- Gotische Sprache
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Gotisch (*Gutiska razda) Gesprochen in
Dakien, Oium, Gallia Narbonensis, Hispanien Sprecher (ausgestorben) Linguistische
Klassifikation- Indogermanisch
- Germanisch
- Ostgermanisch
- Gotisch
- Ostgermanisch
- Germanisch
Offizieller Status Amtssprache von (ausgestorben) Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-2: got
ISO 639-3: got
Die Gotische Sprache (Eigenbezeichnung: *gutiska razda) war eine vom germanischen Stamm der Goten gesprochene ostgermanische Sprache. Sie ist dank der sogenannten Wulfilabibel die älteste überlieferte germanische Schriftsprache.
Das Gotische unterscheidet sich von west- und nordgermanischen Sprachen vor allem durch den Erhalt der Nominativ Maskulinum Singular-Endung -s: gotisch dags, gasts, sunus gegenüber althochdeutsch tag, gast, sunu oder altnordisch dagr, gestr, sunr (wo sich -s in -r gewandelt hat, siehe Rhotazismus). Außerdem liefert es die einzigen Belege einiger archaischer Formen (siehe: Grammatik, Verben, Archaismen, und vgl. gotisch gasts und lateinisch hostis).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im 4. Jahrhundert übersetzte der gotische Bischof Wulfila, oder vielmehr eine Gruppe von Übersetzern um ihn herum, die Bibel ins Gotische. Neben der Wulfilabibel gibt es nur wenige andere gotische Sprachzeugnisse, etwa einige Runeninschriften, die Skeireins (Bibelauslegungen), ein Bruchstück eines Kalenders und ostgotische Urkundenunterschriften aus dem 6. Jahrhundert.
Nach dem Ende der gotischen Reiche (Ostgotenreich in Italien 493–555 und Westgotenreich in Gallien und Spanien 418–711) ging auch die gotische Sprache weitgehend verloren, wobei in Spanien bereits seit dem Übertritt der gotischen Herrenschicht (nur etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung waren Goten) vom Arianismus zum Katholizismus und der damit einhergehenden Vermischung der verschiedenen Volksgruppen (Romanen, Goten, Sweben, romanisierte Kelten) unter König Rekkared I. (Regierungszeit von 586 bis 601) der Gebrauch der gotischen Sprache zugunsten der frühspanischen Umgangssprache zurückging.
Nur auf der Halbinsel Krim, bei dem dort zurückgebliebenen Teil der Ostgoten, den späteren Krimgoten, konnte sich das Krimgotische von der Einwanderung Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. bis um ca. 1800 halten, bevor es endgültig von der tatarischen Sprache verdrängt wurde. Umstritten ist die Verwandtschaft der gotischen Sprache mit skandinavischen Sprachen, die in der Regel mit der in der gotischen Stammes-Sage angegebenen Herkunft aus Südschweden (siehe Scandza) in Zusammenhang gebracht werden. Immerhin gibt es auffällige Ähnlichkeiten im Wortschatz des Schwedischen (insbesondere des auf Gotland gesprochenen Dialekts Gutamål) und des Gotischen, während das Gotische in morphologischer Hinsicht interessante Ähnlichkeiten zum Althochdeutschen zeigt.
Lautlehre
Das Gotische kennt fünf kurze[1] und sieben lange Vokale:[2]
Vorne Hinten ungerundet gerundet ungerundet gerundet kurz lang kurz lang kurz lang kurz lang Geschlossen <i> [i] <ei> [i:] <w> [y] 1 <w> [y:] 1 <u> [u] <u> [u:] Halbgeschlossen <e> [e:] <o> [o:] Halboffen <ai> [ɛ] 2 <ai> [ɛ:] <au> [ɔ] 2 <au> [ɔ:] Offen <a> [a] <a> [a:] 3 - 1 Nur = υ, οι in griechischen Lehnwörtern (swnagoge = συναγωγή, Lwstrws = Λύστροις).
- 2 Vor /r, h, ʍ/ (taíhun „Zehn“, waúrd „Wort“),[3] in der Reduplikationssilbe (saíslep „schlief“)[4] und in griechischen und lateinischen Lehnwörtern (apaústaúlus = ἀπόστολος, laíktjo = lectio).
- 3 Nur aus Ersatzdehnung (brāhta < *branhtē „brachte“).
