Defizitfinanzierung

Defizitfinanzierung

Unter englisch deficit spending bzw. deutsch Defizitfinanzierung wird die Situation verstanden, dass der Staat sich verschuldet, um durch staatlich vergebene Aufträge verstärkte Nachfrage zu generieren, wodurch insbesondere während Rezessionen die Wirtschaft angekurbelt werden soll. Die entstandenen Schulden sollten in idealtypischer Weise in einer Expansions- oder in einer Hochkonjunkturphase durch Haushaltsüberschüsse wieder ausgeglichen werden (Antizyklisches Verhalten). Eine ähnliche Wirkung – auf der Einnahmeseite des Staates – kann mit Steuersenkungen erreicht werden.

Dieses neukeynesianistische Konzept geht auf Abba P. Lerner zurück und nicht – wie häufig unterstellt – auf John Maynard Keynes. Als Keynes als Repräsentant der englischen Schatzkammer 1944 Amerika besuchte, widersprach er vehement Lerners Idee der Belebung der Konjunktur durch Staatsverschuldung.

Ansatz

Die staatliche Nachfrage soll dabei eine Verschiebung der IS-Kurve nach rechts verursachen und somit das Volkseinkommen steigern. Aufgrund von Multiplikatoreffekten erhofft man sich eine selbstverstärkende Wirkung des expansiven Effekts (Staatsausgabenmultiplikator). Dies hat auch einen Effekt auf den Gleichgewichtszinssatz i, der sinkt und somit zu mehr Investitionen anregt.

Problematik

Kritiker werfen dem deficit spending vor, dass es bestimmte Branchen einseitig bevorteile (z. B. die Baubranche und die Rüstungsindustrie), man spricht hier von Strukturblindheit. Außerdem führten hohe Staatsausgaben zu Überschuldung und Inflation bei gleichzeitiger Stagnation (Stagflation). Zudem berge eine hohe Staatsnachfrage die Gefahr von Verdrängungseffekten (in der Literatur ist auch häufig vom Crowding-out-Effekt die Rede). Durch die steigenden Staatsausgaben würden nichtstaatliche Investitionen verdrängt. Eine solche Wirtschaftspolitik könne eine Wirtschaftskrise daher nicht grundlegend bekämpfen. Außerdem konnte in der Vergangenheit ein Abbau des öffentlichen Schuldenstandes in Zeiten besserer Konjunktur so gut wie nie beobachtet werden – günstigstenfalls kam es zu einer geringeren Neuverschuldung. Ein weiterer Kritikpunkt ist das Außerachtlassen von Wirkungsverzögerungen (Verzögerungseffekt) zwischen dem Nötigwerden und der Wirkung von Fiskalpolitik. Eine ursprünglich antizyklisch angelegte Maßnahme könne erst in der nächsten Konjunkturphase ihre Wirkung entfalten und in der dann vorherrschenden Situation prozyklisch wirken.


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