- Ludwig XIV.
-
Ludwig XIV. (französisch Louis XIV, Louis le Grand; * 5. September 1638 in Saint-Germain-en-Laye; † 1. September 1715 in Versailles) war seit 1643 König von Frankreich und Navarra, genannt „der Sonnenkönig“ (frz. le Roi-Soleil).
Ludwig XIV. gilt als klassischer Vertreter des höfischen Absolutismus. Der Leitsatz des Absolutismus, L'État, c’est moi! – Der Staat bin ich!, wird ihm jedoch fälschlicherweise zugeschrieben.[1] Er festigte die Macht der Krone durch den Ausbau der Verwaltung, durch die Bekämpfung der Opposition des Adels und durch die Förderung der französischen Wirtschaft. Die Hofkultur wurde ganz auf die Person des Herrschers zugeschnitten. Zum Symbol für dessen herausragende Stellung wurde sein prunkvolles Auftreten. Der König förderte Künste und Wissenschaften, was eine Blütezeit der französischen Kultur zur Folge hatte. Ludwig XIV. vertrat eine expansive und kriegerische Außenpolitik, so dass Frankreich unter seiner Regierung eine stark dominierende Stellung in Europa gewann. Mit 72 Jahren auf dem Thron war er das am längsten amtierende Staatsoberhaupt in der Geschichte Europas.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Die Geburt Ludwigs XIV. im Schloss Saint-Germain-en-Laye erschien vielen als glückliches Ereignis, denn dreiundzwanzig Jahre lang war die Ehe seiner Eltern Ludwig XIII. und Anna von Österreich ohne Nachkommen geblieben. Durch seine Geburt wurde die befürchtete Thronfolge von Gaston d'Orléans ausgeschlossen. Aus Dankbarkeit erhielt der Neugeborene den Beinamen Dieudonné (der Gottgegebene). Sein Bruder, Herzog Philipp I. d'Orléans, wurde 1640 geboren.
Schon als Vierjähriger wurde Ludwig am 14. Mai 1643 als König inthronisiert. Er lebte aber bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr (1651) unter der Regentschaft seiner Mutter Anna von Österreich. Die tatsächliche Macht wurde in dieser Zeit vom „regierenden Minister“ Kardinal Mazarin ausgeübt. Mazarin bereitete Ludwig zielgerichtet auf seine Rolle als absolutistischer Herrscher vor. Schritt für Schritt wurde der junge König an der Macht beteiligt und teilte sich schließlich die Verantwortung mit Mazarin. Durch die außenpolitischen Erfolge der Minister-Kardinäle Richelieu und Mazarin politisch gestärkt, entfaltete Ludwig das absolutistische Königtum barocker Prägung in Frankreich, mit einem Hofleben, das ganz auf die Person des Herrschers zugeschnitten war. Nach dem Westfälischen Frieden am Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 und dem Pyrenäenfrieden mit Spanien 1659 war Frankreich die politische und militärische Vormacht in Europa. Unterstützt von Ministern wie Colbert, Louvois, Lionne und dem Kanzler Séguier konzentrierte er den staatlichen Machtapparat und erweiterte die militärischen, institutionellen und materiellen Machtgrundlagen der französischen Monarchie. Negativ auf seine Herrschaft wirkten sich die Hugenotten-Verfolgung und der Spanische Erbfolgekrieg aus. Letzterer führte durch die Härte der Kämpfe 1713 fast zu einem Staatsbankrott, der nur durch eine Finanzreform und massive Einsparungen abgewendet wurde.
1660 heiratete Ludwig Maria Theresia von Spanien. Nach deren Tod im Jahr 1683 heiratete er in morganatischer Ehe insgeheim die Marquise de Maintenon. Ludwig überlebte seinen Sohn Louis, le Grand Dauphin und seinen ältesten Enkel Louis de Bourgogne und starb am 1. September 1715. Erst sein Urenkel folgte ihm als Ludwig XV. auf den Thron. Ludwig XIV. wurde in der von ihm geschaffenen Krypta der Bourbonen in der Basilika Saint-Denis beigesetzt. Im Jahre 1793 wurde sein sehr gut erhaltener Körper mit denen anderer Könige durch Revolutionäre „profaniert“ und sogar kurzzeitig in eine Grube geworfen. Das einbalsamierte Herz wurde ursprünglich in die Jesuitenkirche in der Rue St. Antoine in Paris gebracht, um neben dem Herzen seines Vaters zu ruhen. In der Restaurationszeit wurde es jedoch, wie alle Herzbestattungen der Angehörigen des Königshauses, in die Kathedrale von Saint-Denis verbracht, wo es sich bis heute in der wiederhergestellten Krypta befindet.
Herrschaft
Die frühen Jahre
Nachdem Ludwig XIV. als vierjähriger Junge 1643 den Thron geerbt hatte, übernahm seine Mutter Anna von Österreich die Regentschaft. Diese bestätigte umgehend Kardinal Mazarin als Premierminister. Acht Jahre zuvor war Frankreich an der Seite Schwedens in den Dreißigjährigen Krieg eingetreten, mit dem Hauptziel das Haus Habsburg zu schwächen. Frankreichs Armeen kämpften nun sowohl gegen den römisch-deutschen Kaiser und dessen Verbündete im Reich, als auch gegen den spanischen König. Die französischen Armeen waren militärisch zwar erfolgreich, aber dennoch belastete der Konflikt die Staatsfinanzen erheblich. Innenpolitisch sah sich Anna einer heftigen Opposition gegenüber, denn die städtischen Gerichtshöfe und Prinzen misstrauten ihrer Regierung. Dem stellte sich Kardinal Mazarin entgegen. Anna entpuppte sich jedoch als völlig anders als erwartet. Die Königin, als spanische Habsburgerin am französischen Hof zunächst verschmäht, wurde selbst zu einer überzeugten Französin. Sie duldete weder Favoriten, noch die Schmälerung der königlichen Autorität im Staate. Ihre Generäle wies sie an, die Kämpfe mit unverminderter Härte voranzutreiben. Mazarin leitete die Staatsgeschäfte und führte die absolutistische Politik Kardinal Richelieus fort, indem er die Zentralisierung der Staatsgewalt in der Person des Königs mit aller Macht betrieb.
Mit der Unterzeichnung der Friedensverträge zu Münster und Osnabrück 1648 war Frankreich der große Sieger des Dreißigjährigen Krieges. Erhebliche Truppenteile konnten gegen Spanien eingesetzt werden. Doch nun brach in Frankreich die Fronde (1648–1653) aus, ein offener Bürgerkrieg des Pariser Parlaments und der Prinzen gegen die Politik des königlichen Absolutismus. Als Möglichkeit zur Revolte diente die Minderjährigkeit Ludwigs. Die Frondeure gaben vor, gegen die negativen Einflüsse des Leitenden Ministers Mazarin zu kämpfen. Dieser wurde als Italiener allgemein wenig geschätzt, insbesondere die königlichen Prinzen nahmen ihm übel, dass er sie konsequent von jeder politischen Macht ausschloss. Die Parlamente (Oberste Gerichtshöfe) hingegen wurden vom Englischen Bürgerkrieg beeinflusst und sahen eine Chance ihre Privilegien gegenüber der Krone auszubauen.
Die Fronde scheiterte 1652. Die Unruhen sollten jedoch noch bis 1654 anhalten. Ludwig XIV. wurde 1651 für volljährig erklärt, womit die Regentschaft seiner Mutter offiziell endete. Der König – noch zu jung zur Regierung – übertrug erwartungsgemäß die Macht an Mazarin und nicht an einen Prinzen aus dem Königshaus. Am 7. Juni 1654[2] erfolgte die Krönung und Salbung des Königs in der Kathedrale von Reims, womit die Ordnung im Königreich, für jeden ersichtlich, wiederhergestellt war. Die Krönung des Königs sollte für die Menschen bewusst als das Symbol für Kontinuität und den Schutz Gottes über den König stehen.
Während des Bürgerkriegs kam der Kampf mit Spanien zum Erliegen, die Frondeure bekamen überdies Unterstützung von den Spaniern. Nachdem wieder innerer Friede herrschte, konnte Frankreich seine Kräfte gegen Spanien bündeln und erzielte Erfolge durch Angriffe auf die Spanische Niederlande und die Invasion Spaniens, welche zur erneuten Besetzung Kataloniens führte. 1657 gelang es Mazarin das republikanische England unter Oliver Cromwell in einem Geheimvertrag zum Bundesgenossen gegen die Spanier zu gewinnen. Spanien sah sich gezwungen den Frieden zu suchen. König Philipp IV. bot Ludwig die Hand seiner ältesten Tochter, der Infantin Maria Theresia von Spanien, an. 1659 trafen beide Monarchen auf der Fasaneninsel, zwischen Frankreich und Spanien, zusammen und unterzeichneten den Pyrenäenfrieden. Frankreich erwarb das Roussillon in den Pyrenäen und bekam von den Spanischen Niederlanden das Artois und einige Nebenländer. Die Infantin verzichtete auf ihr Erbrecht an der spanischen Krone gegen eine Mitgift von 500.000 Goldtalern, eine für die Spanier unerschwingliche Summe, die nicht ausgezahlt werden konnte. Dadurch blieb Maria Theresia älteste, erbberechtigte Tochter des spanischen Königshauses. Die Heirat zwischen Ludwig XIV. und Maria Theresia (einer Kusine ersten Grades) fand am 9. Juni 1660 in Saint-Jean-de-Luz statt. Bereits am 1. November 1661 wurde Dauphin Louis geboren.
