- Circus cyaneus
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Kornweihe Systematik Klasse: Vögel (Aves) Ordnung: Greifvögel (Falconiformes) Familie: Habichtartige (Accipitridae) Unterfamilie: Weihen (Circinae) Gattung: Weihen (Circus) Art: Kornweihe Wissenschaftlicher Name Circus cyaneus (Linnaeus, 1766) Die Kornweihe (Circus cyaneus) ist ein Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Zusammen mit der Rohrweihe und der Wiesenweihe bildet sie die drei Arten aus der Gattung der Weihen, die in Deutschland vorkommen. Die Kornweihe gehört in ganz Mitteleuropa zu den seltensten Brutvogelarten, kommt aber als Wintergast etwas häufiger vor.
Die wissenschaftliche Artbezeichnung cyaneus stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet stahlblau. Dies ist die Gefiederfarbe des Männchens.[1]
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Erscheinungsbild ausgewachsener Kornweihen
Die Kornweihe ist mit 43 cm (Männchen) bzw. 51 cm (Weibchen) Länge deutlich kleiner und schlanker gebaut als die Rohrweihe. Die Flügelspannweite beträgt etwa 105 cm. Die Männchen wiegen 300-400 Gramm, die Weibchen sind mit 410-710 Gramm wesentlich schwerer. Männchen und Weibchen sehen sehr unterschiedlich aus. Die Weibchen sind braun und haben einen auch im Flug gut sichtbaren Bürzel. Auffällig ist der helle Halskragen der Weibchen. Da auch die Weibchen der Steppen- und Wiesenweihen diese Merkmale haben, ist es nur sehr erfahrenen Beobachtern möglich, die Weibchen dieser Arten auseinanderzuhalten.
Erwachsene Kornweihenmännchen sehen aus der Entfernung hell-taubenblau aus; sie haben deutlich abgegrenzte schwarze Flügelspitzen. Aus der Nähe ist der Rücken aschgrau, Kopf und Brust sind dunkler graublau. Sie unterscheiden sich durch das Fehlen einer dunklen Flügelbinde von den übrigen Weihen. Die Jungvögel sind braun mit längsgestreifter Unterseite.
Erscheinungsbild der Nestlinge
Die Jungen der Kornweihe sind Nesthocker. Frisch geschlüpfte Nestlinge haben an Kopf, Körper und Schenkel Dunen. Dieses erste spärlichen Dunenkleid ist überwiegend weiß. Lediglich Rücken, Flügel, Kopf- und Halsseiten sind bräunlich weiß. Die Schnabelkante, die Beine sowie die Wachshaut und die Krallen sind rosa. Der Schnabel ist dagegen schwarz. Das zweite und dichtere Dunenkleid ist gräulichbeige. Bei heranwachsenden Dunenküken färben sich die Wachshaut, die Schnabelkanten sowie die Läufe allmählich in ein gelb um. Die Krallen, die bei frisch geschlüpften Nestlingen noch rosa sind, werden schwarz.
Jungvögel weisen eine große Ähnlichkeit mit den Weibchen auf.
Stimme
Beide Partner sind sehr ruffreudig, man hört sowohl keckernde Rufreihen als auch Pfeiflaute in der Nähe des Horstes.
Verbreitung
Die Kornweihe bevorzugt offenes Gelände, Heide- und Dünenflächen, Moore und Sümpfe mit ausgedehnten Röhrichtbeständen. Ursprünglich waren Kornweihen über fast ganz Europa (außer Island) und Nordafrika sowie Westasien als Brutvogel verbreitet; mittlerweile bestehen in Mitteleuropa erhebliche Verbreitungslücken. Ursachen dieses disjunkten Verbreitungsgebietes ist eine Habitatvernichtung durch den Menschen. Vor allem durch Landwirtschaft, Torfindustrie und Wasserwirtschaft gehen die Lebensräume zurück, die von der Kornweihe genutzt werden. Von Herbst bis Frühjahr sind auf Moor-, Heide- und Brachflächen Überwinterungsgäste zu beobachten. Eine verwandte Form kommt in Nordamerika vor.
Ernährung
Die Strategie der Kornweihen ist die Überrumpelung ihrer Beute im niedrigen "gaukelnden" Suchflug mit V-förmig gehaltenen Flügeln. Geschickt nutzen sie Deckungen aus und erscheinen überraschend. Die Hauptnahrung besteht aus kleinen Säugetieren wie Wühlmäusen und Kleinvögeln, aber auch aus Eidechsen, Fröschen und Insekten. Die größeren Kornweihenweibchen erbeuten auch Blässhühner und junge Wildkaninchen. Ähnlich wie die Rohrweihe hat auch die Kornweihe keine festen Rupfungsplätze. Sie bearbeitet ihre Beute dort, wo sie sie geschlagen hat.[2]
Balz
Ab März/April sind beeindruckende Schauflüge der Kornweihen zu beobachten. Das Paar kreist in harmonischen, verschlungenen Kurven. Dazwischen steigt das Männchen senkrecht in die Höhe und kehrt in einem Sturzflug zur Partnerin zurück. Auch das Weibchen zeigt seine Flugkünste, aber nicht so auffällig.