Von den germanischen Diphthongen ist nur noch [iu] <iu> erhalten. Einige Forscher nehmen an, dass die germanischen Diphthonge ai und au in Wulfilas Sprache immer noch als [ai] bzw. [au] ausgesprochen wurden; eine andere Ansicht ist, dass sie monophthongiert worden waren. In den gotischen Namen schreiben die lateinischen Schriftsteller dafür einen Monophthong ab dem 4. Jahrhundert (Austrogoti > Ostrogoti). Allerdings schreibt die Historia Augusta (ca. 360(?), also wahrscheinlich zur Zeit Wulfilas) Austrogothi; die o für au sind alle jünger. Ob noch im 6. Jh. bei Jordanes Gapt, dessen p vielleicht wie [w] ausgesprochen wurde, für Gaut stehen könnte, ist ungewiss. Auch ai ist zumindest bis 400 erhalten (Gainas, Radagaisus). Der Ring von Pietroassa hat hailag. Das während der Wandalenherrschaft in Afrika, also ca. 430–530, entstandene Gedicht De conviviis barbaris der Anthologia Latina hat eils, also ebenfalls Diphthong. Die Wiedergabe griechischer Wörter im Bibelgotisch spricht hingegen für eine monophthongische Aussprache (z. B. Pawlus); e und o sind also immer lang, auch wenn sie nicht durch Akzente gekennzeichnet sind. Langes „i“ wird durch ei dargestellt.
Die Konsonanten sind:
Labiale Dentale Alveolare Palatale Velare Labiovelare Laryngale stimmlos stimmhaft stimmlos stimmhaft stimmlos stimmhaft stimmlos stimmhaft stimmlos stimmhaft stimmlos stimmhaft stimmlos Verschlusslaute <p> [p⁽ʰ⁾]
<b> [b̥] 1
<b> [b] 2<t> [t⁽ʰ⁾]
<d> [d̥] 1
<d> [d] 2
?<ddj> [ɟ] 3<k> [k⁽ʰ⁾]
<g> [g̊] 1
<g> [g] 2<q> [kʷ⁽ʰ⁾]
<g> [g̊ʷ] 1
<gw> [gʷ] 3,4,5Reibelaute <f> [ɸ, f] <b> [β] 3 <þ> [θ] <d> [ð] 3 <s> [s] <z> [z] 3 <g> [x] 4
<h> [x] 5<g> [ɣ] 3 Approximanten <j> [j] <ƕ> [ʍ] <w> [w] <h> [h] Nasale <m> [m] <n> [n] <g, n> [ŋ] 6 Laterale <l> [l] Vibranten <r> [r] - 1 Im Auslaut nach einem Nasal.
- 2 Im Anlaut und nach einem Nasal.
- 3 Im Inlaut.
- 4 Im Auslaut oder vor einem stimmlosen Konsonanten.
- 5 Vor einem Konsonanten.
- 6 Vor velaren Okklusiven.
Lautlich (phonologisch) hat sich vom Germanischen zum Gotischen weniger verändert als zu den übrigen altgermanischen Sprachen. Dies hängt sehr wahrscheinlich auch damit zusammen, dass die Überlieferung des Gotischen – mit Ausnahme der altnordischen Runeninschriften – fast dreihundert Jahre vor der Überlieferung der anderen germanischen Sprachen einsetzt.
Die folgenden Lautgesetze werden angewandt:
- germ. e > got. i (auch im Diphthong eu > iu)
- i und u werden vor r, h, ƕ zu aí [ɛ] bzw. aú [ɔ] geöffnet.
- Auslautverhärtung: b, d, g, z werden im absoluten Auslaut und vor s zu f, þ, h (g), s
- Verschärfung: ww, jj > ggw (triggws „treu“), ddj (-waddjus „Wand“)
Einfluss des Gotischen auf die Aussprache des Spanischen
Merkwürdigerweise verfügt die spanische Sprache über nicht weniger als fünf Laute, die im Germanischen, nicht aber im Lateinischen vorhanden waren, aus dem das Spanische hervorgegangen ist: [χ], [β], [ð], [ɣ] und [θ] (im Gotischen „þ“ geschrieben). Da dieser Zuwachs im frühen Mittelalter geschah, zur Zeit der Herrschaft der Westgoten über fast die gesamte iberische Halbinsel, spricht einiges dafür, dass diese Phoneme aus dem (West-)Gotischen ins Iberoromanische importiert wurden. Wolfram Euler und Konrad Badenheuer gehen in einer neuen Untersuchung (2009) davon aus, dass dieser Import durch westgotische Muttersprachler erfolgt ist, „dass die Aussprache des heutigen Spanischen hinsichtlich seines Phonembestandes also auf ein mit germanischem Akzent gesprochenes Iberoromanisch zurückgeht“ (vgl. Euler 2009: 80; dort weitere Details und Begründungen).
