Wylihof

Wylihof

Der Wylihof, auch Wilihof oder Willihof genannt, wurde 1575 vom Stadtschreiber Wernher Saler aus Solothurn als Sommerhaus über einem quadratischen Grundriss mit polygonalem Treppenturm auf dem Gemeindegebiet von Deitingen als Wasserschloss erbaut.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der zwischen Luterbach und Attisholz gelegene Wylihof hat 1941 eine erste geschichtliche Darstellung erfahren durch Frau Adele Tatarinoff-Eggenschwiler; sie konnte sich dabei zu einem guten Teil auf urkundliches Material stützen, das von Konrad Glutz-Blotzheim gesammelt worden war. Eine nochmalige Durchsicht der in Frage kommenden Akten hat neues Material ergeben, das erlaubt, die Darstellung von Frau Tatarinoff zu ergänzen, zum Teil auch ihre Vermutungen und Interpretationen zu präzisieren oder zu korrigieren, wie dies ja immer wieder vorkommt, wo für eine historische Arbeit relativ spärliche Quellen zur Verfügung stehen.

Landwirtschaftsgut

Die Ursprünge des Wylihofes verlieren sich im Dunkel der urkundenlosen Frühzeit. Doch lassen die topographischen Verhältnisse, die Nähe des damals noch ungebändigten Aarelaufes und der ständigen Veränderungen unterworfenen Emmenmündung, vermuten, dass der Hof kaum zu den ersten Siedlungen der einwandernden Alemannen gehörte. Seinen ursprünglichen Namen „im Wile“ teilt er mit einer grossen Zahl von Örtlichkeiten, die ihrer Lage nach alle auf eine relativ späte Rodung in einer lange Zeit unbebauten Wildnis deuten; am wahrscheinlichsten fällt die Erschliessung des Gebiets des Wylihofs in die grosse Rodungsperiode des neunten Jahrhunderts, wenn sie nicht sogar noch später anzusetzen ist. Bedeutungsmässig ist die Bezeichnung „Wile“ zweifellos vom Lateinischen „villa“ abzuleiten und heisst nichts anderes als „der Hof“; der spätere, erst zu Anfang des 17. Jahrhunderts aufkommende Name Wylihof sagt deshalb im Grunde zweimal dasselbe aus: „Hofshof“ und wurde in einer Zeit gebildet, da man den ursprünglichen Sinn der Bezeichnung „im Wile“ vergessen hatte.

Das mehrfache Auftreten des Namens „im Wile“ in der Umgebung von Solothurn kann übrigens leicht zu Verwechslungen und Irrtümern Anlass bieten; besonders die beiden „Wile“ bei Luterbach, also der heutige Wylihof, und im Riedholz, bei dem heutigen Schulhaus, sind nur bei genauer Aufmerksamkeit auseinanderzuhalten, da sie nicht nur den Namen, sondern auch die Zugehörigkeit zum St.-Ursen-Stift gemeinsam hatten.

Das „Wile bey Luterbach“, wird erstmals in einer Urkunde von 1330 ausdrücklich genannt; mit ihr hängen aber zwei Urkunden von 1323 und 1327 zusammen, die zwar nur „ das Wile“ nennen, sich jedoch zweifellos auch auf den Wylihof beziehen. Aussteller ist in allen drei Urkunden der Solothurner Bürger Conrad von Lindnach, Sohn des Chorherrn Rudolf von Lindnach am St.-Ursen-Stift. Aus dem Inhalt ist ersichtlich das Conrad den Hof im Wile vom Propste zu St. Ursen zu Lehen trug: der Probst war demnach der ursprüngliche Herr des Hofes, entweder als Twingherr zu Luterbach oder durch eine frühere Schenkung. Wer vor Conrad von Lindnach Lehenträger war lässt sich nicht feststellen; seine Familie stammte nicht aus Solothurn sondern aus Bern, wo sie verschiedene Ratsherren und Münzmeister stellte: der Geschlechtsname seiner Frau Katharina ist unbekannt, doch kann vermutet werden, dass eventuell sie den Hof in die Ehe brachte, da sie ihre Zustimmung zu den verschiedenen Verkäufern gab, zu denen sich Conrad offenbar aus wachsender Geldnot gezwungen sah. 1323 verkaufte er nämlich den Capitel zu St. Ursen zunächst einen Zins, also eine Hypothek auf seine Güter im Wile, dann einen Acker „zum Velwe“ den er früher als Eigengut von dem Edelknecht Heinrich von Kriegstetten gekauft hatte, und 1330 schliesslich überhaupt alle seine Rechte im Wile so dass das Gut nun gänzlich in den Besitz des St.-Ursen-Stiftes überging. Über 120 Jahre herrscht sodann absolutes Schweigen über die weiteren Schicksale des Wylihofs, wir können nur aus den späteren Nachrichten vermuten, dass die Chorherren den Hof durch Lehenbauern bebauen liessen. Deren erster erscheint in den Urkunden erst 1457 und zwar noch ohne Namen, einfach mit der Bezeichnung „der im Wile“ oder „der Wileman“ was schliessen lässt, dass der Hof nur von einem Pächter bewohnt wurde. Da im gleichen Jahre ein „Clewi im Wile“ mehrfach als Besitzer des Gerichts Zuchwil auftritt und ein anderes Wile im Bereich dieses Gerichtes nicht zu finden ist, dürften wir immerhin auch hier den „Wieleman“ vor uns haben und kennen so wenigstens seinen Vornamen Clewi d.h. Niklaus. In der erstgenannten Urkunde geht es um den Streit des Bauern im Wile mit der Gemeinde Luterbach um die Wässerung, ein Thema das in der Geschichte des Wylihofs noch oft auftreten wird.

