Corbach

Corbach

Carl August Corbach (* 16. März 1867 in Lütgendortmund; † 11. Juni 1947 in Sondershausen) war ein deutscher Violinvirtuose, Orchesterleiter und Leiter der Hochschule für Musik in Sondershausen.

Leben

Als Sohn eines musischen Vaters wurde sein Talent seit frühester Kindheit gefördert. Bereits im Alter von 10 Jahren trat er in öffentlichen Konzerten auf. Durch die Übersiedlung nach Köln 1881 hatte er die Möglichkeit, das Konservatorium zu besuchen. Nach vierjährigem Studium hatte er die Grundlage für seine späteren Erfolge gelegt.
Als Konzertmeister in Hamburg (1889) und St. Petersburg (1890) konnte er Erfahrungen in großen Orchestern sammeln. Der internationale Ruf des Loh-Orchesters zog ihn 1891 nach Sondershausen, wo er für 56 Jahre eine Wirkungsstätte und Heimat fand.
Unter dem Leiter des Orchesters, Professor Carl Schroeder, übernahm er die Stelle des 1. Konzertmeisters. Der Fürst der kleinen Residenzstadt ernannte Carl Corbach am 7. August 1901 zum Hofkonzertmeister. Die Ehrung setzte sich 1906 fort durch die Verleihung von zwei wertvollen Violinen, einer Stradivari von 1715 und einer Amati von 1691. Als Lehrer am Konservatorium für Musik wurde er 1910 zum Professor berufen. Mit der Berufung zum Hofkapellmeister wurde er am 1. April 1911 der Nachfolger von Carl Schroeder. Die Anerkennung der Orchesterleistungen fand Ausdruck darin, dass 1912 die Franz-Liszt-Gesellschaft Berlin ein Musikfest in Sondershausen veranstaltete. 1913 wurde das Orchester zum Deutschen Tonkünstlerfest nach Berlin eingeladen.

In den Wirren der Nachkriegszeit galt es, die Traditionen des Orchesters fortzusetzen und das Konservatorium zu erhalten. Die öffentlichen Loh-Konzerte wurden 1919 wieder aufgenommen. Zur Pflege der Orchester- und Kammermusik veranstaltete Corbach 1921 ein Thüringisches Musikfest. Als in den 1920er Jahre durch die Inflation das Orchester in eine finanzielle Krise geriet, formulierte Corbach seine Aufgabe mit den Worten: „Getreu der Überlieferung erachte ich es als eine heilige Pflicht, den Ruf des Lohorchesters in erster Linie als Symphonieorchester jederzeit zu pflegen und hochzuhalten". Dass es ihm gelungen ist, beweist seine Aufnahme in die Königlich-Schwedische Akademie der Künste im Jahre 1930.

Die politischen Veränderungen führten dazu, dass 1933 ein Intendant für die Vereinigten Landestheater Gotha-Sondershausen eingesetzt wurde, welcher gleichzeitig die Funktion eines Generalmusikdirektors des Loh-Orchesters hatte. Dieser neue Intendant (Otto Wartisch) führte sich mit den Worten ein: “ Der rechtliche und künstlerische Nachfolger von Herrn Professor Corbach bin ich….Ich bin Musiker und Soldat der nationalsozialistischen Idee und will es bleiben bis an mein Ende“. Für Menschen, wie Carl Corbach, gab es keinen Platz mehr. Mit 67 Jahren musste er 1934 die Orchesterleitung abgeben, er blieb aber noch bis 1938 Rektor des Konservatoriums. Corbach äußerte sich zu diesen Vorgängen: „Ich gehe schweren Herzens, aber da ich weiß, dass ich Großes geschaffen habe und dass andere nach mir Großes schaffen wollen, darum gehe ich ohne Groll.“

Am 8. April 1945 wurde Sondershausen durch anglo-amerikanische Bomber teilweise zerstört. Zu den Obdachlosen gehörte auch die Familie Corbach. Eine Zeitzeugin berichtet: „ Nichts hatten sie retten können, nur der Herr Professor hielt einen schwarzen, rechteckigen Koffer mit zwei kostbaren Geigen, einer Amati und einer Stradivari, an sich gepreßt und gab ihn, den Koffer, nicht aus der Hand.“
Anna Luise, die letzte Fürstin in Sondershausen, stellte der Familie Corbach eine Wohnung im Schloss zur Verfügung. Für die Fürstin und die Hausbewohner spielte Carl Corbach manchmal noch privat. Zu Pfingsten 1947 erkrankte er an einer Lungenentzündung, die er nicht überlebte.

