- Codex argenteus
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Der Codex Argenteus [ˈkoːdɛks arˈgɛnteʊs] (lat. codex, „Buch“; argenteus, „aus Silber“) ist der Rest eines Evangeliars in gotischer Sprache, der in der Universitätsbibliothek Carolina Rediviva zu Uppsala aufbewahrt wird. Der ursprünglich mindestens 336 Blätter umfassende Codex ist mit silber- und goldfarbener Tinte auf purpurfarbenes Pergament geschrieben. Darauf bezieht sich der Name „Silbercodex“ und nicht wie fälschlicherweise oft angenommen auf den 1665 hinzugefügten Silbereinband, denn die Bezeichnung Codex Argenteus tauchte bereits 1597 auf.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Handschrift
Der Codex enthält Teile der vier Evangelien als Abschrift der gotischen Bibelübersetzung (Wulfilabibel) des Bischofs Wulfila (lat. Ulfilas) (311–383) und zählt zu den ältesten schriftlichen Zeugnissen einer germanischen Sprache. Der Codex wurde vielleicht um 500 in Norditalien geschrieben, vermutlich für Theoderich den Großen. Er ist zuerst im Kloster Werden nachweisbar und geriet auf unbekannten Wegen in den Besitz des Kaisers des Heiligen Römisches Reiches Deutscher Nation Rudolfs II., der die Kostbarkeit in der Prager Burg verwahrte.
Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges fiel der Codex bei der Plünderung Prags schwedischen Truppen in die Hände und gelangte nach einigen Umwegen in den Besitz des schwedischen Reichskanzlers Magnus Gabriel de la Gardie, der zugleich Kanzler der Universität Uppsala war. Dieser schenkte der dortigen Universitätsbibliothek 1669 die inzwischen noch verbliebenen 187 Blätter, versehen mit dem neu angefertigten Silbereinband.
Ein weiteres Blatt des Codex wurde im Oktober 1970 im Dom zu Speyer in einem aus Aschaffenburg stammenden Reliquienschrein entdeckt.
Der Text des Vaterunser (Mt 6,9–13 EU) lautet im Codex Argenteus folgendermaßen:
- atta unsar þu ïn himinam
- weihnai namo þein
- qimai þiudinassus þeins
- wairþai wilja þeins
- swe ïn himina jah ana airþai
- hlaif unsarana þana sinteinan gif uns himma daga
- jah aflet uns þatei skulans sijaima
- swaswe jah weis afletam þaim skulam unsaraim
- jah ni briggais uns ïn fraistubnjai
- ak lausei uns af þamma ubilin
- unte þeina ïst þiudangardi
- jah mahts jah wulþus ïn aiwins
- amen
Bedeutung des Codex
Der Codex Argenteus ist (neben den 4 Blättern des Codex Gissensis, den ebenfalls 4 Blättern des Codex Carolinus und den 193 Blättern der Codices Ambrosiani A–E) eines der wenigen umfangreichen überlieferten Zeugnisse in gotischer Sprache.
Literatur
- Tönnes Kleberg: Codex Argenteus. Silver Bibeln i Uppsala. Universitets Bibliotek, Uppsala 1954 (auf deutsch: Codex Argenteus. Die Silberbibel von Uppsala. 4. bearbeitete Auflage. Almqvist & Wiksell, Uppsala 1981. ISBN 91-85092-14-2)
- Lars Munkhammar: Silverbibeln. Theoderiks bok. Carlsson, Stockholm 1998. ISBN 91-7203-830-6
Populärliterarische Darstellungen
- Otto Schlißke: Die silberne Handschrift. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1959 (Spannende Erzählung als historischer Roman)
Weblinks
- The Codex Argenteus Online (Onlineversion des 1927 erschienenen Faksimiles des Codex Argenteus)
- Lars Munkhammar: Codex Argenteus. From Ravenna to Uppsala. The wanderings of a Gothic manuscript from the early sixth century (ausführlichere Darstellung der Überlieferungsgeschichte in englischer Sprache)
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