Die Alleinherrschaft
Seit seiner Kindheit führte Kardinal Mazarin die Geschäfte für den König. Der Leitende Minister galt als ein außerordentliches Talent in der Politik und unterrichtete daher selbst den König in der Kunst der Staatsführung. Ludwig XIV. bekam so eine solide und sehr umfassende Ausbildung in Staatsangelegenheiten, Recht, Geschichte und Militärstrategie, aber auch in diversen Sprachen und Wissenschaften.
Als Mazarin am 9. März 1661 starb, war der 22-jährige König gut auf sein Amt vorbereitet und verkündete dem Staatsrat, dass er keinen Leitenden Minister mehr einsetzen, sondern die Regierungsgeschäfte in eigener Regie führen werde. Diese Regierungsgrundsätze, heute auch als das absolutistische Kabinettsystem bezeichnet, hielt er 1670 in seinen „Memoiren“ für seinen Nachfolger fest. Der Hof und die Minister waren zunächst irritiert, doch man meinte, es würde sich nur um eine vorübergehende Phase beim König handeln. Dieser hingegen begann die Regierung umzubilden und entließ einen Großteil des Staatsrats, selbst seine Mutter schloss er aus, so dass nur noch die wichtigsten drei Minister an den Ratssitzungen teilnahmen. Einer von diesen war Nicolas Fouquet, der Finanzminister. Ludwig ließ ihn wegen Korruption und Hochverrat verhaften und durch den ihm treu ergebenen Jean-Baptiste Colbert ersetzen. Fouquet hatte Staatsgelder veruntreut und Befestigungen ohne Genehmigung des Königs bauen lassen. Letzteres interpretierte Ludwig als Vorbereitung einer Rebellion gegen seine Person. Mit der neuen Regierung wurde ein Reformprogramm beschlossen, dessen Ziele die Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft, der massive Ausbau von Flotte und Armee und eine tiefgreifende Reformierung der Bürokratie war. Der Flottenbau wurde maßgeblich von Colbert und seinem Sohn, den Marquis de Seignelay, in Angriff genommen. Der Umbau der Armee wurde hingegen zum Hauptanliegen des Ministers Le Tellier und dessen Sohn, dem Marquis de Louvois. Ludwig schrieb selbst an seine Mutter: „Ich bin nicht der Gimpel, für den mich die Höflinge gehalten haben…“, denn es war dem König sehr ernst mit der Politik und der dazugehörigen Verantwortung.
Der junge Ludwig XIV. suchte Europa zu beeindrucken. Diese Gelegenheit bot sich ihm bereits 1661 beim Londoner Kutschenstreit, in dessen Folge Spanien den Vorrang des Königs von Frankreich in ganz Europa anerkennen musste. Den europäischen Höfen wurde klar, dass Ludwig nicht die Absicht hatte ein schwacher König zu sein. 1662 kam es zur Defensivallianz zwischen Frankreich und Holland; kurz darauf kaufte Ludwig XIV. vom englischen König Karl II. die Stadt Dünkirchen. Doch der König wollte alle Welt nicht nur politisch überraschen, sondern auch seine Macht und Reichtum zur Schau stellen. Dies ging am besten durch prächtige, für den Barock typische Hoffeste. Daher fand 1664 das Fest Die Freuden der verzauberten Insel (Plaisirs de l’Île enchantée) statt. Europas Fürsten waren verblüfft und erstaunt über den Luxus dieser Vergnügungen und begannen zunehmend den Lebensstil des französischen Monarchen nachzuahmen. Die Legende des „Sonnenkönigs“ nahm hier ihren Anfang.
Im Jahr 1665 starb sein Onkel und Schwiegervater Philipp IV. von Spanien. Ludwig machte zum ersten Mal das Erbrecht seiner Gemahlin geltend. Er forderte auf Grundlage des brabantischen Devolutionsrechts einen Erbteil für Frankreich, nach welchem Töchter aus erster Ehe ein vorrangiges Erbrecht haben. In Spanien saß mit Karl II. ein degeneriertes Kind auf dem Thron und dessen Mutter Maria Anna von Österreich führte für diesen die Regentschaft. Die Regentin wies die französischen Forderungen zurück und Ludwig bereitete einen Waffengang vor. 1667 brach der Devolutionskrieg (1667–1668) aus. Die Armeereformen des Königs waren bereits weit vorangeschritten, so dass Ludwig Interesse daran hatte, seine neuen Armeen auch zu erproben. Er hatte hier mit dem stehenden Heer ein für die Neuzeit völliges Novum eingeführt: Berufssoldaten, welche ständig bereitstanden, streng ausgebildet und diszipliniert, sowie regelmäßig bezahlt und versorgt wurden. So marschierte eine Armee von 70.000 Mann in die Spanischen Niederlande ein und annektierte danach die Franche-Comté. Spanien sah sich vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte keine Mittel zu Gegenwehr. Der Sieg schien uneingeschränkt zu sein, doch fühlte sich nun Frankreichs Alliierter Holland von der Präsenz französischer Truppen bedroht. Die holländischen Generalstaaten verbündeten sich 1668 mit England und Schweden zur Tripelallianz gegen Ludwig XIV., um so die Friedensverhandlungen zu beschleunigen. Dieser sah sich nun gezwungen, bei den Verhandlungen in Aachen Abstriche von seinen Forderungen zu machen. Durch den Frieden von Aachen behielt Frankreich große Teile im Westen der Spanischen Niederlande, musste jedoch die Franche-Comté wieder herausgeben. Ludwig XIV. konnte nicht verzeihen, dass ihm sein eigener Alliierter in den Rücken gefallen war, wobei er bisher immer größter Förderer Hollands gewesen war und sogar 1666 zu dessen Gunsten im Zweiten Englisch-Niederländischen Seekrieg militärisch interveniert hatte. Er warf den Generalstaaten offen Undankbarkeit und sogar Verrat vor. Dies hielt ihn aber nicht davon ab, noch im selben Jahr das Grand Divertissement Royal in Versailles zu feiern, als Zeichen seines Triumphes.
Der Kampf gegen Holland
Ludwig XIV. hatte nun zwei politische Ziele: Erstens Holland zu bestrafen und zweitens die Grenzen zu begradigen, was nichts anderes hieß, als weitere Teile Spaniens zu erobern. Zuerst wurde die Tripelallianz von ihm zerstört, indem er 1670 mit seinem Cousin Karl II. von England, durch den Vertrag von Dover, ein Offensivbündnis einging und dann Schweden hohe Subsidien für eine Allianz zahlte. Danach annektierte Frankreich das Herzogtum Lothringen und schloss zahlreiche Bündnis- und Neutralitätsabkommen mit benachbarten Fürsten. Schließlich war Holland außenpolitisch und militärisch vollständig isoliert. 1672 erklärten Frankreich und England den Krieg gegen Holland, der Holländische Krieg (1672–1678) begann. Ludwig ließ 120.000 Mann die Grenzen zu den Vereinigten Provinzen der Niederlande überschreiten. Sein Ziel war nicht Holland zu annektieren, sondern er wollte nur ein Exempel statuieren und Handelsvorteile erzwingen. Eigentliches Ziel war die Bedrohung Spaniens. Französische Truppen nahmen immer mehr Gebiete ein, die Holländer verloren den Kampf und nur die Öffnung der Deiche und die völlige Überflutung breiter Landschaften rettete sie vor der totalen militärischen Niederlage. In dieser Situation wurde Johan de Witt durch Wilhelm III. Prinz von Oranien als Generalstatthalter der Provinzen abgelöst. Dieser ging unverzüglich ein Bündnis mit Spanien und dem römisch-deutschen Kaiser Leopold I. ein. Damit hatte Ludwig XIV. auch sein zweites politisches Ziel erreicht: Spanien und der römisch-deutsche Kaiser erklärten freiwillig den Krieg. Nach dem Abzug seiner Truppen aus Holland konnte Ludwig seine Armeen nun gegen Spanier und Kaiserliche verwenden. 1674 annektierte er erneut die Franche-Comté, England schied jedoch aus dem Krieg aus. Zur Feier der Siege veranstaltete der König sein drittes berühmtes Fest, das Fest von Versailles. Die Kämpfe zogen sich noch bis 1678 hin, verliefen jedoch höchst erfolgreich für Frankreich. Ludwig hielt während des Krieges 280.000 Mann unter Waffen. Dieser Übermacht und der Kampfstärke der französischen Truppen waren die alliierten Streitkräfte nicht gewachsen, weswegen Frankreich den Holländischen Krieg schließlich gewann. 1678/79 wurde der Friede von Nimwegen geschlossen. Frankreich behielt dabei fast vollständig seine Eroberungen gegen Spanien und im Heiligen Römischen Reich. Der Einfluss und die Dominanz Ludwigs XIV. in Europa verstärkten sich weiter. Trotzdem war der König unzufrieden, da die beabsichtigten Grenzbegradigungen nicht vollständig erreicht wurden. So entließ er 1679 seinen Außenminister, den Marquis de Pomponne, und ersetzte ihn durch Colberts talentierten Bruder Charles Colbert de Croissy. Zur Sicherung der Grenzen begann Ludwig mit dem Ausbau des französischen Festungsgürtels. Der Festungsbaumeister Sébastien le Prestre de Vauban umgab das Königreich mit über 160 neugeschaffenen oder umgebauten Befestigungsanlagen, welche Frankreichs Territorien abriegeln sollten. Dazu gehörten Stadtgründungen wie Saarlouis und Neuf-Brisach, letzteres stellt noch heute ein besonders anschauliches Beispiel für diese Festungsstädte dar.
