Der Dschungel

Der Dschungel

Der Dschungel (The Jungle) ist ein sozialkritischer Roman des amerikanischen Schriftstellers Upton Sinclair.

Sinclair wurde 1904 durch Fred Warren für das sozialkritische Werk beauftragt. Zuerst erschien The Jungle 1905 als Serie in der sozialistischen Zeitschrift Appeal to Reason; der Buch-Erstdruck folgte 1906 bei Doubleday.[1] und im gleichen Jahr deutsch bei Sponholtz (Übers. Eduard Eugen Ritter) als "Der Sumpf". Seit 1974 tragen alle deutschen Fassungen den Titel Der Dschungel.

Arbeiter reinigt eine Rinderhälfte in einem Schlachthof, Chicago 1909

Bei diesem Roman geht es um die Ausbeutung der Arbeiter und die hygienischen Missstände in den Schlachthöfen und Konservenfabriken in den Union Stock Yards Chicagos. Mit dem Beispiel einer Einwandererfamilie aus Litauen veranschaulichte Sinclair die katastrophalen Auswirkungen eines von Profitwahn und Korruption diktierten US-amerikanischen Kapitalismus im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der Protagonist, Jurgis Rudkus, welcher den Archetypus des gutmütigen, unerfahrenen kleinen Mannes einnimmt, verliert nach einem Betriebsunfall seine Stelle in einem Schlachthof.

Dies löst eine Kettenreaktion aus, die zum Tod seiner Frau, zur Zerstörung der Familienbande und zu seinem eigenen unaufhaltsamen sozialen und physischen Abstieg führt. Nach seiner Gefängnishaft wird er zum Landstreicher und verfällt vorübergehend den Verlockungen der Mobster seiner Stadt.

Zum Schluss hin ergibt sich jedoch eine unerwartete Wendung: Rein zufällig gerät Jurgis in eine Sozialisten-Versammlung und erlebt dort gewissermaßen seine „Erleuchtung“. Von diesem Punkt an wird der Roman zu einem regelrechten Pamphlet mit sozialpolitischen Forderungen und Thesen.

In seinem Stil erweist sich das Werk als Mischung einer drastischen Sozialreportage mit einer von manchen als eindimensional empfundenen Handlung, eine indirekte Quelle für die Strömungen der amerikanischen Sozialreformer zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Methoden der so genannten muckraking novels“, also das Schmutz-Aufwühlen, den Schmutz der Großindustrie und der Hochfinanz zu recherchieren und kritisch an die Öffentlichkeit zu bringen, den Opportunismus, die Korruption, Bereicherung und Bestechung aufzudecken, dies hat Sinclair hier zum literarischen Prinzip ausgebaut. Darauf beruft sich heute zum Beispiel Michael Moore.

Theodore Roosevelt nannte Sinclair folgerichtig einen »Dreckwühler« und telegraphierte ihm: »Geben Sie Ruhe, Sinclair. Und überlassen Sie das Regieren des Landes für eine Weile mir! « Bert Brecht schrieb nach der Lektüre des Buchs Die heilige Johanna der Schlachthöfe. 770 Persönlichkeiten aus 55 Ländern schlugen ihn für den Nobelpreis vor. Darunter war George Bernard Shaw mit den Worten »Ich habe mich denen angeschlossen, die seine Kandidatur unterstützen, während die Professoren entsetzt aufschrien.« Jack London sagte nach der Lektüre: »Hunderttausende und sogar Millionen werden Sinclair lesen.«

Sinclair wurde zum Klassiker der sozialkritischen Literatur, in 30 Sprachen übersetzt, er gehörte zu den zehn meistgelesenen Autoren in Deutschland, bis 1933 seine Bücher verbrannt wurden. Karl-Heinz Schönfelder meinte: »"Der Dschungel" gehört zu den hervorragenden Werken der proletarischen Literatur in den USA.«

