- Cotton Mather
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Cotton Mather (* 12. Februar 1663 in Boston (Massachusetts Bay Colony); † 13. Februar 1728 ebenda) war ein puritanischer Geistlicher und Gelehrter. Er war die intellektuell wie politisch wohl bedeutendste Figur der dritten englischen Siedlergeneration in Neuengland.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Er war der Sohn von Increase Mather und Enkel von John Cotton und Richard Mather, die ihrerseits zu den führenden Köpfen der zweiten bzw. ersten Puritanergeneration in Boston gehörten, und so verwundert es nicht, dass er in ihre Fußstapfen trat. Mit nur zwölf Jahren begann er, in Harvard auf das Priesteramt zu studieren; sein Vater war der Präsident des College. Seinen Bachelor erhielt er mit fünfzehn Jahren, mit achtzehn den Master. 1680 hielt er vor der Gemeinde seines Vaters in der Bostoner Old North Church seine erste Predigt. Nach dem Tod seines Vaters 1723 übernahm er die Kanzel dieser Kirche vollends. In die Politik der Kolonien mischte er sich 1688 ein; nach der Absetzung König James II. war er einer der Rädelsführer einer erfolgreichen Revolte gegen Edmund Andros, den königlichen Statthalter in den neuenglischen Kolonien.
In mehr als 450 Büchern und Pamphleten schrieb Mather gegen die Aufweichung des orthodoxen Puritanismus und die Säkularisierung der amerikanischen Kolonien an. Bei den Hexenprozessen von Salem war er zwar nicht im Richterkollegium vertreten, beeinflusste aber mit seinen Ratschlägen viele Schuldsprüche. Seine unnachgiebige Haltung bei den Prozessen verteidigte er 1693 in seiner Schrift Wonders of the Invisible World ("Wunder der unsichtbaren Welt"). In diesem an Joseph Glanvills Sadducismus Triumphatus (1682) angelehnten Werk bestärkte er seinen Glauben an das Wirken von Hexen und anderen Sendboten Satans in der Welt.
Bei allem Aberglauben war Mather aber in anderen Angelegenheiten ein durchaus fortschrittlicher und wissenschaftlicher Gelehrter. So veröffentlichte er 1716 eine Studie über die Hybridisierung verschiedener Maissorten; auch befürwortete er allgemeine Impfungen gegen Pocken.
Magnalia Christi Americana
Um 1693 begann Mather mit der Arbeit an seinem Hauptwerk Magnalia Christi Americana, die bis heute als Krönung der neuenglischen Geschichtsschreibung gilt. Die sieben „Bücher“ der Magnalia erschienen 1702 in London als voluminöses Folio; die zahlreichen Biografien der geistlichen und weltlichen Führer der neuenglischen Kolonien, Darstellungen der Kirchengeschichte, der Geschichte des Harvard College und weltlicher Belange wie der Indianerkriege machen die Magnalia zu einer wichtigen Quelle für die Geschichtsforschung, ließen das Werk jedoch schon Zeitgenossen als allzu pedantisch und überbordend erscheinen. Insbesondere in England, wo sich der Puritanismus seit der Restauration als politische und religiöse Kraft erschöpft hatte, wurde Mathers Werk als Anachronismus wahrgenommen; allein die presbyterianisch dominierte Universität Glasgow ehrte Mather 1710 mit einem Doktortitel. Die Kritik gegenüber der Magnalia richtete sich zum einen gegen die schwülstige Fülle von Verweisen und Zitaten auf die Bibel und klassische Motive, aber auch gegen Mathers Verquickung von Heils- und Weltgeschichte. Auch in Neuengland wandten sich Mathers Zeitgenossen zunehmend weltlichen Dingen zu, und Thomas Prince verdrängte Mather mit seiner nüchterneren Chronological History of New England in the Form of Annals (1736-55) als Exeget der neuenglischen Geschichte.
Erst 1820 besorgte Thomas Robbins, der Bibliothekar der Connecticut Historical Society, eine erste amerikanische Ausgabe, die sich langsam, aber stetig verkaufte; eine zweite Auflage erschien 1853. Diese amerikanische Auflagen lenkte das Augenmerk der amerikanischen Romantiker wie Nathaniel Hawthorne, Herman Melville und insbesondere Ralph Waldo Emersons auf Mather. Kritiker wie Sacvan Bercovitch haben in der Mather-Rezeption dieser Zeit zum einen die Kontinuität puritanischer Wesenszüge in der amerikanischen Geistesgeschichte aufgezeigt und impliziert, dass Mather in seiner heilsgeschichtlichen Überhöhung der neuenglischen Geschichte als amerikanischer Geschichte, eben der Christi Americana, den seit der Gründung der Kolonien vorherrschenden Erwählungsglauben der neuenglischen Puritaner nicht nur bestärkt habe, sondern ihm eine spezifisch amerikanische Prägung verliehen habe. Mather erscheint so als ebenso früher wie repräsentativer Vertreter des Exzeptionalismus, der die amerikanischen Geistesgeschichte bis heute durchwirkt.
Literatur
- Dorothy Z. Baker: America's Gothic Fiction: The Legacy of Magnalia Christi Americana. Ohio State University Press, Columbus 2007.
- Sacvan Bercovitch: The Puritan Origins of the American Self. Yale University Press, New Haven 1975. ISBN 0300017545
- Christopher D. Felker: Reinventing Cotton Mather in the American Renaissance: Magnalia Christi Americana in Hawthorne, Stowe, and Stoddard. Northeastern University Press, Boston 1993. ISBN 1-55553-187-3
- Richard F. Lovelace: The American Pietism of Cotton Mather: Origins of American Evangelicalism. American University Press, Grand Rapids, Mich. 1979. ISBN 0-8028-1750-5
- Robert Middlekauff: The Mathers: Three Generations of Puritan Intellectuals, 1596-1728. University of California Press, Berkeley 1999. ISBN 0-520-21930-9
- Kenneth Silverman: The Life and Times of Cotton Mather. Welcome Rain Publishers, New York 2001. ISBN 1-56649-206-8
- Ronald D. Gerste: Gnadenloses Amerika. Die Zeit, Nr. 47, 1999, S. 96, online.
Weblinks
- The Cotton Mather Homepage - Schriften von und über Cotton Mather (englisch)
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