Auf dem vielfach kiesigen Boden des Wasseramtes spielte trotz der zahlreichen kleineren und grössern Wasserläufe die Bewässerung der leicht austrocknenden Matten seit jeher eine grosse Rolle, und Vereinbarung oder Streitigkeiten über die Wässerung bilden bei den meisten wasserämtischen Gemeinden die ersten und ältesten urkundlichen fassbaren Tatsachen. Der Wylihof war für die Bewässerung seiner Matten auf das von Luterbach herabfliessende Wasser angewiesen; zu Konflikten mit den Luterbacher Bauern kam es nicht nur, wenn diese dem Wylihof das notwendige Wasser nicht regelmässig zukommen lassen wollen, sondern auch wenn sie bei Wasserüberfluss das überschüssige Wasser einfach auf die Wylihofäcker laufen liessen und diese damit ertränkten.

Der Wylihofbauer als der Schwächere wusste sich jeweils nur zu helfen, indem er sich an seinen Herrn, den Stiftspropst, wandte, der als Twingherr über Luterbach über die nötigen Mittel verfügte, um die eigensüchtigen Bauern zur Rücksicht auf andere Rechte zu zwingen. Aus der ausführlichen Urkunde über den Wässerungsstreit von 1457 lassen sich auch eine Anzahl grundsätzlicher Tatsachen über die Stellung des Wylihofs herauslesen. Er gehörte nicht zur Dorfgemeinde Luterbach, sondern bildete als sogenannter Steckhof eine Einheit für sich; gerade deshalb war seine rechtliche Stellung aber sehr kompliziert, da die verschiedensten Zuständigkeiten sich überkreuzten. Grundherr war das St.-Ursen-Stift. Ursprünglich war dieses auch Gerichtsherr, da das Gericht Zuchwil, dem der Wylihof zugezählt wurde, dem Stiftspropst unterstand und durch dessen Schultheissen versehen wurde; seit ca. 1500 zog aber dann die Stadt alle Gerichte des Stiftes an sich und unterstellte auch das Gericht Zuchwil dem Vogt zu Kriegstetten.

Kirchlich scheint der Wylihof immer zu Deitingen gehört zu haben; der Pfarrer zu Deitingen bezog auch namens des Abtes von St. Urban die Zehnten im Wylihof. Die ständigen Veränderungen des Aarelaufes komplizierten übrigens diese Verhältnisse später noch mehr; da der Fluss sein Bett immer mehr nach Norden, gegen Flumenthal hin verschoben, entstand auf der Seite des Wylihofs Neuland, das vom Staat als Grundherrn beansprucht und an die Besitzer des Wylihofs verliehen, politisch aber bei Flumenthal belassen wurde und auch seine Zehnten weiterhin an die Kirche Flumenthal entrichtete. Von hier an werden die Nachrichten über den Wylihof nun etwas häufiger, wenn auch immer noch spärlich genug.

