Wolfgang Nieke

Wolfgang Nieke

Wolfgang Nieke (* 27. Februar 1948 in Paderborn) ist ein deutscher Erziehungswissenschaftler und Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universität Rostock.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nieke studierte Erziehungswissenschaft, Philosophie, Psychologie, Soziologie und Germanistik in Münster. Die Promotion 1976 und die Habilitation 1991 erfolgten an der Universität Essen. Nach Tätigkeiten an den Universitäten Münster, Bielefeld und Essen, wo er Geschäftsführer des Instituts für Migrationsforschung, Ausländerpädagogik, Zweitsprachendidaktik war, hat er seit 1993 eine Gründungsprofessur für Allgemeine Pädagogik an der Universität Rostock inne und war dort 1994 bis 1996 Prorektor für Studium und Lehre.

Nieke ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg Vorpommern, Sprecher des Wissenschaftsverbunds Um-Welt der Universität Rostock, Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung sowie Präsident des Erziehungswissenschaftlichen Fakultätentages (EWFT).

Seine Interessen gelten:

Zehn Ziele interkultureller Erziehung und Bildung

Nieke hat programmatisch wichtige Ziele interkultureller Erziehung und Bildung genannt:[1]

(1) Erkennen des eigenen, unvermeidlichen Ethnozentrismus

Man soll erkennen, dass das eigene Denken immer in die eigene Ethnie und Lebenswelt eingebunden ist. Dieser eigene Ethnozentrismus kann nur bei der Konfrontation mit anderen ethnischen Gruppen erkannt werden. Vor allem auch deshalb, weil "Verständnisprobleme dann entstehen, wenn jemand aus der einen Kultur seine Deutungen für jedermann bekannt unterstellt". Dabei ist eine bloße Information über andere Kulturen nicht ausreichend, da "Misstrauen und Angst gegenüber Angehörigen kultureller Minderheiten durch Unvertrautheit entstehen und nicht durch Kontakt und Information abgebaut werden können". Bei Kontakten ohne die richtige Einordnung in den jeweiligen kulturellen Zusammenhang besteht die Gefahr, dass bestehende Vorurteile noch weiter verstärkt werden können.

(2) Umgehen mit der Befremdung

Das Fremde soll bewusst wahrgenommen und durchdacht werden, anschließend muss damit umgegangen werden. Das Fremde, das im spielerischen Umgang exotisch wirkt und aus diesem Grunde interessant sein kann, kann im Alltag verunsichern und Irritation und Abwehr erzeugen. Es richtet sich nämlich auf dieselben "Alltagsbereiche wie die eigenen Deutungen und Orientierungen". Aus dieser Irritation/Befremdung heraus können Phänomene wie Ausländerfeindlichkeit oder Rassismus entstehen.

(3) Grundlegen von Toleranz

Toleranz soll als wichtiger Wert begriffen werden. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass die Toleranz gefördert wird.

(4) Akzeptieren von Ethnizität, Rücksichtnehmen auf die Sprache der Minoritäten

Die ethnischen Besonderheiten sollen akzeptiert und die verschiedenen Sprachen nicht verdrängt werden.

(5) Thematisieren von Rassismus

Aufgabe der interkulturellen Erziehung ist es, das Unbehagen, das oft auch Kinder und Jugendliche den Angehörigen der Minoritäten entgegenbringen, zu thematisieren und dabei die kulturellen Hintergründe deutlich werden lassen. So können die "unbewussten Abwertungstendenzen" bewusst gemacht werden, es kann daran gearbeitet werden, dass diese blockiert werden und schließlich ganz verschwinden.

(6) Das Gemeinsame betonen, gegen die Gefahr des Ethnizismus

Bei dem "Versuch, die Besonderheiten einer Kultur im Sinne von Lebenswelt zu berücksichtigen und ihnen eine Eigengeltung zu verschaffen, besteht unvermeidlich die Gefahr", dass auch Kultur, die nicht mehr gelebt wird, künstlich aufrechterhalten werden kann. Somit könnte Kultur als "Folklore" abgewertet werden, was aber nicht Sinn "Interkultureller Erziehung" ist.

(7) Ermunterung zur Solidarität; Berücksichtigung des asymmetrischen Situation zwischen Mehrheit und Minderheit

Solidarität unter Minoritäten soll gefördert werden. Dazu muss es die Bereitschaft der Majoritäten geben, Minoritäten Platz einzuräumen. Die Angehörigen der Minoritäten sind zur gegenseitigen Solidarität zu ermuntern, um ihre politische Kraft zu stärken.

(8) Einüben in Formen vernünftiger Konfliktbewältigung - Umgehen mit Kulturkonflikt und Kulturrelativismus

Der Umgang mit Konflikten ist dann sehr schwierig, wenn Verhaltensorientierung und Wertüberzeugung mit eingebunden sind, die sich grundlegend unterscheiden. Dies muss bedacht und gezielt eingeübt werden.

(9) Aufmerksamwerden auf die Möglichkeit gegenseitiger kultureller Bereicherung

Gegenseitige kulturelle Bereicherung soll als positiv begriffen werden. Bei der interkulturellen Erziehung ist die gegenseitige Bereicherung durch "Übernahme von Elemente aus anderen Kulturen in die eigene" entscheidend.

(10) Thematisierung der Wir-Identität: Aufhebung der Wir-Grenze in globaler Verantwortung oder Affirmation universaler Humanität?

Minderheiten und Mehrheiten müssen sich als Teil einer Gesellschaft begreifen.

Schriften

  • Interkulturelle Erziehung und Bildung. Wertorientierungen im Alltag. Reihe: Schule und Gesellschaft, Bd 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 3. aktual. Auflage Wiesbaden 2008 (zuerst 1995) ISBN 978-3-531-15566-1
  • Bildungsphilosophie und Bildungsforschung, hg. mit Ludwig Pongratz und Miachael Wimmer, Janus, Bielefeld 2006
  • Nach Foucault. Diskurs- und machtanalytische Perspektiven der Pädagogik. hg. mit Ludwig A. Pongratz, Michael Wimmer und Jan Masschelein bei: Schriftenreihe der Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie der DGfE. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004
  • Bildung in der Zeit, hg. mit Jörg Ruhloff und Jan Masschelein, Beltz 2001

Weblinks

Belege

  1. Interkulturelle Erziehung und Bildung, S. 73 ff

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