Nach dem erfolgreichen Krieg löste Frankreich seine Armeen nicht auf, sondern behielt die volle Kampfstärke weiter unter Waffen. Ludwig benutzte sie zur Durchsetzung der Reunionen, wodurch er seine Eroberungen weiter ausbauen konnte. Zunächst annektierte er die restlichen Teile des Elsass, hier war insbesondere Straßburg sein Hauptziel, welches als Einfallstor für kaiserliche Truppen gedient hatte; es wurde 1681 eingenommen. Im Jahr 1683 besetzte Ludwig XIV. die östlichen Teile der Spanischen Niederlande, namentlich Luxemburg, 1684 das Kurfürstentum Pfalz; dieses wurde in die französische Saarprovinz umgewandelt. Daneben erfolgte noch die Besetzung der unteren Schelde, wodurch große Teile Flanderns in französischen Besitz gerieten. Gegen diese offenen Aggressionen mitten im Frieden protestierte Spanien heftig und erklärte noch 1683 den Krieg. Doch kein anderer Staat war bereit, die Waffen gegen Frankreich zu richten, insbesondere Kaiser Leopold I. war durch die Wiener Türkenbelagerung gebunden. So musste Spanien umgehend um Frieden bitten. Ludwig handelte 1684 zu Regensburg mit Spanien, Kaiser und Reich einen zwanzigjährigen Waffenstillstand aus und erreichte so die vorläufige Anerkennung sämtlicher Reunionen. Dadurch hatte Ludwig XIV. mit keinerlei Gegenwehr mehr zu rechnen.
Der Machtzenit
Ludwigs politische und militärische Übermacht war nach dem Frieden von Nimwegen erdrückend. Frankreichs Diplomaten beherrschten das politische Parkett. Es war die dominierende Seemacht geworden, während es noch 1660 über kaum mehr als zwei Kriegsschiffe verfügt hatte. An Stärke und Kriegstechnik war die französische Armee jeder anderen überlegen, die Wirtschaft florierte und ganz Europa imitierte Frankreichs Kultur. Aufgrund der großen Erfolge verlieh Paris Ludwig im Jahr 1680 den Titel „der Große“ (Ludovicus Magnus).
In den Jahren zuvor war Ludwig XIV. neben der Expansion in Europa auch noch mit der Erweiterung des französischen Kolonialreiches beschäftigt. Neben den im frühen 17. Jahrhundert gegründeten Neufrankreich-Kolonien in Kanada gründete er die ersten Kolonien von Französisch-Indien: 1673 Chandannagar, 1674 Pondichéry. In Westindien wurde die Insel Martinique französisch. 1682 gründete La Salle am unteren Mississippi eine neue Kolonie und nannte sie zu Ehren des Königs Louisiana. Daneben erwarb der König noch 1660 Haiti, 1664 Französisch-Guayana, sowie mit dem Senegal Teile der westafrikanischen Küste und Madagaskar.
Innenpolitisch begann Ludwig XIV. seine Kontrolle über die französische Staatskirche auszubauen. Im November 1681 ließ er eine Klerikerversammlung abhalten, welche die Gallikanischen Artikel verabschiedete, wodurch die Macht des Papstes praktisch aufgelöst wurde. Der Einfluss der französischen Könige auf die eigene Kirche war ohnehin sehr stark, nun jedoch durfte der Papst auch keine Legaten mehr ohne des Königs Zustimmung nach Frankreich senden. Bischöfe durften ohne königliche Erlaubnis das Land nicht verlassen, kein Staatsbeamter exkommuniziert werden für Taten, die seinen Dienst betrafen. Alle kirchlichen Privilegien wurden dem Monarchen übertragen, sämtliche Einflussmöglichkeiten des Papstes durch die Billigung des Königs reguliert. Der Papst verweigerte schließlich seine Zustimmung zu diesen Artikeln und erst Jahre später sollte Ludwig einen Kompromiss mit dem Heiligen Stuhl finden.
Außerdem ging Ludwig davon aus, dass er, um die Einheit der Nation zu stärken, die durch die Reformation verursachte Spaltung des Christentums überwinden müsse. In dieser Sichtweise folgte er konsequent der Religionspolitik seiner Vorgänger, darin besonders der Vorgabe Kardinal Richelieus, die stets eine Wiederholung der Hugenottenkriege fürchteten. Des Weiteren wurde er in dem tiefen Glauben erzogen, dass die Seele eines Protestanten den Qualen der Hölle ausgeliefert sei, weshalb er es als seine Pflicht ansah, die Seelen seiner hugenottischen Untertanen zu retten. Er setzte deshalb die protestantische Bevölkerung unter Druck, vor allem durch das Edikt von Fontainebleau (1685). Dadurch wurde das 1598 von Heinrich IV. ausgerufene tolerante Edikt von Nantes widerrufen. Hugenottische Kirchen wurden daraufhin zerstört, protestantische Schulen geschlossen. Durch Ludwigs Maßnahmen flohen von 1685 bis 1730 etwa 200.000 (von 730.000) Hugenotten ins Ausland, vor allem in die Niederlande, nach Preußen, England und Nordamerika, wo sie, als zumeist gut ausgebildete Fachkräfte, zur Steigerung der Produktivität beitrugen. Diese französischen Flüchtlinge beeinflussten etwa die protestantische Arbeitsethik der Niederlande, wodurch später der bereits erhebliche Reichtum in dieser Region noch gesteigert wurde. Die neuere Forschung hat allerdings gezeigt, dass die Zahl der Geflohenen bei weitem zu gering war, um einen spürbaren Schaden an der französischen Wirtschaft herbeizuführen.[3] Jedoch erschütterte das Edikt von Fontainebleau Frankreichs Ansehen bei den protestantischen Staaten Europas und ein harter Kern von 20.000 Hugenotten entfachte Aufstände in Zentralfrankreich. Die große Mehrheit gab dem Druck jedoch nach und konvertierte, auch aufgrund der Steuerbegünstigungen und den Sonderrechten für Konvertierte sowie der lebenslangen Befreiung vom Dienst in der Miliz. Letztlich war für Ludwig XIV., seine Minister und Kardinäle nur ein katholisches Frankreich ein einheitliches und stabiles Frankreich.
Ab 1686 formierte sich die Liga von Augsburg, ein Zusammenschluss protestantischer und katholischer Staaten gegen Frankreichs Eroberungspolitik. Mitglieder waren der römisch-deutsche Kaiser Leopold I., Bayern (Kurfürst Maximilian II. Emanuel), Brandenburg (Friedrich Wilhelm), die Vereinigten Provinzen, Spanien (Karl II. von Spanien) und Schweden (Karl XI. von Schweden). Ludwig entsandte 1688 erneut Truppen in die Pfalz, um seine Ansprüche auf dieses Land zu demonstrieren und einem Angriff der Liga an dieser Stelle zuvorzukommen. Durch diese Maßnahme, die später sogar zur Verwüstung der Pfalz führte, eskalierte der Konflikt zwischen König und Liga. Letztere formierte sich zu einer Offensivallianz und erklärte Frankreich den Krieg, dem sich England nach der Glorreichen Revolution von 1688 ebenso anschloss. Die Konfrontation mündete in den Pfälzer Erbfolgekrieg (1688–1697).