Wir können vor allem einen ziemlich raschen Wechsel der Lehenleute feststellen: schon 1465 treffen wir an Stelle des Clewi einen Hensli Musterli, 1471 Peter Graff, 1493 Clewi Graff, 1508 Cuoni Schnider, 1568 und 1574 Wolfgang Strausack. Aus den Urbaren des St.-Ursen-Stiftes können wir auch den Lehenzins entnehmen, den der Bauer auf dem Wylihof dem Stift zu entrichten hatte: 20 Viertel Dinkel, 3 Pfund und 5 Schilling in Geld, 4 Fasnachts- und Sommerhühner. Es entspricht dies dem gewöhnlichen Zins von 4 Schupposen, wozu übrigens auch der Umfang des Hofes mit rund 150 Jucharten stimmt, aus späteren Nachrichten erfahren wir zwar, dass der Hof nur als zwei Rechtsamen gerechnet wurde. Wohl kurz vor 1570 (das genaue Datum liess sich nicht ermitteln) vollzog sich in den Verhältnissen des Wylihofs und seiner Bewohner eine wichtige Veränderung. In diesem Jahre liess sich nämlich der damalige Stadtschreiber Wernher Saler vom Staate mit einem „Sandwurf“, d.h. mit einem Stück angeschwemmten oder vom Flusse freigegebenen Landes bei seinem Hof im Wile belehnen, mit den späteren Nachrichten zusammen zeigt diese Notiz tatsächlich an, dass der Stadtschreiber nun Besitzer des Wylihofs geworden war allerdings nicht unumschränkter, da er weiterhin den hergebrachten Lehenzins an das St.-Ursen-Stift bezahlte. Da der begüterte und vielbeschäftigte Stadtschreiber den Hof natürlich nicht selber bebaute, verschlechterte sich fortan vor allem die Lage der eigentlichen Lehenbauern, sie hatten nicht nur die bisherigen Abgaben selber zu tragen, sondern mussten nun zusätzlich auch noch den Stadtschreiber für die Überlassung seines Lehens entschädigen, der sich nun zwischen sie und das Stift als Oberlehensherrn schob.

Sommerhaus

Besonders wichtig ist eine bisher übersehene Nachricht aus dem Jahre 1573. Hier verehrt der städtische Rat dem Stadtschreiber ein Fenster mit Ehrenwappen in sein neu erbautes Sommerhaus auf seinem Hof im Wile. Danach liess als Wernher Saler neben dem alten Bauernhaus für sich selber ein Sommerhaus errichten, wie es damals in den begüterten Kreisen der Stadt Mode wurde, und es erhebt sich die Frage, ob wir im heutigen Schlösschen Wylihof noch das Salersche Sommerhaus vor uns haben. Der Bau selber bietet in seiner heutigen Gestalt leider keine datierten Werkstücke, so dass seine zeitliche Einordnung sich auf stilgeschichtliche Vergleiche stützen muss. Dabei hat man zunächst abzusehen von den beiden Ecktürmchen, die die Südwestfassade flankieren und zweifellos später angefügt wurden. Es bleibt ein im Grundriss ziemlich quadratischer Bau mit grossem Walmdach, der im Inneren durch einen breiten Mittelgang geteilt wird; als Abschluss dieses Ganges ist auf der Nordwestseite ein Treppenturm angefügt. Sehen wir von diesem Turm ab, so nähert sich der Bau in seiner ursprünglichen Form am ehesten dem 1575 erbauten Cartierhof; das Fehlen der für die Zeit um 1600 typischen Schmuckformen in Neuenburger Renaissance lässt ihn als älter als das Gemeindehaus in der Stadt erscheinen; der quadratische Grundriss deutet ebenfalls auf höheres Alter als die rechteckigen Grundrisse von Aarhof und Bleichenberg, die auf den Anfang des siebzehnten Jahrhunderts zurückgehen. Nach dem Urteil von G. Loertscher wird man deshalb unbedenklich annehmen dürfen, dass wir im Kern des heutigen Schlösschens tatsächlich das Sommerhaus des Stadtschreibers Saler vor uns haben, das damit auf ein Alter von beinahe vier Jahrhunderten zurückblicken darf.

Zur Gewissheit würde sich diese Annahme verdichten, wenn sich das Erdgeschoss, östlich vom Treppenturm, vermutete, heute verbaute gotische Reihenfenster tatsächlich nachweisen liesse. Doch auch ohne dies machen Nordwest- und Nordostfront des Gebäudes in ihrer schlichten Einsachheit noch heute einen so altertümlichen Eindruck, dass die Datierung auf 1575 durchaus einleuchtend erscheint.

