Der Unbekannte

Der Unbekannte
Filmdaten
Deutscher Titel Der Unbekannte
Originaltitel The Unknown
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1927
Länge 70 Minuten
Stab
Regie Tod Browning
Drehbuch Waldemar Young,
Tod Browning
nach dem Roman K von Mary Roberts Rinehart
Produktion MGM
Kamera Merritt Gestard
Schnitt Harry Reynolds
Besetzung
  • Lon Chaney: Alonzo
  • Joan Crawford: Estrellita (in der französischen Kopie: Nanon)
  • Norman Kerry: Malabar
  • John George: Cojo
  • Nick De Ruiz: Nanons Vater
  • Frank Lanning: Costra

Der Unbekannte (OT: The Unknown) ist ein US-amerikanischer Horrorfilm aus dem Jahr 1927 mit Lon Chaney und Joan Crawford in den Hauptrollen. Die Regie führte Tod Browning.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Alonzo arbeitet als Zirkuskünstler, wo er als armloser Messerwerfer auftritt, der die Messer mit seinen Füssen wirft. Doch Alonzo ist ein Betrüger. Aus Angst von der Polizei entdeckt zu werden, lässt er sich von seinem Freund Cojo beide Arme an den Leib binden. An seiner rechten Hand hat er als spezielles Erkennungsmerkmal zwei Daumen, die ihn bei der Polizei sofort verraten würden. Alonzo verliebt sich in Estrellita (in der in Frankreich aufgefundenen Kopie wird der Charakter als Nanon bezeichnet), die Tochter des Eigentümers. Auch Malabar, der Kraftmensch des Zirkus, ist in Estrellita verliebt, doch die berührungsscheue Frau meidet ihn. Mit dem angeblich armlosen Alonzo verbindet sie eine Freundschaft, denn sie ist sicher, dass er sie nie körperlich berühren kann. Durch Zufall wird Estrellita Zeugin eines Mordes, den Alonzo begeht. Sie kann nicht das Gesicht des Mörders erkennen, wohl aber eine Hand mit zwei Daumen. Unter dem Vorwand krank zu sein, verlässt Alonzo den Zirkus und lässt sich beide Arme amputieren. Währenddessen überwindet Nanon ihre Berührungsängste und verliebt sich in Malabar.

Alonzo kehrt zum Zirkus zurück und erfährt von der begeisterten Estrellita, dass die sich verliebt hat. Alonzo plant, seinen Nebenbuhler während eines Auftritts zu töten. Doch Estrellita versucht ihren Geliebten zu retten. Alonzo, der sie liebt, stößt sie zur Seite, kommt jedoch selber unter die Hufe der Pferde und wird getötet.

Hintergrund

Lon Chaney war seit Anfang der 1920er zu einem der populärsten Filmstars aufgestiegen. 1924 wechselte er von Universal Pictures zur gerade neu gegründeten MGM. Die Hoffnung, neben mehr Gage auch gute Drehbücher zu bekommen, zerschlugen sich jedoch schnell. Investierte Universal noch teilweise bis zu 1 Million US-Dollar in seine Filme wie Das Phantom der Oper oder Der Glöckner von Notre Dame, beschränkten sich die Rollen bei MGM auf die ständige Wiederholung von Gangstern und zwielichtigen Gestalten. Chaney und sein ständiger Regisseur Tod Browning drehten in schneller Reihenfolge meist kostengünstig hergestellte Schauergeschichten und makabere Erzählungen aus der Unterwelt, die Chaney in teilweise extremen Make-Up präsentierte.

Für Joan Crawford, die seit ihrem Debüt 1925 rasch zu einer beliebten Darstellerin aufgestiegen war, bedeutete die Zusammenarbeit mit Lon Chaney, der auch der "Mann mit den 1.000 Gesichtern" genannt wurde, eine Herausforderung. Crawford hatte keine Schauspielausbildung und ihr Agieren vor der Kamera beschränkte sich bislang auf einige wenige, einstudierte Gesten. Eine derart künstlerisch anspruchsvolle Rolle hatte Crawford bislang nicht gespielt und sie geriet rasch an den Rand ihrer darstellerischen Fähigkeiten. Es war Chaney, der sich intensiv um die junge Kollegin kümmerte und ihr wertvolle Tipps und Tricks gab, wie sie die Estrellita interpretieren sollte.

