Deckoffizier

Deckoffizier

Der Deckoffizier ist ein unmittelbar hinter den Seeoffizieren (Kriegsmarine) bzw. den Schiffsoffizieren (Handelsmarine) rangierender Marinedienstgrad. Eine Besonderheit stellte der Vize-Deckoffizier dar: Er war in Deutschland ein Reserveoffizieranwärter der Kaiserlichen Marine.

Häufig aus der einfachen Laufbahn der Matrosen aufgestiegen, berät er als Spezialist seines Fachs den Kapitän oder die anderen mit der Schiffsleitung betrauten Offiziere. Typische Dienststellungen sind die Position als Steuermann, Bootsmann, Feuerwerker (Schiffsartillerist), Maschinist, Mechaniker, Materialienverwalter oder Torpeder (Torpedo-Experte).

Der Posten des Deckoffiziers war bereits im Mittelalter bekannt. In Deutschland bildeten die Deckoffiziere von Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1938 eine eigene Rangklasse, die international der Dienstgradgruppe der Warrant Officers entsprach. Die heutige Deutsche Marine kennt den Deckoffizier nicht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Preußische Marine und Kaiserliche Marine

In der Preußischen Marine wurden die Deckoffiziere 1860 in einer eigenen Rangklasse zusammengefasst, die, ähnlich den Warrant Officers der Royal Navy, zwischen den Unteroffizieren (Maaten und Feldwebeln) und den Seeoffizieren stand. Die Deckoffiziere der Kaiserlichen Marine gliederten sich in Deckoffiziere und Oberdeckoffiziere. Unter Überspringung der Rangklasse der Portepee-Unteroffiziere (Feldwebel, Wachtmeister) konnten geeignete Obermaate unmittelbar zu Deckoffizieren aufrücken. Voraussetzung war der Besuch der Deckoffizierschule in Berlin; Feuerwerker erhielten ihre Ausbildung an der Oberfeuerwerkerschule in Berlin. Die Anrede der Deck- und Oberdeckoffiziere folgte der Laufbahnzugehörigkeit (z.B. „Herr Maschinist“, „Herr Obersteuermann“).

In einigen wenigen Laufbahnen war den Oberdeckoffizieren der Aufstieg in Offiziersränge möglich. Die Feuerwerks-, Zeug- und Torpederoffiziere ergänzten sich aus den Oberfeuerwerkern, Oberzeugfeldwebeln und Obertorpedern. Erreichbar waren die Dienstgrade Feuerwerks- und Zeughaupmann, -Premierleutnant und -Leutnant bzw. Torpeder-Kapitänleutnant, -Leutnant und -Unterleutnant (seit 1899: -Hauptmann, -Oberleutnant, -Leutnant). Eine besondere Auszeichnung war in Einzelfällen die Entlassung als charakterisierter Feuerwerkskapitän usw. (= Korvettenkapitän a.D., jedoch ohne dessen Pensionsanspruch).

Das Maschinen- und Torpeder-Ingenieurkorps ergänzte sich bis 1903 aus den Obermaschinisten und Obertorpedomechanikern. Erstere hatten z.B. vor einer möglichen Beförderung mindestens 2 Jahre Seefahrtszeit als leitender Wachtmaschinist, davon 10 Monate auf einem Panzerschiff, zu absolvieren und die Offiziersprüfung zu bestehen. Die Offizierswahl (Kooptation) erfolgte anschließend durch das Seeoffizier- und Maschineningenieurkorps am Ort. Erreichbare Dienstgrade waren Maschinen- (bzw. Torpeder-) Oberingenieur, -Ingenieur und -Unteringenieur (seit 1899: Stabs-, Oberingenieur und Ingenieur).

Seit 1903 war die Laufbahn der Maschinen- und Torpeder-Ingenieure jedoch den Absolventen der der 1901 gegründeten Marineingenieurschule vorbehalten; Oberdeckoffizieren blieb nun ein weiterer beruflicher Aufstieg verwehrt. Gleichzeitig änderte sich die Bezeichnung Maschinen-Ingenieurkorps in Marine-Ingenieurkorps.

Mit der Aufstellung von Seeflieger-Abteilungen im Ersten Weltkrieg wurde eine eigene Seeflieger-Laufbahn eingerichtet. Mannschaften war über die Matrosenlaufbahn der Aufstieg zum Flugmaat und Oberflugmaat und weiter in die Deckoffizier-Dienstgrade Flugmeister und Oberflugmeister möglich. (Ein eigenes Seeflieger-Offizierskorps wurde indes nicht begründet, daher firmierten fliegende Seeoffiziere als Offiziere zur See oder Offiziere der Marineartillerie.)