Als Wernher Saler 1578 starb, besass offenbar keiner seiner Söhne genügend Mittel, um den Wylihof zu übernehmen und die zahlreichen Miterben auszuzahlen; neuer Herr wurde vielmehr nach langen Streitigkeiten der reiche Schwiegersohn. Jakob Wallier, Gemahl der Ursula Saler, der den Hof samt zwei Sennbergen auf dem Balmberg um 5500 Gulden, das sind rund 400 000 heutige Franken, zugesprochen erhielt. Unsere Annahme, dass Wernher Saler der Erbauer des heutigen Schlösschens war, zwingt zur Auseinandersetzung mit zwei Notizen aus dem Jahre 1603, in denen Jakob Wallier als Bauherr erscheint. Die eine meldet, dass der Junker Bauholz zugewiesen erhielt „zu siner schüren und buw“ im Wylihof. Der Ausdruck bedeutet nach damaligem Sprachgebrauch nichts anderes als „zum Bau seiner Scheune“, es ist hier also nicht von zwei Bauten die Rede, so dass die Vermutung, es werde hier auf den Bau des Schlösschens angespielt, dahinfällt. Jakob Wallier ist also bloss der Erbauer einer neuen Scheune, deren Türsturz mit der Jahrzahl 1604 noch erhalten ist. In der zweiten Notiz geht es um das Beschlagen von Junker Jakob Walliers Turm mit „Stürzen“, d.h. mit Blech. Da der Turm nicht näher lokalisiert wird, ist wohl eher anzunehmen, dass ein Turm in der Stadt, und zwar der Treppenturm des heutigen Gemeindehauses gemeint ist, das Jakob Wallier aus der Liquidation der Güter des Obersten Balthasar von Grissach an sich gebracht hatte; würde es sich um den Turm im Wylihof handeln, wäre dies wohl erwähnt; überdies besagt das Beschlagen mit Blech überhaupt nicht, dass der betreffende Turm damals neu gebaut worden sein muss. Beide Notizen bieten deshalb keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie sich auf einen Neubau des Schlösschens Wylihof beziehen.

Auch in der Familie des Jakob Wallier, die sich seit dem Kauf der Herrschaft St. Aubin nordwestlich von Avenches im Jahre 1606 Wallier von St. Albin nannte, blieb der Wylihof nicht lange. Nach Jakob Walliers Tode im Jahre 1623 übernahm zwar sein Sohn Ludwig Wallier den Hof, aber nach seinem Tode im Jahre 1637 erscheint nicht sein Sohn Petermann Wallier als neuer Herr des Wylihofs, sondern Hauptmann Petermann Müntschi, der Gemahl der Karola Wallier, einer Enkelin des Bruders des oben genannten Jakob Wallier. Wie es zu diesem Sprung in der Erbfolge gekommen ist, konnte nicht aufgehellt werden; am einfachsten würde es sich dadurch erklären, dass Petermann Müntschi den Hof von den Erben Ludwig Walliers einfach gekauft hat unter Ausnutzung des verwandtschaftlichen Zugrechts. An Mitteln hierzu hätte es ihm nicht gefehlt, da sowohl sein Vater, der Apotheker Wernher Müntschi, wie vor allem seine Mutter Ursula Dadeus, die Tochter eines reichen Kaufherrn, sehr vermögend waren.

Da der Ehe Petermann Müntschis nur zwei Töchter entsprossen, erfolgte mit seinem Tode 1648 abermals ein Übergang des Wylihofs an eine andere Familie; seine Töchter heirateten die Brüder Johann Josef und Johann Franz Wallier von Wendelsdorf und brachten ihnen den Wylihof in die Ehe. Beide wurden 1678 mit dem Tode ihres Bruders Hieronymus Wallier Anwärter auf das Walliersche Fideicommissgut, das in der Hauptsache aus dem heutigen Wallierhof im Riedholz und Reben zu Cressier bestand; damit verloren sie offenbar das Interesse an einem zweiten grossen Hofe, wie ihn der Wylihof darstellte, und sie entschlossen sich schon im folgenden Jahre 1679 zu seinem Verkauf.

Als Käufer fand sich Hauptmann Johann Friedrich Vigier von Steinbrugg; der Kaufpreis betrug 15'700 Gulden oder rund 800'000 heutige Franken, womit sich also der Schätzungswert des Hofes seit 1578, wo er samt den Balmbergen 400'000 Franken gegolten hatte, verdrei- oder sogar vervierfacht hatte.

