- Customer Product Management
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Verfahren zur Bedarfsermittlung und -deckung mit Produkten und Dienstleistungen im Geschäftsbereich des Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) der Bundesrepublik Deutschland.
Der CPM, zunächst als "CPM 2001" dann 2004 komplett neu erlassen, regelt die Vorgehensweise, Zuständigkeiten und Abläufe bei der Deckung von Sach- und Dienstleistungen, der Entwicklung und Beschaffung von Wehrmaterial für die Bundeswehr. Es wurde unter Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping entwickelt und löste die bis dahin geltenden Allgemeinen Umdrucke 220 und 250 ab.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Grundsätze
CPM soll wesentliche Nachteile des alten Rüstungs-Rahmenerlasses (EBMat, AU220 & AU250) beheben. Insbesondere sollen Entwicklungzeiten drastisch verkürzt, der Wettbewerb gefördert und das technische und finanzielle Risiko mittels frühzeitig zu erstellender Demonstratoren gesenkt werden. Auch soll fertig entwickelten Lösungen (sogenannte "verfügbare Produkte") der Vorrang vor möglicherweise aufwändiger, zudem wirtschaftlich zeitlich und technisch riskanten, Neuentwicklung eingeräumt werden. Das BMVg verspricht sich vom CPM Kostensenkung in Verbindung mit deutlich kürzerer Projektabwicklung. Hierzu werden in Frage kommende Auftragnehmer frühzeitig eingebunden, um die Innovationsfähigkeit dieser "am technischen Puls der Zeit" nutzen zu können.
Phasen und Phasendokumente
Das CPM gliedert ein Rüstungsprojekt grundsätzlich in folgende Phasen:
- die Analysephase, in der der Bedarfsträger seine Funktionalen Forderungen beschreibt,
- die Projektierungsphase, in welcher ein mögliches Realisierungsrisiko in den Dimensionen Zeit, Technik und Geld zu minimieren ist,
- der Einführungsphase, in der das Produkt ("Wehrmaterial") gekauft oder ggf. entwickelt, geprüft und an die Truppe ausgeliefert wird
- die Nutzungsphase, in der das fertige Produkt an den militärischen Bedarfsträger ausgeliefert ist und von diesem bis zur Aussonderung benutzt wird.
Kennzeichnend für den Beginn einer neuen Phase ist stets ein sogenanntes Phasendokument, d.h. eine haushaltsmittelbegründende Unterlage, welche - je nach Größenordnung des Projektes- auf Amtsebene, auf ministerieller Ebene, vom Staatssekretär Rüstung, bei Großprojekten über 25 Millionen € vom Bundestag gebilligt werden muss.
Ablauf
Das CPM beginnt immer mit einer Systemfähigkeitsforderung (SFF), die in der Fähigkeitslage der Bundeswehr dargelegt und begründet wird. Kernaussage ist dabei die Identifizierung der "Fähigkeitslücke" der Bundeswehr als Delta zur Sollfähigkeit, die es zu schließen gilt.
Analysephase
In der Analysephase wird der Weg zum Schließen der beschriebenen Fähigkeitslücke entwickelt, sowie die Kosten und der Zeitplan zur Realisierung hierfür geschätzt. Neben einer materiellen Lösung (Rüstung) besteht als nicht materielle Lösungsmöglichkeit
- Auftragsverlagerungen,
- organisatorische Maßnahmen
- oder die gezielte Inkaufnahme der Fähigkeitslücke.
Sollte es zu Rüstung kommen (materieller Weg), beschreibt das Militär (Bedarfsträger) die "militärisch-administrativen" Projektanteile, das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, bzw. bei IT-Vorhaben das IT-Amt der Bundeswehr oder Bundesamt für Wehrverwaltung (Bedarfsdecker) die "technisch/wirtschaftlichen" Aspekte.
Zum Schließen der Fähigkeitslücke kommen auf der Grundlage der SFF folgende Lösungswege in Betracht:
- Produktverbesserung
- Einführen verfügbarer Produkte
- Realisieren neuer Produkte
- Inanspruchnahme von Dienstleistungen
- oder eine Kombination aus diesen Lösungswegen
Die SFF ist Voraussetzung für die Bereitstellung von F&T-Mitteln zur Analyse von Lösungswegen. Vorrang vor Neuentwicklungen bei der Produktauswahl hat die Beschaffung von handelsüblichen (sogenannten COTS, MOTS, GOTS oder NOTS Produkten). Dieses reduziert wiederum das technische Realisierungsrisiko und ist wirtschaftlicher, da
- die Kosten der Entwicklung entfallen
- ein ausgereiftes und somit von "Kinderkrankheiten" befreites Produkt gewählt wird.
