- Deutsch-Mokra
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Komsomolsk (Комсомольськ) Basisdaten Oblast: Oblast Transkarpatien Rajon: Rajon Tjatschiw Höhe: 661 m Fläche: Angabe fehlt Einwohner: 540 (2004) Postleitzahlen: 90521 Vorwahl: +380 3134 Geographische Lage: 48° 23′ N, 23° 50′ O48.3823.839166666667661Koordinaten: 48° 22′ 48″ N, 23° 50′ 21″ O Verwaltungsgliederung: 2 Dörfer Bürgermeister: Michajlo Mahal Adresse: вул. Миру 225
90521 с. Руська МокраStatistische Informationen Komsomolsk (ukrainisch Комсомольськ oder auch Німецька Мокра/Nimezka Mokra; russisch Комсомольск, deutsch Deutsch-Mokra, slowakisch Nemecká Mokrá, ungarisch Németmokra im bairischen Dialekt Daidsch-Mogra) ist ein Dorf in den ukrainischen Waldkarpaten in der Oblast Transkarpatien mit etwa 500 Einwohnern, das 1775 von aus dem oberösterreichischen Salzkammergut angeworbenen Holzarbeitern und deren Familien gegründet wurde. Der Name „Mokra“ ist ruthenisch und bedeutet so viel wie "nasse Gegend". Davon leitet sich auch der Name des etwa 5 km entfernten Nachbarortes Ruska Mokra (Руська Мокра, deutsch Russisch-Mokra) ab, mit diesem gemeinsam bildet Komsomolsk eine Landratsgemeinde.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Ort liegt auf liegt auf ca. 600 m Seehöhe im schmalen Tal der Mokranka, welche in die Tereswa mündet. Ende des 18. Jahrhunderts gehörte dieses Gebiet zum ungarischen Komitat Máramaros und es gab im etwa 70 km südlich gelegenen Solotvina eine florierenden Salzgewinnung. Der Salinenabbau war damals auf Grund des Salzmonopols ein sehr einträgliches Geschäft, jedoch wurden dafür große Mengen an Holz benötigt. Deshalb entschloss sich die ungarische Verwaltung spezialisierte Salinenarbeiter aus dem oberösterreichischen Salzkammergut anzuwerben. Diese sollten in der dicht bewaldeten Region für den notwendigen Rohstoff Holz sorgen.
Gründung
Im Jahr 1775 ließen sich ungefähr 100 Arbeiter aus dem Salzkammergut anwerben und zogen gemeinsam mit ihren Familien in die Waldkarpaten. Insgesamt etwa 250 Personen kamen im November 1775 dort an und gründeten darauf hin die Siedlung Deutsch-Mokra. Die ihnen in den Vertragsbedingungen versprochenen Häuser waren jedoch nicht vorhanden und so mussten sie im beginnenden Winter selber für eine improvisierte Unterkunft sorgen. Trotz dieser widrigen Anfangsbedingungen begann die Ortschaft bald zu florieren, nicht zuletzt weil zuvor einige Privilegien ausverhandelt wurden, wie die Besoldung eines eigenen Pfarrers und Schulmeisters durch die Salzkammer.
Im Jahre 1815 wurde sogar von Deutsch-Mokra aus eine Tochtersiedlung gegründet, das 10 km flussabwärts gelegene Königsfeld, heute Ust-Tschorna (Усть-Чорна). Einige Bewohner zogen auch nach Oberwischau, dem heute in Rumänien gelegenen Vişeu de Sus, wo sie auf die ursprünglich ebenfalls aus Österreich stammenden Zipser trafen und auch dort in der Forstwirtschaft arbeiteten.
Ende der Monarchie
Nach dem Ersten Weltkrieg begann für die aus dem Salzkammergut stammenden Holzarbeiter in den Waldkarpaten eine schwierige Zeit. Die zuvor zum ungarischen Teil der Habsburgermonarchie gehörende Region kam 1919 an die neu gegründete Tschechoslowakei. Hier erhielt der Ort den offiziellen Namen Nemecká Mokrá. Im November 1938, nachdem Hitler die Rest-Tschechei annektiert hatte, gehörte Deutsch-Mokra zunächst zur neu entstandenen Slowakei. 1939 wurde jedoch das ganze Gebiet bis zu den Theißquellen von Ungarn annektiert. Nachdem Ende 1944 jedoch die Rote Armee das Gebiet eroberte, kam die Karpatenukraine offiziell zunächst wieder an die Tschechoslowakei, wurde jedoch im Juni 1945 vertraglich der Sowjetunion übergeben. Der Name des Ortes wurde darauf hin von "Deutsch-Mokra" (ukrainisch Німецька Мокра) in "Komsomolsk" (Комсомольськ) geändert, nach der Jugendorganisation der KPdSU Komsomol.
