- Das kalte Herz
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Das kalte Herz ist ein Märchen von Wilhelm Hauff. Es erschien 1827 in Hauffs „Märchenalmanach auf das Jahr 1828“, in zwei Teilen als Binnenerzählung eingebettet in die Erzählung „Das Wirtshaus im Spessart“.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsangabe
Peter Munk, genannt der Kohlenmunk-Peter, führt im Schwarzwald die Köhlerei seines verstorbenen Vaters, ist aber mit der schmutzigen, anstrengenden, schlecht bezahlten und wenig respektierten Arbeit unzufrieden. Er träumt davon, viel Geld zu haben und angesehen zu sein. Da erfährt er, dass es im Schwarzwald einen Waldgeist, das Glasmännlein, auch Schatzhauser genannt, geben soll. Dieser erfüllt jedem, der, wie Peter Munk, an einem Sonntag zwischen 11 und 14 Uhr geboren ist, drei Wünsche, wenn man ihn mit einem bestimmten Vers ruft. Peter macht sich auf die Suche nach dem Glasmännlein. Dabei begegnet er im Wald einem anderen Waldgeist, dem gefährlichen, riesigen Holländer-Michel, der dort in Sturmnächten als böser Zauberer sein Unwesen treibt. Peter kann ihm jedoch entkommen.
Mit dem Vers: „Schatzhauser im grünen Tannewald, bist schon viel hundert Jahre alt. Dir gehört all Land, wo Tannen stehn - lässt dich nur Sonntagskindern sehn“ ruft Peter das Glasmännlein, das ihm die drei Wünsche gewährt. Den dritten allerdings nur unter Vorbehalt, falls er töricht sein sollte. Töricht ist schon Peters erster Wunsch: Er möchte besser tanzen können als der „Tanzbodenkönig“ und im Wirtshaus immer soviel Geld in den Taschen haben wie Ezechiel. Beide sind Peters zweifelhafte Vorbilder. Sein zweiter Wunsch ist allerdings vernünftiger: Peter wünscht sich eine stattliche Glashütte mit genug Kapital, sie zu führen. Das Glasmännlein macht Peter darauf aufmerksam, dass er sich auch den notwendigen Verstand dafür hätte wünschen sollen. Die Erfüllung des dritten Wunsches versagt ihm das Glasmännlein erst einmal, damit er für später eine Reserve hat.
Die zwei Wünsche werden Peter erfüllt und so ist ihm das Glück zunächst hold. Er hat die schönste Glashütte im Schwarzwald, tanzt besser als alle anderen und seine Taschen sind beim Spielen im Wirtshaus stets mit soviel Geld gefüllt wie die von Ezechiel. Er wird schnell zum angesehenen Mann im Schwarzwald. Doch der fehlende Verstand für sein Geschäft macht sich bald bemerkbar. Seine Glashütte vernachlässigt er, geht fast nur noch ins Wirtshaus, und schnell ist er hoch verschuldet. Nur wenn er im Wirtshaus den reichen Ezechiel trifft, hat er stets genau soviel Geld in der Tasche wie dieser.
