Daronrix

Daronrix

Die Grippeimpfung ist eine vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung einer Influenza-Erkrankung („echten Grippe“). Die Impfung zielt nicht gegen banale „grippale Infekte“, die auch als Erkältung bezeichnet werden und von anderen Erregern hervorgerufen werden als die echte Grippe.
Es wird empfohlen, die Impfung möglichst jedes Jahr in der Zeit von September bis November durchführen zu lassen. Eine Impfung ist jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich und sinnvoll, da der Schutz bereits ein bis zwei Wochen nach der Impfung voll ausgeprägt ist. Der Impfschutz ist sechs bis zwölf Monate wirksam. Die Influenza-Impfung muss jährlich erneuert werden, da das Influenza-Virus eine hohe Mutationsrate hat. Dadurch wird der Aufbau der Hüllproteine schnell verändert, so dass sich die von Immunsystem erkennbaren Antigene ebenfalls schnell ändern und der Impfschutz nicht dauerhaft gewährleistet werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Impfindikationen

Durchführung einer Influenzaimpfung beim amerikanischen Militär. Die Injektion des Impfstoffs erfolgt in den Deltamuskel.

Eine Empfehlung für die Impfung gilt vor allem für Risikopersonen (Säuglinge, alte Menschen, Personen mit geschwächtem Immunsystem), Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Personen, die häufig mit Kranken in Kontakt kommen. In diesen Gruppen sollte die Impfung forciert und die Durchimpfungsrate auf über 70 % gesteigert werden; tatsächlich liegt sie in Deutschland bei älteren Menschen (60 Jahre und älter) unter 50 Prozent, bei chronisch Kranken bei rund 30 Prozent und bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen bei knapp 25 Prozent.[1]

Das Risiko für gesunde Säuglinge und Kleinkinder, während der Grippesaison aufgrund von Erkrankungen des Atemtrakts in ein Krankenhaus aufgenommen werden zu müssen, ist ähnlich hoch wie bei erwachsenen Hochrisikopatienten oder bei Älteren,[2] was nach Ansicht vieler Ärzte eine routinemäßige Impfung rechtfertigt.

In der aktuellen Empfehlung der STIKO (Juli 2006) wird die Influenza-Impfung jedoch weiterhin unverändert nur für Personen über 60 Jahre als Standard-Impfung (S) empfohlen. Für andere Personen in Deutschland ist die Influenza-Impfung durch die STIKO bei Vorliegen einer „Indikation“ (I) empfohlen, etwa bei bestimmten bestehenden Grundleiden oder bei „Personen mit erhöhter Gefährdung (B/I), etwa bei medizinischem Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr sowie Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute ungeimpfte Risikopersonen fungieren können.“

Zusätzlich wird die Impfung für Personen empfohlen, die direkten Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln haben, um Doppelinfektionen mit dem Erreger der aviären Influenza und den aktuell zirkulierenden Influenzaviren zu verhindern. In Baden-Württemberg wird eine generelle Influenzaimpfung für alle Einwohner öffentlich empfohlen.

Bei einer drohenden oder zu erwartenden „intensiven Epidemie“ wird entsprechend der jeweiligen entsprechenden Empfehlungen der Gesundheitsbehörden vorzugehen sein. Es ist medizinisch in der Regel vertretbar, einen gesunden Menschen, der nicht krank werden möchte und nicht in eine der Risikogruppen fällt, zu impfen. Bei gesunden Erwachsenen nehmen die Zahl der Erkrankungen, Arztbesuche, Medikamentenverordnungen, Krankenhauseinweisungen und Sterbefälle jeweils um gut 20 % gegenüber der Vergleichsgruppe mit einer Placeboimpfung ab. Viele Firmen bieten daher ihren Mitarbeitern eine kostenlose Grippeimpfung an, um damit die Krankenstände während einer Grippesaison zu reduzieren.

Bei schwangeren Frauen ist das Komplikationsrisiko einer Influenzainfektion erhöht. In einigen Ländern (z. B. Österreich, USA) wird dabei – abhängig von der jeweiligen Jahreszeit – empfohlen, Frauen mit Kinderwunsch bzw. im zweiten oder dritten Trimenon der Schwangerschaft gegen Influenza zu impfen. In Deutschland existiert derzeit noch keine solche Empfehlung der Ständigen Impfkommission. Die Impfung sollte zwischen November und Januar erfolgen.