Eine Besonderheit stellten die Vize-Deckoffiziere dar. Bis 1893 Vize-Seekadetten genannt (nach bestandener Offiziersprüfung umgs. auch Vize-Säbel-Kadett), waren sie Offizieranwärter der Reserve. Sie rangierten zwischen den Feldwebeln und den Deckoffizieren (als Vize-Seekadetten jedoch bis 1893 vor den Vize-Feldwebeln/Vize-Wachtmeistern, aber hinter den etatsmäßigen Feldwebeln/Wachtmeistern und den Säbel-Kadetten / seit 1899: Säbel-Fähnriche). Möglich war die Reserveoffizierslaufbahn im seemännischen Dienst (Vize-Steuermann), bei der Marine-Artillerie (Vize-Feuerwerker) und als Marine-Ingenieur d.R. (Vize-Maschinist). In den Seeflieger-Abteilungen waren seit dem 1. November 1915 Ernennungen zum Vize-Flugmeister möglich. Da ein Seeflieger-Offizierskorps fehlte, erfolgte die Beförderung zum fliegenden Reserve-Offizier über eine andere Laufbahn, d.h. vom Vizeflugmeister etwa zum Leutnant d. R. der Marineartillerie.

Reichsmarine und Kriegsmarine

1920 übernahm die Reichsmarine (1935 umbenannt in Kriegsmarine) die Einrichtung der Deckoffiziere (wie die Offiziere mit einer Mindestdienstzeitverpflichtung von 25 Jahren), unterließ jedoch eine Ergänzung des Personalbestands. Sie bildeten weiterhin eine eigenständige Rangklasse, unterlagen aber im Militärstrafrecht den Bestimmungen betreffend die Unteroffiziere mit Portepee. Bis 1935 dürfte das Gros der Deck- und Oberdeckoffiziere aus dem Dienst geschieden sein.

Mit Verfügung vom 13. Juli 1938 waren die verabschiedeten Deckoffiziere mit dem Rang eines Oberfeldwebels bzw. Oberwachtmeisters zu führen. Die Einrangierung als Stabsfeldwebel (Dienstgrad eingeführt zum 1. Oktober 1938) bzw. als Stabsoberfeldwebel (Umbenennung des Dienstgrads Stabsfeldwebel mit Verfügung vom 16. Februar 1939) darf als wahrscheinlich gelten. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die ehemaligen Deckoffiziere, sofern sie noch diensttauglich waren, als Leutnante der entsprechenden Offizierslaufbahn wieder einberufen.

Bundesmarine und Volksmarine

Bundesmarine und Volksmarine der DDR übernahmen die Rangklasse der Deckoffiziere nicht. Bei der Bundesmarine konnte sich der "Bootsmann" als generelle Dienstgradbenennung für die Portepee-Unteroffiziere sämtlicher Laufbahnen halten, bei der Volksmarine ersetzte der "Meister" die bei der Reichsmarine und Kriegsmarine übliche Bezeichnung "Feldwebel". In der heutigen Deutschen Marine werden die Vorschriften über die Laufbahnen der ehemaligen Bundesmarine weitergeführt.

Bekleidungsvorschriften

In der Kaiserlichen Marine entsprach die Uniform der Deckoffiziere dem Muster der Offiziere, allerdings ohne deren Schulterstücke und Ärmelstreifen. Zudem unterschied sie von jenen der Mannschaftsüberzieher und die flacherer Schirmmütze (Ausnahme Vize-Deckoffiziere: Offiziersüberzieher und Offiziersmütze). Die große Gala-Uniform mit zweispitzigem Hut (“Zweimaster“) blieb den Offizieren vorbehalten, ebenso die Epauletten und die silberne Schärpe, an deren Stelle die Deckoffiziere das Überschnallkoppel aus schwarzem Moiréband mit kreisförmiger Metallschließe anlegten.