Die hohe Kaufsumme stand Johann Friedrich Vigier zur Verfügung in Gestalt des Erbgutes seiner Gemahlin, Tochter des Schultheissen Johann Wilhelm von Steinbrugg. Dieser hatte in Ermangelung eigener Söhne jedem seiner beiden Schwiegersöhne, Johann Friedrich Vigier und Johann Josef Sury, 20'000 Gulden mit der Auflage vermacht, daraus ein Fideicommissgut zu errichten, das sich jeweils ungeteilt auf den ältesten männlichen Vertreter des Geschlechts vererben sollte; beide Familien sollten überdies ihrem Namen den Zunamen „von Steinbrugg“ zufügen. Den Überschuss, der von den 20'000 Gulden nach dem Kaufe des Wylihofs übrig blieb, scheint Johann Friedrich Vigier zum Ausbau des Herrenhauses, das im Kaufvertrag schlicht „ein gemauertes Haus“ genannt wird, verwendet zu haben. Vor allem dürfte auf ihn der Anbau der beiden Ecktürmchen zurückgehen, denn gerade zu seiner Zeit wurde auch sonst eine ganze Anzahl älterer Sommerhäuser in der Umgebung von Solothurn zu sogenannten „Türmlihäusern“ ausgebaut, so der Cartierhof, der Königshof, der Staalenhof, der Bleichenberg u.a. Durch das Vorsetzen der neuen Fassade mit Ecktürmchen erhielt das schlichte Salersche Sommerhaus nun erst den Charakter eines Landschlösschens im französischen Stil. Auch im Inneren scheint Johann Friedrich Vigier Umbauten und Verbesserungen im Geschmack seiner Zeit vorgenommen zu haben; vor allem passt das originelle Musikzimmer im ersten Stock mit seinen lebensfrohen Wanddekorationen stilgeschichtlichen am ehesten in die Zeit Ludwig XIV. und damit auch in die Zeit Johann Friedrich Vigiers.

Für seine Unternehmungslust zeugt ferner, dass er auch das Bauernhaus und die Scheune neu aufbauen liess; schliesslich errichtete er auf dem Areal des Wylihofs auch eine Ziegelei, sozusagen die Wiege der späteren Zementindustrie auf dem Wylihof.

Betriebliche Aspekte

Einige Dokumente aus Johann Friedrich Vigiers Zeit bieten uns auch interessante Einblicke in den Landwirtschaftsbetrieb des Wylihofs. Da findet sich zunächst der Lehenbrief, den er gleich nach dem Erwerb des Hofes mit den bisherigen Lehenleuten Hans und Stephan Schürer von Staad abschloss. Aus ihm ergibt sich, dass die Verleihung nach dem System der hälftigen Teilung des Ertrages erfolgte, wie er besonders in den Rebgebieten am Bielersee üblich war. Der Pächter zahlte keinen eigentlichen Pachtzins, sondern musste dem Pachtherrn einfach die Hälfte des erzielten Gewinnes abliefern; dazu hatte er auch noch alle auf dem Hofe lastenden Zinse und Steuern zu tragen: Bodenzinse, Bach- und Wässerungszinse, Zehnten, Schultheissenhaber, Vogthuhn, Schanzgeld, Schulmeisterlohn, Sigristenlohn.

Es scheint, dass der im Mittelalter bezeugte Ackerbau im Wile fast gänzlich aufgegeben worden war. Der in den ältesten Katasterplänen von 1818 festgehaltene Zustand, dass der Wylihof nur aus Mattland und Waldungen bestand, ging offenbar schon auf das siebzehnte Jahrhundert zurück, denn schon eine Notiz aus der Zeit Ludwig Walliers spricht von einem grossen Viehstand auf dem Wylihof. Aus den erhaltenen Abrechnungen Johann Friedrich Vigiers mit seinen Pächtern geht hervor, dass der Wylihof fast ausschliesslich zur Pferdezucht und Rindsviehmästung benutzt wurde; eine Ausdehnung der Schweinezucht wurde den Besitzern dadurch verwehrt, dass die Gemeinde Deitingen dem Wylihof als Steckhof keinen Anteil an der gemeinen Weide und Waldnutzung gewährte; nur in das sog. Bännliholz durfte der Wylihof 16 Schweine treiben. Der Lehenbrief von 1679 verzeichnet den Viehstand bei der Übergabe: 1 Hengst, 2 „Münche“, d.h. verschnittene Hengste, 6 Stuten, 2 Füllen, 3 Melkkühe, 1 Rind, 2 Stiere, 7 Kälber, 7 Schweine und 3 Ferkel. Unter Hauptmann Vigier scheint dann vor allem der Bestand an Mastochsen stark erhöht worden zu sein.