Kontraindikationen

Im Gegensatz zu allen anderen Impfstoffen (Ausnahme: Gelbfieber-Impfstoff!) ist der Einsatz von in Hühnerembryonen produzierten Grippeimpfstoffe bei Menschen mit einer nachgewiesenen schweren Allergie gegen Hühnereiweiß kontraindiziert, da herstellungsbedingt im Impfstoff Spuren von Hühnereiweiß enthalten sind. Seit der Saison 2007/2008 steht in Deutschland jedoch erstmals ein Influenza-Impfstoff zur Verfügung, der auf Zellkulturen hergestellt und somit frei von Hühnereiweiß ist. Ebenso soll bei bekannten Überempfindlichkeitsreaktionen gegen andere Impfstoffbestandteile nicht geimpft werden.[3]
Für diese Patienten (oder immunosupprimierte Patienten, bei denen keine ausreichende Antikörperantwort zu erwarten ist) steht während Epidemiezeiten eine medikamentöse Prophylaxe mit Oseltamivir oder Zanamivir zur Verfügung.

Wirksamkeit

Die Influenzaimpfung verhindert bei jungen, immunkompetenten Personen in Abhängigkeit von der antigenetischen Übereinstimmung zwischen Impfstamm und tatsächlich in der jeweiligen Saison aufgetretenem Wildvirus bei etwa 90 % der Infektionen eine Influenza-Erkrankung. Bei älteren Personen mit beeinträchtigtem Immunsystem oder Personen mit schweren Grunderkrankungen, die auf einen Schutz gegen Influenza besonders angewiesen sind, kann die Effektivität der Impfung auch bei guter Übereinstimmung der Virusstämme auf bis zu 30–40 % abnehmen. Allerdings wurde auch in dieser Bevölkerungsgruppe nachgewiesen, dass die Impfung wenn schon nicht vor der Erkrankung selbst, so doch vor einem schweren Verlauf und den wichtigsten Komplikationen schützt.

Trotz der Verfügbarkeit von Neuraminidasehemmern ist die jährliche Influenzavakzination immer noch die effektivste, kostengünstigste und einfachste Methode, einer Influenza vorzubeugen.[4]

Wirksamkeit der Impfung bei jüngeren Personen:
Die Impfung reduziert nach randomisierten Studien die Häufigkeit von Influenzaerkrankungen im Kindesalter.[5] Daten, die einen Einfluss auf schwere Verläufe, Mortalität oder Komplikationen belegen, lagen bis 2004 nicht vor.[6] Es ist zwar anzunehmen, dass mit einer Reduktion von Influenza-Erkrankungen auch die Rate an Komplikationen gesenkt werden kann, allerdings ist eine noch so begründete Annahme kein Beweis.

Wirksamkeit der Impfung bei älteren Personen:
In einer britischen Studie mit 24.535 Patienten über 75 Jahren reduzierte die Impfung die Influenza assoziierte Mortalität um 83% (13).[7] Eine Metaanalyse von 20 Kohortenstudien (Beobachtungsstudien) aus dem Jahre 1995 zeigte bei grippegeimpften 65Jährigen oder älteren Personen eine Reduktion von Atemwegserkrankungen, Lungenentzündungen, Krankenhausaufnahmen und Todesfällen.[8]

Nebenwirkungen

Der Impfstoff selbst kann weder eine Influenza noch andere Erkrankungen auslösen. Nebenwirkungen treten bei etwa 13 % der Geimpften auf. Diese beschränken sich allerdings, wie in randomisierten, kontrollierten und doppelblinden Studien festgestellt wurde, auf lokale Beschwerden wie Rötung, Schwellung oder Schmerzen an der Einstichstelle, die etwa 1 bis 3 Tage anhalten und den betroffenen Menschen nicht weiter stören. Leichte Allgemeinbeschwerden wie Fieber, Gliederschmerzen, Mattigkeit usw. können bei Personen auftreten, die bislang noch keine Antigene gegen das spezifische Grippevirus gebildet haben. Diese klingen jedoch innerhalb weniger Stunden ab.
Bei auf der Basis von Hühnereiweiß hergestellten Impfstoffen ist die Entstehung einer Hühnereiweißallergie möglich.[9]


Die Impfung schützt nicht vor mehr oder weniger banalen Erkältungen, die landläufig ebenso als „Grippe“ bezeichnet werden, und die somit bei Geimpften ebenso häufig auftreten wie bei Ungeimpften. Dies stellt u. a. eine der Ursachen für die verbreitete Meinung dar, „gerade wegen“ der Impfung krank geworden zu sein.