Zur Recherche hatte Sinclair sieben Wochen lang im Armour Trust, einer der größten Fleischfabriken Chicagos, gearbeitet. Nach dem Erscheinen des Buches sank der Absatz amerikanischer Fleischkonserven schlagartig, als man von den kriminellen Zuständen in den Schlachthöfen las. Arbeiter mit TBC hatten ins Fleisch gehustet. In Ermangelung von Toiletten und wegen der Akkordarbeit wurde ins Fleisch uriniert. Arbeiter fielen in Bottiche, ertranken und wurden eingedost. Letztere Behauptung des Autors konnte allerdings als einziger Punkt der ansonsten nachgewiesenen Missstände nicht belegt werden. Jack London nannte das Buch: »Onkel Toms Hütte der Lohnsklaverei.« Die direkte Folge war ein neues Lebensmittelgesetz, gegen den Widerstand der Trusts. Verbessert wurde danach die Qualität der Fleischkonserven, nicht verbessert wurden die Bedingungen für die Arbeiter. Sinclair schrieb daraufhin: »Ich zielte auf das Herz und das Gewissen der Amerikaner, aber ich traf sie nur in den Bauch.«

Zur ersten deutschen Ausgabe von 1906 gehörte ein Separatdruck unter dem Titel Ist der "Sumpf" wahr? von Sinclair und weiteren Beifügungen (Botschaft Roosevelts & Anhang zur Sumpf-Volksausgabe von Sinclair) [2]

Zeitgenössische Rezeption

Das Überlegenheitsgefühl von Europäern gegenüber den USA zeigt sich deutlich daran, wie äußerst kurz das Buch in der Untersuchung Der moderne Roman. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte von Carl Schmitt 1908 behandelt wird. Auf 284 Seiten, auch über viele internationale Autoren, findet aus den USA allein dieses Buch Erwähnung, mit einer drittel Seite. Er referiert nur den Inhalt: Pessimistisch ist Zola. ... In dem „Sumpf“, dem Chicagoer Schlachthausroman des amerikanischen Zolaisten Upton Sinclair, sind so abstoßende Bilder ohne lichtvolle Gegenwirkung festgehalten, daß man befürchten möchte, die Stimme der Verzweiflung und Trostlosigkeit könnte die Oberhand gewinnen, und Leben zu Grunde richten. Wie beklagenswert erscheint der arme Jurgis, der seinen Vorgesetzten geschlagen hat, von der Düngerfabrik in das entsetzliche Gefängnis gebracht wird – und zwar am Vorabend von Weihnachten! Nachher wird sein Haus verkauft; die Geburt seines Kindes ist umstarrt von Schwierigkeiten; Frau und Kind liegen wie tot da; der Mann kann die Gebühren nicht bezahlen. Man meint, fast keinen Ausweg mehr zu sehen, so hat sich die Not zu einem Berge zusammengefügt.[3]

Übersetzungen

Die insgesamt vier offiziellen Übersetzungen ins Deutsche sind ein gutes Vergleichsmaterial für angehende Literaturübersetzer, auch für die Zeitgebundenheit dieser Tätigkeit in der Spanne zwischen 1906 und 1980.

  • Eduard Eugen Ritter, bei Sponholtz, Hannover 1906, wieder 1922
  • Hermynia Zur Mühlen 1924 bei Malik [4](engl. Text von Sinclair überarb.), zuletzt 1949 bei Dietz. Die Übersetzerin fügte dem Schlusssatz Chicago wird unser sein. noch ein Bekenntnis zur Weltrevolution "Die Welt wird unser sein" an.
  • Ingeborg Gronke 1974 beim Aufbau-Verlag
  • Otto Wilck, beim März-Verlag 1980 (ursprünglich 1978)[5]

Belege

  1. http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/USAappealR.htm
  2. Nachdruck nur des Hauptteils als Beilage zu der Sinclair-Bibliografie von Edmund Schulz bei Schöneworth 2007, siehe den Namensartikel
  3. Reprint 2009, Verlag Bibliolife ISBN 978-1-110-02203-8, S. 91f. Zuerst Pillmeyer-Jonscher, Osnabrück 1908
  4. Dt.Nat.Bibl. nennt 1923 als Erstaufl. dieser Übers.
  5. die '78er Aufl. der Übersetzer Eva Bernhardt & Karl Teuschl wurde vom Verlag "März bei Zweitausendeins" wegen Mängeln zurückgezogen. Sie ist vereinzelt in den Handel geraten

Ausgaben

  • [1] OPAC der DNB, Stand Jan. 2009: 22 Nennungen; erstmals 1922 (die Ausgabe von 1906 fehlt)
  • Hörbuch: Sprecher Hans-Joachim Hegewald. 13 Kassetten oder CD, 1090 Minuten, D 4027

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