Sowjetische Zeit
Viele deutschsprachige Einwohner von Deutsch-Mokra waren in den letzten Kriegsmonaten vom Dritten Reich zur Zwangsarbeit nach Thüringen gebracht worden. Als sie von dort 1946 in ihre Heimat zurückkehrten, wurden viele umgehend verhaftet und zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt, wo sie im Kreis Chanti-Mansisk als Forstarbeiter in dem am Ob gelegenen Ort Poljanowo arbeiten mussten. Alle deutschsprachigen Bewohner der Sowjetunion wurden nämlich von Stalin verdächtigt, Kollaborateure des Feindes gewesen zu sein.
Die erst 1948 aus Thüringen zurück gekehrten Deutsch-Mokraer wurden hingegen nicht mehr deportiert, und nach dem Tod Stalins 1953 gab es auch keine unmittelbaren Verfolgungen mehr. Bis zum Ende der Sowjetunion blieb Deutsch-Mokra nun Teil der Ukrainischen Sowjetrepublik. Im Zuge der Planwirtschaft kam die Gegend auch zu bescheidenem Wohlstand, da die Holzgewinnung in den Waldkarpaten ungeachtet der langen Transportwege stark ausgebaut wurde. Ein Kontakt zum Westen oder sogar nach Ungarn und Rumänien war den Menschen aus Deutsch-Mokra in dieser Zeit nicht möglich und so war ihnen bis zum Fall des Eisernen Vorhangs auch nicht bewusst, dass ihre Vorfahren einst aus dem Salzkammergut gekommen waren. In Publikationen aus der Sowjetzeit wurde deshalb auch öfter die falsche Theorie geäussert, dass die Vorfahren der Deutsch-Mokraer aus Tirol gekommen wären. Von der einheimischen ukrainischsprachigen Bevölkerung wurden sie gemeinsam mit anderen deutschsprachigen Gruppen auch einfach nur "Schwaben" (Швабы) genannt.
Die nach Sibirien deportierten Deutsch-Mokraer wurden nach dem Tod Stalins aus der Zwangsarbeit entlassen, durften sich jedoch nur innerhalb einer bestimmten Zone in Sibirien frei bewegen. In den 70er-Jahren nahmen einige die Gelegenheit wahr, in die damalige DDR zu emigrieren, viele blieben jedoch im Umkreis von Chanty-Mansijsk und assimilierten sich dort. In die Waldkarpaten sind aus Sibirien nur wenige zurück gekehrt.
Nach der Wende
Am 24. August 1991 trat die Ukrainische SSR aus der Sowjetunion aus und die Bewohner von Deutsch-Mokra bekamen wieder einmal eine neue Staatsangehörigkeit. Dadurch wurde es aber möglich Kontakt zum Westen aufzunehmen und auch Reisen aus dem Westen in die Ukraine wurden erleichtert. Aus Österreich und Bayern entdeckten bald einige Sprachwissenschaftler diese kleine bairische Sprachinsel neu und machten diese auch im Westen durch diverse Publikationen bekannt. Es wurden auch einige Hilfsprojekte gestartet, um den Menschen in Deutsch-Mokra zu helfen. So sendet beispielsweise die oberösterreichische Landlerhilfe schon seit einigen Jahren Auslandszivildiener in den Ort, die dort an verschiedenen Projekten mitarbeiten und auch Deutsch unterrichten.