Im Zusammenhang mit der Grippeimpfung wird von Impfgegnern manchmal auf das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), eine Erkrankung des Nervensystems mit Lähmungserscheinungen, hingewiesen. Die Ursache dieser Erkrankung, die in den USA mit einer Erkrankungsrate von 10 bis 20 Fällen pro 1 Million Einwohner und Jahr auftritt, ist letztlich unbekannt. In der Literatur werden Fälle beschrieben, in denen diese Erkrankung nach Insekten- oder Zeckenstichen, Schwangerschaften oder Operationen aufgetreten ist. Einige Studien lassen vermuten, dass pro Jahr ein bis zwei Fälle pro 1 Million Impfungen auftreten. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Vermutungen, da eine randomisierte, kontrollierte Studie mit mehreren Millionen Teilnehmern durchgeführt werden müsste, um diese Aussagen zu bestätigen. Dies ist allerdings ethisch nicht zu vertreten, da der Nutzen der Influenza-Impfung eindeutig belegt ist.

Kritik

Gemäß Herstellerangaben sollten möglichst viele Menschen jedes Jahr neu gegen Influenza geimpft werden. Die Kosten summieren sich alleine für Deutschland auf mehrere Hundert Millionen Euro jährlich. Zudem lautet die amtliche Empfehlung der STIKO bzgl. der Influenza-Impfung für die Saison 2003/2004, dass alle älteren Menschen (über 60 Jahre), alle Personen mit chronischen Erkrankungen, Kinder und Jugendliche sowie alle Personen „mit Publikumsverkehr“ sowie solche, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute ungeimpfte Risikopersonen fungieren können (also alle Personen in der Kranken- und Altenbetreuung) zu impfen. Hier sehen Kritiker der solchermaßen umfangreich empfohlenen Influenza-Impfung Interessenkonflikte.

Kritiker von massenweisen Influenza-Impfungen werfen den Pharmaunternehmen vor, aus Profitgründen die Wirksamkeit und den Nutzen von Impfungen überdeutlich zu propagieren und dabei Ärzte und Bevölkerung mit ihren Angaben zu manipulieren.

Allerdings muss auch erwähnt werden, dass der von der Industrie zur Verfügung gestellte Grippeimpfstoff gerade den durchschnittlich zu erwartenden jährlichen Verbrauch abdeckt, sodass die Weltgesundheitsorganisation am 19. August 2005 für den Fall einer neuerlichen Pandemie ernsthafte Bedenken bezüglich einer drohenden Unterversorgung zum Ausdruck brachte.[10] Einen Interessenskonflikt ganz anderer Art sehen dementsprechend die Impfstoffhersteller: Während sie Jahr für Jahr genügend Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen sollten, um im Fall einer Pandemie rasch genug auf eine immens gestiegene Nachfrage reagieren zu können, produzieren sie im Fall einer schwachen Grippesaison für die Halde, da die Produktion eines Grippeimpstoffs ein komplexer Prozess mit einer Vorlaufzeit von bis zu sechs Monaten ist und die Produktionsziele schon im Frühjahr definiert werden. So kam es in Österreich und weiten Teilen Deutschlands aufgrund erhöhter Nachfrage 2005 und 2006 zu Lieferschwierigkeiten.

Eine 2006 im British Medical Journal veröffentlichte Cochrane-Studie[11] kritisiert nach Anlegen scharfer Qualitätskriterien die Aussagekraft bisheriger Untersuchungen und hinterfragt somit auch deren Angaben zur ökonomischen Effizienz. Dasselbe gelte laut dieser Arbeit für gesicherte Angaben zu den Nebenwirkungen einer jährlichen Grippeimpfung, sodass eine Schlussfolgerung lautet: "Obwohl es so ausschaut, dass es keine Belege für Schäden durch jährliche Impfungen gibt, ist solch ein Mangel an Wissen erstaunlich." Allerdings wird in dieser Arbeit auch auf die Schwierigkeiten eingegangen, die alleine schon bei der Diagnose einer influenzaähnlichen Erkrankung (zu der hier auch die Influenza selbst gezählt wird) auftreten und die somit die Interpretation der Studienergebnisse komplizieren, "da niemand weiß, welcher Erreger (wenn überhaupt einer) diese Erkrankung verursacht."