Peter gewinnt im Spiel ständig und zieht Ezechiel alles Geld aus den Taschen, bis dieser keines mehr hat - und Peter damit auch nicht. Daraufhin wird er davongejagt. Vor lauter Unglück geht Peter in den Wald zum Holländer-Michel, der im Gegensatz zum Glasmännlein mit dem Bösen im Bunde steht. Der Michel erweist sich großzügiger als das Glasmännlein, fordert als Preis für seine Hilfe allerdings Peters Herz. Dieses sei ihm mit seinen Gefühlen im Leben ohnedies nur hinderlich, meint er. Dafür soll Peter einen kalten Stein in die Brust und unendlich viel Geld bekommen. Am nächsten Tag ist Peter steinreich und beginnt eine Weltreise. Bald muss er feststellen, dass er sich an nichts mehr erfreuen kann, dass er nicht mehr lachen und weinen kann, keine Liebe empfindet und nichts mehr schön ist. Sein neues Herz aus Stein kann an nichts Anteil nehmen. Er kehrt in den Schwarzwald zurück und geht zum Holländer-Michel, um sein Herz zurückzufordern. Michel verweigert den Wunsch mit dem Hinweis, dass er sein Herz erst nach dem Tod wieder erhält. Er zeigt Peter seine Herzensammlung, und dieser erfährt so, dass auch viele andere „große Persönlichkeiten“ des Schwarzwaldes, darunter auch Peters Vorbild Ezechiel, ihre Herzen bei Michel gegen den schnöden Mammon eingetauscht haben. Michel gibt Peter noch mehr Geld und rät ihm, zu heiraten. Peter baut ein riesiges Haus im Schwarzwald und arbeitet fortan als Händler und Geldverleiher zu Wucherzinsen. Für seinen unerbittlichen Geiz ist er verschrien und er verjagt alle Armen. Seiner alten Mutter gibt er nur ein Almosen und hält sie sonst von sich fern. Nun geht er auf Brautschau und hält um die Hand der wunderschönen Holzhauerstochter Lisbeth an. Sie heiraten, doch Lisbeth fühlt sich bald unglücklich. Peter ist nur schlecht gelaunt, geizig und er verbietet Lisbeth trotz des immensen Vermögens, den Armen zu helfen, weshalb sie bald für noch geiziger gehalten wird. Lisbeth leidet und wünscht sich, Peter nie geheiratet zu haben.
Als eines Tages ein alter, kleiner Mann vorbeikommt und um einen Schluck Wasser bittet, fühlt sich Lisbeth unbeobachtet und bietet ihm Wein und Brot an. Der Mann bedankt sich und meint, dass so ein gutes Herz belohnt werden wird. In dem Moment kommt Peter zurück. Außer sich vor Wut schlägt er mit dem Holzgriff einer Peitsche auf Lisbeth ein, die sofort tot ist. Als Peter seine tote Frau sieht, bereut er das sofort, doch der alte Mann gibt sich als das Glasmännlein zu erkennen und erwidert, dass Peter die schönste Blume des Schwarzwaldes zertreten habe. Peter gibt dem Glasmann die Schuld, der sich darauf vor Zorn in ein Ungeheuer verwandelt. Nur um Peters toter Frau willen, die ihm half, gibt er Peter acht Tage Zeit, sein Leben zu überdenken. Peter schläft schlecht und hört Stimmen, die ihm sagen, er solle sich „ein wärmeres Herz verschaffen“. Die Leute, die Lisbeth vermissen, belügt er, indem er sagt, seine Frau sei überraschend verreist.
Schließlich geht er in den Wald und ruft das Glasmännlein, da er ja noch einen letzten Wunsch frei hat. Er will sein Herz zurückhaben, doch der Schatzhauser kann ihm nicht helfen, da der Handel Geld gegen Herz nicht mit ihm gemacht wurde. Er verrät ihm aber einen Trick. Peter geht zum dritten Mal zum Holländer-Michel und behauptet, dieser habe ihn betrogen, er habe ihm nämlich gar kein Steinherz eingesetzt. Michel will ihm das beweisen und setzt ihm „zur Probe“ das echte Herz nochmals ein. Daraufhin nimmt Peter ein Glaskreuz, das er vom Glasmännlein erhalten hat, und streckt es dem Michel entgegen. Dadurch kann Peter den zornigen Michel von sich fernhalten und zum Glasmännlein fliehen. Er bereut sein verpfuschtes Leben, woraufhin das Glasmännlein ihn mit seiner Mutter und der wieder zum Leben erweckten Lisbeth zusammenführt. Es empfiehlt Peter, er solle fortan als Köhler fleißig arbeiten, dann würde er auch ohne viel Geld ein anerkannter Mann werden.