Frankreich hatte sich zwar zuvor nicht auf diesen Krieg vorbereiten können, war aber sehr erfolgreich. Französische Armeen besetzten die Spanischen Niederlande, marschierten ins Reich ein und eroberten zahlreiche feste Plätze. Die Truppen der Alliierten waren weniger gut ausgebildet und zahlenmäßig unterlegen. Zudem waren umfangreiche Truppenverbände des Kaisers im 5. Türkenkrieg gebunden. Die Allianz konnte kaum Siege verbuchen, doch auch Ludwigs Flotte erlitt eine Niederlage vor La Hougue (1692). Es gelang keiner der beiden Seiten, den Gegner endgültig niederzuringen. Frankreich konnte nicht aus dem Reich verdrängt werden. Als Ludwig XIV. einsah, dass er trotz mehrerer strategisch vorteilhafter Siege, wie der Schlacht von Neerwinden am 29. Juli 1693, militärisch keinen Frieden erzwingen konnte, begann er seine Diplomaten als politische Waffe einzusetzen. Die erschöpften Kontrahenten begannen den Frieden von Rijswijk zu vereinbaren, der 1697 unterzeichnet wurde. Ludwig suchte hier einen maßvollen und stabilen Frieden auszuhandeln, der auch seine Gegner befriedigen konnte. Daher gab er Luxemburg und die Pfalz wieder heraus und bekam dafür die restlichen Reunionen endgültig bestätigt. Darüber hinaus erkannte Ludwig XIV. den Prinzen von Oranien als König von England an. Frankreich sollte so die Möglichkeit bekommen, sich langfristig von den Kriegsanstrengungen zu erholen.
Die letzten Jahre
Nach 1697 begann die spanische Thronfolge zunehmend zum Hauptthema an den Höfen Europas zu werden. Der spanische König Karl II. war unfähig, einen Erben zu zeugen. Daher war seine Nachfolge unklar. Sowohl die Bourbonen, als auch die Habsburger der deutschen Linie machten Erbansprüche geltend. Denn König Ludwig XIV. und auch der Kaiser des heiligen römischen Reiches, Leopold I. hatten Töchter Philipps IV. von Spanien geheiratet. Ludwig hatte jedoch mit Maria Theresia von Spanien die ältere von beiden geehelicht und diese hatte nie mit Gültigkeit auf ihr Erbrecht verzichtet. Leopold hingegen hatte die jüngere Tochter Margarita von Spanien geheiratet und war zudem der Meinung, dass Spanien im Besitz der Habsburger bleiben müsste.
Nun fürchteten andere Staaten wiederum, dass die Mächtekonstellation in Europa erheblich erschüttert werden würde, sollten sich Frankreich oder Kaiser Leopold Spanien gänzlich einverleiben. Unter diesen Bedenken handelte Ludwig XIV. mit Wilhelm III. von England den 1. Teilungsvertrag aus. Der bayerische Prinz Joseph-Ferdinand sollte Spanien bekommen und die restlichen europäischen Besitzungen Spaniens zwischen Ludwig und Leopold aufgeteilt werden. Kaiser Leopold akzeptierte diese vertragliche Regelung. Spanien hingegen lehnte jede Teilung seines Reiches ab. Karl II. entschloss sich stattdessen, den bayerischen Prinzen Joseph-Ferdinand als Universalerben für alle Ländereien einzusetzen, in der Hoffnung, dass sowohl Ludwig, als auch Leopold auf ihre vertraglichen Rechte verzichten würden.
Mit dem Tod des bayerischen Prinzen Joseph-Ferdinand war dieser Plan hinfällig geworden. Karl II. wollte aber die Einheit seines Reiches wahren und entschied sich vorerst für den Erzherzog Karl – den jüngeren Sohn des Kaisers – als seinen Erben. Dessen Ansprüche wurden jedoch durch den 2. Teilungsvertrag zwischen Frankreich und England geschmälert. Nach diesem sollte Erzherzog Karl zwar Spanien erben, aber die italienischen Besitzungen an Frankreich fallen. Woraufhin Kaiser Leopold I. seine Zustimmung zum 2. Teilungsvertrag verweigerte und das gesamte spanische Erbe ungeteilt für seinen Sohn Karl beanspruchte, womit er Frankreich, Holland und England brüskierte.
Kurz vor seinem Tod im Jahr 1700 entschied sich Karl II. jedoch um. Er setzte den zweiten Sohn des französischen Kronprinzen Louis, den Herzog von Anjou, als Universalerben ein. Sollte dieser unerwartet den französischen Thron erben, so würde dessen jüngerer Bruder, der Herzog von Berry, Spaniens neuer König. Sollte auch dieser nicht mehr zu Verfügung stehen, so würde dann erst Erzherzog Karl sein Erbe werden. Damit erkannte Karl II. von Spanien die legitimen Thronrechte der Bourbonen an, welche sich von Maria Theresia von Spanien herleiteten.
Als Ludwig XIV. die Nachricht vom Tod des spanischen Königs und dessen neuem Testament erfuhr, sah er sich in einer schwierigen Lage. Sollte er das Testament für seinen Enkel annehmen oder auf dem 2. Teilungsvertrag mit England bestehen, den Kaiser Leopold jedoch nie anerkannt hatte? Nach intensivem Abwägen mit seinen Ministern, entschloss er sich das spanische Erbe zu akzeptieren, da ein Krieg mit dem Kaiser nun ohnehin unvermeidlich war und Frankreich so die bessere Position gegen den Kaiser einnehmen konnte. Es gilt als gesichert, dass eine Ablehnung des Testaments den Krieg nicht hätte verhindern können, da Kaiser Leopold den Waffengang plante, wenn Frankreich auf dem 2. Teilungsvertrag bestanden hätte. So proklamierte Ludwig XIV. seinen Enkel Philippe d’Anjou zu Philipp V. und damit zum neuen König von Spanien. Ludwig befahl die sofortige Besetzung der spanischen Nebenländer, noch bevor sich Leopold ihrer bemächtigen konnte.
Durch die Sorge, dass Frankreichs Übermacht dadurch noch zunehmen könnte, vereinigten sich England, Holland und das Reich mit dem Kaiser zum Kampf gegen Ludwig, wodurch die Große Allianz geschaffen wurde. Die französisch-spanische Allianz wurde durch Savoyen, Kurköln und Bayern unterstützt, wodurch der Spanische Erbfolgekrieg (1702–1713) ausgelöst wurde. Frankreich verfolgte nun zwei Ziele: Das wichtigste war die Durchsetzung Philipps V. als spanischen König, außerdem beabsichtigte Ludwig XIV. weitere Eroberungen gegen das Reich zu machen. Der Krieg verlief jedoch wenig geradlinig. Frankreichs Armeen dominierten zu Beginn das Feld. Die kaiserlichen Alliierten hatten jedoch alle verfügbaren Kräfte gegen Frankreich mobilisiert und ihre Armeen modernisiert und ausgebaut. Frankreich war gezwungen, während des Krieges 680.000 Soldaten zu unterhalten, um ein schlagkräftiges Gegengewicht zu bilden und die feindlichen Armeen im Heiligen Römischen Reich zu beschäftigen. Frankreichs Staatsfinanzen wurden überbeansprucht, leere Kassen waren die Folge. 1708 sah die militärische Lage für Frankreich zunächst so schlecht aus, dass Ludwig XIV. um Frieden ersuchte. Da die Alliierten jedoch unannehmbare Forderungen stellten, wurden Gespräche unverzüglich abgebrochen. In der Folge wendete sich das Blatt wieder leicht zu Gunsten Frankreichs, eine Entscheidung brachte dies jedoch nicht. Alle Parteien waren zermürbt und auch die kaiserlichen Alliierten standen vor einem finanziellen und wirtschaftlichen Kollaps. Frankreich war klar, dass es die feindliche Koalition nicht mehr endgültig besiegen konnte und die Koalition musste erkennen, dass es ihnen unmöglich war, Frankreich zu überwältigen oder Philipp V. aus Spanien zu vertreiben.
Als 1711 Kaiser Joseph I. starb und Erzherzog Karl damit neuer Kaiser wurde, erkannte England zunehmend die Gefahr, dass Karl sowohl Spanien als auch das Reich unter seiner Herrschaft vereinen könnte, und begann Friedensgespräche mit Frankreich. 1713 unterzeichnete England den Separatfrieden von Utrecht mit Ludwig und Philipp und schwächte so die Kaiserlichen weiter. Durch die Besetzung Freiburgs, im November 1713 durch Frankreichs Truppen, sah sich Kaiser Karl VI. gezwungen, ebenfalls den Frieden zu suchen und 1714 den Frieden von Rastatt zu akzeptieren. Danach erfolgte der Friede von Baden zwischen Frankreich und dem Reich.
Philipp V. blieb König von Spanien und behielt ebenso dessen Kolonien. Die Reste der Spanischen Niederlande und die italienischen Besitzungen fielen an den Kaiser. Damit hatte Frankreich sein politisches Hauptziel erreicht und die Bourbonen auf Spaniens Thron etabliert, musste jedoch auf fast jede militärische Eroberung verzichten. Dennoch war die habsburgische Umklammerung Frankreichs endgültig zerschlagen worden. In seinen letzten Jahren kümmerte sich Ludwig XIV. hauptsächlich um die Erholung der Staatsfinanzen durch Einsparungen und Finanzreformen, sowie die Förderung der Wirtschaft. Da sein Urenkel Ludwig XV. noch ein Kleinkind war, übertrug Ludwig XIV. die Regierungsgewalt testamentarisch auf seinen Neffen, Philipp II. d'Orléans, der dann als Regent fungieren sollte.