Ebenso 2006 wurde in einer Cochrane-Studie, die die Frage nach dem Nutzen von Impfungen für Bedienstete im Gesundheitswesen adressierte, das Studiendesign vieler Untersuchungen hinterfragt. Als wesentliche Aussage kann zusammengefasst werden, dass Influenzaimpfungen bei Bediensteten nur bei gleichzeitiger Impfung der zu Pflegenden sinnvoll waren. Die Impfungen führten demnach zwar zu keiner Reduktion von Influenza und Infekten des unteren Atemtrakts, reduzierten aber die Sterblichkeit aufgrund von Lungenentzündungen und die Sterblichkeit insgesamt.[12] (Nicht berücksichtigt wurde hier die Durchimpfungsrate der Bevölkerung insgesamt.)

Impfstoffe

Aktuelle Zusammensetzung des Impfstoffs

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt folgende Virenstämme

  • für die Südhalbkugel der Erde in der Influenza-Saison 2007:
    • A/New Caledonia/20/99(H1N1)-ähnlicher Stamm
    • A/Wisconsin/67/2005(H3N2)-ähnlicher Stamm
    • B/Malaysia/2506/2004-ähnlicher Stamm
  • für die Nordhalbkugel der Erde in der Influenza-Saison 2007/2008[1]:
    • A/Solomon Islands/3/2006 (H1N1)-ähnlicher Stamm
    • A/Wisconsin/67/2005 (H3N2)-ähnlicher Stamm (A/Hiroshima/52/2005)
    • B/Malaysia/2506/2004-ähnlicher Stamm
  • für die Südhalbkugel der Erde in der Influenza-Saison 2008[2]:
    • A/Solomon Islands/3/2006 (H1N1)-ähnlicher Stamm
    • A/Brisbane/10/2007 (H3N2)-ähnlicher Stamm
    • B/Florida/4/2006-ähnlicher Stamm
  • für die Nordhalbkugel der Erde in der Influenza-Saison 2008/2009[3]:
    • A/Brisbane/59/2007 (H1N1)-ähnlicher Stamm
    • A/Brisbane/10/2007 (H3N2)-ähnlicher Stamm
    • B/Florida/4/2006-ähnlicher Stamm (B/Brisbane/3/2007)

Neue Impfstoffe

Daronrix ist ein Pandemie-Impfstoff mit inaktivierten Grippeviren des Herstellers GlaxoSmithKline Biologicals. Ähnlich wie Prepandrix als präpandemischer Impfstoff handelt es sich um ein Spaltvakzin.

Als erster Impfstoff seiner Art ist er mit dem Virenstamm A/H5N1 (A/Vietnam/1194/2004) von der EMEA am 21. März 2007 für die 27 EU-Staaten zugelassen worden, die Richtlinie CPMP/VEG/4986/03 ermöglicht es, den enthaltenen Stamm bei Vorliegen einer Pandemie durch den tatsächlich zirkulierenden Stamm auszutauschen.[13]

Focetria ist ein Pandemie-Impfstoff mit dem Adjuvans MF59 des schweizerischen Unternehmens Novartis Vaccines and Diagnostics. In Vorstudien und einem ersten Zulassungsantrag wurde mit Influenza A/H5N3 und Influenza A/H9N2 gearbeitet, dann wurde in einem neuen Antrag auf Influenza A/H5N1 umgestellt.

Als zweiter Impfstoff seiner Art ist er mit dem Virenstamm A/H5N1 (A/Vietnam/1194/2004) von der EMEA am 2. Mai 2007 für die 27 EU-Staaten sowie Norwegen und Island zugelassen worden, auch hier soll der enthaltene Stamm bei einer Pandemie durch den tatsächlich zirkulierenden Stamm ausgetauscht werden.[14]

Ein Lebend-Influenza-Impfstoff, der nicht injiziert, sondern in die Nase gesprüht werden sollte, wurde nach Markteinführung in der Schweiz wegen Häufung von vorübergehenden Gesichtslähmungen wieder zurückgezogen. Ein ähnlicher Nasal-Impfstoff gegen Influenza ist zwar seit Mitte 2003 in den USA (und das nur unter Einschränkungen), aber bisher nicht in der Europäischen Union zugelassen.