Die Achselklappen waren aus dem Grundtuch der Uniform gefertigt, darauf das Laufbahnabzeichen (z.B. unklarer Anker bei Bootsleuten, Zahnrad bei Maschinisten), laufbahnabhängig in Gold- oder Silbermetall, beim Oberdeckoffizier zusätzlich mit darüber gesetzter Kaiserkrone. Die Achselklappen des Vizedeckoffiziers waren in Goldtresse eingefasst, dazu kam das Laufbahnabzeichen ohne Kaiserkrone. Deckoffiziere als Offizierstellvertreter kennzeichneten Goldtressen an den beiden Seiten der Achselklappen. Die im Januar 1916 eingeführten Deckoffizierleutnants und Deckoffizieringenieure waren außer an der Seeoffizier- oder Marineingenieurmütze an den silbernen, schwarz-rot durchwirkten Achselstücken mit dem Deckoffizier-Laufbahnabzeichen identifizierbar; auf den Kragenseiten führten sie eine kleine vergoldete Kaiserkrone mit Kronenbändern.

Verabschiedeten Deckoffizieren war bis 1919 eine silberne, schwarz-rot durchwirkte Schnur auf dem unteren Ende der Achselklappen vorgeschrieben. An ihre Stelle trat anschließend eine 1 cm breite Goldtresse quer unter den Achselklappen.

Auf den Ärmelaufschlägen befanden sich drei Knöpfe mit Ankerprägung in waagerechter Anordnung. An der Schirmmütze wurde die Offizierskokarde getragen, jedoch statt des Eichenlaubkranzes mit darüber gesetzter Kaiserkrone.

In der Reichsmarine waren 4 cm Schulterstücke aus blau-silbernem Plattschnurgeflecht in Gebrauch. Das innere Geflecht bestand aus zwei dunkelblauen Kantschnüren mit einer silbernen Schnur zwischen diesen; die Umrandung bildete eine doppelt gelegte dunkelblaue Kantschnur, fallweise waren hier auch blau-silberne Kantschnüre in Gebrauch. Die Unterlage war aus marineblauem Tuch bzw- feldgrau bei der feldgrauen Uniform. In der Mitte der Schulterstücke trug der Deckoffizier das vergoldete Laufbahnabzeichen der Portepeeunteroffiziere aufgesteckt und darunter einen vergoldeten Rangstern. Der Oberdeckoffizier trug zusätzlich einen zweiten Rangstern am oberen Ende der Schulterstücke.

Zur blauen Borduniform der Deckoffiziere gehörte die blaue Schirmmütze (mit schwarzem Schirm und Lederkinnriemen), die, von den Portepeeunteroffizieren aufwärts, einheitlich von allen Dienstgraden, einschließlich der Admirale, getragen wurde. Vom 1. Juli 1936 an übernahmen die Deckoffiziere die zu diesem Datum in der Kriegsmarine eingeführte neue Offiziersmütze, deren Schirmrand jetzt mit Goldstickerei eingefasst war.

Zur feldgrauen (Land-)Uniform war den Deckoffizieren bereits zum 1. Juli 1933 die Offizierskopfbedeckung gleichzeitig mit Einführung der silbernen Mützenkordel (statt des schwarzen Sturmriemens) zugebilligt worden. Zur feldgrauen Uniform legten die Deckoffiziere die gestickten Kragenpatten und das braune Lederzeug der Offiziere an.

Die 4 cm Schulterstücke bestanden seit 1933 aus blau-silbernem Plattschnurgeflecht. Das innere Geflecht bestand aus zwei dunkelblauen Kantschnüren mit einer silbernen Schnur zwischen diesen; die Umrandung bildete eine doppelt gelegte dunkelblaue Kantschnur, fallweise waren hier auch blau-silberne Kantschnüre in Gebrauch. Die Unterlage war aus marineblauem Tuch bzw- feldgrau bei der feldgrauen Uniform. Auf den Schulterstücken trug der Deckoffizier einen Rangstern und darüber das Laufbahnabzeichen; der Oberdeckoffizier zwei vergoldete Rangsterne mit dem aufgesteckten, ebenfalls vergoldeten Laufbahnabzeichen der Portepeeunteroffiziere dazwischen.

An den Ärmeln ein bzw. zwei schmale Streifen aus Gold- oder Silberlitze, darüber das aufgenähte Laufbahnabzeichen in Metallstickerei. Die große Uniform, Epauletten und Schärpe blieben weiterhin Privileg der Offiziere.

Siehe auch

Deutsche Marinegeschichte, Dienstgrade der Kaiserlichen Marine

Literatur

  • Karl Schlawe: Die Deutsche Marine in ihrer gegenwärtigen Uniformierung. Moritz Ruhl Verlag, Leipzig 1913
  • Adolf Schlicht, John R. Angolia: Die Deutsche Wehrmacht. Uniformierung und Ausrüstung 1933-1945. Stuttgart 1995. ISBN 3-613-01656-7

Weblinks


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