Die Kornweihe zählt zu den Weihenarten mit einer ausgeprägten Polygynie. Einjährige Männchen sind gewöhnlich noch nur mit einem Weibchen verpaart. Unter den mehrjährigen Männchen haben ein hoher Prozentsatz zwei Weibchen. In Ausnahmefällen sind Männchen sogar mit bis zu sechs Weibchen verpaart. Einzelpaare haben in der Regel den höheren Bruterfolg je Gelege. Pro Nest fliegen bei ihnen 2,3 Jungvögel aus. Bei Männchen, die mit zwei oder mehr Weibchen verpaart sind, sinkt die Reproduktionsrate der Weibchen dagegen. Dies hängt damit zusammen, dass das Männchen einen wesentlichen Anteil bei der Nahrungsversorgung sowohl für das brütende Weibchen als auch die Jungvögel hat. Entsprechend werden in Paarbeziehungen, bei denen zwei Weibchen auf ein Männchen kommt, 1,5 Jungvögel pro Gelege groß. Hat das Männchen jedoch vier Weibchen, zieht jedes dieser Weibchen nur noch einen Jungvogel groß. Polygyne Männchen haben damit insgesamt einen höheren Fortpflanzungserfolg als monogame Männchen.[3] Weibchen in solchen polygynen Paarbeziehungen haben dagegen einen geringeren Bruterfolg, da sie gezwungen sind, früher und häufiger für die Jungvögel nach Nahrung zu suchen. Brutverluste sind dadurch bei ihnen wahrscheinlicher.
Brut
Die Kornweihe brütet bevorzugt in offenen Landschaften wie in Mooren, Heiden, Verlandungszonen und Dünen. Sie sind Bodenbrüter, die ihre Eier in dichteren Vegetationsstreifen in einem relativ kleinen Nest aus Zweigen, Gräsern und Halmen ablegen. Bei nassem Untergrund ist der Horst größer und weist eine höhere Schichtung aus Reisig und Halmen auf. Gelegentlich sie den engeren Horstbereich erneut. Die eigentliche Nistmulde wird jedoch kein zweites Mal genutzt. Auch ein kolonienartiges Brüten wird gelegentlich bei dieser Art festgestellt.[4]
In Deutschland findet die Eiablage ab Anfang Mai statt. In klimatisch günstigeren Regionen beginnt die Brut dagegen schon Ende April. Die Eiablage kann sich im nördlichen Verbreitungsgebiet bis zum Anfang Juni hinziehen. Ein Vollgelege umfasst gewöhnlich zwischen vier und sechs Eier. Ungewöhnlich große Gelege enthalten aber auch 12 Eier.[5] Die Eier sind kurzelliptisch, messen im Durchschnitt 46,2 x 35,2 Millimiter. Sie haben eine bläulichweiße Schalenfarbe und sind mit einigen hellbraunen Klecksen gesprenkelt. Der Legeabstand zwischen den einzelnen Eiern ist groß und beträgt mindestens zwei Tage. ES brütet allein das Weibchen, die das Brutgeschäft in der Regel zwischen dem zweiten und dem vierten Ei aufnimmt. Die Inkubationszeit beträgt 29 bis 31 Tage. Das Männchen trägt sowohl während der Inkubationszeit als auch in den ersten zwei Lebenswochen der Nestlinge, in denen das Weibchen intensiv hudert, das Futter heran. Das Weibchen fliegt dem rufenden Männchen entgegen und übernimmt das Futter von ihm im Flug.
Der Wechsel ins Jugendkleid beginnt ab dem 14. Lebenstag. Mit 35 Tagen sind sie voll befiedert. Sie verlassen um diese Zeit das Nest und halten sich im Pflanzenbewuchs der Umgebung auf. Mit etwa 37 Tagen sind sie flügge. Sie werden in dieser Zeit nach wie vor von den Elternvögeln gefüttert und die Jungvögel halten sich noch für mehrere Wochen in der Nähe des elterlichen Horstes auf.
Wie fast alle Bodenbrüter haben Kornweihen große Verluste. Pro angefangener Brut fliegen im Durchschnitt nur etwa 1,2 Junge aus und von diesen sterben im ersten Jahr etwa 60%.
Zugverhalten
In Westeuropa ist die Kornweihe Standvogel. Schwedische und russische Vögel dagegen wandern im Winter Richtung Mittel- und Südeuropa und Türkei.
Bestand
Die Kornweihe kommt in Deutschland nur noch in Restbeständen von wohl nicht einmal mehr 50 Brutpaaren vor, hauptsächlich auf den Ostfriesischen Inseln. Sie ist in Deutschland vom Aussterben bedroht (Rote Liste - Kategorie 1).
Belege
Einzelnachweise
- ↑ Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas – Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen, Aula-Verlag, Wiebelsheim 2007, ISBN 978-3-89104-709-5, S. 98
- ↑ Wolf-Dieter Busching: Einführung in die Gefieder- und Rupfungskunde, Aula Verlag, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-89104-695-2, S. 129
- ↑ Bezzel, S. 157
- ↑ Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 89
- ↑ Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 89
Literatur
- Einhard Bezzel: Vögel. BLV Verlagsgesellschaft, München 1996, ISBN 3-405-14736-0
- Benny Génsbol, Walther Thiede; Greifvögel - Alle europäischen Arten, Bestimmungsmerkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefährdung, Bestandsentwicklung, BLV Verlag München, 1997, ISBN 3-405-14386-1
Weblinks
- Circus cyaneus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. Abgerufen am 30. Januar 2009
- Videos, Fotos und Tonaufnahmen zu Circus cyaneus in der Internet Bird Collection
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