Carl Corbach heiratete zweimal. Aus seiner ersten Ehe mit Helene Burkardt (18. November 1864 – 29. Mai 1920) entstammt seine Tochter Hedwig (19. Januar 1893 – 1. März 1987). Anna-Katharina (Käthe) Hallensleben (26. Juni 1890 – 14. April 1974) heiratete er im August 1922. Das Gottschalcksche Haus war ihre letzte Wohnung.

Zum 100. Geburtstag von Carl Corbach 1967 wurden in einer Feierstunde in Sondershausen seine Verdienste gewürdigt: „ Mit seinen ausdrucksreifen Interpretationen der bedeutendsten Werke der Violinliteratur von der Klassik bis zur Moderne (Reger) und als Primarius eines Quartetts verschaffte er sich bald einen ebenso großen Ruf wie als Lehrer. Von überall, besonders aus den skandinavischen Ländern, selbst aus Amerika und Spanien kamen die jungen Geiger, weil Corbach dafür bekannt war, daß er seinen Schülern nicht nur ein solides technisches Rüstzeug zu vermitteln wusste, sondern auch der Entwicklung des rein Musikalischen größte Aufmerksamkeit schenkte….. Als Dirigent war Corbach alles andere als ein Pultvirtuose, seine Erfolge beruhten nicht auf einer übertriebenen Dynamik oder auf eigenwilliger Akzentuation, vielmehr waren Sachlichkeit und Werktreue, gepaart mit innerer Beteiligung, die markantesten Züge seiner Orchesterführung. Seine ganze Liebe gehörte Brahms. Da er noch unter dessen Leitung als junger Geiger gespielt hatte, hatten seine Interpretationen Brahmscher Sinfonien einen kaum überbietbaren Grad an Authentizität“….

Die Begegnungsstätte für Freunde der Kultur trägt in Sondershausen den Namen „Carl-Corbach-Klub“. Am ehemaligem Konservatorium für Musik wurde 1997 eine Gedenktafel angebracht. Die Grabstätte Carl Corbachs ist von der Stadt Sondershausen in Pflege genommen worden.

Quelle

  • Wolfgang Diez: Carl Corbach (1867-1947).Reihe: Persönlichkeiten in Sondershausen. Hrsg. Helmut Köhler, Sondershausen, 1998.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Corbach — Corbach, Kreisstadt im Fürstent. Waldeck, an der Itter, (1900) 2610 E. Amtsgericht, Gymnasium; Färbereien, Viehzucht; südwestl. der Eisenberg mit Ruine …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Battle of Corbach — Infobox Military Conflict conflict=Battle of Corbach colour scheme=background:#cccccc caption= partof=the Seven Years War place= Korbach, present day Germany date= 10 July, 1760 result=French Victory combatant1=flagicon|Hanover|1692 Hanover… …   Wikipedia

  • Carl Corbach — Carl August Corbach (* 16. März 1867 in Lütgendortmund; † 11. Juni 1947 in Sondershausen) war ein deutscher Violinvirtuose, Orchesterleiter und Leiter der Hochschule für Musik in Sondershausen. Leben Als Sohn eines musischen Vaters wurde sein… …   Deutsch Wikipedia

  • Pierre Harel — Naissance 1944 Sainte Thérèse (Qc) Nationalité  Canada Profession Artiste Activité principale …   Wikipédia en Français

  • Erich-Klibansky-Platz — Der Erich Klibansky–Platz im Kölner Stadtteil Altstadt Nord, an der Helenenstraße gelegen, trägt den Namen Erich Klibanskys, des ehemaligen und zugleich letzten Direktors des jüdischen Reformrealgymnasiums (Jawne). Er erhielt seinen Namen im Jahr …   Deutsch Wikipedia

  • Mundorgel (Liederbuch) — Die Mundorgel ist ein in Deutschland bekanntes Fahrten Liederbuch. Es ist als Text und Notenausgabe erhältlich. Die Mundorgel erscheint im Mundorgel Verlag, dessen alleiniger Gesellschafter der CVJM Kreisverband Köln e. V. ist.… …   Deutsch Wikipedia

  • Richard Stern — (* 22. Februar 1899 in Weilerswist; † 19. Dezember 1967 in den USA) war ein deutscher Unternehmer, der im Jahre 1939 aufgrund der Judenverfolgung aus Deutschland in die Vereinigten Staaten auswanderte. Er wurde dadurch bekannt, dass er sich… …   Deutsch Wikipedia

  • Ziegenhardt — Stadt Waldbröl Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

  • Adolf von Wyle — war ein deutscher Graf, Ritter und Vogt des 13. Jahrhunderts. Es war die Epoche des Raubrittertums und Deutschland war 1254 bis 1273 ohne Kaiser. Die Turbulenzen im so genannten Interregnum machten sich auch in der Herrschaft Homburg bemerkbar.… …   Deutsch Wikipedia

  • Berka/Wipper — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”