- Diatonisch
-
Der Begriff Diatonik (dia = griechisch für hindurch) stammt aus der Musiktheorie und bezeichnet einen siebenstufigen (also heptatonischen) Tonvorrat, der als lückenlose Folge von sechs reinen Quintschritten in gleicher Richtung darstellbar ist. Dieser Sachverhalt wird historisch bedingt durch das Durchschreiten der sieben Stammtöne (z. B. F - c - g - d´- a´ - e´´ - h´´) demonstriert, auch dadurch hat sich das populäre Missverständnis verbreitet, die Diatonik würde etwa nur den "weißen Tasten" des Klaviers entsprechen. Neben dieser untransponierten "Originalgestalt" eines diatonischen Tonvorrates ergeben jedoch auch alle anderen, ebenfalls sechs Quinten breiten Siebenstufigkeiten diatonische Skalen. Das nebenstehende Beispiel zeigt von diesen Transpositionen hier f-Moll (also mit vier "schwarzen Tasten", weil vier B-Vorzeichnung) und D-Dur (also mit zwei "schwarzen Tasten", weil zwei #-Vorzeichnung).
Die in reinen Quintschritten gemessene Ausdehnung ( = Quintenbreite) beider Beispielskalen beträgt sechs (Des - As - es - b - f´- c´´- g´´ sowie G - d - a - e´- h´- fis´´- cis´´´), somit handelt es sich jeweils um eine diatonische Tonleiter - in welcher Transposition auch immer.
Das derzeit bekannteste diatonische Tongeschlecht ist Dur, doch gehören das natürliche (oder äolische) Moll und die sogenannten Kirchentonarten (Modi, z. B. Dorisch, Phrygisch etc.) ebenfalls zur Diatonik.
Zum Verständnis der Diatonik ist es hilfreich und wichtig, zwischen einem diatonischen Tonvorrat (darstellbar in Quinten, ohne Grundtonbezug) und den daraus jeweils abgeleiteten diatonischen Skalen (mit Grundtonbezug) zu unterscheiden. Auf jedem Ton des zugrundeliegenden Tonvorrates kann eine Skala errichtet werden; Skalen aus demselben Tonvorrat gelten aufgrund ihrer übereinstimmenden Art und Anzahl der Vorzeichnung als Parallelskalen. So gehören z. B. zu C-Dur (oder C-Ionisch) in der untransponierten und dadurch vorzeichenlosen Diatonik die Parallelskalen d-Dorisch, e-Phrygisch, F-Lydisch, G-Mixolydisch und a-Äolisch (oder a-Moll). Lokrisch kann hierbei zunächst vernachlässigt werden, da in diesem Modus keine Werke komponiert worden sind.
Inhaltsverzeichnis
Bildliche Darstellung
Die Diatonik als Tonvorrat stellt das Material für die aus ihr gewonnenen (und gerade daher diatonisch genannten) Skalen bereit. Die folgenden Grafiken beschränken sich auf die Darstellung der Intervallgrößen über dem jeweiligen Grundton in den verschiedenen Kirchentonarten. Skalen in derselben Transpositionsebene ( d.h. mit analogen Tonartenvorzeichnungen) verwenden naheliegenderweise den gleichen Tonvorrat, verändert wird nur die Finalis (Schlusston, Grundton): diese wandert in der Darstellung jeweils um einen Ton nach oben. In dem Bild wird somit ein Quadrat (= Ton) unten entfernt und oben angefügt (von links nach rechts).
(Erläuterung des Schemas)
Ionisch (Dur)
Anhören?/i
Dorisch
Anhören?/i
Phrygisch
Anhören?/i
Lydisch
Anhören?/i
Mixolydisch
Anhören?/i
Äolisch (natürliches Moll)
Anhören?/i
Lokrisch
Anhören?/iModal als Synonym
Neben den weiteren Bedeutungen des Begriffs modal in der Musik (z. B. "Modalrhythmik") wird modal manchmal synonym zu diatonisch verwendet. Dann steht die Rückbeziehung zu den frühesten diatonischen Oktavgattungen, zu den sogenannten Kirchentonarten im Vordergrund. Dabei erzeugen etwa auch die nicht-diatonischen Modi mit beschränkten Transpositionsmöglichkeiten von Olivier Messiaen "modale" Musik, nur eben nicht in der diatonischen, sondern hier in einer distanziellen Tonalität.
Weiterführende Aspekte
Im Gegensatz zur Diatonik ist z. B. zur Darstellung der Chromatik ein mindestens sieben Quinten breiter Tonvorrat notwendig, und die Grenze zur Enharmonie wird dann bei der zwölften Quinte erreicht bzw. überschritten. Nicht diatonisch sind beispielsweise die halbtonlosen pentatonischen Skalen (weil ihre Quintenbreite lediglich vier statt sechs beträgt), das melodische und harmonische Moll oder etwa die Ganztonleiter und andere distanzielle (den Oktavraum in gleiche oder periodisch-alternierende Abstände aufteilende) Skalen, weil deren Quintenbreite jeweils weit über sechs Quinten hinausgeht.
Literatur
- Zsolt Gárdonyi, Hubert Nordhoff: Harmonik. Möseler, Wolfenbüttel 2002, ISBN 3-7877-3035-4, S. 242–243
Wikimedia Foundation.