Als Ludwig XIV. am 1. September 1715 durch Wundbrand an seinem linken Bein starb, hatte er das französische Territorium wie keiner seiner Vorgänger vergrößert. Frankreich war der mächtigste Staat und kulturelles Zentrum Europas. Französisch diente im 17. und 18. Jahrhundert als Sprache des guten Geschmacks, ähnlich wie Englisch später zur globalen Wirtschaftssprache wurde. Im 18. Jahrhundert übernahm zum Beispiel der russische Adel französische Sitten und sprach eher Französisch als Russisch. Das französische Volk war nach den Holländern das wohlhabendste Europas geworden, die Wirtschaft erholte sich nach der Stagnation im Spanischen Erbfolgekrieg schnell, sie wuchs in erheblichen Maße weiter, auch wenn die Steuern vergleichsweise hoch waren.
- Mit seinem Tod verlor Frankreich einen seiner größten, fähigsten und bedeutendsten Herrscher, dessen Regierung die französische Monarchie nach innen und außen nachhaltig geprägt und dessen Leistung weit über die französischen Grenzen hinaus vielfältige Nachahmung gefunden hat.[4]
Andererseits jedoch war die Bevölkerung nach 72 Jahren Herrschaft ihres alten Königs überdrüssig. Die enormen finanziellen Belastungen des letzten Krieges lasteten die Menschen ebenfalls Ludwig XIV. an. Der alte König gestand selbst, dass „nichts mein Herz und meine Seele tiefer gerührt hat als die Erkenntnis des völligen Ausblutens der Völker meines Reichs durch die unermeßliche Steuerlast“, welche der Spanische Erbfolgekrieg nötig gemacht hatte. Als sein Körper in die Gruft überführt wurde, berichtete der Polizeikommissar Pierre Narbonne: „Viele Menschen freuten sich über den Tod des Fürsten, und überall hörte man Geigen spielen.“ Und Voltaire sah neben dem Trauerzug „...kleine Zelte, wo das Volk trank, sang und lachte.“ Man freute sich auf die Herrschaft des neuen Königs und wollte die letzten harten Jahre des Kampfes um den spanischen Thron vergessen.
Wirtschaft
Als Ludwig XIV. 1661 die Herrschaft antrat, war Frankreichs Staatshaushalt durch den letzten Krieg mit Spanien stark angespannt. Ludwig förderte enorm den Geldkreislauf, indem er große Summen für seine Kriege, für das Hofleben, Kunst und Kultur ausgab. Große Geldmengen verschwanden durch Korruption in der französischen Bürokratie. Ludwig selbst schreibt: „Als Mazarin starb, da herrschte viel Unordnung in der Verwaltung meines Königreiches.“ Ludwig XIV. setzte sich zum Ziel dieses Chaos auszurotten und klare Ordnung in den staatlichen Strukturen Frankreichs herzustellen. Als erstes ließ er 1661 seinen Finanzminister (Oberintendanten der Finanzen) Nicolas Fouquet verhaften, weil sich dieser an den Einnahmen des Staates bereichert hatte, um das luxuriöse Schloss Vaux-le-Vicomte erbauen zu können. Ein deutliches Zeichen an dessen Nachahmer.
Ludwig XIV. ernannte daraufhin Jean-Baptiste Colbert, den bekanntesten Förderer des Merkantilismus, zu seinem Generalkontrolleur der Finanzen. Das Amt des Finanzministers wurde abgeschafft und durch einen Finanzrat ersetzt, dem der König und Colbert persönlich vorstanden. Etwas unerhörtes zu dieser Zeit, denn ein König hatte sich damals eigentlich nicht um etwas so unschickliches wie Geld zu kümmern. Indem Colbert die Korruption bekämpfte und die Bürokratie neu organisierte, konnte er die Steuereinnahmen mehr als verdoppeln, ohne neue Steuern erheben zu müssen. So war es Ludwig möglich, bereits am Anfang seiner persönlichen Regierung eine Steuersenkung zu erlassen und so ein schnelleres Wachstum der französischen Wirtschaft zu erreichen. Die Wirtschaft wurde durch die Einrichtung von Handelskompanien und Manufakturen gefördert. Besonders die französische Luxusindustrie wurde bald führend in Europa und darüber hinaus. Mit Waren wie Gobelinteppichen, Spiegeln, Spitzen, Goldschmiedearbeiten und Möbeln, die in ganz Europa begehrt waren, erzielte die Krone Spitzenprofite. Nach innen wurde Nordfrankreich einer Zollunion unterworfen, um so innerfranzösische Handelshemmnisse abzubauen. Colberts Versuche eine einheitliche Zollbarriere für das ganze Königreich zu erwirken, scheiterten jedoch an lokalen Handelsprivilegien.
Das französische Steuersystem enthielt Handelssteuern (aides, douanes), Salzsteuer (gabelle) und Landsteuer (taille). Durch veraltete Regelungen aus dem Feudalismus waren der Adel und der Klerus von diesen direkten Steuern befreit, die von der Landbevölkerung und der aufstrebenden Mittelklasse (der Bourgeoisie) aufgebracht werden mussten. Vermutlich wurde die Französische Revolution auch vom Ärger über dieses alte Steuersystem genährt. Allerdings ist unter Ludwig XIV. die Tendenz festzustellen, den Adel und Klerus der direkten Steuer zu unterwerfen. Zur Zahlung der indirekten Steuern waren diese ohnehin verpflichtet. Der König führte die „capitation“ – eine Kopfsteuer – ein, von der die unteren Schichten kaum erfasst wurden, aber von der die beiden oberen Stände in vollem Umfang betroffen waren. Selbst die Prinzen von Geblüt und der Dauphin mussten den höchsten Steuersatz zahlen. Auf diese Weise wurde der Hochadel zum ersten Mal unvermittelt an der Finanzierung des Staates beteiligt.
Beim Tode Ludwig XIV. war Frankreich das reichste Königreich Europas mit überdurchschnittlichen Staatseinnahmen, welche die Finanzen anderer Staaten bei weitem übertraf. Allerdings betrugen die Staatsschulden durch die harten Anforderungen des Spanischen Erbfolgekrieges zwei Milliarden Livres, ein Betrag der erst im Jahr 1725 endgültig getilgt war. Dies änderte aber nichts an der enormen Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Frankreich verfügte über das zweitgrößte Handelsvolumen und eine deutlich positive Handelsbilanz; nur die Holländer vermochten höhere Gewinne mit ihren internationalen Handelskompanien zu erzielen. Frankreich war ein strukturell stabiles und ressourcenstarkes Land, das mit über 20 Millionen Einwohnern das mit Abstand bevölkerungsreichste Land Europas war.
Kunst macht Politik
Die Herrschaft Ludwig XIV. nennt man zu Recht das „Grand Siècle“. Der König hatte die Absicht, die besten Künstler, Architekten, Maler, Poeten, Musiker und Schriftsteller für Frankreich arbeiten zu lassen. Er entfaltete ein noch nie dagewesenes Mäzenatentum mit der Absicht die gesamte Kunstlandschaft Frankreichs zu beeinflussen, zu prägen und zu lenken, um sie im Interesse königlicher Politik zu instrumentalisieren. Die Kunst stand im Dienste der Verherrlichung des Königs und seiner Ziele, ganz nach barocker Manier. Das Ansehen des Königs und des Staates sollte gesteigert werden; dazu wurde Ludwigs Minister Colbert damit beauftragt Literatur, Kunst und Wissenschaft zu fördern. Dem Minister wurde die Organisation der Gloire des Königs überlassen. Zahlreiche Königliche Akademien wurden auf allen Gebieten der Kunst und Wissenschaft gegründet:
- 1663 die Akademie der Inschriften und die Akademie für Malerei und Skulptur
- 1666 die Akademie der Wissenschaften
- 1671 die Akademie der Architektur
- 1672 die Akademie der Musik (Académie royale de Musique heute Opéra National de Paris)
Im Sinne der Selbstdarstellung des Monarchen sind auch die Feste in Versailles zu verstehen. Die Repräsentation des Königs diente dem Ansehen des Staates in aller Welt. Einige Künstler erklommen im Dienste des Königs ungeahnte Höhen; hier wären besonders Lully auf dem Gebiet der Musik und des Tanzes zu nennen, aber auch Molière, der für Ludwig XIV. zahllose Bühnenstücke verfasste. Beide Künstler zusammen zeigten sich für die Organisation der königlichen Spektakel verantwortlich. Daneben förderte Ludwig XIV. noch zahlreiche berühmte Künstler: Darunter auf dem Gebiet der Literatur Boileau, La Fontaine und Racine, in der Malerei Le Brun, Rigaud und Mignard, im Bereich der Musik – die Ludwig besonders wichtig war – unter anderem Charpentier, Couperin, Delalande und Marais, in der Architektur Le Vau, Perrault, de Cotte, als auch Hardouin-Mansart, die im Auftrag des Königs den französischen klassizistischen Barock prägten, und im Kunsthandwerk Coysevox sowie insbesondere Boulle. Auf dem Gebiet der Wissenschaft konnte Ludwig XIV. einige bekannte Forscher für Paris gewinnen, darunter Cassini, Huygens und Coronelli, deren Arbeiten er mit hohen Pensionen unterstützte.