Grammatik
- Hauptartikel: Gotische Grammatik
Im Gotischen gibt es dieselben vier Fälle (Kasus) wie im Deutschen: Nominativ zur Bezeichnung des Subjektes, Genitiv, Dativ und Akkusativ zur Bezeichnung des direkten Objektes (vgl. Patiens). Ein Instrumental ist (anders als im Althochdeutschen) nur bei einigen Pronomen erhalten. In den Substantivklassen, die im Nominativ Singular die Endung -s haben, ist der Vokativ identisch mit dem Akkusativ.
Darüber hinaus existieren zwei Zeiten (Tempora) (Vergangenheit und Nicht-Vergangenheit) und drei Numeri (Singular, Plural, Dual). Der Dual existiert nur bei Personalpronomina und Verben.Personalpronomen
Die Deklination der Personalpronomina im Gotischen:
Numerus Person Genus Nominativ Akkusativ Genitiv Dativ Singular 1. ik mik meina mis 2. þu þuk þeina þus 3. Maskulinum is ina ize imma Femininum si ija izos izái Neutrum ita ita is imma Dual 1. wit ugkis *ugkara ugkis 2. *jut igqis igqara igqis Plural 1. weis uns (unsis) unsara unsis (uns) 2. jus izwis izwara izwis 3. Maskulinum eis ins ize im Femininum ijos ijos izo im Neutrum ija ija ize im Der Stern (*) bezeichnet erschlossene, nicht belegte Formen.
Syntax
In der Bibelübersetzung ist die Satzstellung häufig an das griechische Vorbild angeglichen, was zeigt, dass die Satzstellung offenbar keinen allzu festen Regeln unterworfen war wie etwa im Englischen. Wie in allen germanischen Sprachen werden die Elemente, die als (Adjektiv-)Attribut fungieren, vorangestellt: sa alþa wulfs „der alte Wolf“. Der bestimmte Artikel sa, sô, þata ist noch nicht (wie im Altgriechischen) zum bloßen Formwort degradiert, einen unbestimmten Artikel gibt es nicht. Das Personalpronomen als Subjekt ist nicht immer obligatorisch. Entscheidungsfragen können durch die (enklitische) Partikel -u gebildet werden: niu qimis þu? „kommst du nicht?“, wird eine Verneinung als Antwort erwartet, benutzt man ibai: ibai qimis „du kommst nicht, oder?“.
Substantive
Gotische Substantive lassen sich in etwa ein Dutzend verschiedener Klassen einteilen, von denen die meisten im Neuhochdeutschen nicht mehr existieren. Ein Deklinationsbeispiel anhand des Substantives sunus „Sohn“ (u-Stamm):
Singular Plural Singular Plural Nominativ sunus sunjus „(der) Sohn – (die) Söhne“ Genitiv sunaus suniwê „(des) Sohnes – (der) Söhne“ Dativ sunau sunum „(dem) Sohne – (den) Söhnen“ Akkusativ sunu sununs „(den) Sohn – (die) Söhne“ Vokativ sun(a)u! (sunjus!) „(oh) Sohn! – (ihr) Söhne!“
Die gotischen Substantivklassen („Stämme“)
Klasse Unterteilungen Geschlecht Beispiel Vokalische Stämme: a-Klasse a, ja, wa Maskulin, Neutrum dags „Tag“, hlaifs „Brot“ ô-Klasse ô, jô, wô Feminin giba „Gabe“ i-Klasse – Maskulin, Feminin gasts „Gast“ u-Klasse – alle sunus „Sohn“ Konsonantische Stämme: n-Klasse an-Stämme Maskulin, Neutrum hraba „Rabe“ (m.), hairtô „Herz“ (n.) ôn-Stämme Feminin tungo „Zunge“ în-Stämme Feminin managei „Menge“ r-Klasse – Maskulin, Feminin broþar „Bruder“ nd-Klasse – alle nasjands „Retter“ Wurzelflektierende Stämme alle baurgs „Burg, Stadt“
Die Deklination der einzelnen Klassen ist weder einheitlich noch frei von Unregelmäßigkeiten, zusätzlich gibt es noch Unterklassen (z. B. die ja- und wa-Stämme) – einige Klassen umfassen sogar nur eine Handvoll Substantive (z. B. gibt es nur einen neutralen u-Stamm: faihu „das Vieh“). Deshalb wird hier nur die Deklination der regelmäßigen Substantive in den häufigsten Klassen beschrieben (von oben nach unten: Nominativ – Genitiv – Dativ – Akkusativ, links Singular, rechts Plural):