Die Analysephase endet mit dem Phasendokument Abschließende Funktionale Forderung (AF).
Projektierungsphase
In der nachfolgenden Projektierung (Projektierungsphase) wird das Projektmanagement des Bundes etabliert, es besteht aus dem Projektleiter (gestellt vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung bzw. IT-AmtBw oder Bundesamt für Wehrverwaltung), sowie aus dem Bevollmächtigten Vertreter der Teilstreitkraft/des Organisationsbereiches (Kunde). Verantwortlich für die Realisierung ist ab dieser Phase der Projektleiter. Dieses Regelung ist erforderlich und erfüllt die grundgesetzliche Trennung der Aufgaben zur Bedarfsermittlung/Bedarfsdeckung im Geschäftsbereich BMVg (siehe § 87 a/b GG).
Die Projektierungsphase dient der Minimierung eines möglichen Realisierungsrisikos, indem der Auftragnehmer zunächst den Nachweis der Herstellbarkeit zu erbringen hat. Dieses erfolgt regelmäßig durch die Herstellung von Demonstratoren (Prototypen). Wird im Rahmen von amtseitigen Untersuchungen nun festgestellt, dass das Projekt mit beherrschbarem Risiko zu realisieren ist so wird die Realisierungsgenehmigung erteilt. Liegen die Kosten der Realisierung außerhalb des beschriebenen Rahmens, oder das technische Risiko wird als zu hoch eingestuft, so ist das Projekt abzubrechen.
Wird das Risiko der Realisierung als gering eingeschätzt, so kann auf die Projektierungsphase verzichtet werden und die Analysephase schließt die Realisierungsgenehmigung mit ein (sogenannte AF/ReG).
Einführungsphase
Mit der Realisierungsgenehmigung beginnt die eigentliche Herstellung und Beschaffung:
Zuständig für die Beschaffung sind (je nach Zuständigkeit)- Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB)
- Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr (IT-AmtBw)
- Bundesamt für Wehrverwaltung (BAWV)
Das Projekt wird im Wettbewerb ausgeschrieben und der Projektleiter wählt den (Haupt)auftragnehmer aus, das BMVg schließt den Bau- bzw. Beschaffungsvertrag mit dem Auftragnehmer.
Anhand des ersten Stückes der Serienproduktion wird im Rahmen der Integrierten Nachweisführung, welche aus
- dem durch den Auftragnehmer zu erbringenden Nachweis der Leistungsfähigkeit seines Produktes (vergleichbar der CE-Zertifizierung)
- der Abnahme des Produktes durch den Auftraggeber (Bedarfsdecker/Projektleiter), dabei der Erklärung zur sicheren Inbetriebnahme
- und der Einsatzprüfung (einsatznaher Test unter realistischen Bedingungen durch den zukünftigen Nutzer)
besteht die Stufenentscheidung Genehmigung zur Nutzung (GeNu) erteilt, wenn die Einsatzreife des Produktes nachgewiesen werden kann. Die Einsatzreife beinhaltet neben der Leistungsfähigkeit des Produktes die Realisierung der Projektelemente, d.h. das gesamte Produktumfeld, u.a. die (logistische) Versorgbarkeit des Produktes, die Ausbildung des Personals, organisatorische, infrastrukurielle und weitere Belange.
Soll ein handelübliches Produkt unverändert beschafft werden, so wird die Stufenentscheidung Genehmigung zur Nutzung unmittelbar am Ende der Analysephase neben der Realisierungsgenehmigung mit erteilt (sogenannte AF/Reg mit GeNu).
Nutzungsphase
Mit der Übergabe des ersten Stückes an den Nutzer beginnt die Nutzung in Verantwortung des Nutzungsleiters, welcher fortan für den Erhalt der Einsatzreife des Produktes verantwortlich ist.
Das Rüstungsprojekt endet mit der Übergabe des letzten Stückes der Serie an den Nutzer und dem Abschlussbericht (ASB), welcher das Projektmanagement entlastet und die gesammelten Erfahrungen des Projektes, sowie Hinweisen für die Nutzung, beinhaltet.
Quelle
- PDF, 300 KB BMVg Org 1: Customer Product Management. Verfahrensbestimmungen für die Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung in der Bundeswehr. Mai 2004, Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung.
Kategorie:- Rüstungsbereich (Bundeswehr)
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