Vom österreichischen Biotechnologieunternehmen Intercell wird derzeit ein Impfpflaster gegen „pandemische Grippe“ entwickelt, wobei das U.S. Department of Health and Human Services (HHS) diese Forschungsarbeiten (bei positivem Entwicklungsverlauf) mit ein Gesamtvolumen von USD 128 Mio. unterstützt. Das Ziel ist, die verwendete Impfstoffmenge bzw. die Anzahl der Impfungen zu verringern und damit die Verfügbarkeit der Impfstoff-Vorräte im Falle einer Influenzapandemie abzusichern.[15]

Herstellung des Impfstoffs

Die Vermehrung des Virus für die gegenwärtig in Deutschland zugelassenen Impfstoffe erfolgt in bebrüteten Hühnereiern, den „specific pathogen free eggs“, deren Alter 10–11 Tage beträgt. Im Februar des jeweiligen Jahres entscheidet die WHO über die Zusammensetzung des saisonalen Winter-Impfstoffes. Diese sogenannten „Seed-Viruses“ werden an die Hersteller gesandt. Der Hersteller führt, um optimale Ausbeuten zu erhalten, eine HG(High-Growth)-Reassortierung durch. Diese dauert ungefähr 6 Wochen.

Das Influenzavirus vermehrt sich in der Chorio-Allantois-Membran. Die mit dem Influenzavirus versehenen (inokulierten) Eier werden 3 Tage bei 32 °C bebrütet (inkubiert), während der es zur starken Vermehrung des Virus kommt. Die Eier werden geöffnet und pro Ei werden 6‒7 ml virushaltige Allantois-Flüssigkeit geerntet. Je nach Art der Impfstoffzubereitung gibt es Unterschiede im weitern Prozessverlauf. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen lebend-attenuierten und Tot-Impfstoffen. Tot-Impfstoffe werden eingeteilt in

  • Teilpartikelimpfstoffe: Zerstörung der Virusoberfläche mit Detergentien oder starken organischen Lösungsmitteln
  • Untereinheitimpfstoffe: die Oberfläche wird vollständig aufgelöst und spezifische Komponenten (Hämagglutinin- und Neuraminidase-Proteine) herausgereinigt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Untereinheiten rekombinant herzustellen. Untereinheitimpfstoffe sind nur wenig immunogen, besitzen dafür aber geringe Nebenwirkungen.

Bei der Herstellung von Lebendimpfstoffen werden attenuierte Stämme verwendet, die jedoch vermehrungsfähig bleiben. Hier wird unterschieden in

  • kälte-adaptierte Stämme: diese Stämme sind nur bei Temperaturen um 25 °C zu Vermehrung fähig, was die Viren auf die oberen Atemwege beschränkt. Durch die fehlende Replikation in den unteren Atemwegen entwickeln sich nur milde Symptome, keine vollständige Influenza. Ein Beispiel ist der Stamm A/Leningrad/134/47/57 (H2N2)
  • temperatur-sensitive Stämme: die Replikation dieser Stämme ist auf einen Temperaturbereich von 38‒39 °C limitiert, es kommt auch hier nicht zum Befall der unteren Atemwege.

Lebendimpfstoffe wirken effizienter als Totimpfstoffe, da vitale Viren das Immunsystem länger und umfangreicher stimulieren, wodurch das adaptive Immunsystem nachhaltiger aktiviert wird.

Die Produktion des Influenza-Impfstoffes in Eiern ist arbeitsintensiv und zeitaufwendig. Die Produktion des Impfstoffes dauert ca. 6 Monate, der fertige Impfstoff liegt im Juni/Juli vor und wird jährlichen klinischen Studien unterzogen. Im Fall einer Influenza-Pandemie ist die großtechnische Produktion in Eiern durch den Bedarf an Millionen von Eiern nicht zu realisieren, da die Planung der hierfür nötigen logistischen Kapazitäten etwa 2 Jahre im Voraus erfolgt. Zudem erfordern Ei-Impfstoffe eine komplizierte Aufreinigung und verursachen Nebenwirkungen, bei denen Ei-Protein-Allergien ein besonderes Problem darstellen. Ein weiteres Manko ist die Anfälligkeit des Produktionsprozesses für Kontaminationen und der deshalb nötige Einsatz großer Mengen Antibiotika. Pandemische Influenza-Stämme sind zudem sehr aggressiv; insbesondere Stämme aviären Ursprungs lassen sich nicht auf Hühner-Embryonen vermehren.