Versailles
Der Bau des Schlosses von Versailles war Teil von Ludwigs Strategie zur Zentralisierung der Macht. Ludwig XIV. vollendete die Bestrebungen der Kardinäle Richelieu und Mazarin und schuf einen zentralisierten, absolutistischen Territorialstaat. Er schwächte den Adel, indem er die Adeligen lieber zu Mitgliedern seines Hofes als zu regionalen Provinzherrschern machte. Zu diesem Zweck baute er Versailles, einen gewaltigen Palast vor den Toren von Paris, den der Hof am 6. Mai 1682 bezog. Die höfische Etikette nötigte die Adeligen dazu, immense Geldsummen für ihre Kleidung auszugeben, und ihre Zeit vor allem auf Bällen, Diners und anderen Festlichkeiten zu verbringen, die die alltägliche Routine des Hoflebens darstellten. Ludwig XIV. soll ein fotografisches Gedächtnis gehabt haben, so dass er beim Betreten eines Saales auf einen Blick feststellen konnte, wer anwesend war. Deshalb konnte kein Aristokrat, der auf die Gunst des Königs angewiesen war, seine Abwesenheit riskieren. Anstatt seine regionalen Angelegenheiten zu regeln und seine dortige Macht zu behalten, wetteiferte der Adel nun um solche trivialen Ehren wie die, dem König beim Ankleiden helfen zu dürfen. Dadurch konnte Ludwig den niederen Amtsadel fördern und Bürgerliche in Positionen einsetzen, die früher von der traditionellen Aristokratie beansprucht wurden. So ruhte die politische Macht fest in der Hand des Königs.
Man kann nicht stark genug herausstellen, dass Versailles hauptsächlich nicht als Ort für das persönliche Vergnügen des Königs diente, sondern ein politisches Machtinstrument war. Durch die Bindung des Hochadels an den Hof geriet dieser nicht nur zunehmend in persönliche Abhängigkeit vom König, sondern wurde ebenso von Rebellionen und Machtkompetenzen ferngehalten. Das Schloss war mit einer Fülle von politischen Aussagen gefüllt, die jedem Besucher in der Anordnung der Räume, den Gemälden und Skulpturen, in den Gärten und Alleen begegnete. Die Sinnaussage war folgende: Der König ist der Garant für Ruhe, Ordnung und Wohlstand des Staates, der einzige Stellvertreter Gottes auf Erden und niemand kommt seiner Macht gleich.
- Das tägliche Leben Ludwigs XIV. vollzog sich weitestgehend in der Öffentlichkeit inmitten eines großen Hofstaates, der alles in allem rund 20.000 Personen umfasste. Unter die vornehme, adelige Hofgesellschaft mischten sich in den weiträumigen Schlossanlagen Besucher, Schaulustige und zumeist eine beträchtliche Zahl von Bittstellern. Im Prinzip stand jedem Untertan das traditionelle Recht zu, dem König Bittgesuche (placets) zu überreichen. Seit 1661 hat Ludwig XIV. jene Praxis reglementiert, zugleich aber auch gefördert. Der Monarch sah darin eine willkommene Möglichkeit, sich mit den unmittelbaren Sorgen und Nöten seiner Untertanen vertraut zu machen. Später wurde in Versailles jeden Montag im Raum der Garde des Königs ein großer Tisch aufgestellt, auf dem die Bittgesuche von ihren Überbringern deponiert wurden. Bis 1683 war der Marquis de Louvois, Staatssekretär für das Kriegswesen und Minister, für die Weiterleitung dieser Gesuche verantwortlich. Sie wurden danach von den zuständigen Staatssekretären bearbeitet und alsbald – mit einem entsprechenden Bericht versehen – dem König vorgelegt, der dann jeden Fall persönlich entschied. … Am Hof gab es neben großen Festveranstaltungen, Theater- und Musikaufführungen auch vielfältige andere Möglichkeiten der Zerstreuung bis hin zum Glücksspiel und zu Vergnügungen einfachster Art.[5]
Paris
Ludwig XIV. war der Bauleidenschaft verfallen. Neben seinen Großprojekten in Versailles war Paris sein Hauptaugenmerk. Es ist sicherlich nicht wahr, dass Ludwig Paris nicht mochte. Dennoch kann man feststellen, dass die Ereignisse der Fronde Spuren in seinem Denken hinterlassen hatten. Damals stürmten Aufständische das Schlafzimmer des Kindkönigs im Palais Royal, um sich zu vergewissern, dass dieser nicht geflohen war. Seither war Ludwig überzeugt, dass Paris nicht allen Sicherheitsbedürfnissen entsprach. Die Palastanlagen, welche ihm vorschwebten, konnte er hier ebenfalls nicht verwirklichen, denn er bevorzugte weite Aussichten und große Wasserflächen. Dennoch vernachlässigte er seine Hauptstadt niemals und ließ ihr alle nur erdenklichen Förderungen zuteilwerden. Sein Ziel war es, die Stadt in ein zweites Rom zu verwandeln und mit zahlreichen repräsentativen Bauten und Plätzen zu verschönern.
Paris erlebte unter der Aufsicht Colberts einen Bauboom, wie kaum wieder in der Geschichte. Ludwig ließ den Louvre umbauen, die Stadtmauern von Paris schleifen und durch breite Boulevards ersetzen, zahlreiche neue Plätze (darunter die Place des Victoires und Place Vendôme) erbauen, des Weiteren Kirchen (wie Saint-Roch und Val-de-Grâce), Brücken (den Pont Royal), Parkanlagen (wie der Tuileriengarten und die Champs-Élysées), Triumphbögen (z. B. die Porte Saint-Denis) und neue Stadtviertel (darunter die Faubourgs St. Antoine und St. Honoré) errichten. Aber auch so praktische Maßnahmen, wie eine durchgehende Straßenpflasterung, die ersten Straßenlaternen und frühe Formen der Kanalisation durchführen. Unter diesen Baumaßnahmen ist auch das Hôtel des Invalides mit dem Invalidendom zu nennen, wo die Kriegsversehrten kostenlos versorgt wurden, sowie das Hôpital Salpêtrière. Auch das Pariser Observatorium für wissenschaftliche Studien und das Collège des Quatre Nations, das bis heute als Sitz der Académie française dient, zählen dazu, als auch die Gründung der Comédie-Française. Paris wuchs sprunghaft und war mit 700.000 Einwohnern eine der größten Städte der Welt, in der durch Ludwigs Förderung schließlich 20 Prozent der intellektuellen Elite Europas wohnten. Die französische Hauptstadt wurde zum städtebaulichen und kulturellen Vorbild für den ganzen Kontinent.
Andere Residenzen
Der französische Hof wechselte des Öfteren den Aufenthaltsort, verließ aber nur höchst selten die Nähe von Paris. Es gab einige Hauptresidenzen in der Umgebung der Hauptstadt, welche seit langem als Sitz der Könige dienten. Diese suchte Ludwig XIV. auszubauen und zu verschönern. In Fontainebleau ließ er in den Gärten ein neues Barockparterre, einen großen Kanal und einen neuen Park anlegen. In Saint-Germain-en-Laye wurde die Große Achse geschaffen und ebenfalls die Gärten neu gestaltet. Durch die Gartenarchitektur wurde André Le Nôtre – der Schöpfer des französischen Barockgartens – in ganz Europa berühmt.
Im Schlosspark von Versailles ließ er sich mit dem Grand Trianon zudem ein Lustschloss errichten, welches wie Marly-le-Roi als Privatresidenz des Monarchen gedacht war. In Marly entstand ab 1678 eine imposante Anlage, die als einzige nicht der Öffentlichkeit zugänglich war. Hierher zog sich Ludwig XIV. vom geschäftigen und stets öffentlichen Leben in Versailles zurück. Erscheinen durfte man nur auf ausdrückliche Einladung und eine solche galt als eine der höchsten Ehren im Leben eines Höflings. In der Umgebung, der nunmehr zur Stadt erhobenen Anlagen von Versailles, entstanden zahllose Schlösser und Gärten, die von Angehörigen des Königshauses und vom Hofadel errichtet wurden. Hier suchte man Ruhe vom Hof und ging der Jagd nach, oder lud den König für ein Fest zu seinen Ehren ein. All dies verschlang ungeheure Mengen Geld und der Adel war bald gezwungen Pensionen vom König zu erbitten, um den Lebensstandard zu halten. So vergrößerte sich die Abhängigkeit der Adeligen weiter.