Noch Jahrzehnte später lobte sie ihren Partner ausdrücklich:

Lon Chaney war meine Einführung in die Schauspielkunst. Die Konzentration, seine absolute Einfühlung in die Rolle, die er zu spielen hatte, beeindruckten mich so sehr, dass ich kaum wagte, ihn anzusprechen...ihn zu beobachten weckte in mir den Wunsch, eine richtige Schauspielerin zu werden.
Lon Chaney was my introduction to acting. The concentration, the complete absorption he gave to his characterization filled me with such awe I could scarcely speak to him...watching him have me the desire to be a real actress.

Den Film gab es lange Zeit nur als düstere 9,5-mm-Kopie. Erst 1973 wurde bekannt, dass Henri Langlois eine vollständige Kopie des Films bereits im Jahr 1968 sichern und archivieren konnte.

Kinoauswertung

Der Film lag mit Gesamtkosten von $ 217.000 im Durchschnitt für einen Lon-Chaney-Film aus der Zeit. An der Kinokasse erwies er sich als sehr populär und spielte in den USA $ 578.088 und auf den Auslandsmärkten noch einmal $ 269.000 ein. Ein kumuliertes Gesamtergebnis von $ 847.000 und ein hoher Profit von $ 367.000 machten aus Der Unbekannte einen profitablen Streifen für das Studio.

Kritiken

Die meisten Kritiken waren zuvorkommend und lobten die Art von Chaney, sich mit völliger Hingabe auf seine Rolle zu konzentrieren. Gleichzeitig warnten sie jedoch vor dem nicht jugendfreien Thema.

Mordaunt Hall schrieb am 13. Juni 1927 in der New York Times:

Obwohl er seine Stärken hat und ohne Zweifel die Aufmerksamkeit fesselt, ist "Der Unbekannte" [...] alles andere als ein angenehmer Film. Er ist grausam und zuweilen schockierend und der zentrale Charakter wandelt sich von mehr oder weniger sympathisch zu einem Erzbösewicht. [..] Miss Crawford ist nicht nur wunderschön sondern sie gibt auch eine überaus kompetente Darstelltung als Estrellita.
Although it has strength and undoubtedly sustains the interest, "The Unknown" [...] is anything but a pleasant story. It is gruesome and at times shocking, and the principal character deteriorates from a more or less sympathetic individual to an arch-fiend. [..] Miss Crawford is not only beautiful but she gives a most competent performance as Estrellita.

Langdon W. Post befand in der New York Evening World:

Wenn Lon Chaney in einem Film ist, kann man sicher sein, dass es sich lohnt, den Film zu sehen. Wenn Joan Crawford und Norman Kerry auch noch dabei sind, um Mr. Chaney zu helfen, dann ist der Wert ungleich höher. [...] Joan Crawford ist eine versierte Darstellerin und jeder Film untermauert diese Feststellung. Auf jeden Fall ist ihre Darstellung in diesem Film wirklich beeindruckend.
When Lon Chaney is in a picture, one can rest assured that that picture is worth seeing. When Joan Crawford and Norman Kerry are also present to help Mr. Chaney put it over, its value is that much enhanced [...] Joan Crawford is one of the screen's acknowledged artists and each picture seems to merely justify this characterization. Certainly her performance in this picture is a most impressive one.

Weblinks

Quellen und verwendete Literatur

  • Roy Newquist (Hrsg.): Conversations with Joan Crawford. Citadel Press, Secaucus, N.J. 1980, ISBN 0-8065-0720-9
  • Lawrence J. Quirk: The Complete Films of Joan Crawford. Citadel Press, Secaucus, N.J. 1988, ISBN 0-8065-1078-1
  • Lawrence J. Quirk, William Schoell: Joan Crawford. The Essential Biography. University Press, Lexington, KY. 2002, ISBN 0-8131-2254-6
  • Alexander Walker: Joan Crawford. The Ultimate Star. Weidenfeld & Nicolson, London 1983, ISBN 0-297-78216-9

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