Romantik
Es lassen sich Zusammenhänge zur seinerzeit laufenden Epoche der Romantik feststellen. Während der literarischen Epoche war es durchaus üblich, Prosawerke in Märchenform zu verfassen. Hauff bediente sich dabei an einer Sage; mithilfe der Sage vom "Glasmännchen" stellte er die romantische Suche nach Glück dar.
Das Schlagwort der Romantik ist die „Sehnsucht“, die der Kohlenmunkpeter verwirklicht, als ihm drei Wünsche im Laufe der Handlung gewährt werden. Die Folge dieser Sehnsucht ist, wie es häufig bei Protagonisten von romantischen Werken der Fall ist, die Selbstdestruktion. Denn sein erwünschter Reichtum zerfällt in Elend und seine Sehnsucht artet zu Geiz und Boshaftigkeit aus. Als unerschütterlicher Romantiker hegt der Kohlenmunkpeter weiterhin seinen Ehrgeiz, sodass er am Ende des Märchens doch noch sein Glück an der Seite seiner Frau findet.
Literatur
- Wilhelm Hauff: Das kalte Herz. Eulenspiegel-Verlag, 2003; ISBN 3-359-01466-9
Verfilmungen
Die Real-Verfilmung Das kalte Herz (Film) durch die DEFA im Jahr 1950 gilt als Auslöser der erfolgreichen Kinderfilm-Produktion in der DDR.
Die Verfilmung der Augsburger Puppenkiste aus dem Jahr 1978 ist in der Sammlung „Märchen und Sagen mit der Augsburger Puppenkiste“ erschienen.
Ebenfalls 1978 sendete das ZDF die 6-teilige deutsche Fernsehserie „Das kalte Herz“.
Musik
Das Märchen wurde im Jahre 1943 von dem Komponisten Norbert Schultze für die Opernbühne vertont.
Am 27. Oktober 1988 wurde in München am Staatstheater am Gärtnerplatz das Märchen als „Szenische Ballade in drei Teilen nach Wilhelm Hauff“ unter der Leitung von Reinhard Schwarz uraufgeführt. Komponist: Volker David Kirchner, Librettist: Marc Guenther, Konzept: Harald Weirich
2009 hat die Band Saltatio Mortis auf ihrem Album „Wer Wind Saet“ das Lied „Das kalte Herz“ herausgebracht, dessen Text sich auf das Märchen von Wilhelm Hauff bezieht. Ebenfalls vom Märchen inspiriert ist der Song „Kaltes Herz“ der Folk Metal-Band Subway to Sally, der auf der Single „Sieben“ enthalten ist.
Hörspiel
In der Litera-Hörspielproduktion der damaligen DDR entstand 1985 ein aufwändiges Hörspiel für Kinder. Die Sprecherriege war prominent; so wurde Peter Munk von Ulrich Mühe, das Glasmännlein von Rolf Ludwig, Peters Vater von Kurt Böwe und Peters Mutter von Käthe Reichel gesprochen.
Auch das für Hörspiele berühmte Plattenlabel Europa aus Hamburg veröffentlichte 1971 eine Version. Regie und Titelrolle übernahm Konrad Halver. Sprecher waren Horst Beck als Glasmännlein und Herbert A. E. Böhme als Holländer-Michel.
Eine wohl noch ältere, weitere Version des Hörspiels existiert auf einer Schallplatte des Philips Sublabels Fontana (Bestell Nr. 701510 WPY). Laut Angaben auf dem Cover lag die Hörspielbearbeitung und Produktion in den Händen von Kurt Vethake. Regie führte Benno Schurr. Als Sprecher wirkten mit: Erzähler = Wolfgang Reinsch, Peter Munk = Ludwig Thiesen, Schatzhauser = Hans Röhr, Holländermichel = Walter Prüssing, Ezechiel = Horst Werner Loos, Mutter = Helene Elcka, Lisbeth = Ute Remus, Kräuterweib = Anette Roland, Großvater = Kurt Ebbinghaus
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