a-Stämme o-Stämme i-Stämme an-Stämme maskulin hlaifs * hlaibos giba gibos gasts* gasteis hraba hrabans hlaibis hlaibe gibos gibo gastis gaste hrabins hrabane hlaiba hlaibam gibai gibom gasta gastim hrabin hrabam hlaif * hlaibans (= Nominativ) gast* gastins hraban (=Nominativ) * Vor -s und am Wortende tritt „Auslautverhärtung“ ein: b>f, d>þ, g>h. „Brot“ „Brote“ „Gabe“ „Gaben“ „Gast“ „Gäste“ „Rabe“ „Raben“
Verben
Fast alle gotischen Verben werden nach dem urindogermanischen Prinzip der sogenannten „thematischen“ Konjugation flektiert, das heißt, sie setzen einen sogenannten Themavokal zwischen Wurzel und Flexionssuffix ein. Die für das Indogermanische rekonstruierten Themavokale sind *e und *o, im Gotischen sind sie weiterentwickelt zu i und u. Die andere, „athematische“ Konjugation, bei der Suffixe direkt an die Wurzel angefügt werden, existiert im Gotischen nur noch beim Verb wisan „sein“ sowie bei einigen Klassen der schwach deklinierten Verben (z. B. behält das Verb salbôn „salben“ seinen Stamm salbô- stets unverändert bei, es treten keine Themavokale hinzu wie z. B. bei baíran (s.u.)). Das athematische Verb wisan zeigt im Indikativ Präsens wie in allen indogermanischen Sprachen viele Unregelmäßigkeiten aufgrund des Wechsels von Normal- und Schwundstufe:
- Präsens Indikativ: ik im, þu is, is ist; wis si(j)um, jus si(j)uþ, eis sind
Wie in allen germanischen Sprachen gibt es zwei Gruppen von Verben, die als „stark“ bzw. „schwach“ bezeichnet werden. Schwache Verben bilden das Präteritum durch das Suffix -da/-ta, starke durch Ablaut:
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- schwach: salbôn – salbôda – salbôdedun – salboþs, „salben – ich/er salbte – sie salbten – gesalbt“
- stark: qiman – qam – qemun – qumans, „kommen – ich/er kam – sie kamen – gekommen“
Archaismen
Das Gotische hat einige archaische Elemente aus urindogermanischer Zeit bewahrt: Zum einen zwei Dualformen („wir beide“ und „ihr beide“), zum anderen ein synthetisches (Medio-)Passiv im Präsens:
- Dual Indikativ:
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- baíros „wir beide tragen“, sôkjôs „wir beide suchen“
- báirats „ihr beide tragt“, sôkjats „ihr beide sucht“
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- Dual Optativ:
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- baíraiwa „wir beide trügen“, salbôwa „wir beide salbten“
- baíraits „ihr beide traget“, salbôts „ihr beide salbet“
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- Dual Imperativ:
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- baírats! „ihr beide sollt tragen!“, salbôts! „ihr beide sollt salben!“
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- Dual Präteritum:
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- Indikativ: bêru, bêruts / salbôdêdu, salbôdêduts
- Optativ: bêrweiwa, bereits / salbôdeiwa, salbôdeits
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- Passiv Indikativ:
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- 1. und 3. Person Singular: baírada / salbôda „werde|wird getragen / gesalbt“
- 2. Person Singular: baíraza / salbôza „wirst getragen / gesalbt“
- im ganzen Plural: baíranda / salbônda „werden|werdet getragen / gesalbt“
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- Passiv Optativ:
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- 1. und 3. Person Singular: baíraidau / habaidau „würde getragen / gehabt“
- 2. Person Singular: baíraidau / habaizau „werdest getragen / gehabt“
- im ganzen Plural: baíraindau / habaindau „werden|werdet getragen / gehabt“
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Anmerkungen: Die ich-Form ist im Passiv durch die 3. Person Singular ersetzt worden. Im Plural ersetzt die 3. Person die wir- und ihr-Form. Im Folgenden wird auf die Dual- und Passivformen nicht weiter eingegangen.