Persönlichkeit
Ludwig XIV. war ein komplexer Charakter. Er war für seinen Charme bekannt und brachte jedem die Höflichkeit entgegen, die ihm gebührte. Selbst vor Mägden soll er den Hut gezogen haben. Seine wichtigsten Eigenschaften waren wohl eine unerschütterliche Menschenkenntnis und der ihm nachgesagte scharfe Verstand. Als Monarch legte er einen solchen Arbeitseifer an den Tag, dass er die meisten Herrscher der Geschichte darin wahrscheinlich weit übertraf. Das Regieren fiel ihm leicht, denn er hatte eine geradezu professionelle Einstellung zu seiner Arbeit. Es wird berichtet, dass er in Sitzungen niemals ermüdete und auch jedem aufmerksam zuhörte, der das Wort an ihn richtete. Ludwig XIV. schätzte hohe Bildung und seine Kenntnisse in Politik und Geschichte waren gefürchtet. Auch zeichnete ihn enorme Willenskraft aus; so begegnete er Schmerzen und Situationen der Todesgefahr mit völliger Gelassenheit und Selbstbeherrschung. Beispielhaft dafür steht, dass er schon wenige Wochen nach einer ohne Narkose durchgeführten Operation wieder ausritt. Dennoch war er auch in hohem Maße von Egozentrik beherrscht, verbunden mit einem hohen Selbstwertgefühl. Er wurde von einem starken Drang nach Ruhm und Reputation geleitet, aber auch vom Gefühl der Pflichterfüllung gegenüber dem Staat und seinen Untertanen.
Als Kavalier war Ludwig XIV. vorbildlich. Frauen spielten in seinem Leben eine große Rolle, besonders als Mätressen. Seine Familie war ihm wichtig, besonders seinen Kindern schenkte er daher große Aufmerksamkeit. Als Vater und Großvater war er fürsorglich und liebevoll, er konnte aber auch hart und unnachgiebig sein. Seine unehelichen Kinder legitimierte er ausnahmslos, erhob sie in den Prinzenrang und verheiratete sie mit Prinzen und Prinzessinnen von Geblüt. Ludwig XIV. selbst war von durchschnittlicher Körpergröße und trug hohe Absätze, um noch größer zu wirken. Zeitgenossen berichten sogar, dass er auf viele Menschen durch seine äußere Erscheinung recht einschüchternd wirkte. Als Liebhaber und Förderer des Hofballetts tanzte er bis zu seinem 30. Lebensjahr ausgesprochen gern in öffentlichen Aufführungen. Er war auch ein guter Reiter, liebte die Jagd, das Schauspiel und besonders die Musik. Mit zahlreichen Künstlern unterhielt er freundschaftliche Beziehungen, unter denen sich Molière, Lully und Le Nôtre einer besonders tiefen Zuneigung sicher sein durften. Einige Historiker sagen Ludwig XIV. nach, er hätte von den Bourbonen die Lebensfreude, von den Medici die Kunstliebe und von den spanischen Habsburgern die majestätische Würde geerbt. In der Mode war Ludwig, durch seinen persönlichen Geschmack, immer wieder ein stilbildendes Vorbild, so bei der Einführung der Allongeperücke und des Justaucorps.
Bedeutung
Ludwig XIV. steht für den monarchischen Absolutismus schlechthin, er hat diesen zwar nicht begründet, aber in Frankreich ausgebaut und verfestigt. Auf dem Feld der Innenpolitik zeichneten ihn insbesondere die effektive Stärkung der königlichen Zentralverwaltung aus, um so traditionelle Machtrivalen, wie Schwertadel und Provinzialstände, zu schwächen. Dazu baute Ludwig konsequent ein straffes Netz aus dreißig Intendanten auf, die als Funktionsträger des Königs fungierten und so erfolgreich den Willen der Krone in den Provinzen durchsetzen konnten.[4] Dies war sicherlich einer der wichtigsten Fortschritte seiner Herrschaft. Aber es wären ebenso die Gesetzgebungswerke des Königs auf dem Gebiet der Rechtspflege (Code Louis), des Handels, der Schifffahrt und des Sklavenhandels (Code Noir) zu nennen, die zu den großen innenpolitischen Leistungen seiner Regierung gezählt werden. Zu den Schattenseiten seiner Herrschaft gehören zweifellos die Repressionen gegenüber den Hugenotten, die beispielhaft für die religiöse Intoleranz der Epoche stehen und in ganz Europa auf ähnliche Weise stattgefunden haben. In der Tat war die 1685 erfolgte Aufhebung des Ediktes von Nantes in Frankreich sogar eine der populärsten Entscheidungen seiner ganzen Amtszeit.[6]
Der Vorwurf hingegen, Ludwig XIV. hätte sein Land in den Ruin geführt, ist angesichts der historischen Realität unplausibel.[7] Eine wirtschaftliche Stagnation ließ sich in Frankreich nur während des Spanischen Erbfolgekriegs beobachten, als auch die Steuern für Gewerbe, Grundherrn und Kirche[8] ungewöhnlich hoch waren sowie durch diverse Missernten Hungersnöte hinzukamen. Nach dem kräftezehrenden Erbfolgekrieg zeigte sich das Reich der Bourbonen zwar als hoch verschuldet, aber noch immer prosperierend.[9] Die Staatsverschuldung von 1715 resultierte auch nicht aus einem übertriebenen Hang zu höfischen Luxus und Großbauten, sondern war überwiegend die Folge des Spanischen Erbfolgekriegs, der ungeheure finanzielle Anstrengungen nötig gemacht hatte. Erst mit dem Lawschen Finanzsystem ab 1716 konnte durch die Mississippi-Spekulation und dem anschließenden Zusammenbruch der Bank ein Großteil der Staatsschulden abgeschrieben werden.[10]
Die größten Erfolge kann Ludwig im Bereich der Außenpolitik vorweisen. Er hinterließ ein mächtigeres, größeres und auch strategisch abgesichertes Frankreich, das nun endgültig als eine der führenden Seemächte anerkannt war. Abgesichert nicht zuletzt deshalb, weil es ihm in den letzten Jahren seiner Herrschaft gelungen war, die habsburgische Einkreisung für immer zu beenden.[11] Allerdings musste Ludwig dafür lange Kriege führen, deren Kosten die große Masse der Bevölkerung zu tragen hatte. Dennoch waren die Steuern seiner Zeit sicher nicht – wie gern behauptet – ruinös für die Untertanen.[12] Eine beachtliche Leistung nach innen und außen war ebenso die Kunst- und Repräsentationspolitik. Mit deren Hilfe hatte Ludwig quasi eine Hegemonie der französischen Kultur über Europa etablieren können, die sich sogar bis in das 19. Jahrhundert erhalten sollte.[12]
Der Sonnenkönig wurde immer wieder, je nach Epoche und politischer Ausrichtung, höchst unterschiedlich bewertet. So galt er den Republikanern als ein Scheusal der Autokratie und die nationalistischen Deutschen stilisierten ihn zum Raubkönig, der Deutschland im Würgegriff gehalten habe. Tatsächlich lieferte Ludwig durch seine aggressive Expansionspolitik den Deutschnationalen ein Argument für die deutsch-französische Erbfeindschaft. Viele andere hingegen sehen in ihm einen pflichtbewussten und umsichtigen Monarchen, der bereits Prinzipien der Aufklärung vorwegnahm.[13] In Frankreich wird er bis heute für seine tatkräftige Steigerung der nationalen Größe verehrt und zu den mit Abstand bedeutendsten Persönlichkeiten der französischen Geschichte gezählt. Der erste Autor, der ihm eine umfangreiche historische Analyse widmete, war Voltaire, der über Ludwig XIV. urteilte:
- Er hat Mängel und Gebrechen gehabt, er hat Fehler begangen – aber würden die, die ihn verurteilen, ihn erreicht haben, wenn sie an seiner Stelle gewesen wären? […] Man wird seinen Namen nicht ohne Ehrfurcht aussprechen können.
Werke
- Mémoires pour l’instruction du Dauphin: Die politische Autobiografie Ludwigs XIV. Eigentlich geschaffen um den Kronprinzen in die Geheimnisse der Politik einzuführen, indem der König Rechenschaft über seine ersten Regierungsjahre ablegt. Ab 1670 geschrieben, umfassen die Memoiren die Jahre 1661, 1662, 1666, 1667 und 1668, sowie die Betrachtungen über den Herrscherberuf von 1679 und die politischen Ratschläge an seinen Enkel Philipp V. von Spanien aus dem Jahr 1700. Sie stellen nicht nur einen Tatenbericht dar, sondern geben auch einen lebendigen Eindruck von der Weltanschauung und dem Realismus des Monarchen. Am Ende seiner Herrschaft wollte Ludwig XIV. die geheimen Manuskripte im Kamin vernichten, nur das beherzte Eingreifen des Herzogs de Noailles und sein Talent ihm diese „abzuschwatzen“ retteten sie. 1749 übergab der Herzog die Manuskripte der königlichen Bibliothek.
- Manière de montrer les jardins de Versailles: Die Art und Weise die Gärten von Versailles zu besichtigen. Dieser Führer stellt einen sehr intimen Einblick in das Wesen des Königs dar. Die königlichen Gärten, geschaffen von André Le Nôtre, hatten eine politische Funktion zu erfüllen, ihre Aussage als Instrument des Staates war eindeutig. Ludwig XIV. liebte seine Gärten sehr, weshalb er eigenhändig diese Anweisungen verfasste, mit deren Hilfe es möglich war, die Gärten in ihrer logischen Abfolge zu begehen und so den Kunstgenuss auf das höchste zu steigern. Es sind sechs Versionen bekannt.