Seit 2005 ist es Bürgern der EU möglich, ohne Visum in die Ukraine einzureisen, was den Kontakt zwischen dem Salzkammergut und Deutsch-Mokra sehr erleichtert hat. Andererseits hat 2007 der Beitritt von Polen, Ungarn und der Slowakei zum Schengenraum die Reisefreiheit für Ukrainische Staatsbürger stark eingeschränkt. Um etwa nach Österreich zu reisen müssen die Bewohner von Deutsch-Mokra erst ins über 600 km entfernte Kiew fahren um dort mehrere Tage auf ein Schengen-Visum zu warten, welches noch dazu für die meisten Menschen unerschwinglich teuer ist. Dies erschwert neben der hohen Arbeitslosigkeit die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region.
Zur Sprache
Die ausgewanderten Salzkammergütler nahmen nicht nur ihre Fähigkeiten als Holzknechte und Salinenarbeiter mit in die Waldkarpaten, sondern auch ihre Bräuche, ihre Tracht, ihre Lieder und ihre Sprache, den alten mittelbairischen Dialekt aus dem Salzkammergut. Nachdem sie hauptsächlich in den zwei Orten Deutsch-Mokra und Königsfeld lebten, wo sie lange Zeit die Mehrheit der Bevölkerung stellten, blieb ihre Kultur und die Sprache lange Zeit erhalten. Dies war in dieser multilingualen und multiethnischen Gegend aber keine Besonderheit, denn in der Karpatenukraine lebten neben Ukrainern noch Ungarn, Rumänen, Roma, jiddisch sprechende Juden, Slowaken und Russen bunt gemischt durcheinander, meist jedoch in separaten Dörfern.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren die deutschsprachigen Bewohner massiven Repressionen ausgesetzt und das Russische, bzw. das Ukrainische verdrängte den alten Dialekt weitgehend. Heute leben im gesamten Gebiet des Theresientals nur noch ca. 300 Deutschsprachige, meist ältere Menschen. Diese haben jedoch fast nie Hochdeutsch gelernt und können sich noch am ehesten mit Österreichern unterhalten die noch die alte Form vom Salzkammergutdialekt beherrschen. Für viele moderne Begriffe verwenden sie meist russische und ukrainische Wörter. So heisst beispielsweise eine Almhütte "Kolifn" (von Ukrainisch: koliba) und eine Lokomotive "Maschin". Spätestens seit 1991 ist Ukrainisch auch die dominierende Sprache in allen Lebensbereichen dieser Menschen.
Publikationen zum Salzkammergut-Dialekt in Deutsch-Mokra kommen vor allem von: Hermann Scheuringer und Wilfried Schabus (beide Universität Wien), von Georg Melika (Universität Uschhorod) und vom innviertler Dialektschriftsteller Hans Kumpfmüller, von dem das Buch "Genosse Iwan Zepezauer - Vergessene Österreicher in Transkarpatien" stammt.
Quellen
- Gaisbauer, Stephan (Hrsg.), Kumpfmüller, Hans (Foto.): KarpatenBeeren - bairisch-österreichische Siedlung, Kultur und Sprache in den ukrainisch-rumänischen Waldkarpaten; 479 S., Linz: Adalbert-Stifter-Inst. d. Landes Oberösterreich, 2006, ISBN 3-900424-53-5 (mit Beiträgen von Hermann Scheuringer und Wilfried Schabus)
- Melika, Georg: Die Deutschen der Transkarpatien-Ukraine - Entstehung, Entwicklung ihrer Siedlungen und Lebensweise im multiethnischen Raum; 379 S., Marburg: Elwert, 2002, ISBN 3-7708-1218-2
- Melika, Georg und Tscholos Ivan: Arbeits- und Lebensbedingungen der Salzkammergütler von Königsfeld in Transkarpatien (Ukraine), In: Oberösterreichische Heimatblätter, 1995, Heft 2, download hier
- Kumpfmüller, Hans: Vergessene Österreicher - Bilder aus Transkarpatien; 120 S., Wien: Molden Verlag, 2006, ISBN 3-85485-164-2
- Radio Fro Linz - Sprachinseln in den Waldkarpaten, Sendung von Eugenie Kain (download möglich)
- Freies Radio Salzkammergut - Im EXil - Spurensuche in den Waldkaparten - Sendung mit Michael Wunderer und Mario Friedwagner (download möglich)
- Landlerhilfe.at - Deutsch Mokra
- Österreichische Akademie der Wissenschaften - Heimat Sibirien. Die Letzten der verbannten Alt-Salzkammergütler aus Mokra (Ukraine)
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