Starke Verben
- Präsens Indikativ:
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- baíra, baíris, baíriþ; baíram, baíriþ, baírand
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- Präsens Optativ:
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- baírau, baírais, baírai; baíraima, baíraiþ, baíraina
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- Präsens Imperativ:
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- -, baír!, baíradau!; (baíram!), (baíriþ!), baírandau!
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- Präteritum Indikativ:
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- bar, bart, bar; bêrum, bêruþ, bêrun
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- Präteritum Optativ:
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- bêrjau, bêreis, bêri; bêreima, bêreiþ, bêreina
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- Infinitiv:
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- baíran „tragen“
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- Partizip Präsens:
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- baírands „tragend“
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- Partizip Perfekt Passiv:
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- baúrans „getragen“
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Schwache Verben
Die schwachen Verben werden in vier Gruppen eingeteilt, getrennt durch den Themavokal:
- Gruppe 1a: nasjan „retten“ (kurze Wurzelsilbe)
- Gruppe 1b: sôkjan „suchen“ (lange Wurzelsilbe)
- Gruppe 2: salbôn „salben“ (ô-Klasse)
- Gruppe 3: haban „haben“ (ei-Klasse)
- Gruppe 4: fullnan „voll werden“ (na-Klasse)
- Präsens Indikativ:
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- nasja, nasjis, nasjiþ; nasjam, nasjiþ, nasjand
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- Präsens Optativ:
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- nasjau, nasjais, nasjai; nasjaima, nasjaiþ, nasjaina
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- Präsens Imperativ:
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- -, nasei!, nasjadau!; (nasjam!), (nasjiþ), nasjandau!
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- Präteritum Indikativ:
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- nasida, nasidês, nasida; nasidêdum, nasidêduþ, nasidêdun
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- Präteritum Optativ:
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- nasidêdjau, nasidêdeis, nasidêdi; nasidêdeima, nasidêdeiþ, nasidêdeina
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- Partizip Präsens:
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- nasjands „rettend“
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- Partizip Perfekt Passiv:
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- nasiþs „gerettet“
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- Gruppe 1b hat ei statt ji: sôkeis „suchst“, sôkida „suchte“
- Gruppe 2 hat immer ô: salbô „salbe“, salbôda „salbte“
- Gruppe 4 geht wie Gruppe 1a: fullna „werde voll“, fulln! „werde voll!“, aber Präteritum: fullnô-da „wurde voll“
- Gruppe 3 hat:
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- ai statt ji: habais „hast“, habaiþ „hat/habt“,
- ai statt jai: habai „(er) habe“
- ai statt ei: habai! „habe!“
- ai statt i: habaîda „hatte“
- sonst a(u): haba; habam – habau; habaima – habandau!
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Sprachbeispiel
Gotisch:
- Atta unsar, þu in himinam, weihnai namo þein. Qimai þiudinassus þeins. Waírþai wilja þeins, swe in himina jah ana aírþai.
Hlaif unsarana þana sinteinan gif uns himma daga. Jah aflet uns þatei skulans sijaima, swaswe jah weis afletam þaim skulam unsaraim. Jah ni briggais uns in fraistubnjai, ak lausei uns af þamma ubilin.
Unte þeina ist þiudangardi jah mahts jah wulþus in aiwins.
Wörtliche Übersetzung:
- Vater unser, du in {den} Himmeln, weihe Name dein. Komme [König]reich dein. Werde Wille dein, wie in {dem} Himmel und auf Erden.
Laib unseren den täglichen gib uns {an} diesem Tage. Und ablass uns, dass {wir} Schuldner seien, so-wie auch wir ablassen den Schuldnern unseren. Und nicht bringe uns in Versuchung, sondern löse uns ab dem Üblen.
Denn dein ist {das} [König]reich und {die} Macht und {die} Herrlichkeit in Ewigkeiten.