Eine Alternative ist die Produktion des Impfstoffs in Vero-Zellen. Derartige Impfstoffe sind in verschiedenen Ländern zugelassen (z. B. NL, dort hergestellt durch Firma Baxter AG). Die Vorteile dieser Technologie liegen in der Kürze des Produktionsprozesses (durch Wegfallen der HG-Reassortierung) und den großen Produktionskapazitäten. Hierdurch kann auf schnell ansteigenden Bedarf kurzfristig reagiert werden.

Die Kultivierung von Vero-Zellen erfolgt großtechnisch in Bioreaktoren mit einigen 1000 Litern Fassungsvermögen. Pandemische Stämme können mit hohen Ausbeuten vermehrt werden. Die Steriltechnik (Technik unter dem Gesichtspunkt der Sterilisierbarkeit und Reinigbarkeit der Anlagen, wie auch dem Rückhaltevermögen gegenüber Mikroorganismen oder biologisch aktiven Wirkstoffen) ermöglicht ein sicheres Design der Produktionsstätte. Das Hantieren mit pandemischen Influenzastämmen erfordert Biologische Schutzstufe 3 (BSL-3; Bio safety level), welche für Ei-Facilities, aufgrund des Prozessablaufes (schwierig zu automatisieren), nicht zu realisieren ist.

Impfmodus

Impfungen gegen Influenza müssen jedes Jahr neu erfolgen. Selbst gegen diejenigen Virusvarianten, für die der Impfstoff aktuell gerade optimal zusammengesetzt ist, nimmt die Schutzwirkung nach weniger als einem Jahr schon wieder ab. Außerdem führen Drift und Shift der Virus-Immunoberflächen im Laufe der Saison und erst recht bis zur nächsten Saison zur Abnahme der Wirksamkeit des Impfstoffes. Diese große Veränderlichkeit des Grippevirus (v.a. seiner Oberflächenproteine – siehe Influenza und Immunsystem) stellt an Entwicklung und Verteilung der Impfstoffe große Anforderungen.

Ungeklärte Fragen

Impfungen gegen Influenza müssen jedes Jahr neu verabreicht werden. Damit nimmt die Influenza-Impfung eine absolute Sonderstellung ein, denn jährlich immer wieder neu zu verabreichende Impfungen gibt es gegen keine andere Infektionskrankheit. Obwohl also Influenza-Impfungen seit Jahrzehnten weltweit jedes Jahr Millionen von Menschen verabreicht werden, gibt es bisher keine überzeugenden Längsschnitt-Untersuchungen bei regelmäßig jährlich Geimpften. Selbst schwerwiegende Nebenwirkungen können über Jahrzehnte hinweg unerkannt bleiben, wenn man nicht gezielt untersucht wird (Beispiel: Ergebnisse der WHI zur Hormonersatzbehandlung im Klimakterium).

Die amtliche Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland empfiehlt die Grippeimpfung von Kleinkindern im Alter von 6 Monaten bis 23 Monaten auch im Jahre 2006 nur im Ausnahmefall[16], nämlich bei einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung infolge eines Grundleidens. Dementgegen haben die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) vor wenigen Jahren eine generalisierte Indikation zugunsten des Einsatzes einer trivalenten inaktivierten Influenza-Vakzine (TIV) gestellt. Im Jahr 2006 wurde dort etwa jedes zweite Kleinkind in dieser Altersgruppe geimpft. Sicherheitsbedenken führten zu einer retrospektiven Auswertung der Daten der Vaccine Safety Datalink, einem Zusammenschluss von acht Krankenkassen, die zwischen Januar 1991 und Mai 2003 Datensätze zu 69.359 Impfungen bei 45.356 Kindern sammelten. Laut Veröffentlichung der Studienergebnisse in der medizinischen Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association (JAMA 2006; 296: 1990–1997) kam es zu keinen vermehrten Komplikationen, während die Schutzwirkung belegt werden konnte. Nur tendenziell und somit nicht statistisch signifikant gehäuft wurden in den zwei der Impfung folgenden Wochen Gastritis-Duodenitis-Behandlungen durchgeführt, während dreizehn Diagnosen weniger häufig gestellt wurden, darunter Infekte der oberen Atemwege, Asthma, Bronchiolitis und Mittelohrentzündungen. Die Schlussfolgerung der Autoren war, dass diese bislang größte bevölkerungsbasierte Studie an Kleinkindern weitere Evidenz erbrachte, alle 6 bis 24 Monate alten Kinder generell zu impfen.[17]

