (a.E.).
  13. Vgl. Olli Leino, Hanna Wirman, Amyris Fernandez: Extending Experiences: Structure, Analysis and Design of Computer Games. Lapland University Press 2008, S. 219, 284f.

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