Aussprache: þ wie englisches stimmloses th, h vor Konsonant/am Wortende wie „ch“ in ‚ach‘, ai wie langes, offenes „ä“ ei wie langes, geschlossenes „i“, au wie langes, offenes „o“, iu etwa wie „iw“
Siehe auch: Codex Argenteus · Gotisches Alphabet · Wulfilabibel
Einzelnachweise
- ↑ Über die kurzen Vokale siehe auch Fausto Cercignani, The Development of the Gothic Short/Lax Subsystem, in «Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung», 93/2, 1979, S. 272-278.
- ↑ Siehe auch Fausto Cercignani, The Development of the Gothic Vocalic System, in Germanic Dialects: Linguistic and Philological Investigations, hrsg. von Bela Brogyanyi und Thomas Krömmelbein, Amsterdam und Philadelphia, Benjamins, 1986, S. 121-151.
- ↑ Siehe auch Fausto Cercignani, The Enfants Terribles of Gothic "Breaking": hiri, aiþþau, etc., in «The Journal of Indo-European Studies», 12/3-4, 1984, S. 315-344.
- ↑ Siehe auch Fausto Cercignani, The Reduplicating Syllable and Internal Open Juncture in Gothic, in «Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung», 93/1, 1979, S. 126-132.
Literatur
- Wilhelm Braune (Begr.), Frank Heidermanns (Bearb.): Gotische Grammatik. (= Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte. Hauptreihe A, Bd 1). 20. Auflage. Max Niemeyer, Tübingen 2004, ISBN 3-484-10852-5, ISBN 3-484-10850-9
- Fausto Cercignani: The Development of the Gothic Short/Lax Subsystem, in «Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung», 93/2, 1979, S. 272–278.
- Fausto Cercignani: The Reduplicating Syllable and Internal Open Juncture in Gothic, in «Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung», 93/1, 1979, S. 126–132.
- Fausto Cercignani: The Enfants Terribles of Gothic «Breaking»: hiri, aiþþau, etc., in «The Journal of Indo-European Studies», 12/3-4, 1984, S. 315–344.
- Fausto Cercignani: The Development of the Gothic Vocalic System, in Germanic Dialects: Linguistic and Philological Investigations, edited by Bela Brogyanyi and Thomas Krömmelbein, Amsterdam and Philadelphia, Benjamins, 1986, S. 121–151.
- Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen - Abriss des Protogermanischen vor der Ersten Lautverschiebung, 244 S., ISBN 978-3-9812110-1-6, London/Hamburg 2009.
- Wolfgang Krause: Handbuch des Gotischen. München 1968
- Fernand Mossé: Manuel de la langue gotique. Paris 1942
- Christian T. Petersen: Gotica Minora. (urspr. Hanau) 2001 u.ö.
- Ernst Schulze: Gothisches Wörterbuch nebst Flexionslehere. Züllichau 1867 (Digitalisat)
- Wilhelm Streitberg: Gotisches Elementarbuch. Heidelberg 1900 u.ö.
- Wilhelm Streitberg: Band 1: Der gotische Text und seine griechische Vorlage, mit Einleitung, Lesarten und Quellennachweisen sowie den kleineren Denkmälern als Anhang, mit einem Nachtrag von Piergiuseppe Scardigli. 7. Auflage. Band 2: Gotisch-Griechisch-Deutsches Wörterbuch (um zwei neue Wörter ergänzt von Piergiuseppe Scardigli). 6. Auflage. Heidelberg 2000. ISBN 3-8253-0745-X. ISBN 3-8253-0746-8.
- Elfriede Stutz: Gotische Literaturdenkmäler. Stuttgart 1966
- Geoffrey Kovari: Studien zum germanischen Artikel. Entstehung und Verwendung des Artikels im Gotischen. Zugleich: Dissertation, Universität Wien. Wien: Halosar, 1984, 224 S. (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie 26) [Geoffrey Kovari ist der damalige Adoptivname für Gottfried Fischer]
Weblinks
- Eintrag zur gotischen Sprache in der Enzyklopädie des Europäischen Ostens (PDF-Datei; 119 kB)
- Project Wulfila
- Gotische Miszellen
- Kostenloser Gotischsprachkurs in 9 Lektionen
- Eine kommentierte Linksammlung zum Gotischen
- Das „Gotische Elementarbuch“ von Wilhelm Streitberg im Faksimile
- Gotisches Wörterbuch von Gerhard Köbler
- Die Morphologie des Gotischen im Vergleich mit der Morphologie des Krimgotischen
- Videos mit Lesungen in gotischer Sprache
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