Pferde und Stiere vom Wylihof wurden im Wasseramt, bei der städtischen Metzgerschaft, im Bucheggberg, am Leberberg, in den benachbarten bernischen Ämtern abgesetzt; der Wylihof belieferte auch die Märkte von Solothurn, Herzogenbuchsee und Langenthal, und Wylihofer Vieh wanderte durch fahrende Händler bis nach Basel und Strassburg. Aus den Rechnungen ist auch ersichtlich dass der Wechsel der Lehenleute immer noch recht häufig war; es erscheinen als solche 1696 Urs Schorr, 1703 seine Söhne Hieronymus und Josef Schorr. 1707 Josef Schad. Mit Johann Friedrich Vigier wurde wie erwähnt der Wylihof zum Fideicommissgut der Familie Vigier von Steinbrugg, in deren Besitz er bis zur Gegenwart also bald einmal drei Jahrhunderte blieb. Der Begründer des Fideicommisses starb 1711. Erster Nachfolger wurde sein ältester Sohn. Hauptmann Franz Robert Vigier, Dolmetsch bei der französischen Ambassade. Er nahm sich der Bewirtschaftung des Wylihofs mit grossen Eifer an; nicht weniger als dreimal 1718, 1730 und 1734, hatte er sich mit den Luterbacher Bauern um den ewigen Streitpunkt, die Wässerung, auseinanderzusetzen.

Aarekorrektion

Gleich nach Antritt des Fideicommisses 1707 wurde er auch durch die grosse Aarekorrektion bei Flumenthal betroffen, welche durch einen Durchsticht durch das Schachenland nördlich des Wylihofs die immer weiter nach Norden, gegen die Flumenthaler Felder ausbrechende Aare wieder geradelegte, dadurch aber die Wylihofgüter wieder zu unmittelbaren Anstössern des ständig seine Ufer anfressenden Flusses machte. Robert Vigier wehrte sich äusserst temperamentvoll und liess sich sogar dazu hinreissen, den die Korrektionsarbeiten leitenden Schanzingenieur Fortier persönlich zu verprügeln, musste sich aber durch die Gnädigen Herren des Rates tüchtig abkanzeln und sogar mit Hausarrest belegen lassen; aufschlussreich für die Auffassungen der patrizischen Gesellschaft ist seine Entschuldigung , das er den Ingenieur als Privatperson und nicht als obrigkeitlichen Beamten traktiert habe und sich deshalb berechtigt glaube, den als Nichtpatrizier und Fremden unter ihm Stehenden scharf anzupacken.

Dieser Aarekorrektion verdanken wir auch die ersten Planaufnahmen des Wylihofs. Die ersten offenbar um 1711 erstellten Aufnahmen zeigen das Herrenhaus mit den zwei Ecktürmchen und sogar dem Mittelgiebel, daneben Bauernhaus und Scheune aber keinen Wassergraben. Ein späterer 1747 datierter Plan stellt dann eine eigentliche Wasserfestung mit vier Eckbastionen dar, lässt dagegen den Innenraum wo das Herrenhaus stehen sollte, leer, was darauf hinweisen könnte, dass gerade zu jener Zeit die Anlage des Wassergrabens im Werk oder sogar erst geplant war, weshalb der Feldmesser nur eine schematische Andeutung gab. Es scheint demnach angenommen werden zu dürfen, dass erst Robert Vigier diesen Graben anlegte und das Schlösschen damit zu einer Art Wasserschlösschen umgestaltete.

Weitere Entwicklung

Als Robert Vigier 1752 gestorben war, übernahm sein Bruder, der Generalleutnant Franz Josef Wilhelm Vigier von Steinbrugg das Fideicommiss. Neben Peter Viktor Besenval bildete er die letzte glänzende Persönlichkeit in der Reihe der bedeutenden solothurnischen Militärs in französischen Diensten und darf wohl auch als der hervorragendste Vertreter des Geschlechts der Vigier vor der Revolution bezeichnet werden. Dem Wylihof konnte der meistens am französischen Hofe lebende General und Günstling Ludwigs XV. dagegen wohl kaum viel Zeit widmen; auch starb er schon vier Jahre nach Antritt des Fideicomisses im Jahre 1756. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Franz Josef Robert Wilhelm Vigier, der es in französischen Diensten ebenfalls recht weit, zum Brigadegeneral und Feldmarschall brachte. In seinen späteren Jahren widmete er sich aber dem Wylihof doch mit grösserem Interesse. 1733 liess er eine neue Strasse von Luterbach nach dem Wylihof bauen: 1784 tauschte er mit dem Staate Land im Schachen ab, offenbar um sein Gut abzurunden; er setzte auch die von seinem Grossvater errichtete Ziegelei wieder in Betrieb.

