Daniel Gerth

Daniel Gerth
Daniel Gerth. Wohl 1918 nach der Verleihung des Pour le Merité.

Daniel Gerth (* 10. Februar 1891 in Stepenitz; † 30. Juni 1934 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher Jagdflieger und SA-Offizier sowie Führer eines nach ihm benannten Freikorps. Er wurde vor allem als einer der Getöteten des sogenannten Röhm-Putsches bekannt.

Leben und Wirken

Nach dem Schulbesuch nahm Gerth am Ersten Weltkrieg teil, in dem er als Jagdflieger eingesetzt wurde. Aufgrund seiner großen Erfolge im Luftkampf wurde er im September 1918 wurde er mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet.[1] Während der revolutionären Wirren war Gerth der Führer des nach ihm benannten Freikorps Gerth („Freiwilliges Jägerkorps Gerth“), eines mehr als 600 Mann umfassenden Kampfverbandes, der sich von Januar bis Juni 1919 an der gewaltsamen Bekämpfung innerer Unruhen und an der Grenzsicherung beteiligte.

Ende der 1920er-Jahre trat Gerth in die NSDAP ein. In den folgenden Jahren machte er Karriere in der Privatarmee der Partei, der sogenannten Sturmabteilung (SA), in der er es bis zum Obersturmbannführer,[2] nach anderen Quellen bis zum Standartenführer[3] brachte. Daneben war er Sportreferent der SA-Gruppe von Berlin-Brandenburg[4] und zählte als Adjutant und enger Mitarbeiter von Karl Ernst zur Führungsriege der SA.[5]

Am 30. Juni 1934 wurde Gerth im Zuge der unter der Propagandabezeichnung „Röhm-Putsch“ bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle der Nationalsozialisten vom Frühsommer 1934 ermordet. Gerth soll einer Quelle zufolge am Mittag des 30. Juni von der Schutzstaffel (SS) verhaftet worden sein, als er auf dem Weg zu einem Jagdausflug einen Abstecher in sein Büro machte. Noch am 30. Juni oder am 1. Juli wurde er in die SS-Kaserne in Berlin-Lichterfelde gebracht und dort wie andere hohe SA-Chargen von Angehörigen der Leibstandarte Adolf Hitler erschossen.

Schumann gibt an, dass Gerth der Erschießung zunächst entkommen sei, weil Hermann Göring, der selbst Jagdflieger im Ersten Weltkrieg gewesen war und seit 1933 als Luftfahrtminister amtierte, seine Exekution aussetzen ließ, weil er einen hochdekorierten Jagdflieger nicht auf diese Weise ums Leben habe kommen lassen wollen. Stattdessen wurde Gerth im Rahmen eines einstündigen Verhörs auf Weisung Hitlers das Angebot unterbreitet, sich selbst zu erschießen, was nach dem damaligen militärischen Ehrbegriff als eine würdigere Todesart galt als die Erschießung durch Dritte.[6] Als Gerth sich unter Beteuerung seiner Unschuld weigerte, sich zu erschießen, wurde er eine Stunde später erneut auf den Hof der Kaserne geführt und erschossen. Einer Überlieferung zufolge grüßte er das Hinrichtungskommando noch mit der Aufforderung, dass die „Kameraden“, wie er die Schützen angeredet haben soll, gut zielen sollten.[7]

Einem Bericht Otto Strassers zufolge wurde die Mutter Gerths wenige Wochen nach seiner Erschießung verhaftet, als sie auf dem Potsdamer Platz immer wieder den Schrei gellen ließ: „Göring hat meinen Sohn ermordet“.[8]

Einzelnachweise

  1. Otto Gritscheder: „Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt…“ Hitlers „Röhm-Putsch“-Morde vor Gericht. Verlag C.H.Beck, München 1993, ISBN 3-406-37651-7, S. 129. Das Datum der Auszeichnung nach Günther Voigt/ Dermot Bradley/ Hans Bleckwenn/ Günter Wegner: Deutschlands Heere bis 1918. Ursprung und Entwicklung der Einzelnen Formationen, 1987, S. 161.
  2. Gritscheder, Führer, S. 129; Edouard Calic: Reinhard Heydrich. Schlüsselfigur des Dritten Reiches, 1982, S. 151.
  3. Das deutsche Volk klagt an. Hitlers Krieg gegen die Friedenskämpfer in, 1936, S. 271.
  4. Reimund Schnabel: Macht ohne Moral. Eine Dokumentation über die SS, 1957, S. 53.
  5. Sozialdemokratische Partei Deutschlands: Deutschlandbericht der Sopade, 1934, S. 192. Auch: Hans Bernd Gisevius: Bis zum Bitteren Ende. Vom Reichstagsbrand bis zum 20. Juli 1944, 1960, S. 177.
  6. Lewis Schuman: The Nazi Dictatorship. A Study in Social Pathology and the Politics of Fascism, 1935, S. 442. Ähnlich verfuhr das Regime mit Ernst Röhm. 1944 erhielten Ludwig Beck und Erwin Rommel ebenfalls die Wahl zwischen Selbstmord oder Hinrichtung.
  7. Frederick Lewis Schuman: The Nazi Dictatorship. A Study in Social Pathology and the Politics of Fascism, 1935, S. 442.
  8. Otto Strasser: Die deutsche Bartholomäusnacht, 1935, S. 138.

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