Kinder
Legitime Kinder mit Königin Maria Theresia:
- Louis, dauphin de France (1661–1711)
- Anne Elisabeth (18. November 1662 – 1662)
- Marie Anne (16. November 1664 – 1664)
- Marie Thérèse (* 1667; † 1672)
- Philippe Charles, duc d'Anjou (1668–1671)
- Louis François, duc d'Anjou (*/† 1672)
Uneheliche Kinder:
Vier Kinder mit Louise Françoise de La Vallière:
- Charles (* 19. November 1663; † 1665)
- Philippe (* 7. Januar 1665; † 1666)
- Marie Anne, mademoiselle de Blois (1666–1739); ∞ Louis Armand I., prince de Conti
- Louis, comte de Vermandois (* 3. Oktober 1667; † 1683)
Sechs Kinder mit Françoise Athénaïs de Montespan:
- Louis Auguste, duc du Maine (1670–1736)
- Louis César, comte de Vexin (1672 – 10. Januar 1683)
- Louise Françoise, mademoiselle de Nantes (1673–1743); ∞ Louis III., prince de Condé
- Louise Marie (12. November 1674 – 15. September 1681)
- Françoise Marie, mademoiselle de Blois (1677–1749); ∞ Philippe II. de Bourbon, duc d’Orléans
- Louis Alexandre, comte de Toulouse (1678–1737)
Ein Kind mit Marie Angélique de Fontanges:
- 1 Sohn (*/† 1679)
Vorfahren
Ludwig XIV.
König von Frankreich und NavarraLudwig XIII.
König von Frankreich und NavarraHeinrich IV.
König von Frankreich und NavarraAntoine de Bourbon
Herzog von Vendôme und Beaumont
Prinz von FrankreichJohanna III.
Königin von Navarra
Herzogin von AlbretMaria von Medici
Regentin von Frankreich
Großherzogin der ToskanaFranz I. von Medici
Großherzog der ToskanaJohanna
Erzherzogin von ÖsterreichAnna von Österreich
Regentin von Frankreich
Infantin von Spanien und Portugal
Erzherzogin von ÖsterreichPhilipp III.
König von Spanien und Portugal
Erzherzog von ÖsterreichPhilipp II.
König von Spanien und Portugal
Erzherzog von ÖsterreichAnna
Erzherzogin von ÖsterreichMargarete
Erzherzogin von ÖsterreichKarl II.
Herzog von Steiermark
Erzherzog von ÖsterreichMaria Anna
Herzogin von BayernLiteratur
- Schriften Ludwigs XIV.
- Briefe. Hrsg. von P. Gaxotte, Übersetzung M. Spiro. Kompass, Basel/Leipzig 1931.
- Manière de montrer les jardins de Versailles. Simone Hoog, Réunion des Musées Nationaux 2001, ISBN 2-7118-4224-X.
- Memoiren. Hrsg. von J. Longnon, Übersetzung L. Steinfeld. Kompass, Basel/Leipzig 1931.
- Mémoires de Louis XIV. Jean Longnon, Tallandier, Paris 2001, ISBN 2-235-02294-4.
- Biografien
- Olivier Bernier: Ludwig XIV. Die Biographie. Albatross, Düsseldorf 2003, ISBN 3-491-96085-1.
- Philippe Erlanger: Ludwig XIV. Das Leben eines Sonnenkönigs. Bechtermünz, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-154-6.
- Warren H. Lewis: Ludwig XIV. Der Sonnenkönig. Heyne, München 1989, ISBN 3-453-55034-X.
- Uwe Schultz: Der Herrscher von Versailles. Ludwig XIV und seine Zeit. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54989-6.
- Bernd-Rüdiger Schwesig: Ludwig XIV. mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-499-50352-2.
- Darstellung von Ludwigs Politik und Zeit
- François Bluche: Im Schatten des Sonnenkönigs. Alltagsleben im Zeitalter Ludwigs XIV. Ploetz, Freiburg 1986, ISBN 3-87640-253-0.
- Peter Burke: Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs. Wagenbach, Berlin 2001, ISBN 3-8031-2412-3.
- Pierre Goubert: Ludwig XIV. und zwanzig Millionen Franzosen. Propyläen, Berlin 1973, ISBN 3-549-07280-5.
- Manfred Kossok: Am Hofe Ludwigs XIV. DVA, Stuttgart 1990, ISBN 3-421-06523-3.
- Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. Muster-Schmidt, Göttingen 1994, ISBN 3-7881-0143-1.
- Voltaire: Le siècle de Louis XIV. Le Livre de Poche, Paris 2005, ISBN 2-253-08696-7.
- Gilette Ziegler: Der Hof Ludwigs XIV. in Augenzeugenberichten. Rauch, Düsseldorf 1964.
- Kunst und Architektur
- Pierre-André Lablaude: Die Gärten von Versailles. Werner, Worms 1995, ISBN 3-88462-117-3.
- Vincent Maroteaux: Marly. L’autre palais du soleil. Vögele, Genf 2002, ISBN 3-9522154-4-9.
- Jean-Marie Pérouse de Montclos: Versailles. Könnemann, Köln 1996, ISBN 3-89508-280-5.
- Orest Ranum: Paris in the Age of Absolutism. An essay. State University Press, Pennsylvania, P.A. 2003, ISBN 0-271-02221-3.
- Militär und Kriege
- John A. Lynn: Giant of the Grand Siècle. The French Army 1610–1715. CUP, Cambridge 1999, ISBN 0-521-57273-8.
- John A. Lynn: The Wars of Louis XIV 1667–1714. Longman, London 1999, ISBN 0-582-05629-2.
- Paul Sonnino: Louis XIV and the origins of the Dutch War. CUP, Cambridge 1988, ISBN 0-521-34590-1.
- Quellen
- Elisabeth Charlotte von der Pfalz: Die Briefe der Liselotte von der Pfalz. Insel, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-458-32128-4.
- Giovanni B. Primi Visconti: Mémoires sur la cour de Louis XIV. Perrin, Paris 1988, ISBN 2-262-00537-0.
- Kardinal von Retz: Memoiren. Auszüge. Reclam, Leipzig 1977.
- Louis de Rouvroy, Herzog von Saint-Simon: Erinnerungen. Der Hof Ludwig XIV. nach den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Saint-Simon. Reclam, Stuttgart 1983, ISBN 3-15-007954-3.
- Ezechiel Spanheim: Relation de la Cour de France en 1690. Mercure de France, Paris 1988.
Weblinks
Wiktionary: Sonnenkönig – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenCommons: Ludwig XIV. – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienWikisource: Ludwig XIV. – Quellen und Volltexte- Literatur von und über Ludwig XIV. im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Druckschriften von und über Ludwig XIV. im VD 17
- Louis XIV – Infoseite
- Die Onlineausgabe von Voltaires Le siècle de Louis XIV
- Eine genealogische Übersicht über Vorfahren und Familie
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. hierzu: Manfred Kossok: Am Hofe Ludwigs XIV. S. 25, sowie Olivier Bernier: Ludwig XIV. Die Biographie. S. 110; für das tatsächliche Selbstverständnis von Ludwig XIV. in Bezug auf Politik und Staatswesen siehe: Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 67ff
- ↑ www.reims-kathedrale.culture.fr: Chronologie der in Reims gekrönten französischen Könige zwischen 1027 und 1825, abgefragt am 2. Juni 2011
- ↑ Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 120
- ↑ a b Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 156
- ↑ Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 75f
- ↑ Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 116ff
- ↑ Olivier Bernier: Ludwig XIV. Die Biographie. S. 369
- ↑ Manfred Kossok, Am Hofe Ludwigs XIV, S. 167
- ↑ François Bluche: Im Schatten des Sonnenkönigs. Alltagsleben im Zeitalter Ludwigs XIV. S. 2ff
- ↑ Betier de Sauvigny, Geschichte der Franzosen, S. 213 und 214
- ↑ Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 122ff
- ↑ a b Olivier Bernier: Ludwig XIV. Die Biographie. S. 370
- ↑ François Bluche: Im Schatten des Sonnenkönigs. Alltagsleben im Zeitalter Ludwigs XIV. S. 5
Vorgänger Amt Nachfolger Ludwig XIII.
König von Frankreich und Navarra
1643–1715Ludwig XV.
französischer Kofürst von Andorra
1643–1715Dieser Artikel wurde am 3. Mai 2005 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen. Kategorien:- Wikipedia:Gesprochener Artikel
- Wikipedia:Exzellent
- König (Frankreich)
- König (Navarra)
- Dauphin von Frankreich
- Graf (Barcelona)
- Mäzen
- Geschichte Frankreichs in der Frühen Neuzeit
- Ludwig XIV.
- Haus Bourbon
- Franzose
- Geboren 1638
- Gestorben 1715
- Mann
Wikimedia Foundation.