Den Ausbruch der Französischen Revolution erlebte er als Regimentskommandant in der Garnison von Strassburg; 1792 wurde er von der Republik entlassen und mit seinen Truppen nach Hause geschickt. Er starb kinderlos im Jahre 1794. Sein lediger Bruder Urs Viktor Josef Vigier, der ihm als Fideicommissherr nachfolgte überlebte ihn nur um ein Jahr. Da sowohl der dritte Bruder, Urs Franz Bonaventur, wie dessen Sohn Urs Bonaventur bereits tot waren, fiel das Fideicommiss 1795 an das erst siebenjährige Söhnlein des letzteren, Frant Josef Diethelm Urs Victor Vigier, für den seine Mutter Maria Josepha Gibelin die Verwaltung des Wylihofs übernahm. Sie hatte die Leidenschaft des Franzoseneinfalls und der Verfolgung der alten Patrizierfamilien zu überstehen, erlebte aber auch die schöne Anhänglichkeit ihrer Lehensleute auf dem Wylihof, die ihr Geld für die Bezahlung der den Patriziern auferlegten Kontributionen vorstreckten.

Politisch setzte die Helvetik der verwickelten rechtlichen Zwitterstellung des Wylihofs ein Ende indem sie ihn endgültig der Gemeinde Deitingen zuteilte, wofür offenbar die bisherige kirchliche Zugehörigkeit massgebend war. Diethelm Vigier, der in der Restaurationszeit im Kleinen Rate in der Regenation im Regierungsrat sass, wurde im Jahre 1820 auch Nutzniesser des zweiten, auf das Testament des Schultheissen Johann Wilhelm von Steinbrugg zurückgehenden Fideicomissgutes, das zuerst die Sury von Steinbrugg, dann die Diesbach von Steinbrugg innegehabt hatten. Mit dem Aussterben dieses Zweiges der Diesbach fiel das in einem Hof zu Recherswil bestehende Diesbachsche Fideicommiss ebenfalls der Familie Vigier von Steinbrugg zu. Erbe beider Fideicommisse wurde 1845 mit dem Tode von Regierungsrat Diethelm Vigier dessen ältester Sohn Heinrich Vigier von Steinbrugg. Er sollte der letzte Fideicommissherr auf dem Wylihof sein. Der moderne Geist der die Vigier von allen patrizischen Familien wohl am stärksten erfasst hatte, war den Fesseln die das Institut der Fideicommnisse der persönlichen Entscheidungsfreiheit auferlegte nicht günstig.

Im Jahre 1865 schloss Heinrich Vigier mit seinen Brüdern und deren Söhnen, die alle als Anwärter auf das Fideicommniss in Frage kamen einen Vertrag zu dessen Auflösung, wobei er sich einzig ausbedang, dass ihm der neue Übernehmer des Wylihofs eine Leibrente aus Lebenszeit ausrichten sollte. Zur Durchführung des Vertrages bedurfte es allerdings der Genehmigung der Regierung, ohne die kein Fideicommniss aufgehoben werden durfte. Sie wurde am 25. Januar 1866 erteilt, da der Staat kein unmittelbares Interesse an diesem Fideicommniss hatte; immerhin behielt sich der Staat ausdrücklich die Bestimmung des Testaments des Schultheissen von Steinbrugg vor, wonach bei Aussterben aller männlichen Nachkommen seiner beiden Töchter, praktisch also bei Aussterben des letzten Vigier von Steinbrugg, dem Staate 20'000 Gulden zum Bau einer steinernen Brücke als Erinnerungsmal an das Geschlecht von Steinbrugg aus der Erbmasse auszurichten seien, eine Summe, die dem Geldwert entsprechend heute immerhin rund eine Million Franken ausmachen würde. Gemäss Familienvertrag übernahm nun Oberrichter Urs Vigier, einer der Brüder Heinrichs, den Wylihof als alleiniges und unbeschränktes Eigentum. Er ist vor allem bekannt als Verfasser der ersten populären Darstellung der solothurnischen Geschichte. Noch zu seinen Lebzeiten leitete aber sein Sohn Robert Vigier die moderne, industrielle Periode der Geschichte des Wylihofs ein, indem er 1871 auf dem väterlichen Gute die erste schweizerische Fabrik für Portlandzement errichtete, für die der Luterbacher Dorfbach die nötige Wasserkraft lieferte. Unterstützt von seinem Onkel, dem Landammann Wilhelm Vigier, wurde Robert Vigier damit zu einem der bahnbrechenden Industriellen des Kantons.

