Der Zaunkönig

Der Zaunkönig

Der Zaunkönig ist ein Tiermärchen (ATU 221). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm ab der 4. Auflage von 1840 an Stelle 171 (KHM 171) und basiert auf einer Fassung von Johann Jakob Nathanael Mussäus im Jahrbuch des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde von 1840.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

In alter Zeit gibt jedes Ding noch Laute von sich, die man versteht. Die Vögel, deren Sprache man auch versteht, wollen sich einen König wählen. Nur der Kiebitz will frei bleiben („Wo bliew ick? Wo bliew ick?“) und zieht sich in die Sümpfe zurück. Die Vögel versammeln sich, nur die Henne weiß nichts davon. Sie beschließen, trotz Bedenken eines Frosches, dass der König wird, der am höchsten fliegen kann. Alle steigen auf, am höchsten der Adler. Als er sieht, dass keiner mitkann, kommt er wieder herab, doch da steigt ein kleiner namenloser Vogel aus seinem Brustgefieder auf („König bün ick! König bün ick!“). Die anderen erkennen die List nicht an. Der soll König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Der Vogel sucht sich ein Mauseloch. Sie wollen ihn aushungern und setzen die Eule davor. Sie wacht abwechselnd mit einem Auge, vergisst dann aber, dabei eines wieder aufzumachen, und er entwischt. Seitdem hassen Vögel die Eule und sie die Mäuse, und der Zaunkönig drückt sich in Zäunen herum.

Herkunft

Wilhelm Grimm kombinierte Mussäus' Die Königswahl unter den Vögeln mit einer Fassung Karl Goedekes, die ebenfalls erhalten ist.[1] Der Erzählforscher Hans-Jörg Uther zeigt sich begeistert vom subtilen Stil seiner Bearbeitung.[2] Grimms Anmerkung nennt weitere Nachweise bis zurück zu Plinius' Naturalis historia 10,74,203 (s.a. Aristoteles' Historia animalium 9,11-14). Tatsächlich ist der Stoff reich belegt, wovon Jacob Grimm schon 1834 im Reinhart Fuchs und Wilhelm 1853 mit einer weiteren Variante in der Zeitschrift für deutsche Mythologie Kenntnis zeigt. Die Königswahl der Tiere, meist Vögel oder Kleintiere, motiviert durch Unmut über die Großen oder menschenähnlichen Wunsch nach Ordnung, endet fast stets mit dem Sieg des listigen über den starken. Besonders der Zaunkönig tut sich als Trickser hervor.[3]

Der Text erwähnt u.a. auch den Wiedehopf, um den es in KHM 173 Rohrdommel und Wiedehopf geht. Dass Vögel auf Eulen losgehen, wenn sie sie bei Tag sehen, kommt auch in KHM 174 Die Eule vor. Der stolze Zaunkönig ist auch Thema von KHM 102 Der Zaunkönig und der Bär. Um die Königswahl der Tiere geht es auch in KHM 172 Die Scholle. Vgl. Vom Hasen und dem Elefantenkönige in Ludwig Bechsteins Neues deutsches Märchenbuch.

Literatur

  • Grimm, Brüder. Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen herausgegeben von Heinz Rölleke. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. S. 258-259, 507. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe, Stuttgart 1994. (Reclam-Verlag; ISBN 3-15-003193-1)
  • Rölleke, Heinz (Hrsg.): Grimms Märchen und ihre Quellen. Die literarischen Vorlagen der Grimmschen Märchen synoptisch vorgestellt und kommentiert. 2., verb. Auflage, Trier 2004. S. 320-327, 573. (Wissenschaftlicher Verlag Trier; Schriftenreihe Literaturwissenschaft Bd. 35; ISBN 3-88476-717-8)
  • Uther, Hans-Jörg: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Berlin 2008. S. 353-357. (de Gruyter; ISBN 978-3-11-019441-8)
  • Eikelmann, Manfred: Königswahl der Tiere. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 8. S. 181-186. Berlin, New York, 1996.

Weblinks

 Wikisource: Der Zaunkönig – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Rölleke, Heinz (Hg.): Märchen aus dem Nachlass der Brüder Grimm. 5. verbesserte und ergänzte Auflage. Trier 2001. S. 69-70, 112. (WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier; ISBN 3-88476-471-3)
  2. Uther, Hans-Jörg: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Berlin 2008. S. 353-357. (de Gruyter; ISBN 978-3-11-019441-8)
  3. Eikelmann, Manfred: Königswahl der Tiere. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 8. S. 181-186. Berlin, New York, 1996.

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