Codex Falkensteinensis

Codex Falkensteinensis
Grafenfamilie in der Handschrift

Der Codex Falkensteinensis (auch Codex diplomaticus Falkensteinensis oder Falkensteiner Codex) ist eine bedeutende mittelalterliche Handschrift, die sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München befindet. Das Stiftbuch wurde 1166 als Urbar und Lehensverzeichnis von Kanonikern des Stifts Herrenchiemsee auf Veranlassung der Grafen von Neuburg-Falkenstein verfasst. Das Werk, das auf der Falkensteiner Neuburg bei Vagen entstand, gilt als einzig erhaltenes Traditionsbuch einer weltlichen Herrschaft aus der Stauferzeit.

Inhaltsverzeichnis

Historische und rechtliche Bedeutung

Im Falkensteiner Codex sind Besitzungen der Herren von Neuburg-Falkenstein aufgeführt, die in dieser Zeit außer den Kernlanden im Inntal und im Tal der Großen Vils weite Ländereien zwischen dem oberbayerischen Mangfalltal und Niederösterreich umfassten. Siboto IV. ließ die Schrift vor seiner Teilnahme am vierten Italienfeldzug Friedrich Barbarossas verfassen, um die Besitzverhältnisse für seine unmündigen Kinder zu sichern, falls er auf der Reise umkommen sollte.

Der Falkensteiner Codex enthält Regelungen zur vormundschaftlichen Betreuung der Kinder des Grafen und eine Aufstellung der Passivlehen und des Allodialbesitzes des Falkensteiner Geschlechts. Nachträge jüngeren Datums umfassen Einträge über verschiedenartige Rechtsgeschäfte, Ertragslisten und familiengeschichtliche Notizen.

Eine Besonderheit stellt die Abschrift eines geheimen Briefes Sibotos IV. an seinen niederösterreichischen Dienstmann Ortwin von Merkenstein dar, in dem er diesen anweist, seinen Feind Rudolf von Piesting zu eliminieren. Es geht aus dem Wortlaut des Schreibens nicht sicher hervor, ob Siboto einen Mord oder eine Blendung in Auftrag gegeben hat. Es ist letztlich auch nicht klar, ob Sibotos Mordbrief echt ist und die Tat womöglich ausgeführt wurde oder ob es sich um eine Fälschung zum Zwecke der Verunglimpfung Sibotos handelt. Schließlich besteht auch noch die Möglichkeit, dass der Brief tatsächlich von Siboto verfasst, aber einbehalten wurde, um als Druckmittel für seine niederösterreichischen Verwandten zu dienen[1].

Kunstgeschichtliche Aspekte

Der Falkensteiner Codex ist mit einer bildlichen Darstellung der Grafenfamilie illustriert, die den Grafen Siboto IV., seine Gattin Hildegard von Mödling und die Söhne Kuno und Siboto V. darstellt und als eines der ältesten Familienbilder gilt. Weitere Miniaturen sind zweifarbig als Randillustrationen ausgeführt.

Weblinks

Literatur

  • K. Weidemann: Hof, Burg und Stadt im östlichen Oberbayern während des frühen und hohen Mittelalters. In: Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz (Hrsg.): Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern. Band 18: Miesbach, Tegernsee, Bad Tölz, Wolfratshausen, Bad Aibling. Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein 1971.
  • Elisabeth Noichl: Codex Falkensteinensis. Die Rechtsaufzeichnungen der Grafen von Falkenstein. Beck, München 1978, ISBN 3-406-10388-X, (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte N. F. 29).
  • Werner Rösener: Codex Falkensteinensis. Zur Erinnerungskultur eines Adelsgeschlechts im Hochmittelalter. In: Werner Rösener: (Hrsg.): Adelige und bürgerliche Erinnerungskulturen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000, ISBN 3-525-35427-4, (Formen der Erinnerung 8), S. 35–55.

Einzelnachweise

  1. Patrick J. Geary, John B. Freed (2008). Literacy and Violence in Twelfth-Century Bavaria: The "Murder Letter" of Count Siboto IV. Viator 25, 115-130. DOI 10.1484/J.VIATOR.2.301210

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