Um jüngere Kinder zu schützen, deren Immunsystem noch ungenügend ausgereift ist, muss die Schwangere geimpft werden. Dieser Fragestellung widmete sich eine Untersuchung in Bangladesch, die am 17. September 2008 im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde. Unter anderem wurde hier gezeigt, dass die Zahl der Klinikbesuche bei Kindern von geimpften Schwangeren um signifikante 42 Prozent zurückging.[18][19]

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Patricia R. Blank et. al.: Trends in influenza vaccination coverage rates in Germany over six seasons from 2001/02 to 2006/07. Medizinische Klinik, Band 103, 2008, S. 761–768
  2. Izurieta HS et al: Influenza and the rates of hospitalization for respiratory disease among infants and young children., N Engl J Med. 2000 Jan 27;342(4):232-9. PMID 10648764
  3. Deutsches Grünes Kreuz e.V: Influenza / Grippe (Letzte Aktualisierung: 27.10.2008)
  4. Pharmainformation - unabhängige Information für Ärzte: Oseltamivir. September 2004
  5. Zaman K , Roy E, Arifeen SE, Rahman M, Raqib R, Wilson E, Omer SB, Shahid NS, Breiman RE, Steinhoff MC.: Effectiveness of maternal influenza immunization in mothers and infants.. In: N Engl J Med.. 359, 1008, S. 1555–1564. PMID 18799552 (Volltext; engl.
  6. arznei-telegramm, 11-2004
  7. Ben G Armstrong, Punam Mangtani, Astrid Fletcher, Sari Kovats, Anthony McMichael, Sam Pattenden, Paul Wilkinson: Effect of influenza vaccination on excess deaths occurring during periods of high circulation of influenza: cohort study in elderly people. In: BMJ. 329, 2004, S. 1123–35. doi:10.1136/bmj.38198.594109.AE. PMID 15313884
  8. Gross PA, Hermogenes AW, Sacks HS, Lau J, Levandowski RA.: The efficacy of influenza vaccine in elderly persons: a meta-analysis and review of the literature.. In: Ann Intern Med. 123, 1995, S. 518–27
  9. Yamane N, Uemura H.: Serological examination of IgE- and IgG-specific antibodies to egg protein during influenza virus immunization.. In: Epidemiol Infect.. 100, Nr. 2, 1988, S. 291–99. PMID 3356225
  10. WHO: „Weekly epidemiological record / Relevé épidémiologique hebdomadaire“; 19 AUGUST 2005, 80th YEAR / 19 AOÛT 2005, 80e ANNÉE; No. 33, 2005, 80, 277–288
  11. http://bmj.bmjjournals.com/cgi/content/short/333/7574/912 Tom Jefferson, Influenza vaccination: policy versus evidence. BMJ 2006;333:912–915
  12. Thomas RE, Jefferson T, Demicheli V, Rivetti D. Influenza vaccination for healthcare workers who work with the elderly. Cochrane Database Syst Rev. 2006 Jul 19;3:CD005187. PMID:16856082
  13. EMEA-Bericht zu Daronrix
  14. EMEA-Bericht zu Focetria
  15. Intercell erhält 12,5 Mio. USD vom U.S. Department of Health and Human Services (HHS) für die weitere Entwicklung des Impfpflasters gegen pandemische Grippe
  16. http://www.rki.de/cln_049/nn_199630/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ02.html Stellungnahme der STIKO zur Impfung von Säuglingen und Kindern
  17. http://jama.ama-assn.org/cgi/content/short/296/16/1990 Journal of American Medicine Association (JAMA) Abstract der Studie
  18. http://content.nejm.org/cgi/content/short/NEJMoa0708630 K. Zaman et al.: Effectiveness of Maternal Influenza Immunization in Mothers and Infants. Published at www.nejm.org September 17, 2008
  19. http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=33757 Aktueller Bericht im Deutschen Ärzteblatt vom 18. September 2008
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