Den gewaltigen Aufschwung der Portlandzementindustrie konnte der Gründer allerdings nicht mehr miterleben, denn er starb schon 1884 im schönsten Mannesalter. Seine junge Witwe, Georgina von Vigier – Kiefer, blieb aber dem Wilihof treu und unternahm vieles zur Verschönerung und Erneuerung des damals schon über dreihundertjährigen Schlösschens, in dem sie ein gastfreundliches, kunstliebendes Haus hielt.

Das Zementwerk Wilihof erlebte zunächst unter ihrem Schwiegersohn, Oberst Rudolf Frey – von Vigier einen lebhaften Aufschwung, den besonders die 1907 durchgeführte Modernisierung des ganzen Produktionsapparates förderte. Mit der wachsenden Konkurrenz anderer Zementfabriken erwies sich indessen der Wilihof als Standort immer mehr als zu kostspielig, da alle Rohmaterialien von auswärts zugeführt werden mussten. So entschloss sich die Familie Vigier 1932, den Betrieb der Stammfabrik einzustellen und die ganze Produktion nach der 1891 eröffneten Filiale Reuchenette zu verlegen, doch blieb der Wilihof offizieller Geschäftssitz der Zementwerke Vigier AG. Das Schlösschen aber sank wieder in die ländliche Stille zurück, die ihm durch Jahrhunderte das Gepräge gegeben hatte, im Schutze seiner mächtigen Bäume und stillen Teiche wohltuend abgerückt vom lebhaften, lärmigen Treiben der modernen Industrie und des Verkehrs, der unweit von seinen traditionsreichen Mauern vorüberbraust.

Baugeschichte

1679 erwarb der Hauptmann Johann Friederich Vigier von Steinbrugg das Gebäude und baute an der Westfassade zwei Türmchen an. Es folgten Wanddekorationen im Musikzimmer im ersten Stock ca. 1712 im Stil des Régence. 1750 wurden Wassergräben angelegt. 1900 wurde das Gebäude durch Madame Georgine Vigier-Kiefer renoviert, sowie durch den Bau eines Wasch-/Backhauses sowie eines Gärtnerhauses ergänzt. Das Wasch- und Backhaus wird seit 2002 von Familienangehörigen der Familie Hürlimann-Hockenjos bewohnt. Im Gärtnerhaus entstanden im Laufe der Zeit 6 Mietwohnungen welche sehr begehrt sind und seit Jahren von der gleichen Mieterschaft bewohnt werden. Ab 1940 bewohnte das Schlösschen Madame („Oberst“) Georgine Frey von Vigier. Die Firma Vigier Cement hatte auch seither Ihren Firmensitz mit direktem Gleisanschluss im Wylihof Areal direkt bei der heutigen Einfahrt. 1964 wurde das Barockschlössli renoviert durch Ernst & Suzanne Hockenjos-Frey und 1991 ein weiteres mal 1991 durch Jürg und Yvonne Hürlimann-Hockenjos, die das Haus umfangreich umbauen ließen. Im Zuge dieser Baumaßnahmen wurden zwei Wohnungen erstellt. Acht Jahre später wurde das Erdgeschoss zu Seminarräumlichkeiten für das Hotel Park Forum Wylihof umgestaltet und im Jahr 2003 feierlich eröffnet. Das Barockschlösschen erwies sich im Laufe der Zeit als sehr Renovationsintensiv und wird seither jährlich wiederkehrenden Sanierungsmassnahmen unterzogen. Frau Yvonne Hürlimann-Hockenjos liegt sehr viel daran, das traditionsreiche Familiengebäude im Originalzustand zu erhalten.

Weblinks

Quellen

Familiengeschichte Hürlimann-Hockenjos (in Privatbesitz)

47.2250377.590104

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